27. Lion

Bisher war mir nie bewusst gewesen, mit was für einem alten Nerd ich eigentlich zusammen war. Nicht bis jetzt.

Nach dem Fußballtraining hatte ich Lust, Ty zu sehen und obwohl wir heute eigentlich kein Treffen geplant hatten, fuhr ich zu ihm, nachdem ich mich versichert hatte, dass er gerade nichts super Wichtiges zu tun hatte.

Er wusste nicht, warum ich gefragt hatte, bis ich mit einem breiten Grinsen vor seiner Tür stand, und er mich überrascht musterte. „Warte, bin ich auf dem Sofa eingeschlafen und träume?" Er tippte mir auf die Nasenspitze, um zu überprüfen, ob ich real war, und ich musste lachen.

„Ha-Ha, Ty, du bist soo lustig" Ich verdrehte grinsend die Augen, trat in seine Wohnung, schloss die Tür hinter mir, kam erstmal richtig an, so als sei ich hier zuhause und widmete ihm mich erst dann. „Meine Mum ist heute über Nacht nicht zuhause, also merkt sie nicht, dass ich wegbleibe. Ich hatte die Wahl, mir einen Ort auf der ganzen weiten Welt auszusuchen, wo ich diese Freiheit nutzen will und hab mich für dieses mehr als durchschnittliche Apartment entschieden, nur um bei dir zu sein. Bin ich nicht süß?" Während ich das sagte, legte ich grinsend meine Arme um Tys Nacken und zog ihn zu mir.

Er schüttelte leicht lachend den Kopf. „Natürlich bist du das"

„Wieso schüttelst du den Kopf?", gab ich empört von mir und schob ihn leicht zurück, als er mich küssen wollte.

„Ich hab auf Indisch bejaht", meinte er.

Verwirrt schaute ich ihn an.

Er lachte leicht und zog mich an sich. „Indien ist unter anderem ein Land, in dem man den Kopf schüttelt, um seine Zustimmung zu signalisieren, mein Löwenbaby", erklärte er schmunzelnd und schüttelte nochmal den Kopf, aber so, dass seine Nase dabei meiner immer wieder anstupste.

Ich lächele und nutzte die Gelegenheit, mir meinen Begrüßungskuss zu holen.

„Mhh ich hab dich vermisst", murmelte ich dabei genießend.

„Ich dich auch, Alex"

Ich mochte es nie, wirklich nie so sehr, meinen eigenen Namen zu hören, wie wenn er ihn aussprach. Er tat das mit so einer Zuneigung, ich räkelte mich fast darin.

„Sorry, dass ich dich so überrasche, aber ich dachte mir, wir können einfach ein bisschen chillen oder?" Ich schaute ihn möglichst niedlich an, damit er mich nicht wieder wegschickte.

Natürlich tat er das nicht, nein, er schmunzelte, küsste meine vorgeschobene Unterlippe und nahm mich dann mit ins Wohnzimmer. „Ich schaue aber grade was voll interessantes. Du musst jetzt mitschauen."

„Ok" Schulterzuckend warf ich mich zu ihm aufs Sofa und schmiegte mich an ihn heran, indem ich meinen Kopf auf seine Schulter legte und seinen Arm umklammerte, als sei sein Bizeps mein Kuscheltier.

Relativ schnell erkannte ich, was er sich da reinzog und stellte daher fest, wie alt er war. Naja, obwohl sowas schauten doch heutzutage nur noch Senioren, oder?

„Babe, ist das jetzt dein Ernst?", fragte ich leicht ungläubig und blickte der Rateshow zu, die hier gerade auf Das Erste lief.

„Hei, man lernt da immer neue Sachen und es ist total spannend!" Beleidigt, verschränkte Tyler die Arme, aber ich konnte trotzdem in meiner Position bleiben. Zum Glück für ihn.

„Ty", lachte ich leicht. „Sogar Pornos sind spannender, als diese Opa-Sendung, und das, obwohl man da das Ende schon lange kennt"

Tyler schaute mich an wie ein trotziges Kleinkind. „Dann ist es dir lieber, ich sitze an einem Wochentag abends alleine auf dem Sofa und ziehe mir Pornos rein aus Langeweile? Das wäre krank."

Ich kicherte leicht bei der Vorstellung. „Okay, ich bin ja schon ruhig. Ich will nur anmerken, dass du seltsam bist"

Ich rieb meinen Kopf solange an seiner Schulter, bis er tat, was ich wollte, indem er den Arm um mich legte und somit an seine Brust zog.

Yesss!

Zufrieden schmiegte ich mich an ihn und schaute mir diese Lächerlichkeit mit an. Doch leider vermutete ich, diese Rateshow toll zu finden war ansteckend. Denn irgendwie war es doch spannend und wirklich interessant, sodass es nach etwa einer Viertelstunde dazu kam, dass wir mitrieten, wenn es um die Antworten ging, uns freuten und total feierten, wenn wir richtig lagen und mehr als enttäuscht waren, wenn nicht und das, obwohl für die Kandidaten Geld davon abhing und für uns nur unsere Ehre gegenüber dem anderen.

Einmal kam es sogar vor, dass ich mal richtig riet und Ty falsch und deshalb zog ich ihn die ganze Zeit damit auf, obwohl es andersherum viel öfter vorgekommen war.

„Weißt du eigentlich, wie nervig du sein kannst?", fragte Ty mich schmunzelnd, strich mir dabei zärtlich die Haare aus der Stirn und schaute mich voller Zuneigung an.

„Ich würde es als liebenswert penetrant bezeichnen"

Ty lachte. „Und schlagfertig bist du auch noch. Ich stelle immer wieder neue Seiten an dir fest, die ich liebe" Er gab mir einen Kuss auf den Haaransatz und schaute dann wieder in den Fernseher, als sei das so gar nichts gewesen, während ich mein rotwerdendes Gesicht in seiner Brust vergrub.

Diese Alltäglichkeit, mit der wir das hier machten, machte mich verdammt glücklich. Ich konnte mir vorstellen, wie es wäre, hätten wir all unsere Probleme und Sorgen nicht. Ich konnte mir vorstellen, wie es vielleicht in Zukunft sein würde. Ich wagte es, zu träumen.


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