6. Shots (pt.2)

Jimin war mir sowieso ein Rätsel, aber dieser traurige Ausdruck seiner Augen erstaunte mich. Ich wäre wirklich zu allem bereit gewesen, nur damit sein Lächeln nicht verschwand. Er wirkte beunruhigt und offensichtlich betrübt. Das war mir so verhasst, dass ich praktisch alles bedauerte, was ich je getan hatte und ihm nun Kummer bereitete.
Da kam mir plötzlich eine Idee: Als Paar würde es mit uns nicht funktionierten. Und zwar egal, was ich tat oder wie sehr ich mich bemühte, seinen Vorstellungen zu entsprechen. Niemals wäre ich gut genug für ihn. Ich wollte auch nicht, dass er am Ende mit jemandem wie mir dastand. Ich musste mich also wohl oder übel mit dem bisschen Zeit zufriedengeben, das ich mit ihm hatte.

Mir das einzugestehen, war bitter, aber gleichzeitig flüsterte mir eine vertraute Stimme aus den düsteren Winkeln meines Bewusstseins zu, dass ich für meine Wünsche kämpfen müsse. Kämpfen erschien mir viel leichter als die andere Alternative.
»Lass es mich wiedergutmachen. Warum gehen wir nicht heute Abend ins Dutch?«
»Das ist eine Biker-Bar.« Er verzog das Gesicht.
»Okay, lass und in einen Club gehen. Ich führe dich zum Essen aus, und dann können wir ins Red Door gehen. Auf meine Rechnung.«
»Wie soll das Problem denn gelöst sein, wenn wir zu Abend essen und danach in einen Club gehen? Wenn die Leute uns zusammen sehen, wird es doch nur schlimmer.«
Inzwischen hatte ich seine Tasche hinten auf meine Maschine festgezurrt und stieg auf. Wenigstens unternahm er nichts mehr wegen der Tasche. Das war ja immerhin ein positives Zeichen.

»Überleg doch mal. Ich betrunken in einem Raum voller aufreizend gekleideter Frauen und Männer? Da wird es nicht lange dauern, bis jemand checkt, dass wir ein Paar sind.«
»Und was soll ich deiner Meinung nach dort tun? Mir zum weiteren Beweis einen Typen an der Bar aufgabeln?«
Ich runzelte die Stirn. Die Vorstellung, dass er das Lokal mit einem anderen verließ, ließ mich die Zähne zusammenbeißen. »Das habe ich nicht gesagt. Kein Grund, so zu übertreiben.«
Er verdrehte die Augen, stieg hinter mir auf und schlang die Arme um meine Mitte. »Irgendein zufällig ausgesuchter Kerl kommt dann mit uns aus der Bar mit? So willst du es bei mir wiedergutmachen?«
»Du bist doch nicht etwa eifersüchtig, Kitten, oder?«
»Eifersüchtig worauf? Darauf, dass du diese mit sexuell übertragbaren Krankheiten verseuchte Idioten am nächsten Morgen in die Wüste schickst?«
Ich lachte und startete den Motor. Wenn er wüsste, wie unrealistisch das war. In seiner Gegenwart schien jeder anderer zu verschwinden. Es kostet mich meine ganze Aufmerksamkeit und Konzentration, ihm einen Schritt voraus zu bleiben.

•••

Wir sagten Yoongi und Taehyung Bescheid, dann begannen wir uns, zurechtzumachen. Ich sprang als Erster in die Dusche, obwohl ich eigentlich als Letzter hätte gehen sollen, denn die anderen brauchten viel länger als ich.

Yoongi, Taehyung und ich warteten eine Ewigkeit, bis Jimin endlich aus dem Bad kam, aber dann haute es mich fast um. Seine kräftigen Oberschenkeln kamen in seinen zerissenen Jeans, hervorragend zur Geltung. Vor allem, weil die Risse in der Höhe seiner Oberschenkeln waren. Und diese waren auch nicht gerade klein. Sie zeigten fast schon seine kompletten Oberschenkeln.
Dazu trug er ein rotes Hemd, was er in die Jeans gesteckt hatte und somit sein Gürtel zu sehen war. Zu meinem Glück und Unglück hatte er die ersten drei Knöpfe offen, dass seine Brust zu sehen war. Sein Haar fiel ihm leicht seitlich auseinander und er fuhr sich drüber, als er die Treppe runter kam.
Ich hatte ihn gar nicht so gebräunt in Erinnerung, aber gegen den roten Stoff schimmerte seine Haut richtig.

»Hübsche Beine«, bemerkte ich.
Er lächelte süffisant. »Hatte ich erwähnt, dass es ein magischer Rasierer ist?«
Von wegen magisch. Er war verdammt noch mal hinreißend. »Ich glaube nicht, dass es am Rasierer liegt.«
An der Hand führte ich ihn zur Wohnzimmertür hinaus und zu Yoongis Dodge Charger. Er entzog sie mir nicht, sondern ließ sie in meiner, bis wir beim Auto waren. Es fühlte sich falsch an, ihn loszulassen. Als wir bei dem Sushilokal ankamen, schob ich meine Finger in seine, während wir hineingingen.
Ich bestellte eine Runde Sake, dann noch eine. Erst als ich Bier verlangte, wollte die Kellnerin unsere Ausweise sehen. Ich wusste, dass Taehyung einen gefälschten besaß, und ich staunte nicht schlecht, als Jimin seinen routiniert zückte. Sobald die Kellnerin einen Blick darauf geworfen hatte und wieder gegangen war, schnappte ich ihn mir. Sein Foro in einer Ecke und alles andere sah für mich täuschend echt aus. Ich hatte noch keinen Ausweis aus Kansas zu Gesicht bekommen, aber der hier ist tadellos. Als Namen stand dort Jae Kim. Aus irgendeinem Grund machte mich das scharf. Richtig scharf.

Jimin schnippte gegen den Ausweis, und er flog mir aus der Hand. Er fing ihn auf, bevor er auf den Boden fiel, und hatte ihn Sekunden später schon wieder in seiner Geldbörse verschwinden lassen.
Er lächelte mir zu, und ich lächelte zurück. Dabei stützte ich mich auf meine Ellbogen. »Jae Kim?«
Er nahm die gleiche Haltung ein wie ich und starrte genauso zurück. Er strotzte vor Selbstbewusstsein. Das wirkte unglaublich sexy.
»Ganz genau. Wieso?«
»Eine interessante Wahl.«
»Genau wie die Inside Out California Roll, Herzchen.«
Yoongi prustete los, hörte aber abrupt damit auf, als Taehyung sein Bier runterkippte. »Immer mit der Ruhe, Baby. Den Sake spürt man erst mit Verzögernung.«
Taehyung wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und grinste. »Ich habe schon mal Sake getrunken, Yoongs. Mach dich locker.«

Je mehr wir tranken, desto lauter wurden wir. Dem Personal schiel das nichts auszumachen, aber das lag wahrscheinlich daran, dass es schon so spät war und außer uns nur noch ein paar andere am entgegengesetzten Ende des Lokals saßen, die wahrscheinlich genauso betrunken waren wie wir. Außer Yoongi. Er war zu besorgt um seinen Wagen, als das er viel getrunken hätte, wenn er fuhr. Außerdem liebte er Taehyung noch mehr als sein Auto. Seit er ihn kannte, mäßigte er nicht nur seinen Alkoholkonsum, sondern befolgte auch alle Verkehrsregeln und benutzte sogar den Blinker.
So war das anscheinend, wenn man unter Pantoffel stand.

Die Kellnerin brachte die Rechnung, und ich warf ein bisschen Cash auf den Tisch. Dann stupste ich Jimin an, und er schlüpfte aus der Nische. Spaßhalber stieß er mich mit dem Ellbogen an, und ich legte lässig den Arm um ihn, während wir den Parkplatz überquerten.
Taehyung setzte sich auf den Beifahrersitz, und begann sofort am Ohr seines Freundes zu knabbern. Jimin warf mir einen Blick zu, verdrehte die Augen, ließ sich aber ansonsten von dieser Peepshow nicht die Stimmung verderben.
Nachdem Yoongi das Red erreicht hatte, kurvte er zwei- dreimal an den Reihen geparkter Autos entlang.
»Heute noch, Yoongs«, murmelte Taehyung.
»Hey, ich muss eine breite Lücke finden. Ich will doch nicht, dass mir irgendein besoffener Idiot den Lack verkratzt.«
Vielleicht. Vielleicht wollte er aber auch nur Taehyungs Zunge noch ein bisschen länger in seinem Ohr spüren.
Oh Mann.

Schließlich parkte er ganz am Rand, und ich half Jimin beim Aussteigen. Er zog und zupfte an seiner Hose, dann wackelte er ein bisschen mit den Hüften, richtete sein Hemd, bevor er meine Hand nahm.
»Ich wollte euch schon wegen eurer Ausweise fragen«, sagte ich. »Die sind ja makellos. Bestimmt habt ihr die nicht hier aus der Gegend.«
»Stimmt, die haben wir schon länger. Das war auch nötig in...«
Warum zum Teufel brauchte er überhaupt einen gefälschten Ausweis.
»... in Wichita.«

Der Schotter knirschte unter unseren Füßen, und Jimin drückte meine Hand.
Da stolperte Taehyung. Ich ließ Jimins Hand instiktiv los, aber Yoongi fing seinen Freund auf, bevor er hinfiel.
»Ein Glück, dass du so gute Verbindungen hast«, kicherte Taehyung.
»Du lieber Gott, Tae!« Yoongi fasste Taehyung am Arm, bervor er schon wieder fast stürzte. »Ich glaube, du hast für heute Abend genug.«
Ich fragte mich stirnrunzelnd, was das alles zu bedeuten hatte. »Wovon redest du da, Tae? Welche Verbindungen?«
»Jimin hat paar alte Freunde, die-«
»Die Ausweise sind gefälscht, Kook«, mischte Jimin sich ein, bevor Taehyung den Satz beenden konnte. »Man muss die richtigen Leute kennen, wenn man ordentliche bekommen will, stimmt's?«

Ich sah zu Taehyung hin und wusste, irgendwas stimmte nicht, aber er wich meinem Blick konsequent aus. Auf dem Thema weiter herumzureiten, erschien mir wenig sinnvoll, zumal Jimin mich gerade Kook genannt hatte. Daran konnte ich mich durchaus gewöhnen
Ich streckte ihm die Hand hin. »Stimmt.«
Er nahm sie und lächelte mich an wie ein Falschspieler. Er dachte wohl, er habe mich gerade ausgetrickst. Auf das Thema musste ich definitiv ein andermal zurückkommen.
»Ich brauche noch einen Drink!«, rief er und zog mich in Richtung der großen roten Tür des Clubs.
»Shots!«, kreitschte Taehyung.
Yoongi rollte mit den Augen. »Ah ja, genau das brauchst du, noch einen Shot.«

Alle Köpfe drehten sich um, als Jimin eintrat, selbst ein paar Jungs in Begleitung ihrer Freundinnen und Freunde verrenkten sich die Hälse und lehnten sich auf ihren Stühlen zurück, um ihn länger sehen zu können.
Oh, verdammt. Das wird ein harter Abend, dachte ich und drückte Jimins Hand fester.
Wir gingen an den Tresen, der der Tanzfläche am nächsten war. BamBam stand in den rauchigen Schatten bei den Billiardtischen. Sein übliches Jagdrevier. Mit seinen großen braunen Augen hatte er mich schon erfasst, bevor ich ihn überhaupt erkannt hatt. Er hielt sich nicht lange damit auf, mich zu beobachten.
Jimins Hand lag nach wie vor in meiner, und BamBams Miene veränderte sich in dem Augenblick, als er das bemerkte. Ich nickte ihm zu, und er grinste.

Mein Stammplatz an der Bar war frei, aber es war weit und breit der einzige freie Hocker. Jisoo sah mich kommen und Jimin hinter mir. Sie lachte kurz und signalisierte den Leuten auf den Plätzen links und rechts davon, dass ich im Anmarsch war und sie sowieso gleich verjagen würde. Sie räumten klaglos das Feld.
Da kann man sagen, was man will, ein rücksichtsloser Irrer zu sein, hat eben durchaus auch Vorteile.

•••


This is a beautiful death to us 🌝
Thank me later

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