Die Geister der Vergangenheit loswerden.
———
Die Uchiha Brüder waren atemberaubend, begehrenswert und verführerisch. Doch wenn jemals jemand von Naruto verlangen sollte, sich zwischen ihnen zu entscheiden, würde er Sasuke wählen. Ohne zu zögern. Unabhängig, von dem was damals passiert war. Er würde sich immer und immer wieder nur für ihn entscheiden.
Das schwarze Laken, der maskuline Geruch, die sinnlichen Berührungen. Er konnte all das nie vergessen. Niemals könnte er es vergessen, nicht einmal mit Hypnose. — Ich war seine Hure und jetzt ist er verheiratet. Nimm dich zusammen, Naruto. Du bist besser als das.
Obwohl sie Brüder waren—Itachi's Freundlichkeit, seine Aufrichtigkeit und sein sanftes Wesen war nicht vergleichbar, mit der bösen Faszination von Sasuke. Die kalten Augen, das sarkastische, teuflische Lächeln, die unordentlichen Haare und die raue Art und Weise, wie sich seine Haut und seine starken Muskeln zusammen mit Naruto bewegten. Die beiden Uchiha's waren wie Feuer und Wasser. Himmel und Hölle. Tag und Nacht. Einfach völlig verschieden.
Der Gedanke, Sasuke dazu zu bringen seine Frau zu betrügen, klang eigentlich nach einer guten Rache, doch Naruto konnte es nicht mit seinem Herzen vereinbaren. Er musste damit aufhören und über alles hinwegsehen, egal was dafür nötig war. Er sollte Sasuke vergessen. — Sakura ist unschuldig, sie hat es nicht verdient hintergangen zu werden.
Aber gleichzeitig hatte sich Naruto, abgesehen von der süßen Rache, immer gefragt, wie es sich anfühlen würde, von Sasuke geliebt zu werden und nicht derjenige zu sein, der hoffnungslos verliebt war.
Naruto fühlte sich elend. Er verliebte sich in den Mann, mit dem er seinen damaligen Freund betrogen hatte. Er war ein Sünder. Niemals hätte er sich auf den jüngeren Bruder einlassen sollen, doch er konnte nicht anders. Er war schwach.
Das war auch der Grund, wieso er es nie wagen würde, Sasuke nach Itachi zu fragen. Er würde es sowieso nicht ertragen irgendetwas über ihn zu erfahren, wie es ihm ergangen ist, wie er sich gefühlt haben muss, wie schrecklich das alles für ihn war.
Naruto dachte oft an Itachi und er hoffte einfach, dass er glücklich war.
Naruto fing an zu schluchzen. Er hatte es bis zu diesem Zeitpunkt nie richtig rausgelassen. —Warum? Warum war Itachi nicht genug für mich? Ich war eine verdammte selbstsüchtige Schlampe! Ich hätte glücklich sein können!
Naruto's Geist schweifte in die Vergangenheit, wie Itachi mit ihm sogar über die Ehe sprach. Einer gemeinsamen Zukunft. Einer Familie.
Diese Gedanken reichten aus, um Naruto ein unerträgliches Zittern durch den Körper zu jagen. Das Atmen viel ihm schwer, er japste immer wieder nach Luft und wimmerte hilflos.
Der einzige Grund, wieso er jetzt nicht laut losbrüllte, war, weil er nicht wollte, dass Kakashi misstrauisch wird oder von irgendetwas Wind bekommt. Abgesehen von Itachi, Naruto und Sasuke, wusste niemand, was damals passiert war.
„Fass mich nicht an." flüsterte der Blonde, schniefend, er wand sich und versuchte sich wegzudrängen, während Sasuke immer noch seinen Nacken hielt. Der Uchiha beobachtete ihn mit einem beherrschten Ausdruck, Naruto's Augen füllten sich stetig mit Tränen und seine Atmung wurde immer wieder von einem leisen Schluchzen unterbrochen.
Sasuke wusste, dass er es damals für Naruto vermasselt hatte, dass er ihn in einen Betrüger verwandelte. Und er wusste, dass Naruto ihm die Schuld an allem gab. Sasuke würde sein Fehlverhalten aber niemals akzeptieren.
Als er dabei zusah, wie Naruto sich vor ihm so bitterlich die Augen ausheulte, schmerzte sein Herz. Nie zuvor hatte er jemanden so weinen sehen, so zitternd und verzweifelt, nicht einmal in der Notaufnahme, wenn jemand einen Selbstmordversuch zutiefst bereute.
„Naruto—." Sasuke's Stimme war leise, doch seine Worte hallten durch den Raum. „Hör auf."
Der Blonde schreckte auf. „Genug. Hör schon auf damit, Naruto—bitte." Jetzt war Sasuke derjenige, der Naruto beruhigte. Aber egal wie sehr er es auch versuchte, es wurde nicht besser, Naruto hörte einfach nicht auf.
Sasuke lehnte sich nach vorn, seine Lippen strichen sanft über Naruto's Mundwinkel, dabei schmeckte er das Salz seiner Tränen. Naruto wich schnell zurück, starrte den schwarzhaarigen mit großen Augen an. Sasuke's Blick blieb stoisch, während er Naruto weiter aufmerksam beobachtete, der ihn nun wütend anfunkelte.
„Du hast die nie geändert." knurrte der Blonde. „Du bist immer noch der selbe wie damals." Frustration rauschte durch seine Stimme. „Ich habe aufgehört dir hinterher zu jagen—aufgehört dich zu suchen—." Seine Augen füllten sich weiter mit Tränen, doch seine Stimme war laut und klar. Sasuke war jedoch nicht im geringsten überrascht. „Immer und immer wieder bin ich dir hinterhergelaufen! Habe dich gesucht, nur um mit dir zusammen zu sein! Nur weil ich es nicht ertragen konnte alleine zu sein!"
Naruto senkte seinen Kopf, die Augen fest zugekniffen. Er ballte seine Fäuste, ehe der erste Schlag gegen Sasuke's Brustbein prallte.
„Naruto."
„Sasuke! Ich bin einsam! Ich bin es seitdem immer gewesen! Ich war mit niemandem mehr zusammen, weil Du mich beziehungstechnisch kaputt gemacht hast!" Naruto's goldene Wimpern waren bereits total nass, seine Wangen rot und er konnte kaum noch durch die Nase atmen. Ein weiteres Mal schlug Naruto's Faust gegen Sasuke's Brust, doch der Uchiha werte sich nicht. Er ließ es zu.
„Was habe ich dir jemals getan?!" Feuchte, Blaue Augen durchdrangen tiefschwarze. „Ich bin ein erfolgreicher Therapeut, ich habe mir etwas aufgebaut!" Naruto's Hände glitten nach unten, verzweifelt tastete er sich um Sasuke's Handgelenk, drückte fest zu und flehte—„Bitte, bitte, mach mir das nicht kaputt." Die Wut in seinem Gesicht war durch tiefe Frustration ersetzt worden.
Sasuke schluckte schwer. Naruto's Bitte ihn in Ruhe zu lassen, tat eindeutig mehr weh, als die Schläge gegen seinen Oberkörper.
„Ist es—zu spät?" fragte er. — ich will mich scheiden lassen.
„Um Himmels Willen, Sasuke." Naruto's Hals tat weh, seine Stimme war total rau. Seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen. „Sakura ist meine Patientin. Es ist meine Aufgabe ihr zu helfen, euch zu helfen und eure Ehe zu richten."
„Na und?" Sasuke war kalt. Natürlich war er das. Wie konnte es ihm nur so egal sein.
„Ich weiss, Naruto, es ist schon eine Weile her, aber—." Er wischte die Tränen von den, mit Schnurrhaarmalen besetzten Wangen, die Sasuke immer an ein kleines Kätzchen erinnerten, was wohl auch der Grund war, wieso er ihm den Spitznamen gab. Er hatte eine heimliche Schwäche für niedliche Dinge. Vor allem für Katzen. „—ich will dich immer noch. So sehr. Du weisst, dass es wahr ist."
Naruto starrte ihn schockiert an. Er hatte das gleiche Gefühl wie damals—und doch war etwas anders. Der Ausdruck in seinen Augen, er war plötzlich so—liebevoll?
„Was willst du von mir?" wimmerte Naruto, die Stimme verunsichert. Seine Finger zitterten. „Verdammt Sasuke! Du bist Psychiater!" schrie er auf, sein Blick bohrte sich tief in die Augen des Uchiha's. „Dein Job ist es Menschen zu helfen! Du sollst ihnen helfen, klar?!" Naruto packte Sasuke hilflos am Kragen seiner Jacke und zog ihn zu sich. „Und sie nicht ruinieren!"
Sasuke schielte auf Naruto's Griff, bevor er mit einem Grinsen, welches sich teuflisch auf seine Lippen legte, zurückblickte.
„Ich bin mir im Gegensatz zu dir, meiner Fähigkeiten bewusst—Koneko."
Naruto's Atem stockte, seine verkrampften Finger lockerten sich. „Jemand, der nicht einmal sich selbst helfen kann—wie soll er dann jemand anderen helfen. Ich breche die Therapie ab." sagte Sasuke, fest und entschlossen.
Naruto verstand nicht, was das alles plötzlich sollte. „Du gibst das nicht so einfach auf, hörst du? Deine Ehe—Sakura—."
„Das ist nichts für mich. Und das weisst du. Ich werde mich scheiden lassen."
Naruto's Knie knickten ein, er plumpste mit dem Hintern auf die Matratze des Hotelbettes. Verzweifelt suchte er nach irgendwelchen Anzeichen eines Scherzes in Sasuke's Augen, aber absolut nichts dergleichen war zu erkennen.
Er musste sofort an Sakura denken. Traurigkeit umhüllte ihn, sie wird noch so viel ertragen müssen und es wird schwer für sie werden, sich weiterhin auf den Beinen zu halten, wenn Sasuke ihr die Nachricht einer gewollten Scheidung überbringt. Naruto's Herz sank tief in seiner Brust, zog sich qualvoll zusammen.— Der Uchiha hat nie damit aufgehört, Herzen zu brechen.
„Kann sein, dass ich total falsch liege, aber denk daran—." Sasuke machte einen Schritt auf den Blonden zu und fasste an dessen Kinn, um es anzuheben. Schwer schluckend sah Naruto zu ihm auf. Seine Augen brannten, waren mit kleinen, roten Adern versehen, er war total verheult, doch er brach den Blickkontakt nicht ab.
„Vielleicht bin ich ein egoistisches Stück Scheisse, weil ich Leute um mich herum im Stich lasse, die mich so offensichtlich brauchen. Meine Familie. Meine Patienten. Besonders meine Frau, Sakura." Naruto's Atem stockte. Er wusste genau, was jetzt kommt und er wusste es selbst, er wusste, dass Sasuke recht hatte.
„Aber im Gegensatz zu dir—belüge ich mich nicht ständig selbst. Dein schlimmster Feind, bist du. Und wenn du so weiter machst, wirst du den Kampf niemals gewinnen."
Diese Worte schnitten tief in Naruto's Seele. Er war zwar einer der erfolgreichsten Sexualtherapeuten, aber war er wirklich so mit der Kunst der Liebe vertraut, wie er glaubte? Naruto's Herz war kaputt, so dachte er wenigstens anderen helfen zu können. Das war der Grund, wieso er überhaupt Therapeut geworden war. Er mochte es, glückliche Paare zu sehen, weil er sein eigenes Glück nie wieder finden konnte. — Er hat recht. Ich bin ein Lügner! Wie kann jemand, der sich nicht einmal selbst helfen kann, anderen helfen. Jemand der selbst so einsam war, niemanden hatte, die Liebe schon längst aufgegeben hat, wie sollte derjenige andere Retten?
Der Blonde war so vertieft in seinen selbstzerstörerischen Gedanken, er merkte nicht einmal, wie die Wärme von seinem Kinn verschwand, dass sich die Tür des Zimmer geschlossen hatte und Sasuke bereits gegangen war.
Sofort stand er auf und stürmte den Korridor entlang. Naruto atmete erleichtert auf, als er den schwarzhaarigen Mann am anderen Ende des Flurs sah, wie er auf den Aufzug wartete. Schnell rannte er zu ihm, seine nackten Fußsohlen schlugen hart gegen den Hotelboden.
Der Uchiha drehte sich zu Naruto. Einen Moment herrschte Stille. Sekunden vergingen, in denen sie sich einfach nur anblickten, während sich der Aufzug auf die zugewiesene Etage bewegte. Sasuke nickte einem keuchenden Naruto zu, der daraufhin Sasuke's Hand packte und mit beiden Händen fest umschloss.
Naruto öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber die Worte blieben ihm in der Kehle stecken. Flehende, blaue Augen starrten Sasuke nieder, bevor dieser seine andere Hand hob und mit dem Daumen über die Unterlippe des Blonden fuhr, welcher einen Schauer durch Naruto's Körper jagte.
„Liebst du mich?" fragte Naruto schnell. — Ich werde das hier nun ein für alle mal beenden.
„Nein." antwortete Sasuke mit einem hämischen Grinsen, welches schnell wieder verschwand.
„Aber ich hätte es tun können—wenn du mich jemals gelassen hättest."
Die Türen des Aufzuges öffneten sich, Sasuke ging hinein und lehnte sich an das Geländer.
„Und du? Liebst du mich?"
Ja, ich habe dich immer geliebt und ich werde es immer tun. — Naruto schüttelte den Kopf. „Das tue ich nicht. Und ich könnte dich auch nie so lieben, wie ich Itachi geliebt habe."
Das war eine Lüge, aber sie war notwendig.
Sasuke's Augen weiteten sich. Es traf ihn wie ein Stich ins Herz. — Ja richtig so, verletzte ihn, damit er nie wieder zu dir zurück kommt und dir alles kaputt macht. Obwohl es vielleicht nicht gerade die beste Lösung war, so war es für Naruto in dem Moment, der einfachste Weg, um mit der ganzen Sache fertig zu werden. Indem er auf Sasuke's Gefühlen herumtrampelte.
Die Türen des Aufzuges schlossen sich, zu langsam für Naruto's Geschmack, während er in Sasuke's leere Augen starrte, so lange, bis die Türen vollständig zu waren und er alleine im Flur zurückblieb.
Es ist besser so. Es ist besser so, Naruto. Er hat eine Frau. Und du bist ihr Therapeut. Du darfst nicht dazwischen funken. — Naruto wusste, dass die Ehe von Sasuke und Sakura zum scheitern verurteilt war, dennoch wollte er nicht ein weiterer Grund dafür sein oder besser gesagt, der letzte Kick, den Sasuke noch gebraucht hatte, um sie zu beenden. Nur weil sie sich nach Jahren wieder gesehen hatten, sollten sie nicht so tun, als wäre in der Zwischenzeit nichts passiert.
Naruto spürte wie sein Kopf sich zu drehen begann. Ihm wurde schwindelig, die Angst überwältigte ihn. Es ist besser so! - Wie ein Mantra klangen diese Worte durch alle Spalten seines Gehirns und er versuchte sich davon zu überzeugen, dass er keine andere Wahl hatte.
Erschöpft schlenderte er zurück in sein Hotelzimmer, mit den Gedanken an Sasuke's plötzlich so weiche, sanfte Augen, die ihn so liebevoll wie nie zuvor betrachteten. Hatte er sich geirrt?
Mit einem lauten Seufzten stürzte er sich auf das Bett und starrte an die Decke. Er müsste sich nun endlich wieder in den Griff bekommen. Er hatte schließlich, abgesehen von Sakura, auch noch andere Patienten, um die er sich kümmern müsste. Schlimmere Fälle. Zudem einen Haufen Papierkram. Er hatte so viel Arbeit, dass er es sich nicht leisten konnte so ein trauriges, widersprüchliches Elend zu sein.
Sein Herz schmerzte, wegen der unvergessenen Liebe, als er verzweifelt versuchte einzuschlafen und unweigerlich fragte sich Naruto, ob Sasuke wohl mittlerweile ein Mann seiner Worte geworden war.
Oh Heiliger, was für ein Hit wäre es für Sakura, wenn Sasuke ihr die Scheidungspapiere schon in ein paar Wochen aushändigen wird. Naruto müsste die ganzen gebrochenen Stücke der jungen Frau wieder aufsammeln.
Heute, war das erste mal, dass er bereute, einen Fall aufgenommen zu haben. Er dachte ernsthaft darüber nach, es an jemand anderen zu übermitteln, aber das war nicht seine Art.
Nachdem er sich ungefähr drei Stunden unruhig auf dem seidigen Laken umher wand, schaffte es der Blonde endlich einzuschlafen.
———
„Immer langsam." riet Naruto, als Sakura sich etwas benommen im Bett aufsetzte, die Augen unkonzentriert. Sie sah verloren und verwirrt aus. Es sind fast zwei Wochen vergangen und immer noch kein Wort von Sasuke. Wie auch immer, sie hatte auch nicht nach ihm gefragt, es war fast so, als hätte sie seine Existenz ausgeblendet. Und um ehrlich zu sein, war Naruto eigentlich auch ganz zufrieden damit, denn er wüsste nicht, wie er es ihr erklären und die ganze Sache behutsam angehen sollte.
Der Blonde hielt Sakura's Unterarm und rieb sanft darüber. Die Schnitte an ihren Handgelenken waren noch mit Bandagen bedeckt, aber sie waren schon fast verheilt.
„Danke." murmelte Sakura, als er ihr eine Banane reichte. Grüne Augen leuchtenden zu Naruto auf, der sich gerade einen Stuhl heranzog, um sich neben ihr Bett zu setzen. Sie war immer noch im Krankenhaus, die Ärzte wollten sie wegen dem Infektionsrisiko ihrer Wunden noch eine Weile hier behalten.
„Keine Ursache." hauchte Naruto, sanft und beruhigend. Sakura war unglaublich dankbar, in ihren schweren Zeiten von ihm begleitet zu werden. Abgesehen von der therapeutischen Arbeit hatte sie sich mit dem freundlichen Blonden angefreundet, der Sasuke in absolut nichts ähnelte, nicht mal ein bisschen. Trotzdem würde sie ihren Mann nicht als egoistisch, stoisch und Gefühls-unfähig bezeichnen, obwohl sie manchmal so von ihm redete. So schlimm war er nicht.
Ihr rosa Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, damit es nicht so schnell dreckig wird. Sie hat hier nicht oft die Möglichkeit sich die Haare zu waschen.
„Und, gibts was neues?" lächelte Naruto, er wusste, dass Temari gestern hier war.
Sakura seufzte. „Temari will, dass ich eine Weile bei ihr wohne, da Sasuke offensichtlich sehr beschäftigt ist. Sie glaubt nicht, dass ich allein nicht gut zurecht kommen würde."
Vorsichtsmaßnahmen. Ich verstehe. — Naruto hielt inne, er dachte kurz nach, dann löste er seine Hand von Sakura's Arm, um seine Hände miteinander zu verschränken. Er lehnte sich leicht nach vorn und sah Sakura mit seinen sanften, blauen Augen an, doch er lächelte nicht.
Er durfte nicht zu freundlich sein — sonst würden verbindliche Ratschläge, die Teil der Therapie Sitzung waren, womöglich nicht ernst genommen werden.
„Es ist verständlich, dass sich deine Freunde Sorgen um dich machen." Naruto neigte den Kopf zur Seite und erregte so Sakura's Aufmerksamkeit. „Aber, du musst dich selbst bestimmten Situationen stellen, um mental stärker zu werden. Vielleicht—denkst du selbst, dass du alleine nicht klar kommen würdest?"
Naruto wusste, dass Sakura noch einige Zeit stationär in der Psychiatrie behandelt werden würde, aber das würde er jetzt nicht erwähnen.
„Beginne damit, deine eigene Angst zu bekämpfen."
Sakura blinzelte. Naruto bemerkte ihrer Verwirrung, also erklärte er weiter.
„Wenn ich zum Beispiel an meinem Essen fast ersticke, huste ich alles raus und esse dann wieder." Sakura nickte leicht, als Naruto kurz anhielt, um zu überprüfen, ob sie ihm folgen konnte. „Ich wäre fast gestorben, doch das hält mich nicht davon ab, weiter zu essen. Verstehst du mich? Man tut es trotzdem, obwohl man Angst davor hat."
Sakura atmete tatsächlich auf und lächelte darüber. Naruto konnte die Freude sehen, die in ihren Augen funkelte, aber auch die Erkenntnis. Er hatte sie mit dieser dämlichen Metapher tatsächlich zum Denken angeregt.
Plötzlich ließ sie den Kopf hängen. „Aber leider ist es nicht so einfach, wie essen." Naruto lauschte aufmerksam. „Essen tue ich, weil ich sonst sterbe. Es ist nicht dasselbe wie—."
„Sakura." die Verwendung ihres Vornamens ließ die grünäugige Schönheit aufblicken. „Die meisten von uns müssen sich den Dingen stellen, über die sie nie mit jemand anderen sprechen." Naruto's Stimme wurde leiser. „Wir verweilen Stillschweigend."
Sakura legte sich wieder hin und starrte an die Decke.
„Aber das darfst du nicht, andernfalls werden dich diese Dinge lebendig verschlingen. Sie sind genauso schlimm wie körperliche Krankheiten. Wir bekämpfen sie einfach nicht so, wie das offensichtliche, wir halten es lieber privat, weil wir uns dafür schämen oder weil es die Gesellschaft nicht akzeptiert."
Sakura nahm einen Bissen von der Banane und drehte den Kopf zur Seite, damit sie sich nicht verschluckte.
„Jemand sagte mir mal, dass viele von uns bereits in ihren Zwanzigern sterben, aber erst mit siebzig beerdigt werden. Achte auf dich selbst, sei nicht zu hart zu dir, aber lass den Schmerz niemals überhandnehmen, der dein Inneres durchstreift."
„Was passiert, wenn man sich dem hingibt, weil man zu schwach ist?"
Naruto kicherte leise. „Das wirst du nicht, nicht so lange du es nicht zulässt. Weisst du, wir neigen einfach dazu, zu glauben, das es komplizierter werden wird, als die Sache tatsächlich ist. Je größer die Angst, desto rauer sind die Monster in uns selbst." Naruto's blaue Augen funkelten so schön, so ehrlich und so vertraut, was Sakura einen kurzen Augenblick ablenkte.
Sie räusperte sich. „Was hast du darüber gesagt, wie—wie heißt diese Krankheit nochmal?"
Naruto summte. „Borderline?"
„Ja." nickte Sakura und suchte in Naruto's Gesicht nach Antworten. „Kannst du mir, das nochmal erklären? Ich bin—ein bisschen, naja ich, weiss nicht mehr genau, was das eigentlich ist."
Naruto lächelte, als er zusah, sie sich ihr zierlicher Körper ihm zuwandte. Ihre Augen klammerten sich regelrecht um ihn, als als hätte er einen Schlüssel zu ihrer Erlösung.
„Willst du jetzt, dass ich mit dem wissenschaftlichen Blödsinn komme, oder soll ich es dir schnell und einfach auf meine Art erklären?" Sakura lachte darüber und bewegte sich auf eine Art und Weise, die darauf hindeutete, dass sie fand, dass Naruto schnell und unkompliziert war.
„Ich suche nur nach Antworten." Die Frau mit den rosa Haaren sah auf ihre bandagierten Handgelenke, sie war kurz abgelenkt, fing sich aber schnell wieder. „Und ich denke, dass du sie haben könntest. Nun, ich hoffe es jedenfalls."
„Du willst also wissen, wieso ich glaube, dass es Borderline ist?" wiederholte Naruto, um sicherzustellen, dass er sie richtig verstanden hatte. Sakura nickte, ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie sah, wie Naruto seufzte und sich am Hinterkopf kratzte und über die richtigen nachdachte.
„Nun ja. Es gibt einfache und komplexe Fälle." begann er, aber dann zog Naruto eine Grimasse und redete darüber wie kompliziert die ganze Thematik doch war. „Im Grunde ist es eine Persönlichkeitsstörung, die von Stimmungsschwankungen dominiert wird, die oft plötzlich und ohne Vorwarnung eintreten. Die Betroffenen haben auch oft Angst verlassen zu werden." Naruto fasste an sein Kinn und sah nachdenklich zur Seite. „Sie sind instabil und leicht überfordert. Die Selbstverletzung ist ein Akt der Verzweiflung, weil sie die Spannung nicht mehr aushalten. Leider ist ein Selbstmordversuch oft die Folge einer solchen Krankheit. — oh tut mir leid, ich hoffe du kannst mir einigermaßen folgen."
Sakura nickte, ihre Narben begannen zu jucken. Naruto seufzte und hielt sich den Bauch fest. Er hungerte seit Stunden, weil er sein Frühstück ausgelassen hatte.
„Gibt es einen Ausweg?" fragte die junge Frau, befleckt von Traurigkeit.
Naruto grinste. „Es gibt immer einen Ausweg. Es wird besser—das verspreche ich. Ich werde dir helfen." Danach entschuldigte er sich bei Sakura, bevor er das Krankenhaus verließ und Kakashi's Nummer wählte.
———
„Sasuke—was zum Teufel?"
Der Uchiha war in seiner Wohnung, eine halbleere Flasche Whisky ruhte auf dem Tisch. Er hatte Kakashi's Anrufe seit über einer Woche ignoriert und er war auch nicht zur Arbeit gekommen. „Wir alle machen uns Sorgen um dich—was zur Hölle ist los mit dir?"
„Alle?" Sasuke blickte zu dem weißhaarigen, hob dabei eine Augenbraue und wirbelte die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Glas herum. „Wer ist alle?"
„Besonders Naruto." Kakashi runzelte die Stirn.
Seine Haltung war ruhig, obwohl ihm die blühende Wut im Hals steckte. Es war seine Art, eher mit Sorge, als mit Ärger zu reagieren. „Mich eingeschlossen—und ich bin mir sicher Sakura ebenfalls."
„Sakura?" Sasuke kicherte, dunkel und sarkastisch. Er stellte das Glas auf den Tisch, ehe er nachschenkte und noch einen Schluck davon nahm. „Oh—danke, dass du mich an sie erinnerst." Kakashi machte einen verwirrten Gesichtsausdruck. „Ich sollte meinen Anwalt anrufen. Ich werde mich von ihr scheiden lassen."
„Bitte? Was? Sasuke—was ist in dich gefahren?"
Sasuke wand sich von Kakashi ab und schlenderte ohne ein Wort in Richtung Schlafzimmer. Der weißhaarige wagte es aber nicht einen Schritt aus der Küche zu machen.
Sasuke kam mit seinem Handy in der Hand wieder zurück. Ein schlelmisches Grinsen legte sich auf seine Lippen, während er den Bildschirm förmlich in Kakashi's Gesicht drückte.
*Ich schicke deinem Mann alle geilen Nacktbilder von dir*
Kakashi schluckte beschämt und gedemütigt.
*Ja, Baby, ich weiss, du liebst meinen Schwanz*
Der Name des Absenders lautete Sasori, keine Emojis, kein Nachname. Sasuke grinste wieder und steckte das Telefon in die Tasche seiner schwarzen Jeans, die ihm tief an der Hüfte hing. „Die Nachrichten sind mit den Zeitpunkt ihrer Geschäftsreise datiert."
„Woher hast du diese Screenshots?"
„Das spielt keine Rolle." Sasuke stürzte erneut ein Glas Whisky runter, bevor er es auf den Tisch knallte. „Reicht dir das etwa nicht?"
„Naruto macht sich Sorgen um dich." erklärte Kakashi, doch Sasuke sah ihn nur gleichgültig an.
Das Klingeln von Kakashi's Handy brach die Stille und Sasuke lachte sarkastisch. „Tut er das? Sag ihm das muss er nicht. Zudem ist es mir sowieso egal—und geh an dein verfluchtes Telefon, dieser Scheiss jagt mir Angst ein."
Kakshi's Klingelton war eine Mischung aus Hundegebell und hellen krächzenden Melodien. Der ältere Mann seufzte, als Sasuke ihn regelrecht aus seiner Wohnung schob und ihm die Tür vor der Nase zuklatschte.
———
________________________________
3789 Worte
________________________________
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top