31. Tyler
Die Sonne erschlug uns fast, als wir auf dem Fußballplatz standen. Ich war einfach froh, nicht selbst spielen zu müssen. Die Spieler wedelten auch ständig mit ihren Trikots herum und die, die auf der Bank saßen, hatten ihre Oberteile nicht mal an.
Alle fünf Minuten rannte einer zur Außenlinie und ließ sich mit kaltem Wasser überschütteln.
Ich fand aber, sie schlugen sich ganz gut, man merkte nun mal allen an, wie heiß es war und wie sehr die Kondition darunter litt.
In der Pause zwang ich die Spieler viel zu trinken, aber vor allem bei Alex war mir das wichtig. Wenn er umkippte, dann würde ich ausrasten.
Als die anderen wieder aufs Feld gingen, um sich aufzustellen, hielt ich Alex noch für einen Moment zurück. „Geht's dir gut?", fragte ich ihn besorgt, die Röte auf seinen Wangen musternd.
Er nickte, lächelte. „Alles gut, mach dir keine Sorgen" Er griff kurz nach meiner Hand und drückte sanft zu, ehe er wieder auf den Platz rannte und das Spiel weiterging.
Wir lagen mit 2:1 vorne, aber ich sah Alex an, dass er das Spiel unbedingt hoch gewinnen wollte.
Aber irgendwie hatten es die Gegner auf ihn abgesehen, denn er wurde permanent von zwei Mann gedeckt. Der Coach verzweifelte schon daran, dass sein Spielmacher keine Bälle mehr bekam, weil er immer zustand.
In der zweiten Halbzeit bekam Alex fast keinen Ball und wenn doch, dann stellen sich zwei Bullen in seinen Weg und rannten ihn um. Ich musste mich echt zusammenreißen, nicht auf den Platz zu stürmen und ihnen ihre hässlichen Visagen... Okay, ganz ruhig Tyler, Alex geht es gut.
Ihm ging es echt gut, er war einfach nur frustriert und das sah man ihm auch an. Als Tony Matt einen hohen Ball nach vorne zuspielte, machte Alex kurzen Prozess und nahm den Ball an sich. Nicht sehr sportlich von ihm, aber alle waren davon so überrascht, dass er die Möglichkeit hatte, seine Schatten abzuhängen und ein Tor im Alleingang zu machen.
Ich sah, wie er, als seine Mannschaft feierte, zu Matt ging und sich entschuldigte. Sie redeten kurz, schlugen sich ab und alles war gut.
Alex war einfach der Wahnsinn.
Fortan war es nur noch seine Aufgabe, die Gegner auf sich zu ziehen und den anderen somit Freiräume zu verschaffen. Unser Team konnte noch 2 Tore schießen, ehe das Spiel zu Ende war und wild gejubelt wurde.
Alex befreite sich von all den anderen und rannte zu mir.
Ich lächelte ihn stolz an. „Gut gemacht, Löwenbaby" Ich hielt ihm ein kaltes Wasser hin und strich stolz über seine Hüfte, als es grade keiner mitbekam.
Er setzte an, das Wasser zu trinken, doch schüttelte es mir im nächsten Moment über den Kopf.
Ich stand stocksteif da, während sich das kalte Nass seinen Weg in die verstecktesten Ecken meiner Klamotten bahnte.
Alex stand einfach da und lachte sich den Arsch ab, während ich ihn empört ansah.
„Na warte!", knurrte ich dann und wollte ihn packen, aber er rannte weg.
Natürlich verfolgte ich ihn.
Wir waren ungefähr gleich schnell, aber er hatte Vorsprung und zudem auf dem Rasen mit den Stollenschuhen einen Vorteil.
Erst als Matt und Tony Alex festhielten, damit ich ihn packen konnte, hatte ich meine Chance, Rache zu nehmen. Ich warf ihn über meine Schulter und schleppte ihn auf die Anlage zu, wo die dreckigen Fußballschuhe gewaschen werden konnte. Ehe er sich versah, landete er in dem dreckigen Schuhwasser. Ich drehte zusätzlich noch die Wasserhähne auf, damit er noch schön kalt abgespritzt wurde.
Er wurde pitschnass, aber tat so, als würde er es genießend in dieser stinkenden Flüssigkeit zu liegen und deute neben sich. „Komm doch mit rein"
Lachend schüttelte ich den Kopf und hielt ihm die Hand hin, um ihn wieder rauszuziehen.
„Pass auf, mit dem du dich anlegst. Sonst muss ich dich noch auf andere Arten bestrafen", hauchte ich ihm grinsend zu, als er nah vor mir stand.
Wir wichen aber ganz schnell voneinander, als wir das Klackern von Schuhen hörten, die sich uns annäherten.
Alex lächelte mich an und verschwand mit den anderen in der Kabine.
Währenddessen führte ich ein Gespräch mit dem Coach, bei dem er mich auf mein gutes Verhältnis zu den Schülern ansprach. Wir redeten über meine Methode, mich die Schüler duzen zu lassen, und darüber, wie sich Alex' Verhalten gebessert hatte, seit ich an der Schule war. Der Coach meinte, ich sei die Autoritätsperson, die in seinem Leben bisher immer gefehlt hätte und, dass ich wohl sowas wie eine Vaterfigur für Alex darstellte und er sich deshalb zusammenriss. Wenn der nur wüsste...
Am Abend saßen wir wieder alle zusammen im Bus. Ich saß wieder neben Alex, wie durch Zufall. Viele der Spieler schliefen, weil sie letzte Nacht durchgemacht hatten und sich heute beim Spiel so ausgepowert hatten. So auch Alex.
Er hatte den Kopf an der Fensterscheibe, und ich musterte ihn besorgt, daran zweifelnd, dass das seinem Nacken gut tat. Schließlich entschied ich mich dazu, meine Jacke unter seinen Kopf zu schieben, damit er etwas hatte, mit dem er seine Position korrigieren konnte. Mit einem leichten Lächeln kuschelte er sich sofort ran und schlief friedlich weiter. Schmunzelnd betrachtete ich ihn kurz, ehe ich mir meine Kopfhörer in die Ohren steckte und nachdenklich aus dem Fenster sah.
Nach etwa einer Stunde Fahrt wurde ich an der Schulter angetippt, nahm die Kopfhörer raus, als ich Ace sah. Das war das erste Mal, dass ich ihn lächeln sah.
„Ich wollte nochmal mit ihnen über meine mündliche Note in Bio reden", meinte er ungewohnt freundlich.
Ich zog die Augenbrauen hoch. „Willst du das wirklich jetzt machen?", fragte ich ihn kritisch.
Er nickte. „Ich habe überzeugende Argumente gesammelt", Er tippte auf seinem Handy herum und hielt mir dann den Bildschirm hin.
Er spielte ein Video ab.
Ich schluckte hart, als ich den Hotelflur erkannte, mein Zimmer, wie Alex rauskam, wir uns küssten und umarmten.
Ich biss die Zähne zusammen, ballte die Hände zu Fäusten, um nicht vor Anspannung zu schreien. „Mach es aus!", forderte ich zischend.
Er grinste und schob sein Handy wieder in seine Hosentasche. „Also wie sieht's aus? Ich komme doch noch auf eine 2 in Bio oder?"
„Du hast sie wohl nicht mehr alle" Ich schüttelte ungläubig den Kopf.
Er lachte leicht. „Klar, du fickst einen Schüler und ich habe sie nicht mehr alle. Du bist eine kleine perverse Schwuchtel und wenn ich dieses Video an die Presse schicke, dann wissen das auch alle und du kannst deine berufliche Zukunft knicken. Von deinem Sozialleben muss ich wohl gar nicht anfangen"
Ich schluckte, mein Herz schlug wild vor Wut, aber auch vor Angst.
„Ich werde dir keine Noten geben, die du nicht verdient hast, Ace, das ist ungerecht allen gegenüber, die sich richtig anstrengen und lernen"
Er schnaubte. „Ja klar. Bei ihm hast du doch auch alle Augen zugedrückt. Er steht mittlerweile auf einer 3, von einer 5-"
„Er hat viel gelernt und gut mitgemacht. Außerdem hatte er in den letzten drei Arbeiten fast immer 15 Punkte, im Gegensatz zu dir"
Ace glaubte mir nicht, dass Alex wirklich so gute Noten aus seiner Leistung heraus bekommen hatte.
„Hör zu, es ist deine Entscheidung. Entweder ich gehe mit einer 2 in die Bio-Prüfung oder jeder bekommt dieses süße Video. Ich komme dich dann auch im Knast besuchen und erzähle dir, wessen Hure Lion bis dann ist"
Er warf mir einen bezaubernden Blick zu und ging dann leicht lachend nach hinten zurück auf seinen Platz.
Ich konnte es nicht fassen. Ein Schüler erpresste mich. Und ich hatte nur die Wahl, mich erpressen zu lassen, aber das widersprach all meinen Werten.
Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich musste es mit Alex besprechen, aber fürs erste wollte ich ihn schlafen lassen.
Das Problem würde ja leider nicht einfach so verschwinden...
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