15. Hold Me Tight


‚Everything feels cold and I'm even scared of the clear sky

If you're not here, I'm just a corpse, so how can I breathe?

It hurts, I'm always cry cry cry

I'm going crazy, exhausted without you

I think of you without stopping

I hate it all, I hate every single day

It makes me cry'


Jungkook

Jungkook war einfach nur vollends erschöpft. Die Konzerte, Proben und Interviews hatten jegliche Kraft aus seinem eigentlich robusten Körper gezogen. Doch am meisten zehrten die schlaflosen Nächte an ihm, welcher deshalb gar nicht mehr richtig zur Ruhe kam. Immer dachte er an Taehyung, an seinen besten Freund, den er durch seine unüberlegte Reaktion einfach verloren hatte. Plötzlich war er weg. Jungkook hatte sich gestern fest dazu entschlossen mit Taehyung zu reden, doch er hatte es bis jetzt noch nicht geschafft über seinen Schatten zu springen und an Taehyungs Tür zu klopfen.

So auch jetzt. Sich kaum wirklich auf den Beinen halten könnend, lehnte er gedankenverloren an dem kalten Türrahmen. Mit der linken Hand klammerte er sich Halt suchend daran fest, die Rechte baumelte einfach schlapp an seinem Körper herunter. Alles in allem wäre wohl jeder bei diesem Anblick sofort mit ihm ins nächste Krankenhaus gefahren. Doch es war niemand hier. Natürlich hatten die anderen sich schon Sorgen gemacht und auch heute bei dem Konzert hatte RM versucht, den Schwarzhaarigen davon zu überzeugen sich nicht zu verausgaben. Doch was sollte Jungkook machen? Im Moment waren die Konzerte und die Zeit mit den Fans das einzige, was ihm wenigstens ein bisschen die Last von seinen Schultern nahm und ihn zumindest für eine Sekunde die Sache mit Taehyung vergessen ließ.

Aber jetzt ging es ihm einfach nur noch schlechter. Er musste das ein für alle Mal klären, um sein Gewissen zu bereinigen und endlich wieder schlafen zu können. Ansonsten würde er wohlmöglich wirklich im Krankenhaus landen. Und das wollte der Jüngste ganz bestimmt nicht, schließlich wollte er die Fans glücklich machen. Niemals würde er es sich verzeihen können, bei einem Konzert zu fehlen.

Sollte er jetzt wirklich anklopfen? Müde schüttelte er den Kopf, um alle Zweifel über Bord zu werfen. Langsam hob er seine rechte Hand an, drückte sich etwas vom Türrahmen weg und legte diese sachte an das Holz. Kurz bevor er zum Klopfen ansetzte, wurde die Tür doch plötzlich mit einem Ruck aufgerissen. In der Tür stand Taehyung. Sein Gesicht war ausdrucklos. Dunkle Augenringe prangten unter seinen Lidern und die Wangen waren leicht eingefallen. Jungkook ließ seine Augen weiter an dem Jungen herunter wandern. Der Ältere trug ein weißes T-Shirt, durch welches man seine schon hervorstehenden Rippen sehen konnte. Man sah ihm einfach an, dass er unter der ganzen Situation wohl genauso leiden musste wie Jungkook.

Bei dem Anblick hatte es auch nichts gebracht, die vorigen Zweifel und Schuldgefühle vergessen zu wollen, denn jetzt überfluteten diese Jungkooks Körper wie ein riesiger Tsunami. Auf einmal empfand er nur noch mehr Schuld. Wie konnte er seinen besten Freund nur so leiden lassen?

„Jungkook, was willst du hier?", riss es ihn dann plötzlich aus seinen Gedanken. Taehyung blickte ihn mit einem mehr als abschätzigen Blick an. Der Jüngere ließ seinen Kopf wieder hochwandern bis er seinem Gegenüber in die Augen blickte. Doch diese waren nicht nur voller Abschaum, nein, er konnte auch sehr viel Traurigkeit und noch etwas anderes darin erkennen. Nur was, das wusste er nicht genau.

„Wenn du nichts zu sagen hast, dann schließe ich die Tür jetzt wieder", ertönte die dunkle Stimme erneut und Taehyung war bereits drauf und dran die Türklinke zu ergreifen. „Nein, warte!", prustete Jungkook jetzt heraus. Hastig hob er seine Hände an, um Taehyung zu signalisieren, dass er ihn doch wenigstens anhören soll. „Tae...", fing der Schwarzhaarige schüchtern an. „Was?", unterbrach ihn sein Freund wieder harsch. „Tae ich..." „Jungkook du verschwendest meine Zeit", stöhnte Taehyung genervt auf und begann die Tür zu schließen. Kurz bevor das Holz mit einem lauten Knall vor Jungkook ins Schloss fiel, stellte dieser seinen Fuß zwischen Tür und Rahmen. „Nein, Taehyung! Hör mich wenigstens an!", schluchzte er nun auf, denn die kalte Art Taehyungs hatte ihm bereits die ersten Tränen in die Augen gebahnt. Mit seiner letzten Kraft drückte er die Tür mit Schwung auf und stolperte in den Raum, an Taehyung vorbei. Wenige Meter hinter ihm machte er Halt, legte seine Hände an den Kopf und raufte sich durch die sowieso schon zerzausten Haare. Mit einem Mal drehte er sich wieder zu Taehyung herum. Die Tränen strömten über seine Wangen. „Taehyung, ich kann das so nicht mehr. Ich weiß, ich habe mega Mist gebaut. Es tut mir so leid! Ich hätte niemals so reagieren dürfen. Also ja, du kannst mich für ein riesengroßes Arschloch halten, aber ich vermissen dich. Ich vermisse meinen Besten Freund. Ich kann seit Tagen nicht schlafen, ich...ich kann einfach nicht mehr." Bei den letzten Worten brach seine Stimme. Schnell vergrub er sein verheultes Gesicht in seinen Händen.

Taehyung stand immer noch wie angewurzelt an seinem Fleck. Er wusste einfach nicht wie er reagieren sollte. Noch nie hatte er seinen Freund so fertig gesehen. Vorsichtig näherte er sich dem Schwarzhaarigen, welcher immer noch in seine Hände weinte. „Jungkook...", flüsterte er schon fast „komm, setz dich erstmal!" Dabei legte er sachte eine Hand an die Schulter des Jüngsten und schob ihn langsam in Richtung Bett. Dort angekommen ließ Jungkook sich im Schneidersitz auf die weiche Matratze sinken. Taehyung nahm mit etwas Abstand gegenüber von ihm Platz.

„Tae ich...", schluchzte Jungkook erneut auf. „Beruhige dich erstmal", redete der Ältere auf ihn ein. Nach ein paar Minuten, in denen keiner der beiden etwas gesagt hatte und nur Jungkooks wehmütiges Schluchzen durch das Zimmer schallte, konnte der Schwarzhaarige endlich wieder ein paar klare Gedanken fassen. „Taehyung, ich weiß, dass das von mir echt scheiße war. Ich hätte dich nicht so grob wegstoßen dürfen." Sein Kopf sank etwas herunter. „Nein, ich versteh das. Es war alles meine Schuld, ich hätte dich niemals einfach Küssen dürfen...ich dachte nur", den Rest des Satzes traute sich der Rothaarige nicht mehr auszusprechen. Zu groß war die Angst, erneut einen Stich im Herzen zu spüren. Doch Jungkook ließ seinen Kopf schnell wieder hoch wandern: „Was hattest du gedacht?" Seine Augen lagen bedächtig auf Taehyungs. Dieser schaute beschämt zur Seite.

„I-ich d-dachte, dass du vielleicht genauso empfindest wie ich, a-aber d-das habe ich wohl alles falsch gedeutet", eine einzelne Träne kullerte ihm die Wange herunter. Er wusste nicht wieso, aber dieser Anblick veranlasste Jungkook dazu, sich etwas näher an den Jungen heran zu setzen. Seine Hände lagen in seinem Schoß, genauso wie Taehyungs auch. Zögerlich ergriff er wieder das Wort, nicht genau wissend, was er überhaupt sagen sollte: „Ja Tae, da hast du recht. Es tut mir leid, aber das musst du wohl falsch gedeutet haben." Er hatte gedacht, nach diesen Worten würde es ihm besser gehen, da endlich Klarheit herrschte, doch das genaue Gegenteil trat ein. Sein Magen zog sich krampfhaft zusammen und in seiner Brust wurde es plötzlich ganz eng. Es schmerzte ihn, es schmerzte ihn diese Worte auszusprechen und er wusste einfach nicht wieso.

Nun war es Taehyung, der weinte. Jungkook rückte noch ein Stück näher an diesen heran. Sie waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Der Schwarzhaarige wusste nicht wieso er es tat. Er wusste nicht was ihn dazu antrieb. Das einzige was er wusste war, dass es sich für ihn richtig anfühlte, seine vorherige Aussage aber in keinem Fall bestärkte. Mit dem linken Daumen wischte er also sorgsam die Tränen aus Taehyungs Gesicht. Die Rechte ließ er langsam über die Matratze zu den Händen des Rotschopfs wandern. Seine Finger berührten bereits Taehyungs Fingerkuppen und ganz behutsam streichelte er weiter über die schlanken Finger bis zum Handrücken. Nun drehte er die Hand des Älteren in seine eigene und ergriff sie dann gänzlich. Dabei durchströmte ihn ein warmes Gefühl. Sofort stellten sich ihm alle Haare auf und in dem Moment, wo Taehyung ihn aus seinen verweinten, großen Augen anschaute, war ihm bewusst, dass seine folgenden Worte ihre Bedeutung komplett verlieren würden.

„Taehyung, ich kann keine Männer lieben. Es tut mir leid!" Jungkook drückte Taehyungs Hand in seiner einmal fest. Er hatte die Worte, welche er sich vorher zurecht gelegt hatte, ausgesprochen. Aber hatte er sie auch so gemeint? In ihm brodelte erneut ein Vulkan der Gefühle. Er hatte gehofft das Gespräch würde Klarheit bringen. Er hatte gehofft die Worte würden seine wirren Gedanken beruhigen. Er wollte es mit diesen Worten einfach kurz und schmerzlos hinter sich bringen. Doch jetzt hielt er hier die Hand seines besten Freundes und verspürte keine Sekunde die Absicht, diese jemals wieder loszulassen.

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