14. Durch die Nacht

I know I'm late but here is the new one :)

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‚Und ich kämpf' mich durch die Nacht
Hab keine Ahnung was du mit mir machst

Ich krieg dich nicht aus meinem Kopf und dabei will ich doch

Und ich kämpf' mich durch die Nacht
Bin unter Tränen wieder aufgewacht

Ich krieg dich nicht aus meinem Kopf und dabei muss ich doch'

Jungkook

Seit Tagen fand Jungkook keinen Schlaf. Die Woche in Oakland und Fort Worth verstrich wie im Fluge und an keinem Tag hatte er auch nur ein einziges Wort mit Taehyung geredet. Jede Nacht lag er wach, die Bilder des Kusses vor seinem inneren Auge aufblitzend. Von den Konzerten, Interviews und Fansigns total erschöpft, gelang es ihm trotzdem nie auch nur ein Auge zuzudrücken. Viel zu aufgewühlt war sein Geist.

Auch jetzt starrte er wieder mit offenen Augen Löcher in die Decke über seinem Bett. Er war zwar glücklich darüber, ein eigenes Hotelzimmer zu haben, aber er musste zugegeben, dass er seinen besten Freund unglaublich vermisste. Schon die Tage zuvor hatte sich in seinem Kopf so langsam ein schlechtes Gewissen aufgebaut. Denn seine Art, Taehyung hart von ihm zu stoßen, bereute er nun zutiefst. Nicht in dem Sinne, dass er den Kuss gerne vertieft hätte, nein das kam überhaupt nicht in Frage, sondern eher, dass er Taehyung wahrscheinlich zutiefst verletzt hatte. Er wusste nicht, dass der andere so für ihn empfand, aber er konnte sich vorstellen, dass es unglaublich schmerzen musste, wenn die eigenen Gefühle nicht erwidert werden.

Außerdem hatte er in den letzten Tagen immer wieder neben Taehyungs Hotelzimmer gestanden, vor der verschlossenen Tür. Er wusste selbst nicht wieso, aber er hatte andauernd das Bedürfnis in Taehyungs Nähe zu sein. Er konnte einfach nicht ohne ihn, was ihm nun nur noch mehr bewusst wurde. Doch nie fasste er den Mut anzuklopfen oder gar einzutreten. Immer stand er, den Kopf an dem fahlen Holz angelehnt, lauschend an der Tür und musste mit anhören wie der Rotschopf leise schluchzte. Schon bei dem Gedanken daran, wurde ihm plötzlich eisig kalt. Er fühlte sich, als hätte soeben jemand den Sommer gestohlen und ein erbitterter Winter hätte sich über seinen erschöpften Körper gelegt. Nie mehr würde er diese Töne vergessen. Sie klangen so schmerzvoll, so verzweifelt und zutiefst verletzt. In seiner Gegenwart hatte Taehyung noch nie geweint. Deshalb traf es ihn umso mehr, da es ja seine Schuld war. Er war an alle dem schuld. Er ganz allein war schuld daran, dass Taehyung auf der Bühne nicht ein einziges Mal ehrlich lachen konnte, dass er zu keiner Mahlzeit erschien und auch sonst eher wie ein Schatten, als wie ein lebender Mensch, umherwanderte.

Jungkook raufte sich einmal kräftig durch die Haare. Wie konnte es so weit kommen? Wie konnte es passieren, dass er nie gemerkt hat, dass Taehyung etwas für ihn empfand? Wie konnte er nur so blind sein? Er dachte immer, die beiden würden alles überstehen, jeden Niederschlag, jede Tiefe. Zusammen konnten sie alles schaffen, da war er sich sicher. Aber jetzt, jetzt war da nichts mehr. Es gab kein ‚Zusammen' mehr. Kein Taehyung an seiner Seite, der ihm Halt geben konnte. Niemand, der ihn tröstend in seine Arme schlang, wenn es ihm schlecht ging. Niemand der mit ihm die verrücktesten Gaming-Runden bestritt. Niemand, der mit ihm lachen konnte, bis der Bauch schmerzte. Plötzlich fühlte er sich so einsam. So allein.

Und dann flammte sie wieder auf. Die Szene von dem Kuss legte sich über seine Gedankenwelt. Er spürte sie, diese Aufregung, diese Wärme, welche sich augenblicklich über ihn gelegt hatte, als Taehyung seine Lippen mit den seinen verband. Er konnte meinen, erneut den leichten Druck auf seinen Lippen zu spüren und wie ihm ein warmer Schauer den Rücken herunterkrabbelte. Wie automatisiert legte der Schwarzhaarige seinen Zeigefinger sanft an seine Unterlippe und fuhr diese langsam entlang. Doch keine Sekunde später, ließ er hastig wieder von dieser ab und schüttelte den Kopf, um die Bilder loszuwerden.

So oft hatte er nun schon alles Revue passieren lassen. Und immer wieder stellte sich für ihn diese eine Frage: ‚Was wäre gewesen, wenn ich ihn nicht weggestoßen hätte?' Was wäre dann passiert? Er wollte diesen Kuss nicht, auf keinen Fall! Aber dieses Kribbeln, diese Hitze, irgendwie war es für ihn ein unbeschreibliches Gefühl gewesen. Zumal es nicht sein erster Kuss war. Natürlich hatte er früher schon einige Mädchen geküsst, doch nicht ein einziges Mal, hatte sein Körper so darauf reagiert. So etwas wie bei Tae, das hatte er noch nie gefühlt.

Doch immer, wenn er darüber nachdachte, kam er zu dem Schluss, dass es wohl an seiner allgemeinen Überforderung lag, er nicht wusste wie er reagieren sollte und es ihm einfach unangenehm war. Er würde doch niemals in seinem Leben einen Jungen küssen wollen. Es war nicht so, dass er etwas gegen Schwule hatte, aber er wollte davon lieber Abstand halten. Dass Taehyung schwul war, war kein Problem für ihn. Aber dass er es ihm nicht gesagt hatte, verletzte ihn schon sehr. Sonst vertrauten sie sich immer alles an. Und jetzt redeten sie nicht mal mehr miteinander, konnten sich nicht einmal in die Augen schauen.

Ruckartig setzte Jungkook sich auf. „Nein, dass konnte so nicht weiter gehen", dachte er sich stumm und schlug einmal mit der Faust kräftig auf seine Matratze. Er musste den Kuss aus seinem Gedächtnis löschen und einfach vergessen. Er wollte Taehyung als Freund zurück und da wäre es wohl das Beste, erstmal dieses Fauxpas zu vergessen und sich dann bei Taehyung zu entschuldigen. Ja, er würde morgen zu Taehyung gehen und mit ihm reden oder es zumindest versuchen, denn bei dem Gedanken daran, stellten sich ihm alle Haare zu Berge. Er hatte Angst davor, Angst davor es alles nur noch schlimmer zu machen, Angst davor dem Rothaarigen wieder unter die Augen zu treten und vor allem Angst davor, ihn erneut abzuweisen, ihn nochmals zu verletzen.

Sein Kopf fühlte sich immer schwerer an und an Schlaf brauchte er jetzt sowieso nicht mehr zu denken, weshalb er sich schnell ein paar Laufschuhe unterschnallte, das Hotel verließ und sich seinen Weg in die kalte Nachtluft bahnte. Er wollte einfach nur, dass alles wieder gut werden würde. Er wollte einfach nicht mehr an den Kuss denken, an Taehyungs weiche Lippen, an seine braunen Augen, in denen er sich so verloren hatte. Joggen hatte ihm schon immer dabei geholfen, einen klaren Kopf zu bekommen. Je länger er durch die Straßen lief, desto stärker redete er sich ein, dass er einfach nur seinen besten Freund zurückhaben wolle und sonst gar nichts. Vor allem wollte er diesen nicht küssen. Und dennoch brachte es nichts, seine Lungen beinahe zum zerbersten zu bringen und seine Beine bis zur Erschöpfung zu treiben. Denn letztendlich kribbelte es weiterhin unangenehm in seiner Magengrube und auch sein Herz pochte noch einen Tick schneller, als es vom Joggen sowieso schon tat. Denn er konnte ihn einfach nicht vergessen. Er konnte diesen verdammten Kuss einfach nicht aus seinen Erinnerungen löschen. Und je stärker er es versuchte, desto mehr brannte sich die Erinnerung wie eine Narbe unter seine Haut.

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