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Julian

Nachdem Kai aufgelegt hatte und ich mein Tablet auf den Couchtisch abgelegt hatte, begann ich, meine Sachen für das morgige Spiel zu packen.
Ich wollte morgen in Gladbach unbedingt zeigen, was ich kann. Auch wenn ich nicht von Anfang an spielen werde.
Scheiß Gehirnerschütterung...

Zügig spurtete ich runter zur Haustür, als ich es klingeln hörte.
Wie erwartet stand Marco vor der Tür.
Ich ließ ihn rein und bat ihn ins Wohnzimmer.
"Ich wollte mich eigentlich nur bei dir bedanken ,Jule", begann er zögerlich.
"Wofür?"fragte ich verwirrt mit zusammengezogenen Augenbrauen.
Manchmal sprach er echt in Rätseln...

"Was du für mich...für uns, also Scarlett und mich getan hast. Wir haben deinen Vorschlag mal gemacht, die Kleine zu meinen Eltern gebracht und geredet und uns Zeit für uns genommen", erklärte er, während sich auf seinen Lippen bereits jetzt schon ein leichtes Lächeln bildete, was mich wiederum auch schmunzeln ließ.
Die beiden waren schon echt süß zusammen.

"Und ist wieder alles in Ordnung?", erkundigte ich mich noch immer lächelnd.
Marco nickte. "Ja"
"Das freut mich", sagte ich und griff nach den Controllern meiner Playstation, um Marco provokativ einen vor die Nase zu halten.
"Bock auf ne Runde, bevor wir losmüssen, um uns drei Punkte zu holen?"
Grinsend stimmte der Ältere zu und riss mir den Controller förmlich aus der Hand.
Mit Fifa konnte man ihn immer kriegen; das wusste ich mittlerweile.

"Wenn du willst, kannst du morgen auch bei mir mitfahren. Ich habe meine Sachen schon im Auto", schlug Marco vor.
"Okay", nahm ich sein Angebot dankbar an, ehe wir uns voneinander verabschiedeten.

~~

"Morgen,Marco", begrüßte ich meinen Kapitän, nachdem ich auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte.
"Hey."
Er fuhr los und steuerte das Trainingsgelände an. Seit er sich mit Scarlett ausgesprochen hatte, wirkte er wirklich viel gelöster und glücklicher.
Während er fuhr, lächelte er glücklich vor sich hin. Was er wohl heute Nacht gemacht hatte? Wo er sich doch wieder mit seiner Frau vertragen hatte?
Es freute mich auf jeden Fall, dass bei ihm jetzt wieder alles in Ordnung zu sein schien.

"Sitzen wir nebeneinander?", fragte mich Erl und zeigte auf den Sitz neben mir.
Er war wieder in 'Erling-Style' gekleidet.
Einen knallpinken Pullover mit grünen Streifen und eine Brille mit schwarzen Strasssteinen.
Wie man so etwas anziehen konnte,war mir noch immer ein Rätsel.
Aber eigentlich war es mir total egal, was er trug; für mich war er einfach ein guter Freund, dem ich vertrauen konnte und über alles reden konnte.
Ich nickte nur und schon setzte er doch neben mich.
"Gehen wir auch auf ein Zimmer?", fragte er erneut und steckte einen Kaugummi in den Mund.
Verwirrt sah ich ihn an. Er wusste doch auch, dass der Trainer immer die Zimmerverteilung selber übernahm und dort auch kein Bitten und Betteln half, wenn man tauschen wollte.
Erl bemerkte meine Verwirrung und erklärte dann:" Der Coach hat gesagt, wir dürfen uns ausnahmsweise die Zimmerpartner selbst aussuchen ."
"Achso", sagte ich und nahm den Kaugummi an, den er mir gerade angeboten hatte," Na wenn das so ist, gerne."

Wie immer war die Fahrt mehr als unterhaltsam.
Erst waren wir alle mit unseren Handys beschäftigt und hörten teilweise auch Musik.
Irgendwann kam Mo auf die Idee, er könnte peinliche Fotos von allen möglichen Teamkollegen, auch vom Dfb, in den Mannschaftschat stellen ,was bei den ein oder anderen nicht so gut ankam.
Es gab auch zwei peinliche Fotos von mir, einmal schlafend und einmal wie ich mit Marco hockte ,verloren hatte und deshalb einen sehr komischen und zweideutigen Gesichtsausdruck machte.
Ich gehörte aber zu den Personen,die sich nicht so viel aus sowas machten.
Ich lachte eher mit.
Für mich war so was nun wirklich kein Problem.

Nach einer Weile waren die Bilder nicht mehr witzig und uninteressant.
Den Rest der Fahrt unterhielt ich mich mit Erl über das bevorstehende Spiel, die letzten Tage und ein paar andere lustige Dinge.
Es war schon ganz lustig und deshalb war ich fast traurig, als der Bus vor unserem Hotel zum Stehen kam.
Wir stiegen nach einer kleinen Ansprache vom Trainer, in der er erklärte,dass wir uns um zwei am Bus treffen würden, damit wir zum Stadion fahren konnten.
Gemeinsam gingen Erl und ich zu unserem Zimmer und bezogen es.
"Dein Handy hat geklingelt. ", rief Erl mir zu, während ich mich im Badezimmer frisch machte.
"Ja warte kurz, bin gleich fertig."
Schnell machte ich fertig und kehrte dann ins Zimmer zurück, wo mein Kumpel an seinem Handy hängend auf dem angrenzenden, relativ kleinen Balkon saß.
Ich schnappte mir mein Handy und folgte ihm auf den zweiten Stuhl,der auf dem Balkon stand.

'Hey, Schatz.Seid ihr gut angekommen?', hatte Kai mir geschrieben. Ich liebte es,wenn er mir solche kleinen, aber dennoch aufmerksamen Nachrichten schickte. Es war schon echt süß von ihm.
Unbewusst begann ich zu grinsen.
'Ja sind wir. Und wie sieht's bei dir so aus?', schrieb ich zurück.
'Ja alles gut hier, ich kann morgen wieder mitmachen.'
'Das freut mich. Wann hast du morgen dann eigentlich Training? Wegen Telefonieren. ', antwortete ich, während ich beobachtete, wie Erl aufstand und kurz darauf mit seiner Powerbank in der Hand wiederkam.
'Von elf bis eins und um fünf noch Teambesprechung. Wann bist du wieder zu Hause?', kam prompt die Antwort zurück.
Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie er im Schneidersitz auf seiner Couch saß und sein Handy mit beiden Händen umklammerte.
Das tat er immer, wenn er mit seinem Handy beschäftigt war.
'Wenn wir nicht in den Stau kommen, gegen zwölf. Passt dir um neun? Ich schmeiße Erl einfach raus.'

Von Kai kam ein Daumen nach oben und somit war unsere Telefonzeit festgelegt.
Manchmal war es mit unseren engen und relativ unterschiedlich Zeitplänen schwer, eine Zeit zum Telefonieren zu finden.
Wenig später blinkte mein Handy erneute auf und es wurde ein 'Viel Glück später' von Kai angezeigt. Ich bedankte mich schnell und legte dann, wie Erling wenige Augenblicke zuvor, mein Handy an die Seite.
"Ich freue mich, dass du mit Kai so glücklich bist, Jule", seufzte er und blickte in den Himmel.
Er sah wehleidig aus.

"Ich auch", gab ich zurück. Wusste nicht so recht, was ich antworten sollte.
"Ich hoffe, ich habe irgendwann das gleiche Glück wie du", fuhr er fort.
"Da bin ich mir ganz sicher, Erling. Du wirst jemanden finden.", versuchte ich ihn weiter aufzubauen.
Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Schulter, was ihm dazu verleitete mich anzusehen.
Er sah verzweifelt und traurig aus und wenn ich mich nicht irre, dann schimmerten auch ein paar Tränen in seinen blauen Augen.
Es tat mir leid, dass es ihn anscheinend so belastete und vor allem, dass es mir noch nie wirklich aufgefallen war und ich ihn immer mit meinem Liebeskram genervt hatte.
In Zukunft würde ich da definitiv mehr drauf achten müssen.

"Hey", sagte ich und zog ihn in meinen Arm," Irgendwo auf dieser Welt wartet deine große Liebe auf dich und wartet darauf,dass du kommst und sie findest."
Er lächelte etwas, löste sich aus meinen Armen und wischte sich die Tränen weg. "Danke Jule."
"Gerne", sagte ich und lächelte ihn aufbauend an," Hast du Lust ein bisschen in den Gemeinschaftsraum zu gehen? Die anderen sind bestimmt auch schon da und bauen Scheiße." "Okay, lass uns gehen", antwortete er schon deutlich besser gelaunt.
Wir gingen also in die unterste Etage in besagten Raum, wo auch schon Jude, Marco, Mats, Gio und ein paar andere Kollegen saßen.
"Wir dachten schon, ihr kommt gar nicht mehr ", kommentierte Mats unser Kommen.
Wortlos setzten wir uns zu ihnen.
Sie setzten ihre Unterhaltung über ihre Urlaubspläne in der Winterpause fort, die wohlgemerkt noch eine Weile hin war.
"Und wo wollte ihr so hin? Wieder Dubai?", fragte Mats an uns gewandt.
"Ich flieg zu meinen Eltern nach Norwegen", stieg Erl ein.
Nun waren alle Blicke auf mich gerichtet.
"Ja Kai und ich wie immer ne. Dubai.", antwortete ich auf ihre Frage.
Schon seit Jahren reiste ich wie viele Fußballer über Weihnachten und Sylvester nach Dubai.
"Wie geht es Kai eigentlich so?", erkundigte Jude sich.
"Gut. In ungefähr zwei Wochen kommt er ,da hat er eine Woche frei.", erklärte ich das, was ich meinem kleinen Bruder schon vor Kurzem erklärt hatte.




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