36. Lion

Matt und Tony können echt süß sein, wenn sie besorgt sind. Sie wollen mich nicht alleine lassen und schlafen daher heute bei mir. Mum findet es okay, denn sie vertraut Matt. Er und Tony dürfen meinetwegen im Bett schlafen, solange sie die Klamotten anbehalten und keine sexuellen Aktivitäten durchführen und ich nehme mir das Sofa.

Ich will nicht in dem Bett schlafen, in dem ich die letzte Nacht noch zusammen mit Tyler gelegen habe. In dem er mich festgehalten und mir versprochen hat, dass er nichts und niemanden zwischen uns kommen lassen wird.

Matt ist ein bisschen sauer auf mich, weil ich ihm nicht schon vor Jahren, als ich wusste, dass ich schwul bin, Bescheid gesagt habe und auch nicht, als er seine Probleme mit Tony hatte, aber er weiß sehr gut, dass ich ihn grade mehr brauche als jemals zuvor und schiebt seine Wut auf mich daher krampfhaft zurück.



Morgens haben wir ein bisschen Zeitnot, weil wir alle drei uns die Bäder in dem Haus teilen müssen, aber weil Tony ein Auto hat und uns in die Schule fährt, ist das auch kein Problem.

Die beiden flankieren mich, als seien sie meine Bodyguards. Ich bin ihnen echt dankbar dafür, denn ich fühle mich so, als bräuchte ich ihren Schutz gerade mehr als alles andere.

Wir steuern unseren üblichen Platz an, aber Ace steht da schon lange. Er redet mit Lucy, sie diskutieren wild gestikulierend.

Als wir bei ihnen ankommen, gibt Lucy Ace gerade eine Ohrfeige.

Er sieht wütend zu mir und brüllt: „Da, frag ihn doch!"

Lucy schnaubt, dreht sich zu mir und sieht mich gereizt an. „Ace behauptet, du bist schwul. Schlag ihm bitte die Zähne aus"

Ich schlucke, sehe zu Tony und Matt.

Ihr aufmunterndes Nicken veranlasst mich dazu, seufzend zu meiner Freundin zu sehen. „Lucy, ich..."

Ihr Blick wird ganz schön böse, aber ich muss es ihr sagen. Sie hat es verdient, es zu wissen und vor allem, es von mir zu erfahren.

„Es tut mir Leid, okay? Aber ja, ich bin schwul und ich hatte was mit Tyler"

Sie sieht mich ungläubig an, ihr Mund klappt dabei auf. „Aber du.. Wir haben doch... wir haben doch miteinander geschlafen..."

Ich kann ihr jetzt nicht sagen, dass es die Hölle für mich war, Sex mit ihr zu haben, das würde alles nur schlimmer machen und ihre Gefühle unnötig verletzen. Das will ich nicht.

„Ich weiß und das war auch echt schön, aber das ist einfach nichts für mich."

Lucy schüttelt den Kopf. Sie ist ziemlich überfordert, das sieht man ihr an.

„Tut mir leid, Lucy", widerhole ich niedergeschlagen.

Sie hebt die Hand. „Ist okay, Lion... ich... ich versteh einfach nur nicht, wieso du ausgerechnet mich benutzen musstest, um das geheim zu halten. Ich dachte immer, ich bin dir viel einfach nicht hübsch genug, oder es wäre was falsch an mir..."

„Du bist perfekt, wirklich", sage ich zu ihr und streiche über ihre zarten Oberarme. „Und wenn ich bi oder hetero wäre, dann wärst du sicher die erste und einzige Frau, die ich lieben würde, aber ich kann einfach nicht mehr als Freundschaft für dich empfinden. Es tut mir leid, dass ich dich hintergangen und benutzt habe, dass ich dich angelogen habe und dir jezt so wehtun muss. Das tut es wirklich"

Schon wieder bekomme ich feuchte Augen.

Ich muss die ganze Zeit an Tyler denken. Ich kann es meistens ganz gut verdrängen, aber gerade, wo ich mit Luca Schlus mache, ist es noch schlimmer, an meine Trennung von Ty zu denken. Ich weiß, ich könnte einfach weiter lügen, aber ich kann nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr dazu.

„Ich weiß, Lion, ist schon gut" Lucy ist zwar sehr traurig und enttäuscht, aber trotzdem gibt sie mir einen sanften Kuss auf den Mund, um mich zu trösten.

Eine Träne entflieht mir. Sie streicht sie weg.

„Ich verzeihe dir." Sie lächelt, aber ich sehe, dass sie auch ganz glasige Augen hat.

Ich umarme sie, hauche: „Danke"

Es bedeutet mir echt verdammt viel, sie nicht als Freundin zu verlieren, denn obwohl sie sehr oberflächlich scheint, ist sie echt ein guter Mensch und ich habe sie sehr gerne.

Ich bin erleichtert, Lucy geht es auch relativ gut, der einzige, der alles andere als zufrieden ist, ist Ace. „Wollt ihr mich gerade verarschen?", knurrt er.

Ich lasse meine Ex-Freundin los, sehe Ace erschöpft an. „Was willst du denn jetzt noch? Das alles passiert doch nur wegen dir. Wieso reicht dir das nicht?"

Er presst die Lippen zusammen, als er Lucy ansieht. Jetzt reicht es mir mit ihm.

„Verdammt, sie steht halt einfach nicht auf dich! Nach allem, was du abgezogen hast, wundert dich das noch?!"

Lucy zuckt zusammen, weil ich so brülle, ein paar Leute schauen zu uns.

Wütend schnaubt Ace. „Ach ja? Aber wenn du ihr nicht gereicht hast, ist sie trotzdem zu mir gekommen und hast es sich von mir besorgen lassen wie von einem richtigen Mann und keiner scheiß Schwuchtel!"

Er hat es gesagt. Er hat mir das Wort eiskalt ins Gesicht gesagt. Und es gibt nichts mehr, das mich jetzt noch daran hintern würde, auszurasten.

Ich sehe das Blut an meiner Faust schon, bevor ich richtig wahrnehme, dass ich ihm ins Gesicht schlage. Bevor ich ihm mehr antun kann, halten mich Matt und Tony leider schon zurück.

Lucy hilft Ace auf, der sieht mich wütend an, aber als er auf mich zukommen will, hält Lucy ihn auf. „Geh Ace. Geh einfach", haucht sie kraftlos.

Ace weiß, dass er diesen Kampf verloren hat und sieht endlich ab. Erst als er außer Sichtweite ist, lassen Matt und Tony mich wieder los.

Lucy fordert eine Erklärung von mir und ich erzähle ihr von dem Video, mit dem Ace Ty erpresst, aber auch, dass er es löschen musste und die Verantwortung dafür trägt, dass es keiner zu sehen bekommt, da er sonst von den Prüfungen ausgeschlossen wird. Ty hat mir erzählt, das der Direx Ace so unter Kontrolle bekommen hat.


Ace hält sein Wort. Wirklich niemand erfährt in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten von meiner Affäre zu Tyler. Schon nach ein paar Tagen ist es so, als sei Ty niemals hier gewesen. Die Schüler vergessen ihn, nachdem sie ihre Ersatz-Lehrer bekommen.

Für mich ist das leider nicht so einfach. Ich vermisse ihn jeden Tag mehr. Ich werde wütend auf ihn. Immer mehr.

Aber ich nutze die Wut und will mir selbst beweisen, dass ich es wert bin, nicht verlassen zu werden. Ich will, dass er es bereut.

Ich strenge mich an, in einfach allem, was ich tue, doch es fällt mir auch auf, dass ich dabei in alte Muster zurückverfalle. Ich mache mir Druck, ich werde gestresst, ich werde aggressiv.

Aber all das ist mir egal. Ich muss einfach nur irgendwie mit meinem Verlust klarkommen.


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