Kapitel 13

„Boah, hab ich einen Schädel", stöhnte Luis, kaum dass er die Küche betreten hatte und zum Tisch hinüber wankte.

„Wer zu viel durcheinander trinkt...", kommentierte Jannik mitleidslos und fuhr ohne Pause fort: "Pizza ist bestellt."

Es war kurz nach 13.oo Uhr und sie alle drei hatten erst kurz vor der Morgendämmerung den Weg zurück in die WG gefunden und daher das Frühstück kurzerhand zu Gunsten einer Bestellung beim Pizzalieferanten ausfallen lassen.

„Hier, nimm erst mal Kaffee!"

Tobias schob ihm die Kaffekanne zu und nach einem suchenden Blick konstatierte Luis, dass ein Becher fehlte. Er stöhnte theatralisch und bedachte dann seine Mitbewohner mit einem um Unterstützung heischenden Blick.

„Jungs, könnt ihr mir mal einen Becher holen? Ich glaube nicht, dass ich noch bis zum Schrank komme..."

„Nope."

Janniks Ablehnung war kurz und knapp, seine Aufmerksamkeit klebte am Display seines Handys und er lächelte kurz darauf, dann scrollte er durch die neu erhaltenen Fotos.

„Mach hier keinen auf Märtyrer", feixte Tobias, stand aber auf und knallte dann einen Becher auf den Tisch.

Für einige Momente sann jeder der drei seinen Gedanken nach. Murat war der erste aus dem Freundeskreis, der den Hafen der Ehe angesteuert hatte, und Jannik fragte sich, ob die Existenz eines Trauscheines ihn daran hindern würde, nach den Flitterwochen wieder wie bisher ab und an mit auf die Piste zu gehen – sofern er nicht das Angebot annahm, nach München zu ziehen.

„Nette Feier, nicht wahr?", fragte Tobias leutselig, während er gleichzeitig den Status der Pizzabestellung überprüfte. Jannik und Luis grunzten zustimmend. Die nächste Frage, direkt an ihn gerichtet, kam für Jannik dann unverhofft.

"Ist das was Festes mit dieser Frau?"

„Bea?", fragte Jannik unnötigerweise, bevor er sich zu einer vagen Antwort bequemte: "Kann sein."

Er fühlte sich ausnehmend wohl in ihrer Gesellschaft, sie mochten die gleichen Dinge, hatten Spaß zusammen und die Zuneigung war beidseitig. In den letzten Wochen hatten sie sich mehrmals getroffen, was nach seinem Dafürhalten doch stark in Richtung Beziehung deutete, aber den Teufel würde er tun, seinen Kumpels das zum jetzigen Zeitpunkt zu erzählen. Beas Besuch bei ihm vor ein paar Tagen und ihre Begleitung auf Biancas und Murats Hochzeit waren das Ausmaß dessen, was er im Moment preiszugeben bereit war.

Luis sah neugierig zu ihm hinüber.

„Was höre ich da...?", stichelte er, da der Kaffee seine Lebensgeister geweckt hatte, „Du verabschiedest dich von der Schürzenjagd?"

Jannik tat die Frage mit einem Schulterzucken ab und parierte mit absichtsvoller Lässigkeit:

"Ich bin derzeit ganz zufrieden."

Die Motivation, über sein Date zu sprechen, hielt sich ganz gegen seine Gewohnheiten in Grenzen, was seitens Tobias und Luis nicht unbemerkt blieb, die um so mehr nachbohrten.

„Sag mal, wie alt ist sie eigentlich?", wollte Tobias wissen und legte mit entschlossener Geste sein Handy umgedreht auf den Tisch, so dass er seine ganze Aufmerksamkeit auf Jannik richten konnte.

„Keine Ahnung, so um die dreißig, denke ich", gab Jannik desinteressiert zurück und spielte mit einem Kugelschreiber.

„Wohl eher Mitte dreißig." Luis und Tobias tauschten einen raschen Blick, was Jannik aber nicht zu bemerken schien.

„Ganz schön alt", feixte Tobias und erzielte endlich eine Reaktion.

„Und wenn schon, ist doch egal, oder nicht!?", bequemte sich Jannik nun zu mehr als Einsilbigkeit und zog angesichts der vermuteten Kritik die Augenbrauen zusammen.

„Es kommt darauf an", ließ sich Luis weise vernehmen und nahm einen Schluck Kaffee. „Wenn du mal Kinder haben willst, wäre das ein Thema."

Tobias lachte laut: "Jan und Familie? Der schafft es doch noch nicht mal, den Spüldienst einzuhalten."

Er bezog sich auf den WG-Plan, den sie vor Urzeiten mal vereinbart hatten und immer wieder neu verhandeln mussten, weil insbesondere Jannik seinen Part nicht einhielt.

„Sag mal, seid ihr bekloppt?!", fuhr Jannik auf und starrte seine Mitbewohner irritiert an. Es fehlte nicht viel und er hätte sich an die Stirn geklopft. „Es handelt sich doch hier nur um Verabredungen und nicht um eine Ehe."

„Wer weiß...", grinste Luis in das Klingeln an der Tür hinein. „Das kann manchmal schnell gehen. Siehe Murat."

„Hab eh keinen Bock auf Kinder. Die nehmen dir die Zeit für Hobbies und treiben dich als Teenager in den Ruin", erklärte Jannik kategorisch.

Dann nutzte er die Gelegenheit, den blödsinnigen Kommentaren zu entfliehen, und nahm die gelieferte Pizza in Empfang. Wenn er jedoch gedacht hatte, damit dem unbequemen Thema ausweichen zu können, sah er sich getäuscht.

„Hier!" Tobias hielt ihm sein Smartphone unter die Nase. „Das ist Franzis Freundin. Die hat nach dir gefragt. Will dich gern näher kennenlernen."

Aus den Augenwinkeln, hin- und hergerissen zwischen Desinteresse und Neugier, entdeckte er eine südländische Schönheit, die lasziv in die Kamera blickte, und mit einer Vehemenz, die genährt wurde von dem verschämten Eingeständnis, dass ihm das Foto durchaus gefiel, wehrte er heftig ab.

"Ist mir doch egal."

„Lass ihn, er ist doch jetzt vergeben", gab sich Luis besänftigend, während er die Pizza verteilte, nur um dann mit einem Augenzwinkern hinzuzufügen:

"Jan, du hast recht, das Alter ist egal. Hauptsache, sie ist gut im Bett."

„Stimmt", grinste Tobias und forderte Jannik auf: "Erzähl doch mal!"

Hastig schob sich Jannik ein großes Stück Pizza in den Mund, was ihm Zeit zum Nachdenken verschaffte. Zur Abwechslung mal hatte er wenig Lust, sein Liebesleben auszubreiten. Was er mit Bea hatte, war zu wichtig, um mit groben Sprüchen bedacht zu werden oder auf gewisse Dinge reduziert zu werden. Dennoch lag ihm weiterhin etwas an seinem Image aus Frauenheld, daher begnügte er sich mit einem kurzen Kommentar: "Keine Lust jetzt."

Tobias pfiff durch die Zähne: "Wenn das nicht deutlich genug ein Zeichen dafür ist, dass jetzt etwas anders ist als sonst."

Mit einem forschenden Blick sah er Jannik an, als erwartete er Widerspruch, der auch nicht lange auf sich warten ließ.

"Quatsch!"

Doch fehlte es dieser Entgegnung deutlich an Überzeugung, denn unvermittelt wich Jannik seinem Blick aus und sah einen Moment lang unbestimmt in Richtung Fenster; ein Reflex, der ihn sofort ärgerte und ungehalten verbat er sich daher weitere Fragen: "Interview ist beendet, ich will jetzt meine Pizza genießen."

Mit einem frechen Grinsen akzeptierten Tobias und Luis die Zurückweisung und dann war nur noch zufriedenes Kauen zu hören, als sich alle über ihre Pizza hermachten.

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