Kapitel 14

Jonas kickte gelangweilt und nachlässig den Fußball über das staubtrockene Feld, als sein Handy klingelte. „Mann, wo bist du?!", begann er genervt.

Seine Stimmung sank noch weiter auf den Tiefpunkt, als sein Freund kurz und bündig mitteilte:

"Kann heute nicht. Ärger zu Hause, muss hierbleiben."

Jonas verzog sein Gesicht: "Nicht dein Ernst! Bin extra schon gestern Abend zurückgekommen! Weil du ab morgen weg bist."

„Weiß ich...", klang es frustriert aus dem Handy. „Kann aber nichts machen."

„Mensch, du bist so blöd", schimpfte Jonas, nun wirklich verärgert. „Hättest du dich nicht mal beherrschen können?!"

Er kannte seinen Freund und dessen strenge Eltern, die gern mit Hausarrest oder sonstigen Verboten bei der Hand waren, wenn ihr Sohn über die Stränge schlug, was nicht gerade selten vorkam. Es kümmerte Pawel aber nicht genug, um sich zukünftig zurückzuhalten.

Und ich muss jetzt darunter leiden, dachte Jonas und bemitleidete sich selbst. Da Pawel schwieg, fügte Jonas hinzu:

"Was soll ich denn jetzt machen? Ich bin extra mit dem Rad hierher gefahren! Das hat über ne halbe Stunde gedauert!"

Wütend blickte er auf den Fußball und konnte sich gerade noch genug beherrschen, dass er vor lauter Ärger gegen das Leder trat, statt sein Handy zu Boden zu werfen.

„Ja, sorry!!!", kam es von Pawel und es klang auch so, aber das nützte Jonas nun auch nichts.

„Dann fahr in deinen beschissenen Urlaub", nölte er und legte auf. Die Wut, die Jonas empfand, lag nicht nur daran, dass Pawel erst jetzt abgesagt hatte, sondern wurde auch aus Neid darüber gespeist, dass dieser nach Bulgarien fliegen konnte. Wohingegen Jonas immer Urlaub irgendwo in der Nähe machen musste, wo man ganz profan mit dem Auto hinfahren konnte, oder höchstens mal zu seinem Papa in die Schweiz fliegen konnte. Aber auch da war die Umgebung nicht besonders spannend, wenn man mal davon absah, dass er mit Papa zumindest ein paar interessante Sachen unternehmen konnte.

Aber jetzt hing er hier allein auf dem Bolzplatz herum und konnte sehen, wie er im Training blieb. Als hätte die Sonne sein Fluchen gehört, verschwand nun auch sie hinter einer Wolke und missmutig stapfte Jonas zu seinem Rad hinüber. Auch den Streit vorhin mit seiner Mutter hätte er sich sparen können, die jedes Mal immer wieder von dem Fahrradhelm anfing. Als würde er so peinlich mit einem Helm durch die Gegend fahren. Er hörte schon gar nicht mehr zu, wenn sie davon anfing. Außerdem trug sie selbst auch keinen Helm, wenn sie mit dem Rad einkaufen fuhr.

Er war schon drauf und dran, sich auf sein Rad zu schwingen, als ihm der Fußball einfiel, den er in die Walachei gekickt hatte. Seufzend machte er sich daran, ihn einzusammeln und dabei kam ihm eine Idee und er fummelte das Handy aus der Hosentasche.

„Mama?"

Er hatte sogleich ihre volle Aufmerksamkeit, was bedeutete, dass sie gerade nichts Wichtiges tat. Nachdem er ihr die blöde Situation geschildert hatte, in der er sich befand, fragte er säuselnd:

"Weil ich nun extra hier bin – kannst du nicht herkommen und mir die Bälle zukicken?"

Sie war natürlich überhaupt kein Ersatz für Pawel, aber es war besser, als gar nicht zu trainieren. Und manchmal hatte sie einen scharfen Schuss drauf. Sofort schlug sie das Üben auf dem Bolzplatz im nahen Hammer Park vor, aber der war erstens meistens belegt und außerdem waren die Tore nicht mehr ganz intakt, Jonas lehnte daher sofort ab. An dem folgenden Schweigen erkannte er jedoch, dass seine Mutter eigentlich keine Lust hatte und er verlegte sich daher aufs Bitten.

"Mit dem Auto bist du auch ganz schnell hier. Und wir haben schon die ganze Zeit nichts mehr zusammen gemacht..."

Nicht, dass ihn das sonderlich gestört hatte, aber er wusste ganz gut, welche Knöpfe er drücken musste.

„Wenn Hannah mitkommt... alleine lassen will ich sie nicht", gab seine Mutter nun schon fast nach.

Jonas hörte sie durch die Wohnung rufen und dann war sie auch schon wieder zurück am Telefon: "Ist gut, wir kommen. Bis gleich."

Befriedigt legte Jonas auf und vertrieb sich die Zeit damit, dass er gemütlich im Gras sitzend die verschiedenen Filme, die er mal runtergeladen und abgespeichert hatte, anschaute.

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„Wir sind da!", brüllte seine Schwester in einer Lautstärke, die ausgereicht hätte, Tote zu erwecken.

Vertieft in seine Videos blickte Jonas überrascht hoch, halb damit rechnend, dass seine Mutter eine Bemerkung über seinen Handykonsum machen würde, aber sie lächelte nur wissend und war offenbar in einer entspannten Stimmung.

„Ihr habt Turnschuhe an", stellte Jonas befriedigt fest. Das würde sicher stellen, dass der Ball geschossen und nicht nur gerollt käme.

Und dann legten sie los und obwohl die Bälle längst nicht so hoch flogen, dass es prinzipiell schwierig gewesen wäre, sie zu halten, hatte Jonas doch das Gefühl, seine Fertigkeiten beim Fangen etwas trainieren zu können. Von Hannah war nicht viel zu erwarten gewesen, aber seine Mutter machte es gar nicht so schlecht und er war sogar insgeheim ein kleines bisschen stolz auf sie, dass sie so sportlich war. Als sein Papa noch da gewesen war, hatten sie sogar oft zu viert gekickt, jedenfalls bevor er in den Verein eingetreten war.

„So, nun reicht's, oder?" Seine Mutter wischte sich übertrieben den nichtexistierenden Schweiß von der Stirn. „Wie wäre es mit einem Eis? Das haben wir uns doch verdient."

„Jaaa!", frohlockte Hannah und auch Jonas nickte erfreut.

Und dann saßen sie im nahen Eiscafe und er freute sich auf den Bananensplit, und während sie auf die Rückkehr seiner Mutter mit dem Eis warteten, nahm Hannah deren Handy in die Hand, um nach Fotos zu suchen. Irritiert zog sie die Stirn in Falten und murmelte frustriert:

"Das geht nicht mehr."

„Du musst da draufdrücken, Kleine", erläuterte Jonas gönnerhaft und das Display sprang an und fragte nach einem Muster. Das war neu, er wischte ein paar Mal darüber, aber ohne Erfolg.

„Wieso hast du dein Handy gesperrt?", rief er seiner Mutter entgegen, die die gewünschten Eisbecher auf den Tisch abstellte.

Seine Mutter sah ein klein wenig ertappt aus, aber lieferte so schnell eine Begründung, dass Jonas nicht mehr weiter darüber nachdachte.

"Mein frecher Kollege klaut mir das ab und zu und er muss ja nicht alles wissen."

„Wieso verbietest du es ihm nicht einfach?", wollte Hannah verständnislos wissen.

„Tu ich ja, aber er ist eben frech", lachte seine Mutter und sah nicht so aus, als würde es sie großartig stören.

Mit Genuss verspeiste Jonas sein Bananensplit und war recht froh darüber, dass seine Mutter so schnell eingesprungen war und jetzt zudem noch die Eisbecher spendiert hatte und damit diesem anfangs so blöden Tag eine positive Wendung verpasst hatte.

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