3. Weißer Ritter (pt.2)
Jimin schlug die entsprechende Seite seiner Aufzeichnungen auf, und ich machte mich an die Arbeit. Wir gingen die Kernpunkte des Kapitels durch. Es war irgendwie cool, wie er mich ansah, während ich redete. Fast als hinge er einerseits an meinen Lippen und wunderte sich andererseits, dass ich kein Analphabet war. Ein paar Mal konnte ich ihm ansehen, dass er etwas nicht verstand, also wiederholte ich es, und dann leuchteten seine Augen plötzlich. Danach tat ich alles, um dieses Strahlen in seinem Blick zu zaubern.
Bevor ich mich versah, war es für ihn Zeit, zum Unterricht zu gehen. Ich seufzte und schlug ihm spaßeshalber mit dem Buch auf den Kopf.
»Jetzt hast du's. Du beherrscht den Stoff vorwärts und rückwärts.«
»Warten wir's ab.«
»Ich begleite dich zum Klassenzimmer. Unterwegs frage ich dich noch mal ab.« Eigentlich hatte ich mit einer höfflichen Ablehnung gerechnet, aber er lächelte zaghaft und nickte.
Wir traten auf den Flur hinaus, und er seufzte. »Du wirst mir doch nicht böse sein, wenn ich diese Arbeit verhaue, oder?«
Machte er sich etwa Sorgen, dass ich böse auf ihn sein könnte? Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte, aber es fühlte sich jedenfalls verdammt gut an.
»Du wirst sie nicht verhauen, Kitten. Allerdings sollten wir für die nächste ein bisschen früher anfangen«, bemerkte ich und steuerte mit ihm das Gebäude für die Naturwissenschaft an. Auf dem Weg stellte ich eine Frage nach der anderen. Er beantwortete die meisten spontan, bei manchen zögerte er, aber alle Antworten waren richtig.
Als wir die Tür zum Unterricht erreicht hatten, konnte ich die Dankbarkeit in seinem Gesicht sehen. Aber natürlich war er zu stolz, um das zuzugeben.
»Super.« Etwas anderes fiel mir nicht ein.
Taemin Lee ging vorbei und nickte mir zu. »Hey, Kook.«
Ich hasste diesen Kerl. »Taemin«, sagte ich nur und nickte ebenfalls.
Taemin war einer der Typen, die sich gern an meine Fersen hefteten und schließlich ihren Ruf als Weißen Ritter nutzten, um einen Stich zu machen. Er nannte mich gerne Aufreißer, dabei spielte Taemin in Wirklichkeit nur ein etwas raffiniertes Spiel. Er war seinen Eroberungen gegenüber nicht ehrlich. Erst gab er vor, ihm liege etwas an ihnen, dann ließ er sie ohne großes Bedauern fallen.
Eines Abends in unserem ertsen Jahr am College nahm ich Janet Littleton von vom Red Door in meine Wohnung. Damals hatte ich mit mehr Mädchen als Kerlen zu tun, bis mein Interesse im folgendem Jahr für Männer stärker wurde.
Taemin versuchte sein Glück bei ihrer Freundin. Wir brachen in unterschiedliche Richtungen auf. Nachdem ich sie flachgelegt hatte und danach nicht vorgab, eine Beziehung mit ihr anfangen zu wollen, rief sie stinksauer ihre Freundin an, damit die sie abholen sollte. Die Freundin war noch mit Taemin unterwegs, sodass er sie schließlich heimfuhr.
Danach hatte Taemin eine neue Geschichte, die er seinen Eroberungen erzählen konnte. Und egal welchen Kerl oder Mädchen ich vögelte, üblicherweis war er sofort als Nächster an der Reihe, weil er mal wieder zum besten gegeben hatte, wie Janet von ihm gerettet worden war.
Ich duldete ihn, mehr aber auch nicht.
Jetzt nahm Taemin Kitten ins Viesier und sofort begannen seine Augen zu leuchten. »Hey, Jimin.«
Ich begriff nicht, warum Taemin anscheinend so viel daran lag zu beweisen, dass er bei denselben Kerlen landen konnte wie ich: Mit Jimin besuchte er jetzt schon seit Wochen diese Lehrveranstaltung, doch genau jetzt zeigte er sein Interesse.
Ich reimte mir zusammen, es müsse daran liegen, dass er unsere Unterhaltung mitbekommen hatte. Das machte mich fast rasend.
»Hi«, sagte Jimin und wirkte ziemlich erstaunt. Offensichtlich wusste er nicht, warum er ihn plötzlich ansprach. Das war seinem Gesicht deutlich anzusehen. »Wer war das?«, wollte er wissen.
Ich zuckte lässig mit den Schultern, dabei wäre ich ihm am liebsten nachgestürzt und hätte ihm seinen Preppy-Arsch getreten. »Taemin Lee«, antwortete ich knapp. Alleine der Name hinterließ einen schlechten Geschmack in meinem Mund. »Einer aus meiner Sigma Tau Fraternity.«
»Du bist in einer Frat?«, fragte er und kräuselte sein Näschen.
»Sigma Tau, genau wie Yoongi. Ich dachte, du wüsstest das.«
»Nun ja... du wirkst... nicht wie ein typisches Fraternitymitglied«, stellte er fest und schielte zu den Tattoos auf meinem Unterarm.
Die Tatsache, dass Jimin seinen Blick wieder auf mich richtete, hob meine Stimmung augenblicklich. »Mein Dad ist ein Alumnus dort, und meine Brüder sind auch alle Sig Tau. Das ist so eine Art Familientradition.«
»Und da wurde von dir erwartet, dass du dich auch dazu verpflichtest?«, fragte er skeptisch.
»Nicht unbedingt. Aber die Jungs sind schon in Ordnung«, sagte ich, faltete seine Unterlagen zusammen und gab sie ihm.
»Du solltest jetzt besser reingehen.«
Er ließ dieses makellose Lächeln aufblitzen. »Danke, dass du mir geholfen hast.« Er stupste mich mit dem Ellbogen an, und ich konnte gar nicht anders als zurückzulächeln.
Er ging in den Klassenraum und setzte sich neben Taehyung. Taemin starrte ihn an und beobachtete, wie die Jungs sich unterhielten. Ich malte mir aus, einen der Tische zu packen und ihm auf den Kopf zu dreschen, während ich den Gang hinunterlief. Da ich an diesem Tag keine Lehrveranstaltung mehr hatte, gab es keinen Grund, weiter am College rumzuhängen. Eine lange Fahrt auf meiner Harley würde mir sicher dabei helfen, nicht durchzudrehen, weil ich mir vorstellte, wie Taemin sich bei Jimin einschleimte. Deshalb nahm ich extra einen Umweg nach Hause. Dabei kreuzten ein paar Kommilitonen meinen Weg, die meine Couch durchaus verdient hätten, doch jedes Mal kam mir sofort Jimins Gesicht in den Sinn - das machte mich am Ende richtig ärgerlich.
Seit meinem fünfzehnten Lebensjahr hatte ich mich gegenüber jedem Kerl über sechzehn, mit dem ich eine private Unterhaltung geführt hatte, mies benommen. Dafür war ich berüchtigt. Unsere Story konnte auch klischeehaft sein: Bad Boy verliebt sich in braven Jungen, aber Jimin war nun mal kein Prinz. Er verbarg irgendwas. Vielleicht war das unsere Gemeinsamkeit - was auch immer er hinter sich gelassen hatte.
Ich fuhr auf den Parkplatz der Wohnung und stieg von meiner Maschine. So viel zum Thema, auf der Harley den Kopf freikriegen. Alle Gedanken, die ich da gerade in meinem Kopf wältze, ergaben, verdammt noch mal, keinen Sinn. Ich versuchte doch bloß, mich dafür rechtfertigen, dass ich auf seltsame Weise von ihm fasziniert war.
Auf einmal sehr übel gelaunt, knallte ich die Tür hinter mir zu, ließ mich auf die Couch fallen und wurde noch genervter, weil ich die Fernbedienung nicht sofort fand.
Schwarzes Plastik landete neben mir, und Yoongi plumpste in den Sessel. Ich schnappte mir das Teil und schaltete die Glotze ein.
»Warum schleppst du eigentlich die Fernbedienung mit in dein Zimmer? Dann musst du sie nachher doch wieder rübertragen«, maulte ich.
»Keine Ahnung, Mann, ist eben so eine Angewohnheit. Was hast du den für ein Problem?«
»Keine Ahnung«, knurrte ich und schaltete um. Ich drückte auf die Stummschaltung. »Jimin Park.«
Yoongi zog die Augenbrauen hoch. »Was ist mit ihm?«
»Er geht mir unter die Haut. Ich glaube, ich muss ihn einfach flachlegen und die Sache abhaken.«
Yoongi musterte mich unsicher. »Es ist ja nicht so, dass ich es nicht zu schätzen wüsste, dass du dank deiner neuen Zurückhaltung mein Leben nicht durcheinander bringst, aber früher hast du mich doch auch nicht um Erlaubnis gefragt... es sein denn... erzähl mir bloß nicht, dass dir auf einmal doch etwas an jemandem liegt.«
»Red keinen Scheiß.«
Yoongi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Dir liegt was an ihm. Ich schätze, es brauchte einfach nur ein Kerl, der sich länger als vierundzwanzig Stunden lang weigert mit dir zu schlafen.«
»Youngjae hat mich eine Woche lang hingehalten.«
»Du bist Jimin aber auch nicht egal, oder?«
»Er möchte, dass wir nur befreundet sind, ich schätze, ich habe schon Glück, weil er mich nicht wie einen Aussätzigen behandelt.«
Nach einem bedrückendem Schweigen nickte Yoongi. »Du hast Schiss.«
»Wovor denn?«, fragte ich und grinste zweifelnd.
»Davor, dass er dich abblitzen lässt. Jeongguk ist anscheinend doch auch einer von uns.«
Ich kniff die Augen halb zu. »Du weißt, dass ich diesen Namen verdammt noch mal hasse, Yoongs.« Yoongi lächelte. »Weiß ich. Fast so sehr wie das Gefühl, das du gerade hast.«
»Du sorgst nicht gerade dafür, dass es mir besser geht.«
»Du magst ihn also und hast Schiss. Und jetzt?«
»Nichts. Es stinkt mir nur einfach gewaltig, dass ich jetzt endlich den Kerl gefunden habe, für den es sich lohnen würde, aber Jimin ist einfach zu gut für mich.«
Yoongi versuchte sein Lachen zu unterdrücken. Es irritierte mich, dass mein Dilemma ihn anscheinend so köstlich amüsierte. Endlich machte er wieder ein ernstes Gesicht und sagte: »Warum überlässt du diese Entscheidung nicht einfach ihm?«
»Weil mir eben genug an ihm liegt, um diese Entscheidung für ihn treffen zu wollen.«
Yoongi reckte sich im Sessel und stand dann auf. Er schlurfte mit nackten Füßen über den Teppich. »Wie wär's mit einem Bier?«
»Jaa. Lass uns auf die Freundschaft trinken.«
»Dann willst du also weiter mit ihm abhängen? Warum das denn? Für mich klingt das nach Masochismus.«
Ich dachte kurz darüber nach. Es klingt in der Tat masochistisch, aber es war doch weniger schlimm als ihn aus der Ferne zu beobachten. »Ich will nicht, dass er am Ende bei mir landet... oder bei irgendeinem anderen Idioten.«
»Du meinst, oder bei überhaupt irgendjemand anderem.
Spinner, das ist doch bescheuert.«
»Jetzt bring mir schon das verdammte Bier und halt einfach die Klappe.«
Yoongi zuckte nur mit den Schultern. Im Gegensatz zu Chris Jensk wusster er, wann er besser die Klappe hielt.
•••
Mir hat es Spaß gemacht, dieses Kapitel zu schreiben, weil Jungkook endlich ein bisschen seine Gefühlen für Jimin zeigt.
Ich weiß, im Moment ist es noch etwas verwirrend und man ist auf Jimins ‚düsteres Geheimnis' gespannt, aber es kommt alles, mit jedem Kapitel was hochgeladen wird, zum Vorschein.🌝
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