~6~
Als unser Training vorbei war, sah ich seufzend auf das Volleyballfeld neben mir.
*Warum hab ich dem nur zugestimmt?*
„Lea, beeil dich und hol deine Sachen, ich muss noch absperren", sprach mich mein Trainer an, als die anderen Mädchen schon lange in der Umkleide verschwunden waren und nur noch ich auf dem Feld stand. Ich lächelte leicht und winkte ab.
„Ich bleibe noch etwas, die Jungs vom Volleyballteam haben gefragt, ob ich ihnen noch bei etwas helfen kann. Wir sperren später auch zu, der Trainer von ihnen hat auch einen Schlüssel."
„Wenn das so ist, dann viel Vergnügen, wir sehen uns am Mittwoch."
„Danke, bis dann."
Als mein Trainer an mir vorbei ging, stand ich wieder alleine da.
*Ich kann doch nicht einfach zu ihnen rüber gehen. Außer Nishinoya kennt mich dort doch keiner. Vielleicht sollte ich doch einfach gehen.*
Seufzend drehte ich mich um und ging Richtung unsrer umkleide.
„Wo läufst du denn hin?!", wurde ich stürmisch von hinten angesprungen, wie ich es sonst nur von Yuna gewohnt war.
„Du hast versprochen, dass du uns hilfst!", spürte ich Nishinoya's Gewicht an meinen Schultern.
„Runter von mir du aufgedrehter Gartenzwerg, ich komm doch schon!", jammerte ich und drehte mich um.
Wie zu meiner Befürchtung starrten uns alle aus der Volleyballmannschaft an, als wäre ich ein sprechender Gummiball.
„Noshinoya hat mal geschafft ein Mädchen anzusprechen, das ihm keine knallt?" „Ist Shimizu doch nicht so interessant?" „ich bin echt neidisch auf Noya, warum kann diese Schönheit nicht mit mir sprechen?"
Nuschelnd hörte ich leise ihr Stimmenwirrwarr, dennoch konnte ich einzelne Fetzen daraus deutlich hören. Der Kleinere vor mir, schien das entweder alles gekonnt zu überhören, oder er hörte es wirklich nicht, zumindest reagierte er nicht auf das was so getuschelt wurde.
*Scheint als wär der Kerl ein ziemlicher Aufreißer, wenn er dauernd eins von anderen Mädchen gewischt bekommt.*
Ich sah etwas unauffällig neben mich um ihn genauer zu mustern.
*Er ist zwar nicht groß, aber hübsch ist er wirklich*, dachte ich mir als ich ihn betrachtete.
Seine Haare hatten bestimmt sehr viel Haarspray in sich, sonst könnten sie niemals so perfekt stehen, dennoch sahen sie weich aus. Seine braunen Augen wirkten so nett und fröhlich, genau wie sein Lächeln, dass einem gar nichts anderes übrig blieb als sich von ihm anstecken zu lassen.
„Bist du noch da?", wurde ich vorsichtig von meiner linken Seite angetippt.
„Äh..was ja", schreckte ich leicht zusammen.
*Hoffentlich hat er nicht gemerkt, dass ich ihn anstarre.*
„Shoyo hat gefragt wie du heißt", wiederholte er die Frage einer seiner Teamkollegen.
„Lea, Lea Akira, aber bitte nennt mich Lea", stellte ich mich mit leichter Verbeugung vor.
„Jetzt weißt du wenigstens wie sie heißt Noya", nuschelte ein Junge mit sehr kurzen, grauen Haaren zu dem Libero, dessen Gesicht sofort deutlich verärgert wurde.
„Halt die Klappe, Ryu!"
„Bist du so verzweifelt, dass du schon Mädchen abschleppst dessen Namen du nichtmal weißt?"
„Ich sagte halt die Klappe!"
Sie redeten wirklich leise, sehr leise sogar, dennoch hatte ich jedes Wort gehört.
*Wenn du mich einmal anfasst, dann bist du tot*, knurrte ich überzeugt als ich die Worte der beiden verarbeitet hatte.
*Lass dir nichts anmerken Lea, du bist einmal hier in ihnen zu helfen, damit sie gegen Tooru nicht komplett vernichtet werden, der Rest interessiert mich nicht.*
„Lea ist aber ein komischer Name. Woher kommst du?", fragte mich der Orangehaarige, worauf er von Kageyama einen Tritt in die Seite bekam.
„Hinata du Idiot, sei nicht so respektlos!", schnauzte er ihn an.
*Was ist denn jetzt los? Warum verteidigt er mich?*
„Nein, nein ist schon gut", winkte ich mit leichten Lächeln ab. „Ich komme aus Deutschland, da ist der Name sehr geläufig."
„Aber woher dann der japanische Nachname?", fragte der große Braunhaarige weiter.
„Meine Mutter ist Japanerin und mein Vater Deutscher."
„Ah so ist das also, deine Mutter hat ihr Land viel zu sehr vermisst, deshalb seid ihr hierher gezogen, jetzt macht alles Sinn", grinste dieser Hinata viel zu fröhlich.
Ich dagegen biss mir fest auf die Lippe um meine hochkommende Trauer nicht zu zeigen.
„Ich bin nicht hier um mit euch ein Kaffeekränzchen zu halten, sondern euch zu helfen", brummte ich um meine Gefühlte zu überspielen und nahm einen der Bälle auf.
„Ich schlag auf ihr nehmt an."
Wie im Einklang nickten alle und stellten sich auf die andere Seite des Netzes.
Ich ließ den Ball zwischen meinen Handflächen schnell drehen, so machte ich es immer vor einem Aufschlag. Ich hatte mir diese Macke von Tooru angeeignet, der dies ebenfalls vor jedem seiner Aufschläge tat.
Weit warf ich den dreifarbigen Ball hoch vor mich und sprang hinterher. Mit ganzer Kraft versenkte ich die Kugel neben dem Verteidiger, der sich kein Stück bewegt hatte.
„Du musst dich schon bewegen, sonst wird das nichts!", rief ich ihm zu, doch der Orangehaarige sah mich weiter perplex an.
„Der Nächste!", rief ich laut.
Kageyama betrat das Feld. Er sah mich vor Konzentration so finster an als wolle er mich nur mit seinem Blick in die Knie zwingen.
Breit grinste ich.
*Dir zeig ich's du arroganter Schönling*.
Wieder schlug ich perfekt auf. Genauso wie sein Vorgänger, bewegte sich auch Kageyama keinen Millimeter.
„Was ist denn los mit euch? Seid ihr alle fest geklebt? Der Nächste!"
Bei der ersten Runde bewegte sich außer Nishinoya keiner der Jungs, alle starrten mich nur überwältigt an, als wäre ich ein Alien von einem anderen Planeten.
Erst ab der dritten Runde bewegten sich alle, doch berühren konnte ihn weiterhin Keiner.
Am Ende es Trainings war Nishinoya der Einzige, der es schaffte ein paar Bälle halbwegs sauber anzunehmen. Ein Drittel schaffte es ihn zu berühren und der Rest sprang bis zum Ende ins leere.
„Also daran müsst ihr dringend arbeiten, sonst seh ich für Sonntag schwarz. Oikawa kann viel bessere Aufschläge als ich."
Die Jungs gingen in ihre Umkleide und ich in die in der vorhin noch meine Mannschaft war. Ich zog mir mein Tshirt über den Kopf und warf es zu meinen Sachen. Alleine stand ich in dem weiß gefliesten Raum, in dem es nur ein paar braune Bänke, schwarze Garderobenhaken und Spiegel an den Wänden gab. Ich setzte mich auf eine der Bänke. Hinter mir hing an dem Haken meine Jacke, neben mir lagen meine Klamotten und unter der Bank standen meine schwarzweißen Sneakers.
Meine Fingerkuppen drücken sich etwas in das Holz, während mein Blick zur Decke glitt.
*Ich möchte Tooru so gerne wieder sehen, aber ich weiß nicht, ob ich das verkrafte. An ihm hängen viel zu viele Erinnerungen, auch welche an meine Mutter. Außerdem müsste ich ihm und seiner Familie alles erzählen...Ich will sie nicht traurig machen.*
Leise seufzte ich. Dass meine Mutter gestorben ist war nun 6Monate her. Die meiste Zeit schaffte ich es vor anderen Leuten gut zu überspielen, aber in mir drin hatte ich bei weitem noch gar nichts verkraftet. Alles was mich an früher erinnerte, riss mich wieder zurück in ein Loch und so auch Tooru wenn ich an ihn dachte. Das was ich Nishinoya erzählt hatte, war eine Lüge. Bei weitem hätte ich genug Zeit gehabt um mich mit ihm zu treffen, ich hatte es nur aus Eigenschutz getan. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich es ihm und vorallem seiner Mutter erzählen musste, dass meine Mutter von uns gegangen ist.
Ein dumpfes Klopfen an der Tür der Umkleide holte mich zurück aus meinen Gedanken.
„Lea? Alles in Ordnung?"
Es war Nishinoya der mit mir sprach. Seine Stimme klang ruhig aber dennoch etwas besorgt.
„Jaja, ich find nur meinen zweiten Socken nicht", log ich schnell um ihn wieder los zu werden.
„Keine Sorge, ich helfe dir suchen", hörte ich ihn diese Worte sagen, während er zeitgleich die Klinke der Tür runter drückte und diese aufriss.
„RAUS HIER!", schrie ich ihn an. Ich saß nur im BH auf der Bank, Zeit mit etwas vorzuhalten hatte ich nicht. Erschrocken lief der Junge vor mir rot an, während ich panisch einen meiner Schuhe schnappte um ihn ihm gegen den Kopf zu schmettern.
„VERSCHWINDE!!"
Ächzend verließ Nishinoya die Umkleide und zog die Tür hinter sich zu.
*Wehe einer von den anderen Holzköpfen ist noch da, dann bring ich alle um!*
Schnell beeilte ich mich, mich fertig anzuziehen, bevor nochmal einer der Hirnlosen hier rein rannte.
Mit allem bepackt, ich hatte mal nichts vergessen, ging ich aus der Umkleide. Nishinoya lag in der Mitte der Halle auf dem Boden und sah zur Decke hoch. Als er meine näher kommenden Schritte hörte, drehte er den Kopf zu mir, lächelte etwas und sprang auf seine beiden Füße.
Ich ignorierte ihn und lief stumm weiter bis nach draußen. Dort wartete ich auch nur bis er abgesperrt hatte, dann ging ich wortlos weiter.
„Man Lea, jetzt sei doch nicht sauer, es tut mir doch leid."
Weiter schwieg ich.
„Dir muss auch nichts peinlich sein, dein Vorbau ist doch super."
Mit bösem Gesicht drehte ich mich zu ihm. Ich holte aus um ihm eine Ohrfeige zu geben, doch er wich blitzschnell aus.
„Scheiß Perverser", knurrte ich.
„Selber Schuld wenn du mich anlügst, du hast deinen Socken gar nicht gesucht."
„Man rennt nicht einfach ohne zu fragen in eine Umkleide!", konterte ich und unterlegte meine Worte mit einem wütenden Schnauben.
Im nächsten Moment sprang er vor mich und sah mich mit seinen braunen Augen an wie ein Hund.
„Kann ich es irgendwie wieder gut machen?"
„Ja, lass mich einfach in Ruhe. Such dir ein anderes Mädchen das du aufreißen kannst", ging ich während ich das sagte einen Bogen um ihn.
Meine Hand wurde umschlossen von einer anderen Hand. Sie gab mir Wärme und auch eine gewisse Sicherheit. Ich drehte mich um und sah in Nishinoya's braune Augen, die mich empört aber dennoch traurig musterten.
„Ich will dich nicht aufreißen. Wie kommst du darauf?"
„Ich hab gehört wie du mit dem Typen aus deiner Mannschaft geredet hast". Ich zog meine Hand ruckartig aus seiner, während ich ihn kalt ansah.
„Ryu labert doch nur Scheiße! Ich hatte noch nie eine Freundin!"
„One night stands und F+ sind auch nicht besser", murmelte ich während ich mich umdrehte.
„Sowas würde ich nie wollen, was denkst du von mir?!", rief er mir nach, worauf ich stehen blieb und mich nochmal zu ihm umdrehte.
„Es stimmt, ich spreche manchmal Mädchen an die ich hübsch finde, aber ich werde eh immer abgewiesen, daran bin ich schon gewohnt. Was denkst du warum mir Kageyama und Oikawa so auf den Sack gehen, die Beiden müssen nichtmal was tun und sofort stehen alle Mädchen bei ihnen Schlange."
„Du bist echt ein eifersüchtiger Giftzwerg", grinste ich über die Sache mit Tooru und Kageyama.
„Und du bist fies und gemein und unterstellst mir einfach Sachen, die du halbwegs gehört hast, ohne festen Beweis."
Ertappt sah ich an ihm vorbei.
*Es stimmt was er sagt. Ich habe ohne nachzudenken und ohne mir ein eigenes Bild gemacht zu haben über ihn geurteilt, nur weil ich die Worte von diesem Typen gehört habe.*
„Tut mir wirklich leid, das war nicht richtig von mir, ich dachte nur er könnte recht haben, da du dauernd was von mir willst."
*Warum entschuldige ich mich eigentlich? Kann mir doch egal sein was es denkt oder ob er mich mag*
„Außer heute bin ich nie auf dich zu gegangen. Sonst haben sich unsere Wege immer durch Zufall gekreuzt."
Ich dachte über seine Worte nach und erkannte, dass er wirklich recht hatte. Ich sah ihn immer nur wenn ich etwas vergessen hatte oder damals als Yuna und ich aus dem Unterricht geflogen sind.
„Und heute habe ich dich nur gefragt ob du uns hilfst, da du mir letztens schon bei meinem Training geholfen hast. Ich will nicht gegen Oikawa verlieren, auch wenn es nur ein Trainingsspiel ist."
Nach diesen Worten ging er an mir vorbei. Wortlos folgte ich ihm, bis wir bei mir zuhause ankamen.
„Danke, bis dann", verabschiedete ich ihn, doch er hob nur stillschweigend die Hand zum Abschied und drehte sich um.
Mit einem traurigen Seufzer ging ich hoch und legte mich in mein Bett.
*Heute ist echt nicht mein Tag.*
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(1998 Wörter)
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