25. Ich gehöre dir
Er wird dort sein.
Hinzugehen wäre ein Fehler.
Es wäre peinlich.
Er wird dort sein.
Was, wenn ein anderer ihn zum Tanzen auffordert?
Was, wenn er dort seinen Zukünftigen begegnet und ich das mit ansehen muss?
Er will mich nicht sehen.
Ich könnte mich betrinken und dann etwas tun, das ihn ankotzt.
Er könnte sich betrinken und dann etwas tun, das mich ankotzt.
Ich sollte da nicht hingehen.
Ich musste da hin. Er würde dort sein.
Im Kopf ging ich alles durch, was dafür und dagegen sprach, zu der Valentinsparty zu gehen, aber ich kam immer wieder zu demselben Schluss: Ich musste Jimin sehen, und er würde dort sein.
Yoongi machte sich in seinem Zimmer fertig. Seit er und Taehyung sich endlich wieder versöhnt hatten, sprach er kaum noch mit mir. Zum einen, weil die beiden sich meist in sein Zimmer verzogen, um Versäumtes nachzuholen, zum anderen, weil er mir immer noch die Schuld daran gab, dass sie fünf Wochen lang getrennt gewesen waren.
Taehyung ließ sich keine Gelegenheit entgehen, um mich wissen zu lassen, dass er mir spinnefeind war, vor allem nachdem ich Jimins Herz noch einmal gebrochen hatte. Ich hatte ihn überredet, Taemin mitten in einem Date sitzen zu lassen, um mich zu einem Kampf zu begleiten. Natürlich hatte ich ihn dabeihaben wollen, aber ich beging den Fehler, ihm auch zu gestehen, dass ich es vor allem von ihm verlangt hatte, um einen Revierkampf zu gewinnen. Ich wollte Taemin klar machen, dass er bei Jimin nichts zu melden hatte. Jimin empfand es so, als hätte ich seine Gefühle für mich ausgenutzt und er hatte recht damit.
Das allein hätte schon gereicht, um sich schuldig zu fühlen, aber die Tatsache, dass Jimin dort, wo ich ihn hingebracht hatte, auch noch belästigt worden war, machte es fast unmöglich noch irgendjemand in die Augen zu schauen. Dass ich noch dazu fast von der Polizei drangekriegt worden war, sorgte dafür, dass ich wie ein absolutes Riesenarschloch dastand.
Trotz meiner permanenten Entschuldigungen war Taehyung, wenn er sich in der Wohnung aufhielt, immerzu damit beschäftigt, mir böse Blicke zuzuwerfen und mir ungerechgfertigte Vorwürfe zu machen. Dennoch war ich froh über seine Aussöhnung mit Yoongi. Wenn Taehyung sich nicht wieder mit ihm vertrahen hätte, hätte Yoongi mir das wohl nie verziehen.
»Ich geh dann mal«, sagte Yoongi. Er war in mein Zimmer gekommen, wo ich immer noch unschlüssig in Boxershorts auf dem Bett saß. »Ich hole Tae beim Wohnheim ab.«
Ich nickte. »Geht Jimin auch hin?«
»Ja. Mit Hoseok.«
Ich brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Sollte mich das aufmuntern?«
Yoongi zuckte mit den Schultern. »Mich würde es das.« Er schaute auf die Wände und nickte. »Du hast die Fotos wieder aufgehängt.«
Ich betrachtete sie. »Keine Ahnung. Irgendwie kam es mir falsch vor, sie in der Schublade liegen zu haben.«
»Dann bis später, schätz ich mal.«
»He, Yoongs?«
»Ja?«
»Es tut mir echt leid, Cousin.«
Yoongi seufzte. »Weiß ich.«
Sobald er weg war, ging ich in die Küche und goss mir den letzten Rest Whiskey ein. Die bernsteinfarbene Flüssigkeit stand ganz ruhig im Glas, bereit, mich zu trösten.
Ich kippte alles auf einmal, schloss meine Augen und erwog einen Umweg über den Spirituosenladen. Aber es hätte im ganzen Universum nicht genug Whiskey gegeben, um mir bei meiner Entscheidung zu helfen.
»Ach, scheiß drauf«, sagte ich zu mir selbst und schnappte mir die Harleyschlüssel.
Nach einem Zwischenstopp bei Ugly Fixers Liquor's fuhr ich mit meinem Bile über den Gehsteig und parkte im Vorgarten des Fraternityhauses. Dort machte ich mir die kleine Flasche auf, die ich eben gekauft hatte.
Auf dem Boden der Flasche fand ich schließlich den Mut, in das Sig-Tau-Haus zu maschieren. Alles war in Pink und Rot dekoriert. Von der Decke hingen billige Girlanden, der Boden war mit Glitter bedeckt. Die Bässe der Boxen im Untergeschoss wummerten durchs ganze Gebäude und untermalten das Gelächter und die Gesprächsfetzten.
Es war brechend voll, gab keine Sitzgelegenheiten und so schob ich mich zwischen den Paaren durch und hielt Ausschau nach Yoongi, Taehyung, Hoseok oder Jimin. Vor allem nach Jimin. Er stand nicht in der Küche und in keinem der anderen Räume. Auch auf dem Balkon war er nicht, also machte ich mich auf den Weg nach unten. Mir stockte der Atmen, als ich ihn entdeckte.
Der Rhythmus der Musik wurde gerade langsamer und sein engelsgleiches Lächeln strahlte selbst in diesem schummrigen Keller. Er hatte die Arme um Hoseoks Hals gelegt, der sich verlegen zur Musik bewegte.
Meine Füße bewegten sich wie von selbst und bevor ich wusste, was ich tat, oder auch nur einen Gedanken an die Folgen verschwendet hatte, stand ich unmittelbar neben ihnen.
»Was dagegen, wenn ich ablöse, Hoseok?«
Jimin erstarrte und seine Augen blizten.
Hoseok schaute zwischen ihm und mir hin und her. »Kein bisschen.«
»Hoseok«, fauchte Jimin, aber da war er auch schon weg.
Ich zog ihn an mich und machte einen Schritt.
Jimin tanzte zwar weiter, aber mit so viel Platz zwischen und wie nur irgendwie möglich. »Ich dachte, du wolltest nicht kommen.«
»Wollte ich auch nicht. Aber ich wusste, dass du hier bist, also musste ich kommen.«
Ich rechnete jeden Augenblick damit, dass er gehen würde und jeder Augenblick, in dem er in meinen Armen blieb, erschien mir wie ein Wunder. »Du bist wunderschön, Kitten.«
»Lass das.«
»Was? Dir sagen, dass du schön bist?«
»Lass... lass es einfach.«
»Ich hab's nicht so gemeint.«
»Dank«, schnaubte er.
»Nein... du siehst wunderschön aus. Das habe ich so gemeint. Aber ich rede davob, was ich in meinem Zimmer zu dir gesagt habe. Ich will nicht lügen. Es hat mir gefallen, dich aus deinem Date mit Taemin rauszuholen...«
»Das war nicht mal ein Date. Wir waren einfach nur was essen. Aber seither redet er nicht mehr mit mir. Danke dafür.«
»Hab ich gehört. Tut mir leid.«
»Nein, tut es dir nicht.«
»O-okay, du hast recht«, sagte ich stotternd, weil ich merkte, wie er wütend wurde. »Aber ich... das war nicht der einzige Grund, warum ich dich zum Kampf mitgenommen habe. Ich wollte, dass du mich begleitest, Kitten. Du bist mein Glücksbringer.«
»Ich bin dein gar nichts.« Wütend starrte er mich an.
Ich verzog das Gesicht und blieb abrupt stehen. »Du bist mein Ein und Alles.«
Jimins Mund war ein Strich, aber sein Blick wurde sanfter.
»Du hasst mich doch nicht wirklich... oder?«
Jimin wandte sich ab und vergrößerte den Abstand zwischen und. »Manchmal wünsche ich mir das. Das würde alles vo verdammt viel leichter machen.«
Ein vorsichtiges Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. »Was ist schlimmer? Was ich getan habe, sodass du mich hassen möchtest? Oder die Erkenntnis, dass dir das nicht gelingt?«
Blitzschnell war seine Wut wieder da. Er stürmte an mir vorbei die Treppe hinauf in die Küche. Ich blieb allein auf der Tanzfläche zurück, verblüfft und angepisst zugleich, weil ich es irgendwie geschafft hatte, seinen Zorn auf mich neu zu schüten. Auch nur zu versuchen, jetzt noch mit ihm zu reden, erschien mir sinnlos. Jede Interaktion ließ den Schneeball aus Missverständnissen, der unser Verhältnis ausmachte, doch nur größer werden.
Ich stieg die Treppe hinauf und stellte mich in die Schlange vor dem Bierfass, dabei verfluchte ich meine Gier und die leere Whiskeyflasche, die inzwischen irgendwo im Vorgarten der Sig Tau lag.
Nach einer Stunde Biertrinken und öder Konversation mit Fragernityjungs und ihren Begleiterinnen oder Begleiter, schielte ich zu Jimin hinüber und hoffte, seinen Blick auf mich zu ziehen. Doch er schaute mich sowieso schon an, wandte die Augen aber rasch ab. Taehyung schien sich gerade zu bemühen, ihn aufzuheitern, als Hoseok dazukam und ihn am Arm berührte.
Anscheinend wollte er gehen.
Jimin trank in einem Zug sein Bier und ergriff Hoseoks Hand. Nach zwei Schritten blieb er wie angewurzelt stehen, weil gerade von unten der Song zu hören war, zu dem wir auf seinem Geburtstag getanzt hatten. Er streckte die Hand aus, schnappte sich Hoseoks Bierflasche und nahm einen Schluck daraus.
Ich war mir nicht sicher, ob es an meinem Whiskeykonsum lag, aber irgendwas in seinem Blick sagte mir, dass er die Erinnerungen an diesen Song ebenso schmerzten wie mich.
Ihm lag immer noch was an mir. Es musste so sein.
Einer meiner Fraternitykumpeln lehnte sich neben Jimin an die Küchentheke und lächelte. »Lust zu tanzen?«
Das war Brad, und obwohl ich wusste, dass er wahrscheinlich nur Jimins bekümmertes Gesicht bemerkt hatte und ihn ein bisschen aufmuntern wollte, sträubten sich mir die Nackenhaare. Gerade als Jimin den Kopf schütteln wollte, war ich neben ihm und bevor mein Verstand sich einschalten konnte, redete mein verdammter Mund auch schon drauflos.
»Tanz mit mir.«
Taehyung, Yoongi und Hoseok starrten alle Jimin an und waren genauso gespannt auf seine Antwort wie ich.
»Lass mich in Ruhe, Jungkook.«
»Das ist unser Song, Kitten.«
»Wir haben keinen Song.«
»Kitten...«
»Nein.«
Er sah Brad an und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich würde lieber gern mit dir tanzen, Brad.«
Brads sommersprossiges Gesicht verzog sich zu einem Grinsen und er bedeutete Jimin, vor ihm die Treppe hinunterzugehen.
Ich stolperte zurück und fühlte mich, als hätte mir soeben jemand einen Schlag in die Magengrube verpasst. Eine Mixtur aus Wut, Eifersucht und Trauer kochte in meinem Blut.
»Einen Toast!«, brüllte ich und stieg auf den nächsten Stuhl. Dabei schnappte ich mir noch das Bier vom Nächstbesten und hielt es hoch. »Auf die Idioten!«, rief ich und zeigte auf Brad. »Und auf die Kerle, die dir das Herz brechen.« Ich nickte Jimin zu. Die Kehle schnürte sich mir zu. »Und auf den absolut verdammten Horror, deinen besten Freund zu verlieren, weil du blöd genug warst, dich in ihn zu verlieben.«
Ich stürzte das Bier aus der Flasche hinunter und knallte sie anschließend auf den Boden. Im Raum herrschte Totenstille, nur die Musik schallte von unten herauf, während alle mich irritiert anstarrten.
Jimin reagierte schnell, schnappte sich Brads Hand und zog ihn mit sich nach unten auf die Tanzfläche.
Ich sprang vom Stuhl und wollte ihm folgen, doch da stellte sich Yoongi mir in den Weg und presste mir seine Faust gegen die Brust. »Du musst damit aufhören«, sagte er mit gedämpfter Stimme. »Das kann sonst nur ein böses Ende nehmen.«
»Wenn es sowieso endet, was spielt das dann noch für eine Rolle?« Ich schob mich an ihm vorbei und lief die Treppe nach unten, wo Jimin schon mit Brad tanzte. Der Schneeball war zu groß, um ihn noch aufzuhalten, also entschied ich, einfach mitzurollen. Mir war sowieso nichts mehr peinlich. Zum Einfach-gute-Freunde-sein konnten wir nicht mehr zurück, also schien es doch eine gute Idee, dafür zu sorgen, dass wir einander hassen.
Ich drängelte mich durch die Paare auf der Tanzfläche und blieb unmittelbar neben Jimin und Brad stehen. »Ich klatsche ab.«
»Nein, das wirst du nicht, verdamnt!«, fauchte Jimin und zog die Schultern hoch.
Meine Augen bohrten sich in Brads. »Wenn du nicht sofort die Finger von meinem Mann lässt, reiß ich dir den Schädel runter. Und zwar hier und jetzt.«
Brad schaute verunsichert zwischen mir und seinem Tanzpartner hin und her. »Tut mir leid, Jimin«, sagte er und nahm langsam die Hände von ihm. Dann verzog er sich Richtung Treppe.
»Was ich jetzt gerade für dich empfinde, Jungkook... das hat schon große Ähnlichkeit mit Hass.«
»Tanz mit mir«, bat ich und schwank leicht.
Der Song endete und Jimin seufzte. »Geh und trink noch eine Flasche Whiskey, Kook.« Er wandte sich ab, um mit dem einzigen anderen Typen zu tanzen, der sich auch allein auf der Tanzfläche befand.
Der Rhythmus wurde schneller und Jimin bewegte sich immer näher an seinen neuen Partner heran. David, den ich unter allen Sig-Tau-Brüdern am wenigsten mochte, kam dazu, tanzte hinter ihm und packte ihn bei den Hüften. Die beiden grinsten, während sie Jimin gleichzeitig überall begrapschten.
Ich empfand keine Eifersucht, sondern Scham. Dazu hatte ich ihn also gemacht.
Mit zwei Schritten war ich bei ihm, bückte mich und umschlang Jimins Beine. Dann warf ich ihn mir über die Schulter, während ich gleichzeitig David, diesen opportunistischen Scheißkerl, umstieß.
»Lass mich runter!«, schrie Jimin und trommelte mit seinen Fäusten auf meinen Rücken.
»Ich werde nicht zulassen, dass du dich wegen mir lächerlich machst«, knurrte ich und hastete die Treppe hinauf.
Alle Blicke folgten und, während ich den tretenden und um sich schlagenden Jimin durch den Raum trug. »Glaubst du vielleicht«, fauchte er, »das hier wäre nicht peinlich? Jungkook!«
»Yoongi? Ist Doonie draußen?«, rief ich und duckte mich unter Jimins fliegenden Fäusten.
»Äh... ja?«, antwortete er.
»Lass ihn runter!«, forderte Taehyung und kam einen Schritt auf uns zu.
»Taehyung«, rief der sich windende Jimin, »steh nicht bloß so da! Hilf mir!«
Taehyungs Mund verzog sich zu einem Grinsen und er lachte kurz auf. »Ihr beide seht total lächerlich aus.«
»Vielen Dank auch, du Freund!«, stieß Jimin ungläubig hervor. Sobald wir das Haus verlassen hatten, wehrte er sich noch heftiger. »Lass mich endlich runter, verdamnt!«
Ich ging auf Donnies wartendes Auto zu, riss eine der hinteren Türen auf und stieß Jimin hinein. »Donnie, du machst heute Abend den Fahrdienst, oder?«
Donnie drehte sich zu uns um und betrachtete das Gerangel vom Fahrersitz aus. »Schon.«
»Du musst uns zu meiner Wohnung bringen.«
»Jungkook... ich glaube nicht...«
»Komm schon, Donnie, sonst schlag ich dir eigenhändig den Schädel ein, so wahr mir Gott helfe.«
Donnie legte auf der Stelle den Gang ein und fuhr los. Da hechtete Jimin zum Türgriff. »Ich komme bestimmt nicht mit in deine Wohnung!«
Ich packte erst eines seiner Handgelenke, dann das andere. Er beugte sich vor und schlug seine Zähne in meinen Unterarm. Es tat höllisch weh, aber ich schloss nur die Augen. Als ich merkte, dass er durch meine Haut gedrungen war und der Schmerz wie Feuer durch meinen Arm fuhr, brummte ich nur.
»Tob dich aus, Kitten. Ich habe deine Faxen jetzt satt.«
Er ließ von mir ab und versuchte, seine Hände zu befreien, wahrscheinlich eher, weil ich ihn beleidigt hatte, als um wegzukommen. »Meine Faxen? Lass mich sofort aus diesem verdammten Wagen!«
Ich hob seine Hände nah an mein Gesicht. »Ich liebe dich, verdammt! Und du gehst jetzt nirgendwohin, bis du nicht nüchtern und wir das geklärt haben!«
»Du bist der Einzige, dem das noch nicht klar ist, Jungkook!«
Da ließ ich seine Hände los, und er verschränkte schnollend die Arme, bis wir bei der Wohnung ankamen.
Sobald das Auto stand, beugte er sich vor. »Kannst du mich nach Hause bringen, Donnie?«
Ich öffnete die Tür und zog Jimin am Arm heraus, bevor ich ihn mir wieder über die Schulter warf. »Nacht, Donnie«, rief ich und schleppte ihn die Treppe hinauf.
»Ich werde deinen Vater anrufen!«, schrie er.
Da musste ich einfach lachen. »Und der wird mir wahrscheinlich auf die Schulter klopfen und sagen, das wurde aber auch verdammt noch mal Zeit!«
Jimin zappelte herum, während ich versuchte, die Schlüssel aus meiner Tasche zu ziehen.
»Hör auf, Kitten, sonst fallen wir noch beide die Treppe runter!«
Endlich hatte ich die Tür offen und stapfte in Yoongis Zimmer.
»Lass. Mich. Runter!«, kreischte Jimin.
»Na schön«, sagte ich und ließ ihn auf Yoongis Bett fallen.
»Schlaf dich aus. Wir reden morgen.«
Ich konnte mir vorstellen, wie sauer er dein musste. Und obwohl mein Rücken schmerzte, nachdem er zwanzig Minuten lang von Jimins Fäusten traktiert worden war, empfand ich es als Erleichterung, ihn wieder in der Wohnung zu wissen.
»Du hast mir gar nichts mehr zu sagen, Jungkook! Ich gehöre dir nicht!«
Seine Worte brachten eine Wut tief in meinem Inneren zum Lodern. Ich stürmte zum Bett, stützte mich links und rechts von ihm auf die Matratze und kam ganz nahe an sein Gesicht.
»Aber ich gehöre dir!«, brüllte ich. Ich hatte mich dermaßen verausgabt, dass ich merkte, wie mein Gesicht rot anlief. Jimin hielt meinem Blick stand, ohne auch nur zu blinzeln. Ich schaute keuchend auf seine Lippen. »Ich gehöre dir«, flüsterte ich und merkte, wie mein Zorn dem Verlangen Platz machte.
Jimin packte mich, allerdings nicht, um zu schlagen, sondern er hielt meinen Kopf fest und küsste mich mit aller Macht. Ohne Zögern hob ich ihn vom Bett auf und trug ihn in mein Zimmer, wo wir zusammen auf die Matratze fielen.
Jimin riss mir die Klamotten vom Leib, ich öffnete sein Hemd und schob es von seinen Schultern. Danach machte ich mich an seine Hose ran, aus denen er ausstieg und sie wegkickte. Unsere Blicke trafen sich, dann küsste ich ihn und stöhnte in seinen Mund, als er den Kuss erwiderte.
Bevor ich die Gelegenheit hatte, darüber nachzudenken, waren wir beide nackt. Jimin packte nach meinem Po und konnte es anscheinend kaum erwarten, mich in sich zu spüren.
Ich wehrte mich noch, obwohl Adrenalin und der Alkohol in meinem Blut verrückt spielten. Mein Verstand regte sich und Gedanken an nicht mehr abzuwendende Folgen kamen mir in den Sinn. Ich war ein Arschloch gewesen, hatte ihn vor den Kopf gestoßen, aber ich wollte bestimmt nicht, dass Jimin sich im Nachhinein fragte, ob ich diese Situation ausgenutzt hatte.
»Wir sind beide betrunken«, sagte ich keuchend.
»Bitte.«
Seine Schenkel pressten sich gegen meine Hüften, und ich spürte, wie die Muskeln unter seiner zarten Haut vor Erregung zitterten.
»Es ist nicht richtig.« Ich kämpfte gegen den Alkoholnebel und die Einstellung, dass die nächsten paar Stunden mit ihm jede Konsequenz wert wäre.
Meine Stirn presste sich gegen seine. So sehr ich ihn wollte, die schmerzliche Vorstellung, dass Jimin sich am Morgen dafür schämen würde, war stärker als alles, was meine Hormone mir weismachen wollten. Wenn er das hier wirklich wollte, brauchte ich einen echten Beweis.
»Ich will dich«, flüsterte er an meinen Lippen.
»Ich muss es dich sagen hören.«
»Ich sage, was immer du willst.«
»Dann sag, dass du zu mir gehörst. Sag, dass du mich zurücknimmst. Ich werde das hier nicht machen, wenn wir nicht wieder zusammen sind.«
»Wir waren doch nie wirklich getrennt, oder?«
Ich schüttelte den Kopf und strich mit meinen Lippen über seine. Das genügte noch nicht. »Ich muss es von dir hören. Ich muss wissen, dass du mir gehörst.«
»Ich gehöre dir seit der Sekunde, als wir uns zum ersten Mal gesehen haben«, sagte er felhend.
Ein paar Sekunden lang schaute ich in seine Augen, dann merkte ich, wie mein Mund sich zu einem Lächeln verzog. Ich hoffte, dass seine Worte die Wahrheit waren und nicht nur in der Hitze des Augenblicks dahingesagt. Ich beugte mich zu ihm, küsste ihn sanft und zog ihn an mich. Als ich in ihn eindrang, fühlte sich mein ganzer Körper an, als würde er mit Jimins verschmelzen.
»Sag es noch einaml.« Ein Teil von mir konnte noch nicht glauben, dass das hier wirklich passierte.
»Ich gehöre dir«, hauchte er. »Ich will nie wieder von dir getrennt sein.«
»Versprich es mir«, antwortete ich und stöhnte beim nächsten Stoß.
»Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben.« Er sah mir fest in die Augen, als er das sagte und da dämmerte mir endlich, dass das kein leeres Versprechen war.
Ich verschloss seinen Mund mit meinem und unsere Bewegungen wurden schneller. Es gab nichts mehr zu sagen, und zum ersten Mal seit Monaten war meine Welt wieder in Ordnung. Jimin bog seinen Rücken durch, schlang die Beine um meinen Rücken und verschränkte sie an den Knöcheln. Ich schmeckte jeden Zentimeter seiner Haut, den ich erreichen konnte; so lange hatte ich danach gehungert.
Eine Stunde verging, dann noch eine. Selbst als ich total erschöpft war, machte ich noch weiter, aus Angst, aufzuwachen und alles nur geträumt zu haben, sobald wir innehielten.
•••
Ich blinzelte gegeb das hereinfallende Licht. Die ganze Nacht hatte ich nicht schlafen können, weil ich wusste, wenn die Sonne aufging, würde alles vorbei sein. Jimin regte sich und ich biss die Zähne zusammen. Die wenigen Stunden, die wir zusammen verbracht hatten, genügten nicht. Ich war noch nicht bereit.
Jimin kuschelte sich mit seiner Wange an meiner Brust. Ich küsste sein Haar, dann seine Stirn, danach seine Wange, seinen Hals, seine Schultern, schließlich brachte ich seine Hand an meine Lippen und küsste zärtlich seine Handfläche und alle Finger. Am liebsten hätte ich ihn an mich gedrückt. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Wenn er aufwachte, würde er außer sich sein, wütend und mich für immer verlassen.
Noch nie hatte ich mich so davor gefürchtet, die Grauschattierungen in seinen Augen zu sehen.
Mit geschlossenen Lidern lächelte Jimin und ich legte meinen Mund wieder auf seine, während mir davor graute, dass er begriff.
»Guten Morgen«, sagte er, seine Lippen dicht an den meinen. Ich drehte mich halb über ihn und berührte mit meinen Lippen noch mehr von seiner Haut. Dann schob ich meine Arme unter ihn, zwischen seinen Rücken und die Matratz, und vergrub mein Gesicht an seinem Hals. So wollte ich seinen Duft in mich aufnehmen, bevor er zur Tür hinausstürzte.
»Du bist so still heute Morgen.« Er strich mit den Händen über meinen nackten Rücken. Seine Handflächen glitten über meinen Po, und als Nächstes schlang er seine Beine um meine Hüften.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich will einfach nur so bleiben.«
»Hab ich was Entscheidendes verpasst?«
»Ich wollte dich nicht wecken. Warum schläfst du nicht einfach noch ein bisschen?«
Jimin lehnte sich ins Kissen zurück und hob mein Kinn, sodass ich ihn ansehen musste.
»Was zum Teufel ist mit dir?«, fragte er und sein ganzer Körper war auf einmal angespannt.
»Schlaf einfach weiter, Kitten. Bitte.«
»Ist irgendwas passiert? Ist was mit Taehyung?« Bei der letzten Frage hatte er sich bereits aufgesetzt.
Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen.
»Nein... Taehyung geht's gut. Die beiden sind gegen vier Uhr nach Hause gekommen. Sie sind noch im Bett. Es ist früh, lass uns einfach auch noch mal schlafen.«
Sein Blick wanderte durch mein Zimmer, während er sich anscheinend an die vergangene Nacht erinnerte. Ich wusste, jeden Moment würde ihm einfallen, dass ich ihn in einem Riesenspektakel von der Party weggeschelppt hatte, deshalb nahm ich sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn ein letztes Mal.
»Hast du nicht geschlafen?«, fragte er und schlang die Arme um meinen Oberkörper.
»Ich... konnte nicht. Wollte nicht...«
Jimin küsste mich auf die Stirn. »Was auch immer es ist, wir werden es durchstehen, ja? Warum schläfst du nicht noch ein bisschen? Und wir suchen eine Lösung, wenn du wieder wach bist.«
Damit hatte ich nicht gerechet. Ich hob blitzschnell den Kopf und musterte sein Gesicht. »Wie meinst du das? Dass wir es durchstehen?«
Er runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, was los ist, aber ich bin hier.«
»Du bist hier... Heißt das, du bleibst? Bei mir?«
Er machte ein unschlüssiges Gesicht. »Ja. Ich dachte, das hätten wir gestern Abend besprochen.«
»Haben wir auch...« Wahrscheinlich sah ich total dämlich dabei aus, aber ich nickte heftig.
Jimins Augen wurden schmal. »Du dachtest, ich würde aufwachen und angepisst sein, oder? Du dachtest, ich würde wieder gehen?«
»Dafür bist du schließlich berühmt.«
»Bist du darüber so traurig? Hast du die ganze Nacht wachgelegen, weil du dir Sorgen gemacht hast, was passieren würde, sobald ich wach wäre?«
Ich wand mich vor Verlegenheit. »Ich hatte die letzte Nacht nicht so geplant. Ich war ein bisschen betrunken und bin dir wie ein verdammter Stalker auf die Party nachgeschlichen. Und dann habe ich dich gegen deinen Willen von dort fortgeschleppt... und dann haben wir...« Ich schüttelte den Kopf und war von mir selbst angewiedert.
»Den besten Sex meines Lebens gehabt?«, sagte Jimin lächelnd und drückte meine Hand.
Ich lachte kurz auf und war total erstaunt von dem Verlauf, den dieses Gespräch nahm. »Dann ist also alles okay mit uns?«
Jimin nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich zärtlich. »Ja, Dummerchen. Das hab ich doch versprochen, oder? Ich habe dir alles gesagt, was du hören wolltest, wir sind wieder zusammen und trotzdem bist du immer noch nicht glücklich?«
Mein Atem stockte und ich musste die Tränen runterschlucken. Das kam mir immer so unwirklich vor.
»Jungkook, hör auf. Ich liebe dich.« Jimin strich mit seinen kleinen Fingern die Fältchen um meine Augen glatt. »Diese absurde Trennung hätte ja schon zu Thanksgiving vorbei sein können, aber-«
»Moment mal... was?«, unterbrach ich ihn und lehnte mich zurück.
»Ich war zu Thanksgiving absolut bereit zur Kapitulation, aber dann hast du gesagt, du hättest genug davon zu versuchen, mich glücklich zu machen und da war ich zu stolz, dir zu sagen, ich würde dich zurückwollen.«
»Wie bitte? Soll das ein verdammter Witz sein? Ich hab doch nur versucht, es dir leichter zu machen! Weißt du, wie elend ich mich gefühlt habe?«
Jimin verzog das Gesicht. »Nach den Ferien sahst du aber ganz gut aus.«
»Das habe ich doch nur für dich gemacht! Ich hatte Angst, dich ganz zu verlieren, wenn ich nicht so getan hätte, als wäre es für mich okay, nur gute Freunde zu sein. Ich hätte also schon die ganze Zeit wieder mit dir zusammen sein können, zum Teufel?«
»Ich... Es tut mir leid.«
»Es tur dir leid? Ich hab mich fast totgesoffen, bin kaum aus dem Bett gekommen und habe Silvester mein Handy kurz und klein geschlagen, um mich davon abzuhalten, dich anzurufen... und dir... tut es leid?«
Jimin biss sich auf die Unterlippe und nickte beschämt. »Es tut mir so... leid.«
»Es sei dir verziehen«, sagte ich ohne Zögern. »Aber tu das nie wieder.«
»Das werde ich nicht. Versprochen.«
Ich schüttelte den Kopf und grinste wie ein Idiot. »Ich liebe dich.«
•••
Jikook reunited 🌝
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