four

Kai

"Na wie geht's dir? Bei Jule wieder alles gut?", fragte Timo, während wir am nächsten Tag zusammen zum Trainingsplatz liefen. Ich nickte. "Er ist wieder aus dem Krankenhaus raus. War nur ne Gehirnerschütterung." "Du hast meine erste Frage nicht beantwortet", beharrte er und zerstörte somit meine Hoffnung, mit diesem Thema in Ruhe gelassen zu werden.
"Mir geht's auch gut", entgegnete ich, während ich mir einen Ball nahm und begann, ihn hochzuhalten.
Skeptisch sah Timo mich an, aber ich ignorierte ihn.
"Sicher?", fragte er und zog die Augenbrauen hoch.
"Ja,ganz sicher ", sagte ich und wendete mich von ihm ab, als Thomas uns zusammenrief.

Ich war froh darüber, dass ich der Unterhaltung mit Timo so entfliehen konnte.
Ich hasste es, mit ihm darüber zu reden.  
Timo meinte es nur gut, das wusste ich, aber dennoch redete ich nicht gern über meine Gefühle.
Mir war klar, dass es nicht gut für mich war, aber ich gehörte nun mal zu der Art von Menschen, die gerne alles in sich hinein fraßen.

Das war es auch, was Jule und mich hauptsächlich voneinander unterschied.
Während der Ältere mit anderen offen über seine Sorgen und Probleme reden konnte, fiel mir das schwer.
Ich verbarrikadierte mich lieber in meinem Haus und ließ niemanden an mich heran oder setzte meine perfekt gebügelte Miene auf, die keinem einen Anlass zum Zweifeln gab.
Abgesehen von Timo, von dem ich noch immer glaubte, dass Jule vor meinem Wechsel nach London mit ihm darüber gesprochen und ihm aufgetragen hatte, ein Auge auf mich zu haben und diesen Job nahm er sehr ernst.

"Ey Kai,hast du Bock auf ne Runde Fifa und ein Bier bei mir?", fragte Mason nach dem Training. "Warum nicht?"
"In einer Stunde?", schlug er grinsend vor.
"Jo, kommt noch jemand?", fragte ich und schloss mein Auto auf.
"Reiche ich dir nicht?", lachte er ironisch auf.
"Hahahaha"
"Nein ich dachte einfach mal ein entspannten Nachmittag unter Brüdern.", beantwortete er meine Frage.
Ich nickte,bevor ich mit ihm abklatschte ,in mein Auto stieg und mich auf den Weg nach Hause machte.

Zu Hause angekommen brachte ich erstmal meine Wohnung etwas auf Vordermann,so kommt doch viel zusammen,wenn man mal zwei Tag nicht zu Hause ist.Staubsaugen,Wäsche machen und und und.
Danach schreckte ich mein Handy,stöberte etwas durch Insta, als ich gerade eine Nachricht von Jule bekam,der mich fragte, ob wir heute Abend facetimen wollen.
Schnell formulierte ich eine kurze Antwort, in der ich ihm schrieb, dass ich noch zu Mase fahren würde und wir gerne danach telefonieren konnten.
Eifersucht war in unserer Beziehung nie so ein riesen Thema gewesen, worum ich mehr als nur froh war. Wir beide waren mit anderen Leuten befreundet und verstanden uns auch habt gut mit den Freunden des jeweils anderen. Wir waren aber auch nicht eifersüchtig, wenn einer sich mal alleine mit jemandem anders treffen möchte.
Es war für uns normal und in unseren Augen auch wichtig, dass wir nicht nur mit den gleichen Leuten befreundet waren.

"Schön,dass du mich auch mal reinlässt", feixte ich Mason, nachdem ich geschlagene zehn Minuten vor seiner Tür warten musste.
"Ja sorry, ich hab die Klingel erst nicht gehört,war noch unter der Dusche", rechtfertigte er sich außer Atem.
"Ja das sehe ich". Ich deutete auf seine noch nassen Haare.
"Willst du was essen?", fragte er, nachdem wir ins Wohnzimmer getreten waren und es uns gemütlich gemacht hatten.
"Was hast du denn so da?", fragte ich, während ich mir mein Bier aufmachte.
"Tiefkühlpizza?"
Ich musste lachen. "Schon mal was von Ernährungsplan gehört?", fragte ich belustigt.
"Ausnahmen bestätigen die Regel", antwortete er locker und verließ das Wohnzimmer.
Ich bereitete in der Zwischenzeit schon mal alles für das Fifa-Spiel vor und suchte meine Mannschaft aus.
Mase hatte so eine komische Obsession mit deutschen Sprichwörtern; warum auch immer.
Es war auf jeden Fall immer ganz lustig, wenn er selbstsicher mit einem deutschen Sprichwort kommentierte, welches eigentlich total anders war, und sich damit im ganzen Team zum Affen machte.
Mason halt...

"Sag mal Kai, was isn los bei dir? Du hast jetzt schon zum vierten Mal in Folge verloren.", lachte Mason mich aus, während triumphierend  seinen vierten Sieg feierte.
"Jajaja, beim nächsten Mal gewinne ich."
"Wie sagt man bei euch in Deutschland? Pech im Spiel,Glück in der Familie?", fragte er und ich wunderte mich, woher er das schon wieder hatte.
"Liebe, Mase, Glück in der Liebe", korrigierte ich ihn amüsiert," Woher hast du dieses Sprichwort denn jetzt schon wieder?"
"Tja, hab halt so meine Quellen."
"Aha. Naja is ja auch egal, lass uns noch ne letzte Runde spielen. Ich muss dann auch bald los."

Todmüde ließ ich mich ins mein Bett fallen. Mit mir konnte man heute echt nichts mehr anfangen. Jule und ich haben noch zwei Stunden telefoniert und ich habe es wirklich mehr als genossen. Von unserem Streit war nichts mehr zu spüren. Etwas,das mich erleichtert hat. 
Morgen würde Julian nochmal eine Nachuntersuchung haben und wenn alles gut war übermorgen wieder ins Training einsteigen können.
Ich hoffte einfach so sehr, dass er wirklich bald wieder spielen konnte.
Es gab nichts Schlimmeres, als verletzt zu Hause zu sitzen und seiner Mannschaft über den Fernseher zugucken zu müssen.

Julian

Ungeduldig wartete ich darauf, dass Markus mir mitteilte, ob und wann ich wieder trainieren durfte. Die letzten Tage, in denen ich es nicht durfte, waren einfach langweilig. Ich hatte so ziemlich nichts zu tun. Den ganzen Tag habe ich mir mit Serien, kochen und nochmal Serien vertrieben.
"Das sieht alles gut aus Julian. Du darfst morgen wieder ran", sagte Markus und entlockte mir damit ein Lächeln.
"Echt?", fragte ich, woraufhin er nickte.
"Echt "
"Danke, Markus", bedankte ich mich, stand auf und gab ihm die Hand.
Am liebsten hätte ich ihn vor lauter Freude umarmt, aber zum Glück hielt mich irgendwas dann doch davon ab.
Alles andere wäre auch echt peinlich geworden.
"Nicht dafür", winkte er ab.

"Hey Jule", rief mir Erling, der gerade auf dem Weg zum Trainingsplatz war,auf dem Flur zu.
"Hey Erl", lächelte ich.
"Na, was hat der Doc gesagt?", erkundigte er sich und legte brüderlich einen Arm um mich. Ich zeigte einen Daumen nach oben.
"Ich darf morgen wieder trainieren, zwar noch nicht volles Pensum aber immerhin", beantwortete ich seine Frage mit breitem Lächeln im Gesicht.
Das würde ich jetzt wahrscheinlich den ganzen Tag mit mir rumtragen.
"Wahre Worte. Kommst du noch mit und schaust uns zu?"
Eigentlich hatte ich einen anderen Plan, entschied mich aber spontan um.
"Warum nicht?"
So gingen wir zusammen auf den Platz, wo ich wieder von allen Kollegen begrüßt wurde.
Während sie alle begannen, sich aufzuwärmen , nahm ich auf der Bank Platz und beobachtete sie beim Schwitzen.
Ehrlich gesagt war das auch mal ganz schön...

"Das mit dem Elfmeterschießen klappt heute nicht so bei dir, oder Mo?", neckte ich meinen Freund während der Trinkpause ,der heute einen Elfmeter nach dem anderen verschossen hatte.
"Jaja, halt du deine Klappe, ich habe ja wenigstens trainiert." Er nahm einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche und spritzte mich dann mit dem Wasser aus der Flasche nass. "Hey", empörte ich mich. Doch bevor unsere Kabbelei ausarten konnte, wurden wir unterbrochen.
 War vielleicht auch besser so; sonst wäre noch einer umgekommen...

"Männer herkommen,wir machen weiter.", kam es vom Trainer.
Auf dem Weg zum Trainer stolperte Mo um seine eigenen Füße und küsste daraufhin den Rasen. Ich bekam mich vor Lachen nicht mehr ein und rief ihm ein " Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott gleich" zu, woraufhin er mir beleidigt den Mittelfinger zeigte.
Erneut musste ich lachen, weil der Trainer ihn zurecht wies, sich wenigstens im Training zu benehmen.
"Gehen wir noch was Essen?", fragte Erl nach dem Training.
"Wo willst du denn hin?", fragte ich interessiert.
essen klang gerade echt himmlisch, denn ich hatte heute Morgen verschlafen und nicht mehr als einen Apfel gefrühstückt.
"Keine Ahnung, Vapiano?"
"Ja das klingt gut", stimmte ich zu und wir verabredeten und vor dem besagten Restaurant.

"Also du kannst mir sagen was du willst, aber die haben die beste Pasta der Welt hier. Scheiß mal auf die ganzen Nobelitaliener hier.", sagte ich, nachdem ich mir die letzte Gabel in den Mund gestopft hatte.
 Lachend beobachtete Erling mich, aber mir entging nicht, dass er irgendwie ungeduldig wirkte.
 "Dann lass uns gehen,ich habe noch was vor."
"Uh, etwa ein Date?", fragte ich, neugierig wie ich nun mal war, nach.
Kurzzeitig wirkte er verletzt, antwortete mir dann aber doch.
"Nicht ganz, ich wollte gleich noch mit meiner Schwester skypen."

'Und?', las ich später Kais Nachricht auf meinem Handy.
'Morgen geht es wieder los',antwortete ich und fügte noch einen Partyemoji dazu, der meine Freude und Erleichterung, dass es nicht doch etwas Schlimmeres war, nicht ansatzweise beschreiben konnte,
'Yess.' war die prompte  Antwort aus London.
'Viel Spaß morgen im Training, hau sie alle um', ergänzte er.
Ich musste lächeln über seinen Motivationsspruch; das war eben Kai.
'Ich werde mein Bestes geben'
'So und nicht anders' schrieb er,' telefonieren wir morgen früh?So um 9:00 Uhr?' 
'Das nennst du früh? Aber ja können wir gerne machen '
'Gut,dann bis morgen, Engel. Schlaf gut'
'Du auch, ich liebe dich.'
Auf diese Nachricht bekam ich keine Antwort mehr, sicher war wieder er eingeschlafen.
So war es öfter; Kai schlief einfach mitten in Telefonaten oder auch wenn wir miteinander schrieben ein.
Dabei war ich derjenige, der viel und gerne schlief.
Aber ich beschwere mich nicht; es hatte auch immer wieder was Schönes, beruhigendes Kai beim Schlafen zu beobachten.

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