1. Kitten (pt. 2)
Ich musterte Yoongi, bis er merkte, wie ich ihn anstarrte. Sobald er zu mir schaute, deutete ich mit dem Kopf in Richtung Kitten.
Wer ist das?, fragte ich stumm.
Yoongi reagierte nur mit einem Stirnrunzeln.
Er, formte ich mit meinem Mund.
Yoongi verzog die Mundwinkel zu diesem ärgerlichen Scheißkerl-Grinsen, das er immer aufsetzt, wenn er mich gleich in die Pfanne haut.
»Ja?«, fragte Yoongi viel lauter als nötig.
Ich konnte sehen, dass der Kerl merke, dass wir über ihn sprachen, denn er hielt seinen Kopf weiter gesenkt und tat, als höre er nichts.
Nach sechzig Sekunden in Kittens Gegenwart wusste ich zwei Dinge: Erstens, er redete nicht viel, zweitens, wenn er es tat, war er ziemlich sarkastisch. Aber ich weiß nicht... irgendwie hatte ich damit schon gerechnet. Er mauerte einfach, um sich Typen wie mich vom Hals zu halten, aber das reizte mich umso mehr.
Zum dritten oder vierten Mal, rollte er jetzt mit den Augen. Jungs, und sogar Mädchen, begegneten mir normalerweise nicht mit unverholenem Wiederwillen, selbst wenn ich sie abblitzen ließ.
Nachdem selbst mein schönes Lächeln nicht gefruchtet hatte, legte ich noch eins drauf.
»Hast du Zuckungen?«
»Hab ich was?«, fragte er.
»Zuckungen. Deine Augen verdrehen sich dauernd so komisch.« Wenn Blicke töten könnten, wäre ich in dem Moment schon am Boden verblutet. Ich musste einfach lachen. Er war ein schlaues Kerlchen und rotzfrech. Von Sekunde zu Sekunde gefiel er mir besser.
Ich beugte mich noch näher an sein Gesicht. »Tolle Augen übrigens. Was für eine Farbe ist das eigentlich? Grau?«
Sofort senkte er den Kopf und ließ seine Stirnfransen, die etwas seitlich lagen, vor sein Gesicht fallen. Treffer. Ich hatte ihn an einer empfindlichen Stelle getroffen, und das bedeutete, dass ich einen gewissen Eindruck auf ihn machte.
Taehyung eilte sofort herbei, um mich wegzuscheuchen.
Das konnte ich ihm nicht verüblichen. Schließlich hatte er die endlose Reihe der Kerle, und hin und wieder sogar Mädchen gesehen, die schon durch mein Apartment gezogen waren. Ich wollte Taehyung nicht auf den Zeiger gehen, aber er sah gar nicht sauer aus, eher amüsiert.
»Du bist nicht sein Typ.«, sagte er.
In gespieltem Erstaunen riss ich den Mund auf. »Ich bin der Typ jeder Mann!«
Das Kitten schielte zu mir her und lächelte. Ein warmes Gefühl - wahrscheinlich einfach das verrückte Verlangen, diesen Kerl auf meine Couch zu kriegen - durchfuhr mich.
Er war anders, und das wirkte erfrischend.
»Ah! Ein Lächeln.« Es bloß ein Lächeln zu nennen, kam mir falsch vor, wo es doch das Schönste war, das ich je gesehen hatte. Aber ich wollte mir auch nicht gleich alles wieder kaputtmachen, nachdem ich eben erst gepunktet hatte. »Dann bin ich wohl doch kein elender Bastard. Es war nett, dich kennenzulernen, Kitten.«
Ich ging um den Tisch herum und beugte mich zu Taehyungs Ohr. »Hilf mir doch ein bisschen, ja? Ich schwöre dir, ich werde mich gut benehmen.«
Eine Pommes frites flog in mein Gesicht.
»Nimm deine Zunge aus dem Ohr meines Babes, Kook!«, rief Yoongi.
Mit erhobenen Händen und Unschuldsmiene wich ich zurück.
»Netzwerken! Ich bin nur am Netzwerken!« Rückwärts ging ich die paar Schritte bis zur Tür, wo ich eine Gruppe von Mädchen bemerkte. Ich öffnete die Tür und wie eine Herde Wasserbüffel stürmten sie an mir vorbei.
Es war schon lange her, dass ich vor einer echten Herausvorderung gestanden hatte. Das Seltsame daran war, dass ich ihn gar nicht flachlegen wollte. Es nervte mich, dass er mich für einen Dreckskerl halten mochte, und noch mehr nervte mich, dass mir genau das etwas ausmachte. Wie auch immer, zum ersten Mal seit Langem benahm sich jemand unberechenbar. Kitten war das totalte Gegenteil der Kerle, die mir bis jetzt der Eastern begegnet waren, und ich musste herausfinden, warum.
•••
Chaneys Kurs war voll. Zwei Stufen aufeinmal nehmend, stieg ich die Treppe zu meinem Platz hoch und schob mich zwischen die nackten Beine, die sich auf meinem Tisch drängelten.
Ich nickte knapp. »Ladies.«
Die Antwort war ein mehrstimmiges Summen und Seufzen.
Geier. Die Hälfte von ihnen hatte ich in meinem ersten Jahr als Freshman gehabt, die andere Hälfte hatte noch lange vor den Herbstferien meine Couch ausprobiert. Bis auf das Mädchen am Ende des Tisches. Sophia schenkte mir ein schiefes Lächeln. Es sah aus, als habe ihr Gesicht Feuer gefangen und jemand habe versucht, es mit einer Gabel zu löschen.
Ein paar meiner Kumplen aus der Fraternity hatten schon was mir ihr gehabt. Weil ich deren Erfolgsbilanz kannte und auch schon von ihrer nachlässigen Einstellung in puncto Safer Sex gehört hatte, betrachtete ich sie als unnötiges Risiko. Auch wenn ich selbst aus purer Gewohnheit in dieser Hinsicht vorsichtig war.
Sie lehnte sich auf ihre Ellbogen gestützt nach vorn, um besseren Blickkontakt zu bekommen. Ich konnte das Verlangen, mich vor lauter Widerwillen zu schütteln, gerade noch unterdrücken. Nein. Die war es definitiv nicht wert.
Der Brünette direkt vor mir drehte sich um und sah mich aus großen Augen an. »Hey, Jungkook, ich habe gehört, dass es demnächst eine Date Party bei Sig Tau geben soll.«
»Nein«, erwiederte ich wie aus der Pistole geschossen.
Schmollend schob er die Unterlippe vor. »Aber... Als du mir davon erzählt hast, dachte ich, du würdest vielleicht hingehen wollen.«
Ich lachte kurz auf. »Ich habe darüber nur gelästert. Das ist was anderes.«
Der schwarzhaarige neben mir beugte sich vor. »Jedes Kind weiß, das Jungkook Jeon nicht auf Date Partys geht. Da bellst du den falschen Baum an, Chris.«
»Ach ja? Dich hat jedenfalls niemand nach deiner Meinung gefragt«, antwortete Chris mit finsterer Miene.
Während die zwei rumzankten, bemerkte ich, dass Jimin hereingeeilt kam. Er ließ sich in eine der vorderen Bänke fallen, als es bereits läutete.
Ohne auch nur eine Sekunde lang darüber nachzudenken, schnappte ich mir meine Papiere, steckte den Stift in den Mund, sprang die Stufen hinunter und rutschte auf den Platz direkt neben ihn.
Jimins Gesichtsausdruck war mehr als amüsiert, und aus für mich unerklärlichen Gründen gab mir das einen Adrenalinschub, wie ich ihn sonst nur kurz vor einem Kampf erlebte.
»Gut. Du kannst für mich mitschreiben.«
Er war höchst angewiedert, und das machte mir noch mehr Spaß. Die meisten Kerle langweilten mich zu Tode, aber der hier war faszinierend. Richtig unterhaltsam. Ich brachte ihn nicht aus der Fassung, zumindest nicht im positiven Sinne. Meine bloße Anwesenheit schien ihn zum Kotzen zu finden, und das wiederum fand ich seltsamerweise reizvoll.
Ich wollte unbedingt herausfinden, ob er mich wirklich hasste oder einfach nur ein richtig harter Brocken war.
Ich beugte mich nah zu ihm. »Entschuldige... Sag mal, habe ich dich mit irgendwas beleidigt?«
Sein Blick wurde sanft, bevor er den Kopf schüttelte. Er hasste mich also nicht. Er wollte mich nur hassen. Ich war ihm um einiges voraus. Wenn er Spielchen spielen wollte konnte ich auch das.
»Und was ist dann dein Problem?«
Was er als Nächstes sagte, schien ihm peinlich zu sein. »Ich werde nicht mit dir schlafen. Also solltest du besser gleich aufgeben.«
Oh ja! Das versprach lustig zu werden. »Ich hab dich gar nicht gefragt, ob du mit mir schlafen willst... Oder hab ich das?« Ich ließ meine Augen an die Decke wandern, als müsste ich darüber nachdenken. »Warum kommst du heute Abend nicht zusammen mit Taehyung vorbei?«
Jimin kräuselte die Lippen, als habe er irgendeinen Gestank gerochen.
»Ich werde nicht mal mit dir flirten, großes Ehrenwort.«
»Ich denk darüber nach.«
Ich versuchte, nicht zu sehr zu lächeln und mich so zu verraten. Er würde sich bestimmt nicht auf den Rücken legen wegen die Geier hinter uns. Ich spähte kurz nach hinten, und die starrten alle böse auf Jimins Hinterkopf. Sie wussten so gut wie ich, dass Jimin anders war und dass ich mich bei ihm würde anstrengen müssen. Dieses eine mal.
Drei Skizzen für potenzielle Tattoos und zwei Dutzend Quader später war der Kurs zu Ende. Ich war auf dem Flur, bevor irgendjemand mich aufhalten konnte. Obwohl ich gut vorankam, schaffte es Jimin irgendwie, vor mir im Freien zu sein, noch dazu mit ein paar Metern Vorsprung.
Verdammt. Er versuchte, mir aus dem Weg zu gehen.
Ich beschleunigte meine Schritte, bis ich neben ihm war. »Hast du es dir überlegt?«
»Hey, Jungkook«, rief ein Typ, der sich verlegen die Hände in die Hosentaschen schob. Jimin ging einfach weiter, aber ich musste stehen bleiben, und mir dieses irritierende Gequassel anhören.
»Sorry, äh...«
»Ten.«
»Sorry, Ten... Ich bin... Ich muss los.«
Er schlang seine Arme um mich. Ich klopfte ihm schnell auf den Rücken, entwand mich seinem Griff und lief weiter, während ich mich noch fragte, wer das gewesen war.
Bevor ich draufkam, woher ich Ten kannte, entdeckte ich Jimins kräftige Oberschenkel in der Ferne. Ich steckte mir eine Malboro zwischen die Lippen und joggte hinter ihm her, bis ich ihn wieder eingeholt hatte.
»Wo war ich stehen geblieben? Ach ja... du hast überlegt.«
»Wovon redest du da?«
»Hast du dir überlegt, ob du vorbeikommst?«
»Wenn ich jetzt Ja sage, hörst du dann auf, mich zu verfolgen?«
Ich gab vor nachzudenken, schließlich nickte ich. »Ja.«
»Ich komme vorbei.«
Verdammt. Er war eine wirklich harte Nuss. »Wann?«
»Heute Abend. Ich werde heute Abend vorbeikommen.«
Abrupt blieb ich stehe. Er heckte irgendwas aus. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er derart in die Offensive gehen würde.
»Schön.«, sagte ich und versuchte, mein Erstaunen zu überspielen. »Dann sehen wir uns später, Kitten.«
Ohne sich noch einmal umzusehen, maschierte er weiter und schien von unserer Unterhaltung völlig ungerührt. Dann verschwand er in einer Gruppe Studenten, die ebenfalls zum Unterricht gingen.
Yoongis weißes Cap der Easter U tauchte auf. Anscheinend hatte er es nicht eilig, zu unserem Computerkurs zu kommen. Ich runzelte ebenfalls die Stirn. Ich hasste diesen Kurs genauso. Als ob inzwischen nicht jeder wusste, wie so ein Scheißding funktionierte.
Ich schloss mich Yoongi und Taehyung an, die gerade in dem Strom der Studenten auf dem Hauptweg eintauchten. Er kicherte und sah mit glitzernden Augen zu, wie wir herumfrotzelten. Taehyung war kein Geier. Er war ein attraktiver Mann, das durchaus, aber man konnte sich mit ihm unterhalten, ohne dass er nach jedem Wort »irgendwie« sagte, und manchmal war er auch ziemlich witzig. Am besten gefiel mir an ihm, dass er nach dem ersten Date noch einige Wochen lang nicht mit in unsere Wohnung kam, und selbst nachdem sie sich dort einandergekuschelt einen Film angesehen hatten, kehrte er zum Schlafen in sein Zimmer im Studentenwohnheim zurück.
Allerdings hatte ich den Eindruck, die Bewährungsfrist, bevor Yoongi ihn ins Bett kriegte, würde bald ablaufen.
»Hey, Tae.« Ich nickte ihm zu.
»Wie läufts, Kook?", fragte er. Er schenkte mir ein freundliches Lächeln, doch dann hatte er wieder nur Augen für Yoongi.
Er war wirklich ein Glückspilz. Solche Kerle liefen einem nicht sehr oft über den Weg.
»Ich muss hier lang.«, meinte Taehyung und deutete in Richtung des Wohnheims. Er schlang Yoongi die Arme um den Hals und küsste ihn. Er packte sein Shirt mit beiden Händen und drückte ihn fest an sich, bevor er ihn gehen ließ.
Taeyhung winkte uns noch mal zu, dann gesellte er sich am Eingang zu seinem Freund Hoseok.
»Du hast dich ganz schön verknallt, was?«, fragte ich und boxte Yoongi gegen den Arm.
Er stieß mich weg. »Geht dich gar nichts an, Blödmann.«
»Hat er einen Bruder?«
»Er ist ein Einzelkind. Und lass bloß die Finger von seinen Freunden, Kook. Ich warne dich.«
Yoongis letzter Satz war überflüssig. Seine Augen waren meist eine Art Plakatwand seiner Gefühle und Gedanken. Er meinte es eindeutig ernst - vielleicht war er sogar ein bisschen verzweifelt. Er hatte sich nicht bloß verknallt, sondern richtig verliebt.
»Du meinst Jimin.«
Er blickte finster drein. »Ich meine alle seine Freunde.
Sogar Hoseok. Halt dich von denen einfach fern.«
»Ach, Cousin!«, tönte ich und nahm ihn in den Schwitzkasten. »Hast du dich etwa verliebt? Mir kommen vor Rührung gleich die Tränen!«
»Halt die Klappe«, brummte Yoongi. »Versprich mir einfach, dass du die Finger von seinen Freunden lässt.«
»Ich verspreche gar nichts«, erwiederte ich grinsend.
•••
Wieso ist ein tättowierter, Harley fahrender coole bad boy Jungkook hot af? 🤤
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