Wie alles begann...

Wie es mir geht? Mir geht es richtig, richtig mies. Ich bin ausgebrannt. Einfach fertig mit allem. Ich hasse es. Ich hasse mein Leben, ich hasse diesen Tag, ich hasse einfach alles. Mein Leben ist ruiniert. Wie erbärmlich muss ich wohl aussehen? Am besten ich verschwinde ganz schnell von hier.

Langsam, als könnte ich es nicht auch schnell, erhebe ich mich aus dem Schlamm, der sich hier unter dem Baum angesammelt hatte. Ich zupfe mir mein Kleid zurecht und versuche, soweit es möglich ist, meine Haare wenigstens ein wenig in Ordnung zu bringen. Ich schaute in den Taschenspiegel, den ich von ihm bekommen hatte. Ich sah schrecklich aus. Tiefe Augenringe umgaben meine Augen. Meine Hautfarbe war ausgeblichen und gleichte dem, eines Vampirs. Meine Haare waren zerzaust und sahen ganz schlimm aus. Meine Augen. Sie waren rot. Man sah ihnen den Mangel an Schlaf und das stundenlange Weinen deutlich an. Meine Wangenknochen stachen besonders heraus. Als sich wieder Tränen in meinen Augen ansammelten, schloss ich den Spiegel und verstaute ihn in meiner Tasche.

In meiner Tasche entdeckte ich einen Brief. Ich habe ihn schon vor ein paar Tagen bekommen, jedoch wollte ich es vor seiner Beerdigung nicht lesen. Um ehrlich zu sein, wollte ich es überhaupt nicht lesen. Mein Bruder war eigentlich nie ein Mann großer Worte. Seine Gefühle stellte er in seinen Malereien dar. Er war wirklich verdammt gut darin, das muss man ihm lassen. Ja, also er hatte eigentlich ein ziemlich erfülltes Leben. Ihm fehlte zumindest an nichts. Er hatte eine Freundin, die ihn wirklich über alles liebte. Er hatte tolle Freunde, die immer hinter ihm standen und er hatte mich.

Wir waren unzertrennlich. Zumindest dachte ich das, bis vor zwei Tagen. Vincent hatte sich ein neues Motorrad gekauft. Es war sein ganzer Stolz. „Jetzt bin ich mit Abstand der coolste und heißeste Motorradfahrer in ganz Silverton. Silverton. Unsere Heimatstadt, hier sind wir aufgewachsen. Hier, wo man denken würde, völlig sicher zu sein. Genau hier nahm ihm irgendjemand grundlos das Leben.

Er stand mit seinem Motorrad vor dem kleinen Coffeeshop. Er hatte gerade seinen Helm abgesetzt und wartete auf mich. Ich kam um die Ecke und blickte ihn an. Das war der letzte Moment, wo ich ihm in die Augen sehen konnte. Ich kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass er glücklich war. Vielleicht klingt das jetzt egoistisch aber als er mich ansah, strahlte er.

Er strahlte, war glücklich und konnte es, genauso wenig wie ich, erwarten endlich mit mir zu unserem kleinen versteckten Ort zu fahren. Manchmal saßen wir da mehrere Stunden. Manchmal redeten wir, manchmal schwiegen wir uns an. Manchmal weinten wir, manchmal lachten wir gemeinsam.

Im nächsten Moment hörte ich einen riesen Knall. Plötzlich sah ich meinen Bruder nicht mehr. Sein Motorrad flog auf mich zu. Ich wollte zur Seite springen aber ich war wie eingefroren. Im nächsten Moment prallte ich unsanft auf den Boden auf und sah in zwei hellblaue Augen die mich besorgt ansahen.

Kurz darauf wurde es schwarz um mich herum.

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