Baby let me love you goodbye
❛If I could fly
I'd be coming right back home to you
I think I might give up everything
Just ask me to pay attention
I hope that you listen 'cause I let my guard down
Right now I'm completely defenseless.❜
Louis
○○○
Verzweiflung. Pure Verzweiflung.
Diese beiden Worte beschrieben meine Aktion wohl am ehesten. Ich wusste, dass Eleanor nicht wusste, was sie tun, sagen oder fühlen sollte. Ich war mir dessen mehr als bewusst. Ich wusste auch, dass ich sie hier immer wieder in widersprüchliche Situationen brachte, aus denen sie am liebsten flüchten würde. Ich wusste sehr gut, dass sie meine Aktionen, meine verzweifelten Versuche sie noch etwas länger hier in meiner Wohnung zu halten, nur noch mehr verwirrten.
Aber ich konnte sie nicht gehen lassen. Nicht schon wieder. Auch wenn ich Liam versprochen hatte, dass ich keine dummen Aktionen mehr starten würde, dass ich sie nicht bedrängen würde, konnte ich nicht anders. Gerade heute, wo sie ihre letzten Sachen abholen wollte, wo sie alles, was mich noch an sie erinnerte, aus meinem Leben reißen wollte, gerade heute, sah sie unfassbar schön aus. Durch die vielen Monate, in denen ich sie nicht gesehen hatte, kam sie mir noch viel schöner vor, als zuvor. Ihre schwarze Lederhose schmiegte sich perfekt an ihre langen, dünnen Beine. Die weiße Bluse lag hauchdünn auf ihrer zarten Haut, die ich so unfassbar gerne wieder berühren wollte und die schwarze Lederjacke, ihre Lieblingsjacke, stand ihr hervorragend.
Mein Atem ging schnell, als ich endlich hinter ihr stand. Sie stand, wie erstarrt, vor der Schlafzimmertür und in mir brodelte es. Wie gerne würde ich sie einfach gegen die Wand pressen, sie an mich drücken und küssen. Genau, wie wir es früher des Öfteren getan hatten. Ich drehte sie zu mir um, ruppiger, als ich gedacht hatte und zuckte unmerklich zusammen, als ich die Tränen sah, die ihre Wange hinab rannen. War das meine Schuld? Ich wartete, bis Eleanor ihre Tränen energisch wegwischen würde. Doch sie rührte sich nicht. Ihr Blick klebte einfach nur am Boden. Ihre Miene war zerbrechlich, ihre toughe Fassade bekam Risse. Fieberhaft suchte ich nach einem Moment, indem Eleanor vor mir geweint hatte. Nach einem Moment, in welchem sie Schwäche zugelassen hatte. Doch die einzigen Momente, die mir einfielen, waren Lachtränen. Innerlich zerriss es mir das Herz, es sprang aus meiner Brust und zersplitterte am Boden. Denn jetzt war es offensichtlich. Es war, wie ein Schlag ins Gesicht: Es war meine Schuld.
Zärtlich wischte ich ihr mit meinem Daumen über ihre zarten Wangen. Sie war schlanker geworden, ihr Gesicht war kantiger, hatte aber keinesfalls den starken Ausdruck verloren.
„Eleanor. Bitte bleib." Meine Stimme klang zittriger, als ich es mir erhofft hatte. Verzweiflung. Pure Verzweiflung tropfte durch sie hindurch. Wie so oft in den letzten Minuten.
Langsam schüttelte sie ihren Kopf. „Ich kann nicht."
„Dann bleib' wenigstens heute Nacht." Ohne darüber nachzudenken hatte ich geredet. Mal wieder. Als ich ihre weit geöffneten Augen sah, hätte ich mich am liebsten geohrfeigt. Sie schnaubte verächtlich auf und sorgte somit dafür, dass ich mal wieder realisierte, was für ein Arsch ich geworden war. Anstatt mich bei ihr zu entschuldigen, ihr zu sagen, dass ich sie noch immer liebte- ob sie es hören wollte oder nicht- machte ich ein schmieriges Angebot.
Obwohl alles in mir „Ja!" schrie, ignorierte ich meinen Körper und handelte ausnahmsweise mit meinem Verstand. Ich folgte ihr ins Schlafzimmer. Schon wieder klemmte die Schublade. Sie schien vergessen zu haben, dass sich jede einzelne Schublade der alten Kommode abschließen lies. Wie wild ruckelte und zog sie an der Schublade und ich konnte nicht anders, als mich dicht hinter sie zu stellen. Am liebsten hätte ich sie einfach in meine Arme gezogen. Der Gedanke daran, dass sie weinte und seufzte-nur wegen mir- ließ mir beinahe das Herz zerspringen.
„Das ist ein Zeichen, El." Ich atmete leise und hoffte, dass sie nicht wieder weglaufen würde. Eleanor verspannte sich, sie atmete hektischer, als noch zu vor und doch schien sie ihre Hand ruhig sinken zu lassen. Vorsichtig drehte ich sie zu mir um. Meine Hände lagen sanft auf ihrer Schulter. Ich spürte ihre Anspannung, doch ich spürte auch das pure Verlangen, sie endlich wieder in den Armen zu halten. Ganz langsam tastete ich mich vor, massierte ihre Schulterblätter, strich zärtlich und langsam über ihre Arme und schloss schließlich meine Hand um ihr Handgelenk und drehte sie langsam zu mir um. Sanft sah ich in ihr wunderschönes Gesicht. Ihr Blick klebte am Boden, doch die verlaufene Wimperntusche verdeckte sie dadurch keinesfalls.
Sanft nahm ich meinen Finger, drückte ihr Kinn nach oben und zwang sie so mich an zu sehen. Ich wollte ihr nur in die Augen sehen, wollte, dass sie so wie damals darin las. Sie hätte tiefes Bedauern und immer noch währende Liebe gefunden, wenn sie nicht plötzlich scharf eingeatmet und mich geküsst hätte.
Ich spannte mich an, schreckte aber nicht zurück. Inmitten des Kusses spürte ich etwas Feuchtes an meiner Wange. Eleanor weinte. Tränen kullerten ihr über die Wange und trafen auf meine. Doch ich wollte, egoistisch, wie ich geworden war, um nichts auf der Welt ihre Lippen verlassen, um die Tränen weg zu wischen. Ich wollte, dass dieses Prickeln, dass dieser Kuss, dass dieses Gefühl niemals verschwand. Hätte ich es gekonnt, hätte ich die Welt angehalten. Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, spürte ich ihre Finger, wie sie zaghaft durch meine zerzausten Haare strichen. Meine Finger glitten zu ihrer Hüfte, ich spielte mit dem Verlangen ihr ihr Shirt über den Kopf zu ziehen. Aber ich wollte keinesfalls diesen Moment ruinieren, indem ich irgendetwas überstürzte.
Es dauert lange, es dauerte eine kleine, wunderschöne Unendlichkeit, bis sie sich von mir löste. Sie atmete schwer, sah mich an und tat sonst nichts. Meine Wundwinkel zuckten. Sie war wunderschön. Zärtlich griff ich in ihr Haar, schob die losen Strähnen zurück und wischte ihr über die von Tränen befeuchteten Wangen.
Niemand sagte etwas, niemand tat etwas. Bis sie wieder die Initiative ergriff. Ihre Finger glitten in meine Haare, sie küsste mich bestimmend und für einen Moment fragte ich mich, was in sie gefahren war. Seit wann ergriff sie die Initiative, seit wann war sie bestimmend, wusste so genau, wie sie bekam, was sie wollte.
Aber es war egal. Es zählte nicht.
In diesem Moment zählten unsere Lippen, die sich immer wieder vereinten, es zählten ihre Finger, die nicht nur durch meine Haare, sondern auch unter mein Shirt glitten, es zählte ihr verschmitztes Grinsen, als sie sich die Bluse öffnete. Sie war wunderschön. Andächtig ließ ich meinen Blick über ihren entblößten Oberkörper weiten. Ich wollte, dass sich ihre Schönheit in mein Gedächtnis einbrannte, denn eines war ich mir schmerzlich bewusst: Egal, was jetzt passieren würde. Morgen wäre sie weg. Und genau aus diesem Grund wollte ich mich für heute, nur für diesen Moment, den sie so offensichtlich mit mir teilen wollte, einer Illusion hingeben. Ich wollte mir einfach vorstellen, dass sie nie wieder ging, dass uns die Welt gehörte. Nur dieses eine Mal noch.
Mit einem Lächeln auf den Lippen kam sie wieder näher, küsste sanft meine Wange, arbeitete sich mit kleinen Küssen vor zu meinem Ohr, ging hinüber über meinen Nacken. Ich gab mich voll und ganz ihren Berührungen hin, es störte mich nicht im Geringsten, dass sie die Kontrolle so offensichtlich übernehmen wollte. Willig ließ ich mich von ihr ausziehen, bis ich nur noch die Socken trug. Mit derselben Hingabe, wie sie es zuvor bei mir getan hatte, zog auch ich sie aus.
Rückwärts, den Blick fest an mich geklebt, setzte sie sich aufs Bett, forderte mich mit ihren ausdrucksstarken Augen auf ihr zu folgen. Ich brauchte nicht lange nachzudenken. Mein Gehirn hatte sich irgendwann vor Monaten die Klippen herunter gestürzt, Hand in Hand mit meinem Verstand. Anders konnte ich mir meine Dummheit nicht erklären. Wie hatte ich dieses wunderschöne Geschöpf, dass sich nun auf mich zu bewegte, die Hände hinter meinem Nacken verschränkt, die Lippen fest auf meine gedrückt. Wie hatte ich sie gehen lassen und so derartig verletzen können?
Vorsichtig platzierte ich mich vor ihr, sah ihr in die Augen und suchte nach Bestätigung. Ich bekam ein nahezu nur zu erahnendes Nicken und drang in sie ein. Ein kleiner Schauer überkam mich, als Eleanor sich aufbäumte, fester in das Fleisch an meinem Rücken griff und hektisch einatmete.
Immer wieder vereinten sich unsere Lippen, Eleanor schien immer näher zu mir zu gleiten. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, sie jemals derartig intensiv gespürt zu haben.
Ich steigerte mein Tempo, wollte ihr vollkommen gerecht werden. Der leise Hauch ihrer Stimme, ihr leises, schüchternes Stöhnen, das Atmen, all das war, wie Musik in meinen Ohren. Ich konnte ein leises „Eleanor", das über meine rutschte nicht verhindern. Die Luft erhitzte sich, es fühlte sich an, als wäre die Atmosphäre zum Zerreißen angespannt und ich wartete nur darauf, dass Eleanor endlich den Absprung wagte. Ich würde nicht mehr lange durchhalten, doch wenn ich zu früh den Absprung nahm, würde ich ihr nicht gerecht werden und das wollte ich mit allen Mitteln verhindern.
Eleanor drückte sich näher an mich, küsste meinen Hals und schließlich meine Lippen. Für einen kurzen Moment löste sie sich.
Ein ganz leises, nur gehauchtes, beinahe nicht zu hörendes „Louis", schlich über ihre Lippen und dann war es soweit. Gemeinsam nahmen wir den Absprung und als ich mich erschöpft neben sie legte, abgestützt auf meinem Ellbogen und ihre Brust ansah, die sich durch ihre schnelle Atmung unregelmäßig hob und senkte, wurde mir eine Sache schmerzlich bewusst: Jetzt hatte ich sie verloren. Ich hatte sie mit dem Absprung frei gegeben.
Die nächsten Stunden wehrte ich mich krampfhaft gegen die Müdigkeit. Eleanor war bereits eingeschlafen. Wir waren liegen geblieben, hatten nicht geredet, einfach nebeneinander geschwiegen und es war okay.
Doch jetzt ergriff die Erschöpfung langsam aber sicher die Oberhand. Ich war müde, wirklich furchtbar müde, aber ich wollte auf Teufel komm raus nicht einschlafen. Einzig und allein, weil ich Angst hatte, wieder ohne sie aufzuwachen. Ich hatte Angst, dass diese Nacht, dieses Gefühl, dieser Moment; das alles nur ein Traum gewesen war. Ich wollte sie weiter beobachten, wie sie eingekuschelt in meine Decke an meiner Seite seelenruhig schlief. Vorsichtig und zaghaft strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, hauchte sanfte Küsse auf ihre Stirn, ihre Schulter und ihren Rücken.
Es war spät, sehr spät als schlussendlich der Müdigkeit verfiel.
Aber ich schlief mit einem wunderbaren Gefühl ein. Eleanor hatte sich im Halbschlaf an mich gekuschelt, sich auf meine Brust gelegt und seelenruhig weiter geschlafen.
Doch am nächsten Morgen, wurden meine Befürchtungen wahr.
Die Betthälfte war leer, bis auf eine Notiz. In geschwungener Handschrift mit rotem Lippenstift geschmiert: „Love you, goodbye." Ihre Schubladen waren leer.
-the end-
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