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*Hoffentlich ist noch Jemand da, sonst kann ich meiner Jacke und meinem Handy übers Wochenende lebewohl sagen.*

Kräftig drückte ich die Klinke des großen Gebäudes runter und lehnte mich dabei etwas gegen die Tür um sie zu öffnen. Sofort drang das Geräusch eines Balles der gegen etwas gespielt wurde in mein Ohr.

Als ich die Tür weiter öffnete blickte ich mich suchend um. In der hintersten Ecke war ein Junge, der einen Volleyball immer wieder gegen die Wand spielte.

„Entschuldigung", rief ich ihm zu.

Der Braunhaarige drehte sich fragend um. Wahrscheinlich hätte er selber nicht damit gerechnet heute noch einmal Jemanden in der Sporthalle zu sehen.

„Nishinoya?", fragte ich überrascht, als ich den Kleinwüchsigen wieder erkannte.
„Was machst du denn hier?"

„Das gleiche könnte ich dich auch fragen". Er sah mich verdutzt mit dem Ball in seinen Händen an.

„Ich hab meine Jacke oben auf den Zuschauerbänken liegen lassen und wollte sie grade holen."

„Irgendwie hab ich ein Dejavu, hast du letztens nicht schon mal was vergessen?"

Der Braunhaarige sah mich mit schiefgelegtem Kopf an

„Ach halt dir Klappe, gib mir lieber den Schlüssel, dass ich da hoch kann."

„Sorry, aber den hab ich nicht."

Entgeistert sah ich ihn an.

„Wie jetzt?!"

Genervt seufzte ich aus.

„Gut, dann mach ich es eben anders."

Ich ging zu einer der Sprossenwänden die auf der Seite der Tribünen angebracht waren und kletterte hinauf. Zwar reichten die Sprossen nicht bis ganz nach oben, doch ich war fest davon überzeugt, dort mit meiner Größe trotzdem hoch zu kommen.

„Soll ich nicht lieber die Leiter aus dem Schuppen holen?", hörte ich unter mir die Stimme des Jungen.

„Ich schaff das schon, bin ja schließlich kein Kleinkind", brummte ich ihm zu.

Gerade hatte ich die letzte Stufe erreicht. Ich stellte mich auf diese und streckte mich.

*Mist, ich komm knapp nicht ran! Ich muss springen dann gehts*

Gedacht getan. Ich ging etwas in die Hocke und sprang. Mit meinen Fingern griff ich das Geländer.

*Hat doch super geklappt*.

Doch zu früh gefreut! Meine Finger verloren sofort wieder den Halt. Meine Füße landeten auf der obersten Stufe der Sprossenwand. Ich rutschte weg und fiel rückwärts zwei Meter in die Tiefe.

*Scheiße, das war's! Jetzt breche ich mir doch noch wegen meiner eigenen Dummheit das Genick.*

*Was ist jetzt?!*

Der Aufprall war nicht hart. Ich spürte wie ich sanft aufgefangen wurde. Leises Ächzen ertönte neben meinem Gesicht. Ich drehte mich etwas und sah in Nishinoya's braune Augen.

„Was sollte der Scheiß denn?! Wolltest du dich umbringen?! Mach so eine Scheiße bloß nie wieder, hast du kapiert!".

Er war sauer. Unglaublich sauer.

„Ja...tut mir leid", entschuldigte ich mich kleinlaut.

*Warum lass ich mich von ihm so anschreien? Normalerweise schrei ich doch zurück.*

Sanft ließ er mich zurück auf meine Beine.

„Du bewegst dich nicht vom Fleck, hast du verstanden?".

Sein eindringlicher Blick, sagte mir, dass ich ihm bloß nicht wiedersprechen sollte.
Etwas eingeschüchtert nickte ich.

*Er muss echt kräftig sein, wenn er mich nach so einem Fall ohne große Anstrengung auffangen kann.*

Nishinoya verließ kurz die Halle, um daraufhin mit einer Leiter wieder zu kommen. Er lehnte sie an die Wand und stieg hoch. Oben holte er meine Jacke und nahm sie mit nach unten.

„Hier bitte, pass in Zukunft besser auf dein Zeug auf".

Er hielt mir meine schwarze Jacke entgegen, die ich sogleich an mich nahm.

*Zum Glück ist noch alles da*, spürte ich mein Handy in der Jackentasche.

„Vielen Dank, Nishinoya".

Überrascht sah er mich an.

„Woher weißt du meinen Namen?"

„Ich hab gehört, dass der Braunhaarige mit der Nummer 3 dich so genannt hat."

Er lächelte leicht.

„Heißt du hast heute zugeschaut?"

„Warum sollte meine Jacke denn sonst da oben liegen?"

Überlegend legte er den Kopf schief.

„Wer weiß, vielleicht hast du sie schon vor ein paar Tagen dort vergessen und es erst jetzt gemerkt, wär dir zumindest zuzutrauen."

Beleidigt verschränkte ich meine Arme vor der Brust. „So schlimm bin ich jetzt auch nicht", brummte ich, doch der Idiot begann nur leicht zu lachen.

„Sag du mir lieber, was du noch hier machst."

Fragend sah er mich kurz an, als ob er es selber vergessen hätte.

„Ich trainiere meine Annahmen", antwortete er mir, dabei bückte er sich nach dem grün weiß rotem Volleyball, der vor seinen Füßen lag.

„Wofür musst du denn noch trainieren? Du bist doch schon gut."

Verlegen sah er mich an und kratzte sich am Hinterkopf.

„Danke, aber bei weitem nicht gut genug. Das nächste Spiel haben wir gegen Aoba Johsai und ihr Zuspieler kann leider wirklich gute Aufschläge."

„Meinst du Oikawa?"

„Tzz", genervt zischte er und drehte sich weg. „Selbst jemand wie du, der sich absolut nicht für Volleyball interessiert kennt ihn."

„In dem Fall hat das nichts mit Volleyball zu tun."

„Dann wohl, weil er ja so 'Wahnsinnig gut aussehend ist'", grummelte Nishinoya noch genervter.

„Kann es sein, dass du ihn nicht leiden kannst?".

Sein Gesicht wurde wieder ärgerlicher.

„Natürlich nicht, der Idiot hält sich immer für den Allerbesten. Arroganter Arsch."

Ein Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht.

„Tooru hat sich wohl nicht wirklich verändert".

Dem Braunhaarigen verzog es dafür seine verärgerte Mine und ersetzte sie in eine verwirrte.

„Tooru? Sag bloß du kennst ihn persönlich."

Ich lachte leicht und grinste dann breit.

„Leider schon viel zu lange. Meine Mutter war sehr gut mit seiner Mutter befreundet und immer wenn wir hier in Japan zu Besuch waren, hab ich mit Tooru rumgehangen. Doch seit ich hier wohne habe ich ihn noch gar nicht gesehen, die Zeit hat dafür nicht gereicht, zusätzlich hat er wohl seine Nummer geändert, ich erreich ihn zumindest nicht mehr."

*Gelogen. Ich wollte Abstand um ihm und seiner Familie nicht die Sache mit meiner Mutter sagen zu müssen.*

Nishinoya hörte mir aufmerksam zu, schaute dann aber doch etwas betroffen zu Boden.

„Tut mir leid, dass ich ihn vor dir beleidigt habe."

Lachend winkte ich mit einer leichten Handbewegung ab.

„Ich weiß, dass er ein Idiot ist und das schon seit vielen Jahren, keine Sorge."

„Sag mal, soll ich für dich ein paar Aufschläge machen? Wär doch sinnvoller, als wenn du alleine gegen die Wand schlägst."

*Was sag ich denn da? Warum will ich ihm helfen?!*

Überrascht sah er mich an, doch das  Leuchten in seinen braunen Augen konnte ich dabei kaum übersehen.

„Ja, gerne."

Der Junge stellte sich auf die andere Seite des Netzes und machte sich bereit meinen Ball anzunehmen. Mit meiner rechten Hand warf ich das dreifarbige Leder nach oben. Ich nahm Anlauf und sprang hoch in die Luft. Es brannte etwas, als meine Hand mit voller Kraft den Ball traf. Laut kam die runde Kugel neben Nishinoya auf seiner Hälfte des Feldes auf.

Wie erstarrt blickte er immer noch nach vorne. Langsam drehte er seinen Kopf neben sich zu der Stelle an der der Ball soeben eingeschlagen war, dann sah er wieder mich an.

„Ich dachte du kannst kein Volleyball spielen", hörte ich deutlich die Überwältigung aus seiner überraschten Stimme.

„Kann ich auch nicht, im Gegensatz zu Tooru's Aufschlägen gleichen meine die eines Kindergartenkindes."

Nishinoya sah mich grinsend an.
„Du machst mir wirklich Lust wieder gegen diesen Typen zu spielen, das wird bestimmt ein Mordsspaß. Los spiel mir noch einen zu!"

„Zu Befehl!", lachte ich nahm wieder Anlauf und schlug ihm gleich das nächste Ding rein, diesmal bewegte er sich zwar, aber dennoch war er viel zu langsam und verfehlte.

„Der Nächste!"

*Und ich dachte ich werde diesen Sport irgendwann los*, seufzte ich. *Der Typ ist schlimmer als Tooru und das muss schon was heißen.*

Dennoch freute es mich irgendwie, dass er mit mir trainieren wollte, schließlich hatte er auch Mannschaftskollegen und die waren sicher um ein vielfaches besser als ich.

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