.ೃ࿐ September 🍂🍂🍂


Am Samstag trafen wir uns am Stausee, dort sollte die Semesterauftaktparty stattfinden. Ausgerichtet wurde die traditionell vom Basketballteam, weil die eben das Aushängeschild unserer Uni waren. Wir hatten noch andere Sportmannschaften, ein recht erfolgreiches Fußballteam, zu dem Taehyun gehörte und ein mittelmäßiges Baseballteam, dessen Trainer nie müde wurde, zu erklären, dass ihre Zeit noch kommen würde. Soobin und ich wussten das, wir gehörten nämlich dazu. Wenn ich ehrlich war, wusste ich nicht, warum ich tatsächlich Baseball spielte, aber ich nahm an, es hatte damit zu tun, dass mein Vater glühender Fan war und sich vermutlich nichts sehnlicher gewünscht hätte, als ein Sportstar als Sohn. Mittlerweile hatte er wohl eingesehen, dass dieser Karriereweg für mich bei den Amateuren endete. Mein Interesse lag ohnehin mehr beim Film, ich hatte ein Auge für bewegte Bilder und das reizte mich weit mehr als irgendwelche sportlichen Ehren.

Gerade reizte mich jedoch noch mehr Grillfleisch und gekühltes Bier. Mit einem vollgestapelten Teller und vier Flaschen zwischen die Finger geklemmt, kehrte ich zu meiner Clique zurück und ließ mich mitten zwischen sie plumpsen. Ich verteilte Bierflaschen und wollte mich eben über das Fleisch hermachen, da setzte Yoonah neben mir an.

„Herrje, wenn ich Junie mit seiner Fleischpyramide so sehe, fällt mir wieder ein – habt ihr mitbekommen, was gestern in der Mensa los war?"

„Hey!" Schmollend verteidigte ich mein gerade erlegtes Fleisch und stopfte mir den Mund voll. Zum einen hatte ich nichts aus der Mensa mitbekommen, weil ich nicht dort war, zum anderen würde sie uns ohnehin gleich in Kenntnis setzen.

„Da war dieser Neue, der mit den langen Haaren, der immer in Latzhosen rumrennt. Ihr wisst schon, der mit der Brille, der aussieht wie Harry Potter."

„Wohl eher wie Harrys verlorene Schwester", murmelte Tae so vor sich hin und wurde prompt von Jiae in den Bauch geboxt.

„Au!"

„Das war nicht nett!"

„Ja, schon gut." Er verzog das Gesicht. „Ich meinte doch nur wegen-"

„Nicht – nett!" Jiae funkelte ihn strafend an und Taehyun hob entschuldigend die Hände.

„Sorry, bin dem Kerl noch nie begegnet und hab ihm auch nichts getan, okay?"

„Beomgyu", kürzte ich die Sache ab.

„Beomgyu, genau" Yoonah lächelte dankbar, nickte, dann runzelte sie die Stirn. „Kennst du ihn etwa?"

„Hab den Spind neben ihm."

„Oh mein Gott, stimmt ja!" Soobin schlug sich leise lachend die Hand vor den Mund. „Das rosa Glitzerding!"

Sofort hatte er damit die Aufmerksamkeit seiner Freundin. „Findest du das etwa witzig?", knurrte sie ihn an. „Der arme Junge wird seit dem ersten Tag schikaniert. Irgendwas finden sie immer. Schmieren seine Blöcke voll, klauen sein Zeug. Letztes Mal haben sie seine Schuhe aus dem Fenster geworfen und er tappte den halben Tag in Socken durch das Gebäude. Heute hat ihn Sangwoo, dieser blöde Affe, in der Mensa erwischt, als er sich gerade Essen geholt hat."

„Sag das mal nicht so laut", murmelte Taehyun und nickte über Yoonahs Schulter. Genau dort stand nämlich Sangwoo, im elitären Kreis von Jaehos Clique, um eine der Feuerschalen. Es wurde gegrölt, gelacht, getrunken.

Jiae, in Taehyuns Arm, schnaubte abfällig. „Er ist so ein Idiot."

„Na ja, auf alle Fälle", fuhr Yoonah mit ihrer Erzählung fort, „gab es erst das übliche Gerangel und Geschubse, einer hat den Nachtisch von seinem Tablett geklaut, der nächste hat ihm was in den Ausschnitt seines Pullis gestopft schließlich hat Sangwoo ihm das ganze Ding aus der Hand geschlagen. Und dann gings rund – sowas hab ich noch nie gesehen, ehrlich. Da hat der Kleine geschrien und gekreischt, ich hab nicht mal verstanden, was er gebrüllt hat, aber Sangwoo muss es verstanden haben, denn plötzlich war der ganz rot im Gesicht. Ich dachte, dem platzt gleich der Schädel vom Hals. Wie auch immer, bevor man überhaupt gucken konnte, ist der Neue über die Tische und hat Sangwoo das leere Tablett ins Kreuz gedonnert. Ich schwöre, in dem Moment war es so still in der Mensa, keiner hat sich mehr gerührt. Zu viert sind sie hinter dem Kleinen nachgeschossen, haben ihn aber nicht erwischt, weil dann endlich eine Aufsicht kam und wissen wollte, was los war. Da ist das kleine Luder ausgebüxt."

„Oh Mann", murmelte Kai dumpf. „Ich will gar nicht wissen, was ihm blüht, wenn er montags auftaucht, die machen ihn doch alle."

„Davon kannst du ausgehen, auch wenn ich es ziemlich mutig finde, wenn er sich tatsächlich gegen Sangwoo stellt", stimmte Taehyun zu.

Soobin seufzte. „Mutig oder dumm – die Grenze verschwimmt da. Ich meine, ihm muss doch klar sein, dass er sich damit noch mehr Ärger einhandelt."

„Und was soll er sonst machen? Sich weiter rumschubsen lassen?" Yoonah schüttelte den Kopf. „Ich finde, das hat er gut gemacht."

„Er wird dafür aufs Maul kriegen", erklärte Soobin, aber Yoonah zuckte nur die Schultern.

Ich für meinen Teil warf einen Blick über Yoonahs Schulter, wo immer noch die grölenden Basketballhelden herumlungerten, und gab Soobin still recht. Der Kleine würde so dermaßen aufs Maul kriegen. Sicher war es gut, wenn er sich nicht alles gefallen ließ, aber in direkter Konfrontation mit Jaeho oder seinen Laufburschen, da war jeder chancenlos.

Außerdem würde Sangwoo das nicht auf sich sitzen lassen. Die Katastrophe war also absehbar.

Mit halbem Ohr hörte ich zu, wie Jiae noch etwas über den Neuen erzählte, offenbar war er in einem ihrer Kurse, aber meine Gedanken hatten sich schon längst wieder selbständig gemacht. Es spielte keine Rolle, ob er nett war, talentiert oder was auch immer. Er hatte es sich mit Jaehos treuesten Anhänger verscherzt und das würde er sicher noch bereuen. Wenn er clever war, stellte er sich Sangwoo allein, das wäre immer noch schlimm genug, aber sicher nicht so verheerend, als gleich der ganzen Meute in die Hände zu laufen.

Der Junge brauchte auf alle Fälle einen guten Freund, wenn er dieses Jahr überstehen wollte. Ich hoffte für ihn, dass er einen hatte.

Unwillig griff ich zu meinem Bier und trank, während ich den Teller mit den Überresten meines Essens wegschob. Mein Magen fühlte sich plötzlich so aufgekratzt und nervös an. Der Hunger war mir gründlich vergangen.

Schließlich ließ die geschwätzige Meute das Thema doch noch fallen und wandte sich eher gutmütigen Frotzeleien zu, die sich allesamt um Kai und sein Date drehten. Optisch waren die beiden ja echt ein Volltreffer, aber Kai sah zum Teil so verzweifelt aus, dass ich mich fragte, ob es wirklich ein Date, oder doch mehr eine Entführung war. So oder so beendeten wir den Abend mit viel Gelächter und noch mehr Alkohol, was das Drama um den Neuen vollkommen aus meinem Kopf radierte.

Dachte ich.

Denn sonntags war Beomgyu in meinem Kopf zurück und ich musste leidlich genervt feststellen, dass Yoonahs Geschichte mich immer noch beschäftigte.

.ೃ࿐ ❤

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top