Kapitel Zweiunddreißig -Zweiundvierzigster Tag-

Beth's P.O.V.

Ich stand vor Lukes Tür und traute mich einfach nicht zu klingeln. Sicher sind schon zehn Minuten seit meiner Ankunft vergangen, aber ich stand wie festgefroren hier. Nichts würde das kommende Gespräch einfacher machen. Es war nicht zu erahnen, wie Luke reagieren würde. Ich wollte ihn auf keinen Fall weinen sehen, aber was, wenn genau das passieren würde? Gerade als ich den Mut fasste zu klingeln, ging die Tür schon auf. "Willst du dann vielleicht mal rein kommen? Luke sah mich belustigt an. Hatte er mich etwa beobachtet? Schweigend ging ich an ihm vorbei. Wir setzten uns auf die Couch im Wohnzimmer. Die Stille zwischen uns wurde nicht unterbrochen. Sie war nicht angenehm, aber besser als das Gespräch, das folgen würde. "Ist alles okay mit dir? Ich mach mir langsam Sorgen, wenn du mich so anschweigst." Ich sah Luke gequält an und hoffte, das er es verstehen würde. "Okay. Das sieht gar nicht gut aus. Hab ich was gemacht?" Oh Gott. Ich konnte das nicht. Nicht wenn er davon ausging, das ich nichts falsch gemacht habe. Wieso musste er nur so sein. Er war viel zu gut für mich.  


"Ich muss dir etwas erzählen." Er schaute mich mit großen Augen an. Er konnte sich sicher denken, was ich gleich sagen würde. "Freitag habe ich nicht bei Jamie übernachtet, weil ich so fertig war. Nachdem ich dich nicht mehr finden konnte ist Ashton zu mir gekommen." Ich schaute ihn kurz an, aber konnte keine Regung erkennen. Sicher wusste er, was ich sagen wollte, aber er wollte es von mir hören. "Wir haben geredet und getanzt und er hat immer wieder Andeutungen gemacht. Ich kann auch nicht sagen, das ich von ihm abgeneigt war. Da sind immer noch Gefühle für ihn und die sind in diesem Moment wiedergekommen. Also haben wir uns geküsst. In dem Moment hat es sich gut angefühlt. Wir haben immer mehr getrunken und uns dann ein Zimmer gesucht." Mir liefen schon die ersten Tränen über die Wange, aber Luke zeigte immer noch keine Reaktion. "Ich habe mit Ashton geschlafen, Luke. Es tut mir so leid. Es war ein riesiger Fehler und ich wollte dir das nicht antun. Bitte sag etwas. Bitte Luke." Er sah mich eine Weile schweigend an, bevor er laut ausatmete. "Es ist okay. Ehrlich gesagt bin ich sogar froh, dass du es getan hast. Das bestätigt nur meine Vermutung." "Was? Welche Vermutung?" Total verwirrt und sprachlos blickte ich Luke an. Wie konnte das denn okay sein? Ich hatte ihn betrogen. Warum interessierte ihn das nicht?


"Ich hatte in den letzten zwei Tagen eher das Gefühl, das wir freundschaftlich miteinander umgingen. Wie gute Freunde das eben so machten. Ich hatte auch nicht das verlangen, dich zu küssen oder dir näher zukommen. Aber ich hatte Angst, das es dir anders gehen würde. Jetzt weiß ich aber, dass es dir genauso geht." Erleichtert atmete ich aus. Luke fühlte es also auch. Da war bloß Freundschaft zwischen und und nichts weiter. "Ich meine, es ist trotzdem komisch, dass du mit einem meiner besten Freunde geschlafen hast, aber ich werde drüber hinwegkommen." Er öffnete sich ein Bier und schaute mich gelassen an. "Ich meine, wir haben beide Fehler in dieser Nacht begangen." "Was meinst du?" "Calum hat mich mit einem Taxi nach Hause geschickt. Während der Fahrt hat Lexi mir geschrieben und ich hab sie zu mir eingeladen. Sie hat die Nacht bei mir verbracht." Luke sagte es, als wäre es das normalste der Welt. Hier war ich und fühlte mich elendig, weil ich ihn betrogen hatte und ihn schien es nicht einmal zu interessieren. "Das ist doch nicht dein Ernst?" Luke zog eine Augenbraue nach oben. "Wieso? Du hast doch genau das Gleiche gemacht." Die Wut loderte in mir auf. "Mit Lexi? Wieso ausgerechnet mit Lexi. Nach allem was sie mir angetan hatte? Ich fasse es nicht!" Wütend stand ich auf und wollte gehen, als Luke nach meiner Hand griff. Aus Reflex verpasste ich ihm eine Ohrfeige und blickte ihn kurz darauf erschrocken an. Luke ging es ähnlich, aber darauf konnte ich jetzt keinen Wert legen. So schnell es ging verließ ich sein Haus und wollte bloß noch weg.


Mein Weg führte mich in einen nahegelegenen Park. Dort ließ ich mich auf einer Bank nieder und versuchte nicht zu weinen. Wieso musste Luke ausgerechnet mit Lexi schlafen? Theoretisch waren wir da noch zusammen und er musste sich gerade Lexi aussuchen? Ich brauchte nun wirklich jemanden zum reden. Deshalb schrieb ich Calum, ob er sich mit mir treffen könnte. Ich hoffte so sehr, er würde zusagen. 


*


Mittlerweile war schon eine Stunde vergangen und Calum hatte immer noch nicht auf meinen Text geantwortet. Er würde nicht kommen und ich wusste nicht was ich machen sollte. Noch nie hatte ich mich so einsam gefühlt. Mein Leben ging immer weiter den Bach runter und ich schien es alleine einfach nicht mehr in den Griff zu bekommen. Gerade als ich gehen wollte, bekam ich doch noch eine Nachricht von Calum. Er meinte, er würde in ein paar Minuten da sein. Also schaute ich mich immer wieder nach ihm um. Dann sah ich ihn endlich. Besorgt kam er auf mich zu. Er musste sehen können, dass es mir nicht gut ging. "Was ist denn mit dir passiert?" Calum setzte sich neben mich und nahm mich erst einmal in den Arm. Verzweifelt klammerte ich mich an ihn und würde ihn am liebsten nicht mehr loslassen. "Luke hat mit Lexi geschlafen.", platzte es plötzlich aus mir raus. Calum ließ mich los und schaute mich verwundert an. "Wann?" "Nach Jamies Party. Er hat es mir erzählt, nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich mit Ashton geschlafen hatte, aber Luke und ich sind bloß Freund. Trotzdem musste er mit Lexi schlafen. Warum ausgerechnet Lexi?" "Du hast mit Ashton geschlafen?" "Ja.", gab ich schuldbewusst zu. "Wieso?" "Er hat angefangen. Nachdem Luke weg war, kam er auf mich zu und hat immer wieder diese Andeutungen gemacht und dann haben wir uns geküsst und dann war es auch schon passiert." "So etwas passiert doch nicht einfach!" Calum war nun auch deutlich aufgebracht. Wahrscheinlich machte er sich Sorgen über Ashtons Wohlergehen. 


"Ich kann doch nichts dafür, dass ich Gefühle für ihn habe. Die sind nie weggegangen. Das mit Luke hat deshalb auch nicht funktioniert. Und weil wir beide bloß freundschaftliche Gefühle für einander haben." Calum schaute mich genervt an. "Kann dir nicht endlich klar werden was du willst? Mal ist es Ashton, mal jemand anderes. So kannst du doch nicht mit anderen Leuten umgehen. Die haben schließlich auch Gefühle. Ist das vielleicht der Grund für deinen Streit mit Ashton? Existiert der jetzt überhaupt noch?" In diesem Moment realisierte ich, dass ich keine Ahnung hatte. War Ashton noch sauer wegen der Wette oder hatte er mir verziehen? Ich hatte zwar keine Antwort auf diese Frage, aber wusste, das ich Calum die Wahrheit sagen musste. "Calum?" Er schaute mich fragend an. "Ich muss dir etwas erzählen. Ich weiß nicht wie du im Nachhinein über mich denken wirst, aber ich will nur das du weißt, dass es nie so geplant war. Ich hab das nie so gewollt. Es ist einfach alles schief gelaufen. Bitte hass mich nicht." "Ich könnte dich nie hassen, Beth." Ein letztes Mal schaute ich in seine braunen Augen, bevor ich ihm von der Wette erzählte. 


*


Ich konnte ihn nicht mehr anschauen. Seinen eiskalten Blick konnte ich nicht mehr ertragen. Es ist wahr, ein Blick sagt mehr als tausend Worte. Calum hatte gelogen, er hasste mich doch. Ich konnte es ihm nicht einmal verübeln. Nach allem was ich getan hatte, war das die logische Konsequenz. "Ich weiß nicht einmal mehr wer du bist. Du bist nicht die Person, die ich einst als meine beste Freundin bezeichnet habe. Du bist ein gefühlloses Monster. Ich wünschte ich müsste dich nie wieder sehen. Halt dich von mir und meinen Freunden fern. Du bist für mich gestorben, Beth Gilbert." Damit stand er auf und verließ mich. Ich weinte schon, seit ich Calum von der Wette erzählte. Ich war so verzweifelt und wusste nicht, wo ich nach einem Anhaltspunkt suchen sollte. Dieses Mal habe ich ihn wirklich verloren - für immer. Das schlimmste war, dass ich es alleine mir zuzuschreiben hatte. Ich musste es wenigstens wieder in Ordnung bringen. Ich musste auch den anderen von der Wette erzählen. Sie hatten auch die Wahrheit verdient. Calum hatte recht, ich war ein Monster. Die anderen mussten das auch erkennen, bevor ich sie noch verletzen würde. Also bat ich alle, mich später zu treffen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich auf dieses Treffen vorbereiten sollte. Möglicherweise würde ich alle meine Freunde verlieren. Jedoch war es zu spät, um umzukehren. 


*


Es waren alle gekommen. Sogar Ashton, Luke und Calum. Ashton saß bei Calum und Lola. Keiner der drei schaute mich an. Lola wusste es sicherlich auch schon. Calum musste es ihr einfach erzählt haben. Anna, Jenna und Michael hingegen hatten keine Ahnung. Auch Luke wusste nicht was los war. "Beth, wieso sind wir hier? Was ist denn los?" "Wenn es um heute Mittag ging, hätten wir das auch morgen klären können." Nun schauten alle Luke an. "Beth hat es dir erzählt?" Fragend schaute Ashton einen seiner besten Freunde an. Luke nickte nur. "Aber bevor ihr schlecht von ihr denkt, wir haben beide einen Fehler gemacht und erkannt, das wir besser dran sind, wenn wir befreundet bleiben." Die anderen schienen zu verstehen, was Luke damit sagen wollte. "Darum geht es aber nicht. Es ist an der Zeit euch zu erzählen, was zwischen Ashton und mir vorgefallen ist." Alle, die es noch nicht wussten, schauten mich verwundert an. "Es ist alleine meine Schuld gewesen und ich kann verstehen, wenn ihr danach nichts mehr mit mir zu tun haben wollt. Ich will nur, dass ihr vorher wisst, dass ich es nicht so gewollt habe. Es sollte alles anders verlaufen und ich wollte Ashton nie verletzen." Nun schienen sie alle umso verwirrter zu sein. Außer natürlich Calum und Ashton. Selbst Lola wirkte ein wenig verwundert. Zum zweiten Mal an diesem Tag, würde ich nun also die Wette erzählen. 


*


Alle, außer Ashton, waren gegangen. Sie hatten ähnlich wie Calum reagiert und wollten mich vorerst nicht mehr sehen. Ich habe es nicht anders erwartet, geschweige denn verdient. Jemand wie ich, sollte auch alleine sein. So ist es am besten. "Das war wirklich mutig von dir. An deiner Stelle hätte ich es ihnen nicht erzählt." "Ich musste es loswerden. Es hat mich zerrissen." "Es tut mir leid, dass du sie nun alle verloren hast. Aber ich kann auch nicht sagen, dass ich es dir nicht auch gönne. Immerhin ist jeder selber für seine Taten verantwortlich. Trotzdem hoffe ich, dass sie dir irgendwann vergeben können." Damit ging auch Ashton und ließ mich alleine. Ich war ihm für seine Worte nicht böse. Ich konnte es sogar nachvollziehen. Schließlich hatte ich ihm das alles angetan. An seiner Stelle hätte ich es unserer Gruppe sofort erzählt. Im Endeffekt war ich ihm also dankbar. Dankbar dafür, das er geschwiegen hatte. 


Doch trotzdem fühlte ich mich nicht gut. Ich fühlte mich verloren. Als wäre alles um mich herum nur noch eine schwarze, gähnende Leere. Jeglicher Anhaltspunkt ist verloren gegangen und es gab nichts mehr. Ich wusste nicht, wie ich mit diesem Gefühl leben sollte. Ich konnte nur hoffen das es erträglicher wurde. Nicht das es mich großartig interessieren würde, denn wirklich fühlen tat ich nichts mehr. Da war nur noch diese Hülle, die einst Ich gewesen war. Beth Gilbert existierte nicht mehr. Nur noch diese Gestalt, die sie einst war. Ich war ein Nichts. Ohne meine Freunde hatte ich keinen Grund für Gefühle mehr. Auch wenn manche noch hoffen würden, so wusste ich, das sie mir nicht vergeben würden. Wer könnte das auch? Was ich getan hatte, war unverzeihlich. Das schlimmste war, dass Lexi alles erreicht hatte. Sie hatte mir meine Freunde genommen und die Person, die ich liebte. Sie konnte sich also endlich glücklich schätzen. An mir würde sie sich nicht mehr erfreuen können. Es gab nichts mehr, was sie mir antun könnte. Und selbst wenn es etwas geben sollte, es würde mich nicht interessieren.

___________________

Na, habt ihr damit gerechnet? Ich weiß, das war alles ein bisschen dramatisch. Ich fand es aber gut. Schließlich war es endlich Zeit für die Wahrheit. Außerdem war es doch absehbar, dass das mit Luke nichts wird oder? Schließlich ist sie immer noch in Ashton verliebt. Aber was haltet ihr von dem Kapitel? Schreibt es doch in die Kommentare. xx

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top