Eines Morgens finde ich merkwürdigerweise eine Bild in unserem Briefkasten. Das ist höchst ungewöhnlich, da Stephen sehr links ist und nur die taz liest, Monica nur Frauenmagazine und Paul und ich nur ab und zu tagesschau schauen. Dennoch sie ist da. 

Ich habe nicht viel Zeit mich zu wundern, denn als ich das Titelblatt lese, ist es auf einen Schlag klar. 

DAS GESICHT HINTER DER HIT-SINGLE "GREY-BLUE-EYED GIRL" - ICH KANNTE SIE - EXKLUSIVINTERVIEW 

Ach. Du. Scheiße. Ich renne hoch in die Wohnung und beschließe die Uni heute sausen zu lassen. Ich bin... in der Zeitung?! Sofort rufe ich Sarah an. 

"Sarah, wo bist du?", frage ich leicht panisch.

"Auf dem Weg zur Uni, alles klar?"
"Kauf dir ne Bild."
"Passt schon, den Euro investiere ich lieber in was anderes."
"Sarah, in der Bild ist ein Artikel über mich.", flüstere ich.
"WAS? Ich bin auf dem Weg. Was steht drin?"
"Hab mich noch nicht getraut zu lesen.", gebe ich zu.
"Jo, du Schisser! Du bist 20. Okay, ich beeile mich und wir lesen zusammen.",
"Wie konnte das passieren?", frage ich entsetzt.
"So... warte da vorn ist der Kiosk, Ach du scheiße.", sie hat wohl grade den Titel gelesen.

Da fällt mir ein Zettel auf.

Sehr geehrte Fr. Annen,

wir würden gerne ein Exklusivinterview mit Ihnen über David Saltz-

Weiter lese ich nicht, der Zettel wird direkt zerrissen und verbrannt, weil ich so wütend bin. Haben die noch nie etwas von Privatsphäre gehört? Und vor allem: woher haben die meine Adresse? 

"Also, los, wir lesen das jetzt. Ich bin grad in der Bahn und die Leute schauen komisch. Vielleicht sollte ich nicht so laut rumschreien.", gibt Sarah von sich.
"Sarah, die Bild hat ein Interview mit mir angefragt! Woher haben die meine Adresse?"
"Ach du Scheiße!", ich höre förmlich, wie sie ihren Kopf schüttelt.

ICH KANNTE DAS MÄDCHEN, IN DAS DAVID SALTZ  VERLIEBT WAR

"Das fängt ja gut an...", bemerke ich.

BEAST, die Newcomer dieses Jahres haben trotz ihres Badboy-Image eine weiche Seite. Der amerikanische Leadsänger, David Saltz (21), hat sein Herz doch tatsächlich an ein deutsches Dorfmädchen verloren.

"Die nennen mich Dorfmädchen! Ich wohne in einem Vorort!", rege ich mich auf. 

Mit einem Auslandsjahr in Deutschland fing die Liebesgeschichte an. Dazu interviewen wir eine Mitschülerin von Joëlle A., das Mädchen, an den der internationale Rockstar sein Herz verschenkt hat.

Bild: Hallo Jenna, danke, dass du-

"Jenna, diese Bitch! Wenn ich die in meine Finger bekomme!"

Bild: Hallo Jenna, danke, dass du heute für uns da bist. Erzähl doch erstmal, wie hast du David und Joëlle kennengelernt?

Jenna P. : Joëlle und ich waren seit dem Gymnasium immer in einer Klasse und wir waren immer sehr gute Freunde. Deshalb habe ich das ganz gut miterlebt. David war in der 11. Klasse als das alles angefangen hat. Wir waren in der 10. Er war ja ein Austauschschüler und hat bei unseren Nachbarn gewohnt.

Bild: Und wie fing die Liebesgeschichte an?

Jenna P. : Ach, das weiß ich noch ganz genau! Sie hat mir ja immer alles erzählt...

"Ich hasse sie." 
"Wir waren nie mit ihr befreundet! Was soll das?"

Jenna P. : Ach, das weiß ich noch ganz genau! Sie hat mir ja immer alles erzählt...  In den Sommerferien, als er gerade hergezogen ist, haben sie sich im Schwimmbad kennengelernt und er hat sie auf ein Eis eingeladen, das war so süß. Er hatte auch immer seine Gitarre dabei, er konnte auch damals schon sooo toll singen.

"Schön erfunden.", sage ich trocken.
"Diese dreckige, kleine... Wenn ich sie in die Finger bekomme..."

Bild: Wie würdest du ihre Beziehung beschreiben?

Jenna P. : Also, ich bin ja eine gute Freundin von Joëlle deswegen darf ich das ja sagen und auch mit David war ich sehr gut befreundet. Es ist eigentlich besser, dass sie nicht mehr zusammen sind. Klar es war die erste Liebe und so weiter, dass macht nostalgisch und man behält die erste Liebe auch besonders in Erinnerung, aber bei den beiden lief nicht immer alles perfekt. 

Bild: Wie meinst du das?

Jenna P. : Die waren zwar meistens ziemlich glücklich miteinander, aber ich hatte oft das Gefühl, sie fand es einfach nur "cool" mit einem Älteren zusammen zu sein. Außerdem hat sie während ihrer Beziehung zu David auch mit anderen angebändelt, zum  Beispiel ihrem "besten Freund" Jay. Ich war mir da nicht so sicher, ob das nur Freundschaft war. 

"Jay ist nicht mal hetero!"

Bild: Du meinst also, dass sie untreu war?

Jenna P. :  Es war jetzt nicht so, dass sie mit jedem Kerl geschlafen hat, aber ein kleiner Flirt hier ein kleiner Flirt da, sie hat sich eben nicht benommen, als wäre sie in einer Beziehung. Zum Beispiel hat sie das auch mit meinem Bruder abgezogen, erst hat sie viel mit ihm gemacht, sich Getränke spendieren lassen und so weiter und hat ihn dann abblitzen lassen. Aber das habe ich ihr auch gesagt, dass das so nicht weitergeht und sie hat das verstanden. Das stand manchmal ein wenig zwischen uns. Jetzt ist aber alles in Butter.

"Ich hasse sie."
"Geht mir ähnlich."

"Wie kann man denn so eine blühende Fantasie haben?", wundert sich Sarah.
"War ich echt so schlimm?"
"Nein, auf keinen Fall, denk sowas nicht! Ihr habt euch sowas von in einer Beziehung verhalten. Ich habt wie der Kaugummi und mein Schuh aneinander geklebt und wenn er mal nicht da war, hast du mal entdeckt, dass die Erde existiert."
"So schlimm?", lache ich über Sarahs Beschreibung.
"Nein, das war jetzt überspitzt."

Bild: Wie interpretierst du denn die Hitsingle "Grey-Blue-Eyed Girl"? Als eine Liebeserklärung an Joëlle?

Jenna P. : Das ist schwer zu sagen, immerhin sind sie seit 3 Jahren getrennt. Vielleicht hat David das Lied aus seiner Schublade gekramt und es sind seine Gefühle vor 3 Jahren gewesen. 

Bild: Warum haben sie sich eigentlich getrennt?

Jenna P. : Er hat ja eigentlich in Amerika gewohnt und nach 2 Jahren musste er wieder zurück, das mit der Fernbeziehung hat leider nicht geklappt, die Liebe war wohl nicht stark genug-

Ich stocke beim Lesen. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Die Liebe war wohl nicht stark genug? Was hatte sie denn für eine Ahnung? Hatte sie eine Ahnung, wie hart es war ihn gehen zu lassen? Eine Ahnung wie schrecklich es war, zu wissen, dass es gut gegangen wäre, würde er in Deutschland wohnen. Sie wusste rein gar nichts. Sie wusste nicht wieviele Tränen ich vergossen, Eisbecher ich gegessen und Bilder ich nicht gelöscht (obwohl ich es sollte) habe. 

"Weinst du, Joëlle?!"
"Das ist so... gemein. Sie weiß gar nichts, wie kann sie sowas sagen? Also, dass unsere Liebe nicht stark genug war.", schniefe ich ein bisschen.

Sie hatte einen wunden Punkt getroffen. Insgeheim habe ich mich das nämlich oft gefragt, ob es wirklich zum Scheitern verurteilt war und ob wir uns vielleicht wirklich nicht genug geliebt haben. 
Ob es nicht vielleicht gut gegangen wäre, wenn wir uns nur mehr angestrengt hätten.

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Was lernen wir daraus? Die Bildzeitung ist scheiße, bitte kauft niemals eine. Überzeugt eure Mitmenschen den rassistischen Kack nicht zu kaufen.