11. Gay Crooner
Gebäude des neuen Tonstudios angekommen wurde ich am Empfang bereits von einer Sekretärin begrüßt. Auch wenn die Eröffnung erst morgen Nachmittag war, wurde doch schon Einiges gearbeitet und vorbereitet.
"Es ist gerade jemand in der Tonkammer, aber ich hoffe das stört dich nicht beim Vorbereiten", erklärte die Sekretärin mir, nachdem ich mich vorgestellt hatte.
"Nein, kein Problem", bestätigte ich ihr, und sie wandte sich sofort wieder ihren Unterlagen zu. Aus meiner Tasche kramte ich zunächst einen Collegeblock, sowie einen Bleistift, um erst einmal eine grobe Skizze zu zeichnen. Glücklicherweise war das Gebäude nur einstöckig, und relativ schlicht gebaut. In den Lageplan mussten also keine dämlichen Kringel eingebaut werden, weil ein Architekt das so toll fand.
Mit Collageblock und Bleistift bewaffnet wanderte ich durch die Räume, ließ die Tonkammer jedoch vorerst aus. Ich wusste ja, wie viel Platz sie ungefähr einnahm und konnte sie später noch dazu zeichnen. Zunächst skizzierte ich den Umfang des Gebäudes und setzte mich dann in einen Sessel, der im Wartezimmer herumstand, um die Eingangshalle zu zeichnen. Als ich mit dem Tresen fertig war (es hatte ziemlich lange gebraucht bis ich die richtige Position gefunden hatte, und dann wurde er immer zu groß oder zu klein), fiel es mir plötzlich ein. Laut seufzend schlug ich mir gegen die Stirn. Ich machte hier absolut unnötige Arbeit! Die Architekten hatten schließlich vor dem Bau einen Plan angefertigt, den ich nur leicht ergänzen oder verändern musste!
Ich kramte meinen Laptop aus meiner Tasche und rief das E-Mail-Programm auf. Nachdem ich den Posteingang vergeblich nach einer Mail von den Architekten durchsucht hatte, von der ich mir aber sicher war, sie bekommen zu haben, durchstöberte ich meine Ordner. Wo war denn nur diese beschissene Mail mit Anhang? Wütend tippte ich auf dem Touchpad herum und erkannte dann, wie einfach es hätte sein können. In diesem Programm gab es schließlich ein Suchfeld. Ich musste nur nach dem richtigen Begriff suchen, dann würde ich die Mail schon finden. Heute war irgendwie mein absoluter Blitzmerker-Tag. Genial Sara, genial!
Schnell tippte ich Lageplan Tonstudio in das Feld ein und hatte sofort zwei Treffer. Einmal eine Mail von dem Produzenten, der mir mitteilte, den Lageplan durch einen Architekten schicken zu lassen, und dann noch die Mail des Architekten, bei der im Anhang der Lageplan war. Die Mail war in meinem Ordner für die Uni gelandet. Ich war doch wirklich nur absolut blöd. Das war eindeutig nicht mein Tag. Zweideutig übrigens auch nicht.
Ich öffnete die Mail und klickte auf den Lageplan. Kann mit diesem Programm nicht geöffnet werden zeigte mein Computer an. Langsam fühlte ich mich leicht gemobbt. Von meinem Computer.
Weil sich das Problem ja auch nicht durch Anschreien des Metalldings lösen ließ, ging ich seufzend ins Internet und lud mir in leichter Genervtheit ein Programm herunter, mit dem ich den Plan öffnen konnte. Oder können müsste. Während der Zeit, in der der Computer das Programm herunterlud, drückte ich die Daumen, dass es auch klappte. Als das Programm endlich installiert war, versuchte ich also erneut den Plan zu öffnen, und es klappte. Nicht. Welt, bitte sag mir, dass das nicht dein Ernst ist! Doch durch die rechte Maustaste konnte ich das öffnen mit aktivieren und schließlich öffnete das Dokument sich doch. Gut, nun war ich nicht mehr ganz so sauer.
Bluescreen. Meinung geändert. Warum funktionierte das einfach nicht? Ich war kurz davor, aufzustehen und das Mistding in die Ecke zu schmeißen. Als ich gerade den Laptop hochnehmen wollte, um ihn mit aller Kraft gegen die Wand zu werfen, hörte ich eine Stimme.
"Nanu, was soll das denn werden?", erkundigte er sich. Allerdings konnte man seine hohe Stimme auch leicht für ein weibliches Wesen halten. Ein Brünetter mit Drei-Tage-Bart steckte seinen Kopf durch die Tür und grinste mich an.
"Was machst du da? Und wenn's lustig ist, darf ich mitmachen?" Lustiger Typ. Fragte mich, ob er beim Laptop an die Wand schmeißen mitmachen konnte. Klar, warum auch nicht? Weil das mein verdammter Laptop ist und ich den noch brauche! Ich erwischte mich immer öfter dabei, dass ich damit begann, Selbstgespräche zu führen, wenn ich wütend wurde. Vielleicht sollte ich echt mal darüber nachdenken, selber zu einem Psychologen zu gehen. Dann könnte ich Mina gleich mitschleppen... Naja.
"Weißt du zufällig wie man ein rtf-Dokument öffnet?", erkundigte ich mich kläglich bei dem Typen, der nun den Raum betreten hatte.
"Ne tut mir leid, wofür brauchst du das denn?" Oh, das hätte er nicht fragen dürfen!
"Ich muss heute Nacht noch so einen verdammten Lageplan zeichnen und hab eigentlich eine Vorlage aber kann sie nicht öffnen, und das ist alles scheiße, warum gibt es auch so viele beschissene Sänger und deshalb das neue Tonstudio?!", regte ich mich auf.
"Du bist eine von den Musikstudentinnen", stellte er fest.
"Richtig, und ich muss hier für diese beknackten Sänger... Oh warte, du bist auch Sänger, oder?" Ich unterbrach mich und sah ihn mir genau an.
"Ja, ich wundere mich gerade schon, warum du mich nicht erkennst. Kennen Musikstudenten sich mit sowas nicht aus?"
"Lass mich raten, Louis Tomlinson von One Direction?", vermutete ich, und merkte selbst schon, dass ich leicht genervt klang. Das war eigentlich gar nicht meine Art.
"Bist du Fan?", fragte er sogleich.
"Nein auf gar keinen Fall, ich bin Sara. Liam hat auch schon vermutet, dass ich ein Niall-Girl sei..."
"Sekunde, Sara? Die Sara?!"
"Ach verdammt ja, das habe ich jetzt auch schon mehrmals zu hören bekommen. Weißt du, seit Jess mich auf das Konzert von euch geschleppt hat, treffe ich euch regelmäßig in meiner Freizeit, das nervt ganz schön!"
"Ist das nicht toll, uns zu treffen?", fragte er und klang leicht traurig. Hallo?!
"Also ich will euch nicht beleidigen und ich bin auch kein Hater oder sowas, aber ich stehe leider nicht auf schwule Schnulzensänger", zuckte ich mit den Schultern.
"Wir sind doch keine Schnulzensänger, und schwul schon gar nicht!", beschwerte Louis sich.
"Darf ich mal einige Textstellen der Lieder die ihr singt zitieren?", grinste ich gemein. "Oder dir ein paar Kussfotos zeigen?"
"Gut, irgendwie hast du Recht", lenkte er ein. "Zeig mal bitte deinen Laptop, vielleicht kann ich dir helfen!" Völlig aus dem Kontext gegriffen wechselte er plötzlich das Thema und ich reichte ihm leicht verwirrt meinen Computer.
Er tippte kurz auf den Tasten herum und erinnerte mich dabei ein wenig an Niall, der auch vor eben diesem Laptop gesessen hatte, und mir Musik gemixt hatte. Er hatte genauso auf der Unterlippe herumgekaut, während er überlegte. Louis reichte mir den Laptop wieder und der Bluescreen war verschwunden, stattdessen war nun das Dokument offen und ich würde nun endlich arbeiten können.
"Danke!" Ich versuchte, ihn zu umarmen, aber durch den Laptop auf meinen Knien gestaltete sich das etwas schwierig, woraufhin ich den Laptop einfach neben mich stellte und den Sänger danach zum Dank umarmte.
"Grüß mal bitte El von mir", trug ich ihm auf, und er nickte.
"Ich gehe jetzt, also habe ich nicht so viel Zeit, es zu vergessen", grinste er.
"Das hoffe ich!"
"Klar, kein Problem. Tschau, wir sehen uns, war cool, dich kennengelernt zu haben!" Er winkte und verschwand dann nach meinen verabschiedenden Worten aus dem Raum. Ach Gottchen, jetzt kannte ich schon fünf von fünf! Ob das wohl gut gehen würde? Aber naja, so schlimm waren sie privat wirklich nicht. Nur ihre Texte... Und die Tatsache, dass sie wie verzweifelt an die wahre Liebe glaubten. Ein bisschen wie naive Kleinkinder.
Ich wandte mich meinem Laptop zu und begann, leichte Veränderungen an dem Plan der Architekten vorzunehmen. Es war wirklich wenig Arbeit, ganz anders als zuvor gedacht. So konnte man sich täuschen...
Meine Skizze landete ungebraucht im Mülleimer, nachdem ich alles verbessert hatte, sowie das Dokument an Clarina und Kayla abgeschickt. Ich packte meine Sachen zusammen und verabschiedete mich schließlich von der freundlichen Sekretärin, die mir noch einen netten Abend wünschte. Den würde ich haben... Nicht. Oder vielleicht doch?
Ich stieg in die U-Bahn, die an der Haltestelle bei meiner Wohnung hielt, und setzte mich hin. Auf der Fahrt schloss ich die Augen, denn ich wollte nochmal einige Minuten Ruhe haben, bevor ich weiterarbeiten musste.
Zuhause setzte ich mich auch sofort wieder an den Rechner und rief mein Skypeprogramm auf, in der Hoffnung, dass Kayla mir noch irgendwelche Informationen geschickt hatte. Tatsächlich hatte ich eine neue private Nachricht von ihr.
Hey, wenn du den Lageplan gemacht hast, kannst du dich soweit ausruhen! Wir sehen uns morgen früh in der Uni und besprechen dort die letzten Details! Deinen Redeanteil hast du ja fertig, richtig? Kayla xx
Keine Aufgaben mehr bis morgen früh? Das klang nach einem guten Deal. Ich wollte gerade nach meinem Handy greifen, um jemanden herauszusuchen, mit dem ich den Abend verbringen könnte, als es klingelte. Lachend schaute ich auf das Display und nahm dann ab.
"Hi, ich habe gerade an dich gedacht, und nur an dich!", begrüßte ich die Person am anderen Ende. Wie der Zufall es wollte... Oder man nannte es Schicksal.
"Hört sich so an als hättest du Zeit", antwortete die Person.
"Hört sich nicht nur so an, ist so!", erklärte ich bestimmt. "Und sonst müsste ich mich ja langweilen..."
"Das wollen wir doch nicht! Soll ich schnell zu dir kommen?"
"Klar, wir sehen uns, ich freu mich!"
"Ich mich auch, tschau!" Die Person legte auf und ich grinste. Das konnte ein toller Abend werden!
Schnell loggte ich mich aus Skype aus und fuhr den Computer herunter, um ihn in seine Tasche zu stopfen.
Danach machte ich mich auf den Weg in die Küche, weil ich mal wieder Hunger bekam. Ein Blick in den Kühlschrank verriet mir, dass ich noch genug da hatte für ein gutes Abendessen. Also für mich alleine. Sobald die Person hier aufkreuzte, würde ich nämlich wahrscheinlich nicht zum Essen kommen.
Ich nahm mir zwei Joghurtportionen und mehrere Toastscheiben aus dem Kühlschrank – ich bewahrte das Toast eigentlich immer dort auf, weil es dann nicht so schnell schimmelte – und aß zunächst den Joghurt auf, während die schnell zubereiteten Sandwiches in der Maschine vor sich hin brutzelten. Nach vier Sandwiches war ich dann halbwegs satt, und es klingelte auch schon an der Tür. Gutes Timing.
Hallo ihr Lieben!
Es tut mir wirklich total leid, dass ihr so lange auf ein neues Kapitel warten musstet. Ich gebe mein Bestes, aber die Uni geht eben immer vor. Und oft will ich abends nach einem langen Tag dann einfach nur noch ins Bett - nicht so jedoch heute.
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen, obwohl es etwas kürzer war als die bisherigen. Aber ich musste einfach an dieser Stelle aufhören, es hat sich so schön angeboten. Wer steht da wohl vor Saras Tür? Ich freue mich total auf eure Vermutungen!
Und was haltet ihr davon, dass sie nun ganz One Direction kennt? Vor allem, dass die Jungs immer so merkwürdig auf ihren Namen reagieren?
Liebe Grüße
Catrifa xx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top