5. Tyler
Deprimiert saß ich am Küchentisch und spielte mit meinem Handy in der Hand herum. Mal drehte ich es in der Hand, mal auf dem Tisch, dann legte ich es weg und sah es an, ehe ich wieder damit herum spielte.
Ich überlegte, ob ich es tun sollte. Lion schreiben. Ich wollte es, aber der größere und mächtigere Teil von mir dachte rational und machte mir klar, dass das nicht ging.
Aber wenigstens mit ihm darüber reden sollte ich. Doch es schien ihm eigentlich klar zu sein, dass er darüber nicht reden durfte und da er eine Freundin hatte, ging ich mal nicht davon aus, dass er groß herumposaunen würde, es mit seinem Lehrer getrieben zu haben. Ich musste ihm vertrauen, ob ich das nun wollte oder nicht.
Erst nach mir kamen Anna und Julien nachhause, aber das zeitgleich. Sie erkannten sofort, dass etwas nicht stimmte.
„Wow, eigentlich dachte ich, dich schon beim Ficken zu stören, wenn wir heimkommen.", scherzte Julien. "Hab mir schon überlegt, wie ich mich dazuschleichen kann"
Anna streckte die Hand aus. „Gib mir meine 10 Euro"
Na super, sie hatten gewettet.
Julien verdrehte die Augen, gab Anna 10 Euro, ehe sie sich zu mir an den Tisch setzten.
„Was ist los? Hat dein Löwenbaby keine Zeit für dich?" Er zog einen Schmollmund und machte sich über mich lustig und den Namen, den ich Lion gegeben hatte.
Ich verzweifelte hier fast und mein bester Freund machte sich über mich lustig. Toll, oder?
Ich raufte mir die Haare und brummte frustriert. Am liebsten wollte ich es rausbrüllen, doch ich hatte Angst, es dadurch umso realer zu machen.
Anna hatte mehr Taktgefühl als Julien, sie bemerkte, dass mir nicht nach Spaßen zu mute war. „Was ist denn los?"
Ich sah sie an. Mein Blick sprach wohl Bände, denn sie blickte mich so an, als wüsste sie schon, dass es etwas sehr Unschönes kommen wurde.
„Ich habe heute Lion gesehen...", begann ich.
„Ist doch schön. Aber wieso hast du ich nicht mitgebracht? Also ich mag ihn. Er kocht guten Kaffee und er hießt heiß dabei a-"
Ich sah Julien genervt an und schlug dabei mit der Hand auf den Tisch. „Mann, er war im Klassenzimmer!"
Sein Blick war verwirrt, nachdem er wegen des Schlages leicht zusammengezuckt war und sein Grinsen verschwunden. „Ein Kollege?"
Ich schüttelte den Kopf. Das hätte ich vielleicht noch irgendwie regeln können, aber so wie es jetzt war, war es mein erster Instinkt, mich einfach zu verbuddeln.
„Ein Schüler?", hauchte Anna geschockt.
Ich nickte, sah sie unsicher an. „Er hat gesagt, er ist 22 und Fußballspieler. Ich... Was mache ich denn jetzt?" Hilfesuchend sah ich sie an.
„Hat er was verraten?" Julien war gehockt, doch nun auch in der Lage, ernster zu denken.
Ich schüttelte den Kopf. „Er hat eine Freundin und wirkt nicht wirklich wie ein Tratschmaul..."
„Lass mich raten, er ist der Bad Boy-Fucker-Typ", grinste Julien, so als machte ihn das nur noch attraktiver.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Würde ich ihn nicht kennen, dann würde ich ihn schon für ein wandelndes Klischee halten, aber ich weiß ja, dass er nicht so ist..."
„Klar", unterbrach mich Julien belustigt. „Ihr kennt euch 2 Tage und du weißt alles über ihn"
Ich sah ihn böse an und war Anna dankbar, dass sie einschritt. „Es bringt nichts, das jetzt auszudiskutieren. Halten wir uns an die Fakten. Ihr habt es getrieben und jetzt ist er dein Schüler. Aber bis gestern war er das ja noch nicht und wenn du es nicht mehr machst und ihn nur wie einen normalen Schüler behandelst, dann ist alles, was davor passiert ist, egal"
Ich nickte zustimmend. Zwar gab ich mich nach außen hin einverstanden, doch in mir sah es anders aus. Ich wollte das nicht. Er war nicht nur irgendein Schüler für mich. Genau das war der Grund, weshalb Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern verboten waren. Aber ich war gewissenhaft genug, meine Arbeit von meinem Gefühlsleben zu trennen. Ich würde ihn deshalb ganz bestimmt nicht bevorzugen. Und er war auch sicher nicht einer von denen, der sowas ausnutzte. Er wirkte eher so, als wolle er nicht, dass jemand von unserer Zeit erfuhr und das konnte meinetwegen auch gerne so sein.
Ich fand es einfach nur extrem schade, das alles nicht wiederholen zu können. Aber andererseits war vielleicht es auch ganz gut so. So lief ich schon nicht die Gefahr, John emotional zu betrügen. Das wollte ich auf keinen Fall. Wir führten unsere Beziehung so wie wir es taten, damit wir zusammen bleiben konnten, egal, was war. Aber eigentlich wusste ich, dass das mit uns schon lange aus war. Ich liebte ihn sehr, aber es war einfach nicht mehr dasselbe. Es lag auch nicht an der Zeit, die vergangen war oder den Veränderungen, die wir durchgemacht hatten... Es lag an mir.
An mir und daran, dass ich wieder wusste, wie es war, verliebt zu sein.
Okay, ich hatte nur 2 Tage mit Lion verbracht. Aber diese Zeit hatte ausgereicht. Und nun war ich total verschossen und hatte keine Ahnung, was ich dagegen tun sollte.
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