13. Fix You
‚And the tears come streaming down your face
When you lose something you can't replace
When you love someone but it goes to waste
Could it be worse?'
Taehyung
Sofort kam der kleine Junge auf ihn zu und ging neben dem Weinenden in die Hocke. „Tae, was ist los? Warum weinst du?", fragte Jimin erneut, ziemlich besorgt. Dabei legte er sachte eine Hand an Taehyungs Schulter. Taehyung ließ seinen besorgten Blick langsam etwas herauf gleiten, bis er schließlich direkt in Jimins besorgt glitzernde Augen schaute. Als er an diesen hängen blieb, sammelten sich nur noch mehr Tränen in seinen Guckern. Der Junge neben ihm hatte ihm Mut gemacht, mit seinen wahren Worten. Er hatte recht, denn mit Jungkook war er glücklich, immer, zu jedem Zeitpunkt. Doch jetzt hatte er das alles zerstört. Nicht Jungkook oder Jimin, nein, er ganz allein war schuld daran, dass er jetzt keinen besten Freund mehr hatte und sein Herz einen kleinen Riss bekam, der immer größer wurde und irgendwann den Lebensmuskel in zwei Teile reißen würde.
„Jimin...", schluchzte er bitterlich auf „ich hab' alles zerstört!" Und schon drehte er sich etwas von seinem Bandkollegen weg, nur um sein Gesicht wieder in seinen Händen zu vergraben und sein beschämendes Abbild zu verstecken. Doch Jimin, ließ das nicht zu. Er rückte etwas weiter vor den Jungen, legte seine beiden kleinen Hände an Taehyungs Handgelenke und zog diese dann vorsichtig von seiner Maske. „Taehyung, was ist denn passiert?", wieder versuchte er es mit der gleichen Frage. Kurze Zeit herrschte Stille und nur das leise Schluchzen, des Rotschopfs hallte über den verlassenen Flur. Doch schließlich sprudelten die Worte nur so aus Taehyungs Mund heraus: „Jimin, ich hab' alles zerstört, einfach alles! Ich hab' so eine Scheiße gebaut. Jetzt hasst Jungkook mich. Er hasst mich! In mir sieht er jetzt nur noch Abschaum, jemanden vor dem man sich ekelt. Und das alles nur, weil ich gottverdammt so ein egoistisches Arschloch bin!" Die letzten Worte schrie er nun schon fast, da sich unter seine endlose Traurigkeit mittlerweile Wut beimischte. Wut auf die ganze Situation, auf diese doofen Gefühle, aber vor allem auf sich selbst.
Sein Schluchzen versiegte langsam, denn von dem ganzen Weinen, wurde er zunehmend heiser. Der Blonde wusste nicht mehr so recht was er sagen sollte. Während er sich also die Worte in seinem Gehirn zusammensuchte, schlang er seine Arme kräftig um den erschöpften Körper seines Freundes. Unter dieser Geste erklang ein letztes Mal das wehleidige Wimmern Taehyungs. Danach hörte man nichts mehr und auch keine weitere Träne kullerte die Wangen herunter. Als hätte jemand dem Jungen all seine Emotionen und Gefühle genommen. Als wäre sein Körper nun eine Hülle ohne Füllung, ein Ozean ohne Wasser. Der Rothaarige wirkte einfach nur noch leer. Und als Jimin sich wieder etwas von ihm löste sowie in die, zuvor noch voller Trauer und Verzweiflung getränkten Augen blickte, sah er nichts mehr. Eine gähnende Leere machte sich in den Pupillen breit und die hellgraue Iris wurde von einer dunklen Färbung überschattet.
„Tae", reagierte Jimin schnell und rüttelte dabei an den Schultern seines Gegenübers „du kannst jetzt nicht aufgeben, ok? Du musst kämpfen!" Wie in Zeitlupe drehte der Größere seinen Kopf zu Jimin herüber, um ihn mit seinen geistlosen Augen zu fixieren. „Kämpfen?", lachte er belustigt auf „wofür denn Jimin?" Den Kleinen traf der Schlag. Er hatte schon vieles erlebt und so einige Krisen mit Taehyung durchgemacht, aber das hier überstieg alles. Er kannte den traurigen, den verzweifelten Tae, aber noch nie hatte er Bekanntschaft mit diesem hier gemacht. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt. Doch er wollte es weiter versuchen, denn er wusste, dass das hier nur ein Schutzschild war, den Taehyung sich gebaut hatte.
„Ich bitte dich Taehyung, hör mir zu", versuchte er es deshalb, schon mit einer deutlichen Verzweiflung in der Stimme. Zuerst dachte er, Taehyung würde ihn einfach ignorieren, doch dieser schenkte ihm doch tatsächlich seine volle Aufmerksamkeit. Jimin holte also einmal tief Luft: „Tae, was auch immer du gemacht hast", setzte er an, doch da wurde ihm schon harsch das Wort abgeschnitten. „Ich habe ihn geküsst, Jimin! Geküsst! Und dann hat er mich einfach weggestoßen, wie eine Fliege auf seinem Arm." Jimin schluckte schwer. Aber es hinderte ihn nicht daran, seine Rede fortzuführen: „Das ist doch egal, Tae! Mein Gott, dann hast du ihn eben geküsst. Wahrscheinlich war Jungkook auch einfach nur mit der Situation überfordert. Er wird sich schon wieder beruhigen. Aber du darfst das nicht einfach so wegwerfen." Eigentlich war Jimin noch nicht fertig, doch wieder mischte sich Taehyung ein: „Ja klar, weil es ja auch ach so normal ist, dass man von seinem besten Freund geküsst wird. Das ist doch verrückt, Jimin! Es wird nie wieder so sein wie es mal war."
Plötzlich ertönte eine weitere Stimme. Sie kam von etwas weiter hinten und die beiden, am Boden hockenden Freunde, ließen gleichzeitig ihre Köpfe ruckartig herumwandern. „Also ich kann euch erzählen wie es damals bei meinem besten Freund und mir abgelaufen ist, falls das hilft", kam es vorsichtig von der Person, die die beiden anderen schon fast vergessen hätten. Der Interviewer bewegte sich zögerlich auf die beiden zu. „Was willst du denn jetzt?", fauchte Taehyung den Mann unnötigerweise an. Sofort widmete Jimin ihn mit einem bösen Blick: „Hör auf Jonathan so anzuschreien und schenke ihm lieber dein Gehör!" Taehyungs Augen weiteten sich überrascht, da er nicht damit gerechnet hatte, das Jimin ihm so Paroli bieten würde.
Währenddessen nickte der Blonde dem Dunklen einmal aufmunternd zu. Dieser hatte inzwischen direkt vor den beiden seinen Platz eingenommen. „Ok", fing Jonathan dann an „bei mir war es denke ich genauso wie bei dir". „Was weißt du schon über mich", fauchte Taehyung erneut und erntete dafür einen kräftigen Faustschlag von Jimin gegen seinen Oberarm. Der Journalist ließ sich jedoch nicht beirren: „Ich war auch in meinen besten Freund verliebt...beziehungsweise habe ich dadurch gemerkt, dass ich schwul bin." Plötzlich legte sich ein Staunen auf Taehyungs Gesichtszüge. „Ich war also in ihn verliebt. Und ja wie sollte es anders sein, habe auch ich ihn irgendwann einfach geküsst, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Meine Gefühle gingen einfach mit mir durch und natürlich hatte ich Hoffnung, er würde diese erwidern. Doch alle Zeichen, die ich als Flirten gedeutet hatte, waren von ihm wohl immer nur brüderlich gemeint. Damals wurde auch ich von ihm weggestoßen, dabei fühlte ich mich so klein und so nutzlos. Doch als wir dann eine Woche später noch einmal darüber redeten, wurde mir bewusst, dass man Gefühle nicht erzwingen kann. Liebe kann man nicht einfach kaufen und aus dem Nichts herbeizaubern. Entweder ist sie da oder eben nicht. Aber eine über Jahre herangewachsene Freundschaft kann man so reifen lassen. Denn unsere Freundschaft war so innig und tief, dass wir diese Phase überstanden. Ich kämpfte am Anfang natürlich gegen den Schmerz an und es gab eine Zeit, in der wir Abstand voneinander hielten. Doch irgendwann fanden wir wieder zueinander und waren von da an viel stärker miteinander verbunden." Er legte eine kurze Pause ein. Taehyung hing ihm an den Lippen und lauschte jedem Wort.
„Also, wenn du und er wirklich über die ganzen Jahre so gut befreundet ward, dann werdet ihr das überstehen. Er wird sich beruhigen und deine Gefühle werden weniger werden, bis du dich gar nicht mehr daran erinnern kannst, dass du jemals so für diese Person empfunden hast." Erneut pausierte Jonathan für einen kurzen Moment. Nach einigen Sekunden sprach er jedoch weiter und den folgenden Worten verlieh er so viel Ausdruckstärke wie nur möglich: „Aber, es kann natürlich auch sein, dass eure Freundschaft das nicht übersteht. Denn manchmal wandelt diese sich dann doch um, in ein Gefühl, welches so viel tiefer und weiter geht als alles was ihr bisher kanntet. Manchmal ist es dann einfach da, wie ich eben schon gesagt habe. Plötzlich fühlt ihr, dass da mehr zwischen euch ist. Plötzlich spürt ihr dieses Kribbeln, sobald der andere den Raum betritt. Plötzlich fühlt sich euer Kopf wie leergefegt an und ihr könnt keinen klaren Gedanken mehr fassen, wenn der andere die Stimme erhebt. Plötzlich kribbelt es angenehm in eurer Magengrube und ihr fühlt euch, als würdet ihr Achterbahn fahren, wenn ihr euch flüchtig berührt. Du weißt eben nicht, was in deinem besten Freund vor geht. Vielleicht empfindet er genauso wie du, nur ist sich dessen nicht bewusst. Vielleicht will er dich genauso wie du ihn willst, aber traut sich aus bestimmten Gründen nicht diese Gefühle zuzulassen. Das einzige was ich dir also raten kann ist, abzuwarten. Sprich in ein oder zwei Wochen nochmal mit deinem Freund. Du brauchst keine Angst davor zu haben mit ihm über deine Gefühle zu sprechen, denn glaub mir, er wird dir gegenüber Verständnis zeigen. Überall wo Dunkelheit herrscht, gibt es auch Licht. Und ohne Dunkelheit würden wir das Licht nicht schätzen und uns daran erfreuen. In den dunkelsten Zeiten sollten wir deshalb für das Licht kämpfen. Egal was passiert, ob er dir nun erklären wird, dass deine Gefühle von ihm nicht erwidert werden oder er doch genauso empfindet wie du, es wird alles gut werden, daran glaube ich felsenfest." Damit beendete er seinen Vortrag.
In Taehyungs Kopf überschlugen sich die Gedanken, aber gleichzeitig legte sich eine bedächtige Ruhe über seine wirre Gefühlswelt. Er wusste nicht wieso, aber diesen Worten eines Mannes, den er nicht einmal kannte, schenkte er von dem Moment an so viel Bedeutung. Jimin hatte recht, er konnte jetzt nicht einfach aufgeben. Er musste kämpfen! Und selbst wenn nicht für die Liebe, dann wenigstens für die Freundschaft. Denn er wollte Jungkook auf keinen Fall gänzlich verlieren.
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