.ೃ࿐ Mai 🌸🌸
Nach den letzten Eskapaden auf der Uni war ich nicht mehr davon überzeugt, dass irgendwas davon sich beruhigen würde, wenn man es einfach ignorierte. Auch nicht, dass sich die Situation um Beomgyu von alleine entschärfen würde. Ganz im Gegenteil, es schien sich immer weiter aufzuschaukeln und ja, ich machte mir Sorgen. Wenn sie ihn jetzt schon auf offener Straße attackierten, was folgte als nächstes?
„Du musst es melden", beharrte ich also, doch Beomgyu wollte davon nichts wissen.
„Dann werden sie heranzitiert, es gibt eine verbale Maßregelung vom Rektor und das wars. Was denkst du, was dann los ist?", seufzte er. „Nein. Schlag der Schlange den Kopf ab, so heißt das, oder? Soweit ich informiert bin, ist Jaeho nächstes Jahr weg und dann wird sich vieles ändern. Selbst die, die jetzt noch in seinem Dunstkreis sind, werden sich dann ändern. Mir würden auf die Schnelle nicht viele einfallen, die seinen Platz übernehmen könnten." Dann sah er mich an und lächelte schwach. „Du könntest es."
„Ich? Ja, sicher." Ich prustete leise. „Ich bin doch selber schon ins Kreuzfeuer geraten."
„Und hast dich behauptet. Sowas wird nicht vergessen."
„Hör auf zu spinnen, kleiner Frosch." Lachend zerwühlte ich ihm die Haare und machte mich auf den Weg in meine Vorlesung.
Zur Mittagszeit hing ich mit meinen Kumpels herum, allerdings war weder Kai, noch die Mädchen anwesend und die beiden verwaisten Zurückgelassenen guckten irgendwie recht bedröppelt aus der Wäsche.
„Was ist denn mit euch los?" Schwungvoll ließ ich mich auf meinen Platz fallen und stürzte mich hungrig auf mein Essen. „Warum die langen Gesichter?" Mit den Stäbchen wies ich vom einen zum anderen und während Soobin nur grummelig schnaubte, winkte Taehyun ab.
„Ärger im Paradies", murmelte er und nickte vage auf Soobin, gleichzeitig legte er sein Handy auf den Tisch.
Sorry, kann heute Mittag nicht, las ich, muss mich um Yoonah kümmern.
Deswegen also keine Yoonah – autsch. Und kein Jiae.
„Mitgehangen, mitgefangen, hm?", wandte ich mich an Taehyun und der zuckte gereizt die Schultern.
„Was hast du angestellt?" Ich stupste Soobin unter dem Tisch mit dem Fuß an.
„Ach..." Missmutig schlürfte er aus seiner Wasserflasche und sah weg.
„Wollte sich vor einem Familientreffen drücken", wurde ich von Taehyun informiert.
„So war das doch gar nicht!", ereiferte sich Soobin. „Ich habe lediglich vorgeschlagen, dass ich nicht zwingend mit müsste, zu ihren Großeltern und wir uns ja danach treffen könnten, weil-"
„Spar dir alles nach ‚weil'." Ich musste echt lachen. „Ernsthaft Soobin. Zwei Jahre Beziehung und du hast es immer noch nicht kapiert?"
„Doch!" Er verdrehte die Augen, raufte sich die Haare und rutschte tiefer in den Sitz. „Es ist nur immer so unfassbar langweilig bei ihren Großeltern und dieses ganze fromme, liebe, respektvolle Getue. Die sind so steif und alt und traditionell und... ach... Grinst ihr nur blöd."
Taehyun und ich kicherten, dann setzte Taehyun zu einer weiteren Erklärung an. „Also hat er ihr vorgeschlagen, sie soll allein zu ihren Großeltern fahren und er könnte dafür doch einen Tag mit uns verbringen. Ich glaube es kam nicht so gut an -AU!" Soobin hatte sich zu ihm gebeugt, ausgeholt und ihm einen Nackenschlag verpasst.
„Ich hätte nichts gegen einen Abend mit euch", sagt er dabei.
„Ich auch nicht!", schnaufte Taehyun. „Aber schau, was du angerichtet hast, Jiae hat mir mit flammendem Blick erklärt, wie unsensibel wir Männer wären, dabei habe ich keinen Mucks von mir gegeben."
Ich grinste noch mehr und dieses Mal langte Soobin über den Tisch und schlug nach mir.
„Hör auf so doof zu grinsen! Das alles kommt noch auf dich zu, wart's ab!"
Dazu sagte ich lieber nichts und wich stattdessen aus. „Wo ist eigentlich Kai?"
Schon wieder erntete ich Schulterzucken. „Hat irgendwas von seiner Schwester gefaselt und weg war er", berichtete Taehyun und wedelte mit der Hand unbestimmt in eine Richtung. „Hab ihn vorhin kurz mit Lea und ein paar von den Volleyballtypen gesehen, keine Ahnung."
Ach Volleyball. Da sieh einer an. Aber auch dazu verkniff ich mir jeden Kommentar. Stattdessen wollte ich Soobin aufmuntern, immerhin hatten wir heute zusammen Training und ich hatte keine Lust mit so einem Trauerkloß herumzuhängen.
„Entschuldige dich, sag ihr, du fährst natürlich gerne mit zu ihren Großeltern und trag es wie ein Mann – meine Güte. Kann doch nicht so schwer sein."
„Sieh an, der Beziehungsexperte schöpft wieder aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz", ätzte Soobin, zückte dann aber sein Handy und tippte eifrig, während ich mich wieder meinem Essen widmen konnte.
Taehyun und ich tauschten noch einen bedeutungsvollen Blick und schmunzelten einer wie der andere verhalten. Soobin war mit Sicherheit ein toller Freund und ich hatte keine Zweifel, dass Yoonah das auch wusste. Sie hatte nur ihre eigene Art, ihn von Zeit zu Zeit zu erden, um das Gleichgewicht in ihrer Beziehung aufrechtzuerhalten. Und es funktionierte.
Andersrum funktionierte es wohl auch, denn am Nachmittag, zum Training, war Soobin wieder der gewohnte Gute-Laune-Bär. Da er selbst nicht mit Details herausrückte, stattdessen nur breit grinste, beließ ich es dabei und hakte nicht nach. Wir würden unseren Männerabend auch so irgendwann bekommen.
Dafür stolperte er dann mit einem grenzdebilen Grinsen durch das Training und ich fragte mich schon, ob das echt möglich war. Ob man nach zwei Jahren immer noch so verliebt sein konnte, dass man nur als eingeschränkt zurechnungsfähig galt. Allerdings machte mir das auch klar, dass ich selbst wohl noch nie so richtig verliebt gewesen war, sonst hätte ich den Zustand sicher besser verstanden.
Verknallt sicherlich, aber so richtig verliebt, mit allen gewollten und ungewollten Begleiterscheinungen? Ich seufzte leise, während Soobin nach dem Training in der Umkleide schon wieder hektisch auf sein Handy einhackte. Dabei gab es ein striktes Handyverbot von unserem Coach, das er sehr ernst nahm und uns regelmäßig zur Kasse bat, wenn wir dagegen verstießen. Kabinenregeln sozusagen.
„Soobin."
„Ja ja, gleich..." raunte er, tippte noch schneller, also stieß ich ihn nochmal unsanft an.
„Binnie-Bunny."
Augenblicklich ruckte sein Kopf in die Höhe und er wurde so rot, dass ich nicht mehr an mich halten konnte und lauthals loslachte. War es fies, das gegen ihn zu verwenden? Ich hatte es nur einmal von Yoonah gehört und es war garantiert nicht für die Allgemeinheit bestimmt. Also konnte ich nur hoffen, dass es lediglich privat und nicht unbedingt Bettgeflüster war. Nach seiner Reaktion zu urteilen allerdings ...
„Sorry." Ich bemühte mich wirklich, mein Lachen unter Kontrolle zu bringen. „Aber pack das Ding weg, wenn du unser Teamessen nicht ganz allein bezahlen willst, okay?"
Soobin machte ein verkniffenes Gesicht. „Wärst du mir böse, wenn wir heute nicht essen gehen?"
Auch das war eine Art Tradition, dass wir nach dem Training oft zusammen essen gingen, uns in einem der tausend kleinen Läden einen gemütlichen Platz suchten, aßen, quatschten. Aber heute gab es wohl Dringlicheres, als einen Snack mit dem Kumpel.
„Zieh Leine", ich nickte ihm zu. „Aber du schuldest mir was."
Dankbar sprang Soobin in seine Schuhe, riss die Jacke vom Haken und war so schnell weg, dass ich nur noch Schnauben konnte. Dann konnte ich mir auch Zeit lassen, ich trödelte rum, war damit einer der Letzten, die schließlich gingen und saß auch schon im Wagen, als eine Nachricht von Soobin reinflatterte.
Bist du schon weg? Hab ich mein Cap liegengelassen? Hast du was gesehen?
Wenn es etwas gab, das unseren Coach noch aufbrachte – abgesehen von den Handys – dann, wenn wir unser Zeug liegen ließen. Aus diesem Grund grunzte ich zwar genervt, rollte auch mit den Augen, stiefelte dann aber zurück zur Halle. Er hätte das für mich auch gemacht. Tatsächlich fand ich seine Cap auf dem Boden unter den Bänken, griff sie mir, als ich dumpfes Wummern hörte. Nicht regelmäßig, als stamme es von einem Gerät, sondern in unregelmäßigen Abständen, sodass ich auf dem Flur stehenblieb und lauschte.
Wummern. Pause. Wummern. Längere Pause. Noch mehr Wummern.
Nach der längeren Pause war ich schon fest versucht, einfach zu gehen, doch jetzt machte ich doch wieder kehrt und bewegte mich in Richtung des Krachs. Er kam aus Richtung des Gerätelagers. Und ja, ich wusste, dass sich manchmal Studenten hier hereinschlichen oder auch mal einschließen ließen um sich auf den Gymnastikmatten auszutoben. Spezifische Fundstücke – leere Kondomverpackungen, gelegentlich ein Spitzenhöschen (wie konnte man seine Unterwäsche vergessen?) – belegten das. Deswegen marschierte ich jetzt auch zielstrebig in entsprechende Richtung. Wenn der Lärm aus dem Geräteraum kam, würde ich den Teufel tun und nachsehen. War mir doch egal, wer es dort mit wem trieb.
Aber als ich dem Geräteraum näherkam, tappte ich durch Chaos. Der Flur war nass, überall Wasserpfützen und schmierige Schuhabdrücke, denen ich auswich. Es war auch kein Stöhnen und Keuchen zu hören, mehr ein verzweifeltes Hämmern, durchbrochen von Hilferufen.
Das war ...
„Das gibt's doch gar nicht", murmelte ich noch, rannte los und kam endlich an der Tür an, wo ich von außen dagegenhämmerte.
„Hallo?"
„Oh Gott", hörte ich leise und dazu leises Klopfen. „Lass mich raus ... bitte ..."
Das konnte doch nicht wahr sein! „Beomgyu?" Für einen Moment war es nun vollkommen still und ich schlug erneut mit der flachen Hand dagegen. „Beomgyu, bist du das? Ich bin's, Yeonjun ..."
Auf der anderen Seite der Tür schabte etwas leise, schließlich war ein Murmeln zu hören.
„Kannst du aufsperren? Ist da ein Schlüssel?"
„Moment." Ich drehte mich einmal um mich selbst und fand nichts, also rannte ich los, fand die Putzkammer und damit auch ein Board mit Schlüsseln. Nach kurzem Überlegen nahm ich alle mit, die aussahen als könnten sie passen und kehrte zurück.
„Okay, ich habe Schlüssel, warte, ich muss sie ausprobieren ..."
Auf der anderen Seite herrschte wieder vollkommene Stille. So schnell wie möglich arbeitete ich mich durch die verschiedenen Schlüssel, schimpfte und fluchte, während ich einen nach dem anderen verwarf, bis doch endlich einer in den Zylinder rutschte.
Das Schloss klickte, die Tür schwang auf und ein – im wahrsten Sinne des Wortes – völlig aufgelöster Kerl fiel mir in die Arme. Seine Haare waren feucht, seine Klamotten nass und klamm und während ich seine Handgelenke packte und ihn wegschob, zog Beomgyu beschämt den Kopf ein.
„Tut mir leid."
„Du bist ja ganz nass", raunte ich, „was ist denn passiert?"
„Frag nicht." Er seufzte, zog die Schultern hoch und ich packte ihn kopfschüttelnd und nahm ihn mit mir. Die Tür blieb offen, die Schlüssel ließ ich ebenfalls liegen.
Draußen am Auto riss ich die Türen auf, die Heckklappe und beorderte ihn zum Kofferraum. Ich zerrte meine Sporttasche heran, wühlte nach trockenen Klamotten und reichte sie ihm.
„Jetzt zieh schon das nasse Zeug aus, ich guck auch nicht", raunte ich dumpf und blieb am Rand des Wagens stehen, während er sich hinter mir die nassen Sachen auszog und in meine Klamotten schlüpfte.
„Danke", hörte ich ihn schniefen und drehte mich um.
„Besser jetzt?"
Beomgyu nickte, stand da und rang die Hände, schließlich sah er mich an. „Darf ich ...?", flüsterte er, führte aber weder die Frage zu Ende, noch wartete er auf meine Reaktion. Stattdessen schlang er jetzt wie aus dem Nichts beide Arme um meinen Nacken und brachte mich dabei so sehr aus dem Gleichgewicht, dass ich verblüfft stolperte. Ein wenig linkisch erwiderte ich die Umarmung und spürte wie sein bebender Atem meinen Hals streifte.
„Danke ..."
„Schon gut", murmelte ich heiser und schloss sekundenlang die Augen. Mein Herz holperte wie ein Kleinbus mit Motorschaden.
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