63. Kriegsnacht II

(Bild von Suga Min Yoongi- links und Hoseok Davis- rechts)

...

Meine Hände wurden eiskalt. Mein Körper erstarrte und meine Augen weiteten sich. Unkontrolliert hielt ich den Atem an, wobei ich spürte, wie eine Hitze in mir aufkam, die für eine Übelkeit sorgte. Mein Hals wurde ganz trocken, weshalb mir das Schlucken schwer fiel. Am liebsten hätte ich ganz laut aufgeschrien und wäre auf die Knie gefallen, aber ich konnte nicht. Dafür war ich zu erschrocken von dem, was gerade eben geschah.

Hoseok wurde angeschossen.

Mein lieber Bruder, der mitten in der Halle stand, wurde angeschossen. Er kniete vor Suga, während sein Körper anfing zu zittern. Suga hingegen sah ungläubig zu Hoseok auf.

Mein Herzklopfen wurde schneller und hämmerte fest gegen meine Brust.

Er blutete... Sein Bauchbereich färbte sich rot, genauso sein Rücken. Die Kugel ging offensichtlich durch seinen Körper, weil das Blut gefühlt aus seine Wunde schoss. Die Hand, die mein Bruder an seinen Bauch führte, färbte sich und er fing an zu röcheln.

In meinen Augen sammelten sich schlagartig die Tränen.

Er würde verbluten, schrie eine Stimme in meinem Kopf.

Er würde sterben.

Morgen war er weg.

Vielleicht sogar jetzt gleich...

Er hatte sich vor Suga geworfen.

Hoseok beschützte sein Leben...

Seine Wunden... Er blutete ohne Ende...

Er wird es nicht überleben...

Am liebsten wäre ich hinter der Säule vorgekommen, doch ich konnte nicht. Es war, als war ich in einem Traum gegangen. Die lauten, schrecklichen Schüsse erfüllten wieder meine Ohren, weshalb ich schreckhaft zusammenzuckte.

„Penelope...", versuchte Jin zu mir zu sprechen, aber ich reagierte nicht.

Ich fühlte mich wie in Trance; nicht ansprechbar und inkompetent zum reagieren.

Meine Augen lagen nur bei den beiden Männern, die noch immer ungeschützt da saßen.

Als auf einmal das Augenpaar von Suga in meine Richtung sah, zog sich alles in mir zusammen. Sein Blick war eindeutig... Er hatte nicht erwartet, dass einer seiner Freunde angeschossen werden würde.

Im Vergleich zu mir erstarrte Suga jedoch nicht. Schließlich war er geübt und nicht ansatzweise so überfordert, wie ich es an seiner Stelle wäre.

Im nächsten Moment hatte sich Suga nämlich aufgesetzt, als er nach Hoseoks Arm griff, um ihn über seinen Nacken zu legen. Um meinen Bruder zu stützen, umgriff Suga seine Taille, worauf er sich aufstellte. Hoseok zog er angestrengt mit. Daraufhin fing er an zu laufen.

Selbstverständlich war er nicht so schnell, da er meinen Bruder mit sich herzog. Nur versuchte dieser soweit es ging mitzuhalten, wobei den beiden der Rücken von ihren Leuten freigehalten wurde.

Total außer puste fiel Suga mit Hoseok vor meinen Füßen zu Boden. Keuchend schlug sich Suga beiseite.

Beinahe verschluckte ich mich an meiner eigenen Luft, als auf einmal ihre Körper vor mir lagen. Nun konnte ich Hoseoks frische Wunde genau erkennen, was mir eine Gänsehaut verpasste. Sein schmerzerfülltes Gesicht und die furchtbaren Geräusche, die er von sich gab, machten das nicht besser.

Er litt total...

„Du hast sie wohl nicht mehr alle!", kam es außer Atem aus Suga geschossen, der sich bestürzt wieder aufsetzte.

Er sah zu Hoseok runter und überlegte, was er am besten tun konnte. Er starrte nicht auf ihn nieder, wie ich es tat. Seine Beine drohten ihm nicht ihre Stärke zu verlieren und zusammenzuklappen, nein. Auch stand er nicht tatenlos rum. Suga handelte direkt, indem er Hoseoks Körper aus der Schusslinie zog und nun versuchte weiterzumachen.

Es brauchte nicht lang, bis er das Hemd, welches er trug, aufriss. Darunter trug er ein T-Shirt. Grob drehte er Hoseok beiseite, um das Kleidungsstück um seinen Rücken zu machen, bloß um Hoseok wieder zurück zu drehen, damit er sein Hemd um seinen kompletten Rumpf zog und vor seinem Bauch fest machte. Den Knoten machte er auf seiner Wunde fest, worauf er nach Hoseoks Hände fasste, um diese an seinen Bauch zu pressen.

„Drück!", sagte er streng. „Für mich stirbst du dich nicht, Hoseok. Damit das klar ist. Du überlebst das heute."

An der Stelle zog Hoseok schmerzerfüllt das Gesicht zusammen. Seinem Gegenüber war das jedoch ziemlich egal. Er setzte ihn dennoch auf und wich seither nicht mehr von seiner Seite. Suga versprach die Beine für Hoseok zu sein, bis sie gemeinsam hier raus waren...

Ich schluckte hart, als ich auf Hoseoks zitternde Hand sah, die versuchte das Kleidungsstück an seinen Bauch zu pressen.

Eine weitere Welle der Angst überkam mich.

Hoseok würde sterben. Er konnte das nicht überleben, bei all dem Blut, welches er verlor.

Ich konnte nicht ohne ihn weitermachen. Wenn er starb, würde ein Teil von mir auch sterben. Ohne meinen Bruder war das Leben unmöglich.

Abrupt brach ein Chaos in mir aus, der nicht mehr aufzuhalten war.

Hoseok war verletzt, verdammt nochmal! Er blutete wie ein Schwein bei der Tötung, weil er eine verflixte Kugel abfing! Er brauchte einen Krankenwagen und nicht diese Unruhe, die hier drinnen herrschte!

„Penelope...", versuchte Hoseok zu mir zu sprechen, der mir offensichtlich anmerkte, dass ich dabei war den Verstand zu verlieren.

Ich schüttelte unter Panik den Kopf.

Er würde verbluten! Er konnte ja nicht einmal gerade stehen, ohne dass ihn Suga festhielt! Er würde ohnmächtig werden! Das verriet mir die blasse Farbe in seinem Gesicht.

Meine Atmung beschleunigte sich. Ich fasste nach meinem Kopf, als ich mich zu Jin drehte. Doch dieser war nicht mehr da...

Das Chan nebenbei brüllte, dass alle raus aus der Halle sollten, half mir auch nicht wirklich. Am liebsten hätte ich mir die Hände auf die Ohren gepresst.

Ich würde noch eine Panikattacke bekommen!

Ängstlich wieder zu meinem Bruder gesehen, spürte ich auf einmal, wie ich am Oberarm gefasst wurde. Die Augen weit gemacht, schaute ich der Hand entlang, bis ich bei dem Gesicht ankam, das mir bis auf Ewigkeiten Ruhe versprechen könnte...

„Hey...", versuchte Suga ruhig zu mir zu sprechen, obwohl er in Schweiß getränkt war und kaum gesund aussah. „Wir werden das überleben, hörst du? Hoseok... Du... Ich... Die anderen...", nickte er zuversichtlich.

Er nahm seine Hand von meinem Oberarm, als meine Schultern sackten. Eine plötzliche Entspannung überkam meinen Körper, sobald ich seine wenigen Worte auf mich wirken ließ und in seine Augen sah. Das nur, weil ich Suga vertraute...

„Ich weiß, dass du nicht mehr kannst, Lope. Der heutige Tag war anstrengend und die Woche erst recht... Aber wir stehen so kurz vor dem Ziel... Meinst du, du bekommst das hin, die letzten Minuten die Ruhe zu bewahren? An meiner Seite...?"

Wie ein kleines Kind, welches überfordert mit der Situation war, nickte ich stumm. Meine Gedanken gingen blank. Ich dachte auf einmal an nichts mehr, obwohl mein Herzschlag so unruhig war.

Das brachte Suga dazu halbherzig zu lachen. Sobald jedoch ein Schuss in unmittelbarer Nähe abgefeuert wurde, zuckten wir drei zusammen. An der Stelle kam er dichter an mich ran, wobei er wieder ein ernstes Gesicht trug.

„Sehr gut", atmete er aus. „Dann bitte ich dich, die andere Seite deines Bruders zu fassen. Wir wollen schließlich so schnell wie möglich hier raus, richtig?"

„Richtig...", kam es flüsternd aus mir.

Ich atmete das letzte mal durch, bevor ich die Brust hob und wie Suga einen Arm um Hoseoks Hüfte schlang, ohne auf meinem Kopf zu hören. Sein Körpergewicht verlagerte ich auf meinen Rücken, wofür ich seinen Arm um meine Schulter legte. Wie von selbst nahm ich ihm das Hemd von Suga ab, um es ihm auf die Wunde zu drücken, damit er das nicht selber machen musste.

Wir würden das schaffen, ja... Wir waren dem Ziel so nah...

„Bereit?", fragte Suga an mich gerichtet und hatte meinen Bruder beinahe außen vor gelassen.

Ich nickte kräftig, was Suga erwiderte. Daraufhin ging es los. Er ging den ersten Schritt voraus, den mein Bruder und ich mithielten. Geduckt mussten wir uns an der Menge vorbei drängeln, ohne gesehen zu werden. Die Balken, die in regelmäßigen Abständen in der Halle standen, kamen uns dabei gut gelegen.

Suga dachte voraus und zog die Pistole aus Hoseoks Bund. Er schaute wachsam um sich, während er mit der Waffe in seiner Hand umher schwenkte.

Niemand war so wirklich auf uns fokussiert. Dadurch, dass die Halle zu einem Schlachtfeld wurde, konzentrierten sich die Parteien auf einander. Der Rest wurde dabei sichtlich ignoriert.

Wir stolperten weiter voraus und ich erblickte bereits die Tür, die hinaus führte. Ich wusste, dass das noch nicht die Freiheit bedeutete. Nur drohten meine Lungen zu explodieren, was vor allem an meinem Bruder lag.

Nur starb ich lieber, als ihn loszulassen.

Durch den Türrahmen gekommen, knickte ich um, wodurch ich dummerweise zu Boden fiel und meinen Bruder halbwegs mitriss. Suga ließ unkontrolliert los, was aber auch besser so war. Im Gang standen nämlich zwei Biker, die sich aufmerksam zu uns drehten. Ohne weiter zu zögern, richtete Suga die Pistole und hatte beide Männer angefeuert.

Er stand zwar vor mir, wodurch er mir die Sicht größtenteils versperrte - dennoch erschrak ich total aufgrund seiner eiskalten Unberechenbarkeit.

Im selben Moment ging ich aber die Konsequenzen durch, die definitiv eingetroffen wären, wenn Suga die Maßnahme nicht ergriffen hätte.

Wir wären vermutlich gestorben...

Die Biker hätten uns schließlich aus Lust und Laune ermordet, während wir aus Notwehr handelten, zumal Suga sie nur außer Gefecht setzte. Er tötete sie nicht.

Er kniete sich daraufhin direkt wieder zu uns, um keine Zeit zu verlieren. Ich tat es ihm gleich, indem ich wieder nach dem Arm von Hoseok griff, um ihn über meine Schulter zu legen. Suga war auf der anderen Seite zugange.

Ich fühlte aber, wie mein Bruder den Kopf langsam anhob und ein leises Geräusch von sich gab.

„Hmmhmm... L-Leute...", versuchte er zu sprechen, was mich achtsam aufsehen ließ.

Einer der beiden Männer, die Suga eben angeschossen hatte, erhob sich. In seiner Hand hielt er eine Pistole, die in unsere Richtung zeigte. Die Augen geweitet, kniff ich in Hoseoks Arm. Mein Herz stand augenblicklich still, als ein Schuss ertönte und ich zusammenzuckte. Automatisch warf ich mich mit duckendem Kopf und aufeinander gepressten Lidern an Hoseok, nur um im nächsten Moment wieder aufmerksam aufzusehen.

Der Mann vor uns kam nie dazu zu schießen. Sein Körper fiel plötzlich leblos vor unsere Füße, was für einen lauten Ton sorgte. Hinter ihm erschien die Statue von Chan.

Ein Schauder überkam. Nicht etwa, weil Chan selbstbewusst da stand und keinen Zentimeter in seinem Gesicht rührte, als der Mann fiel. Es war auch nicht seine Kälte oder seine Art, schnell zu handeln.

Es war die Tatsache, wie er handelte...

Er war im Vergleich zu meinen Freunden unberechenbar, wenn es darum ging, für sein Team zu kämpfen. Wenn es darum ging, seine Familie zu verteidigen...

Ohne mit der Wimper gezuckt zu haben, richtete er seine Waffe auf den anderen Mann, den er erbarmungslos eine Kugel in den Kopf jagte.

All dies sah für meine Augen so unreal aus, dass es für eine Gänsehaut auf meinem Körper sorgte. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich eine Weile bräuchte, um die heutige Nacht zu verarbeiten.

Wenn das überhaupt möglich wäre...

„Ihr müsst hier raus! Na los!", verlangte Chan herrisch, indem er hinter sich zeigte.

Suga hörte auf seinen Anführer und zog Hoseok mit einem Mal auf die Beine, indem er sich erhob. Ich richtete mich perplex ebenfalls auf. Dabei starrte ich zu Chan, der immer mal wieder zurücksah.

„Und der Rest?", fragte Suga, da es ihm um seine Freunde ging.

„Zum Teil schon draußen! Jetzt verzieht euch!", wurde er lauter, was mir Angst machte.

Suga nickte stumm, worauf er wieder den ersten Schritt wagte. Mit Hoseok, den wir um uns hatten, drängten wir uns an die toten Körper vorbei, die am Boden lagen. Suga sagte mir währenddessen, dass ich mir die Männer nicht angucken sollte. Ich sollte vielmehr das Tor am Ende des Ganges betrachten.

Nur dann fiel mir ein, weshalb wir nur zu dritt liefen... Weshalb folgte Chan uns nicht? Warum ließen wir ihn zurück?

Somit blieb ich stehen, was mir Suga automatisch gleich tun musste, auch wenn ihm nicht danach war.

„Was tust du.", zischte er, weil er so schnell wie nur möglich hier raus wollte.

Ich drehte mich aber nur zu dem Tear Anführer. Auch wenn ich enormen Respekt vor ihm hatte, der von einer tiefen Angst begleitet wurde, da er für mich skrupellos schien, durfte ich nicht vergessen, wie viel er für meine Freunde tat und auch für mich...

Chan war ein guter Anführer und unterm Strich ein Mensch, der uns alle nur retten wollte... Auf seine verkorkste Art - doch er wollte das... Daraus bestand sein Leben.

Also empfing ich seinen Blick und atmete aus.

„Und du?", fragte ich aus großen Augen.

Er nickte streng.

„Ich übernehme."

Er würde übernehmen...? Was sollte das denn bedeuten?

Darüber konnte ich nicht länger nachdenken, da Chan plötzlich von der Seite angelaufen wurde. Zusammengezuckt, wich ich intuitiv zurück. Ein mir fremder Typ hatte sich auf ihn gestürzt, wodurch sie beide zu Boden fielen. Da der Tear Anführer das nicht kommen sah, versuchte er sich für einen Moment zu fangen, nachdem sein Kopf aufschlug. Sein Gegenüber hielt jedoch eine Pistole in seiner Hand, während Chan freihändig da lag.

Das Nächste geschah so schnell, dass ich es kaum mitverfolgen konnte.

Der Mann hatte ohne Erbarmen in Chans Schulter geschossen. Der Tear Anführer brüllte laut auf, als er unter dem Mann nach seiner Schusswunde fasste und das Gesicht beiseite drehte. Er atmete gedämpft aus. 

Erschrocken von der Tatsache hatte ich beinahe Hoseok fallen lassen.

Aus großen Augen zwischen den beiden Körpern gesehen, konnte ich erkennen, wie Chan wütend seine Zähne aufeinander biss, bevor er den Kopf wieder zu dem Mann drehte. Mit angestrengter Miene wurde er aktiv, indem er mit beiden Händen die Pistole aus der Hand des Mannes schlug, nachdem er ihm eine Kopfnuss gab. Das, obwohl das Blut bereits aus seinem Körper quoll.

Der Mann fiel zurück, wodurch er von Chan rutschte. Sportlich, wie der Kopf der Tears war, kroch er halbwegs vor und trat ihm mit dem Bein ins Gesicht. Der Mann schwang mit dem Rücken zu Boden und hielt sich die Hand vors Gesicht, als Chan ein weiteres Mal zutrat. Er erhob sich, hielt sich den Arm, der getroffen wurde und trat dem fremden Mann erneut ins Gesicht, ohne darauf zu achten, was dabei zu schaden kommen könnte. Nach seinem Tritt taumelte er leicht beiseite, was Suga neben mir dazu brachte, von Hoseok abzulassen, der leise vor Schmerz stöhnen musste. Er wollte auf seinen Anführer zugehen, der den Biker bewusstlos trat. Chan drehte sich vorsichtig zu uns, als er nickte.

„Lass uns endlich hier raus.", seufzte Suga, der vortreten wollte.

Nur kam er leider nicht sehr weit. Dicht in unserer Nähe nämlich wurde ein weiterer Schuss abgefeuert. Dieser klang derartig laut, dass Hoseok, Suga und ich uns automatisch ducken mussten. Das geschah so intuitiv, dass ich erzitterte. Den Atem angehalten, hatte ich mich vor lauter Angst nicht getraut zu gucken, woher er kam und wer wieder getroffen wurde. Doch meine zeitgleiche Neugier ließ mich vorsichtig aufgucken.

Ich konnte sehen, wie Chan auf die Knie fiel und sich mit einer bebenden Hand versuchte abzustützen. Sein Körper fand den Boden, zeitgleich versuchte er nach Luft zu schnappen. Sein Gesicht wurde mit einem Mal blass wie das einer Leiche. Seine Hand konnte ihn nicht mehr halten, weshalb er beiseite fiel. Er legte sich auf den Rücken, wobei aus seinem Munde anfing Blut zu fließen.

Er wurde getroffen. Die Kugel, die abgefeuert wurde, traf die Region seines Oberbauches.

Noch immer den Atem angehalten, schaute ich mit den Augen beiseite, ohne den Kopf bewegt zu haben. Die silberne Pistole war kaum zu übersehen; in den weiblichen Händen der Bikerin, die sie auf den Tear richtete.

Es war Thea. Thea hatte den Schuss getätigt...

„Endlich...", zischte sie und kam mit gerichteter Pistole in den Gang.

Sie zog ihr linkes Bein hinter sich her, in welches eingestochen wurde. Zudem war die Wunde an ihrer Schulter noch genau zu sehen, die tropfte und wodurch ihr Oberkörper leicht beiseite ging.

Uns drei ignorierte sie, während sie Chan fokussierte.

„Wie lange habe ich auf diesen Moment gewartet...", fuhr sie mit dunkler Stimme fort.

Meine Zähne fingen an zu klappern. Ich umfasste Hoseoks Arm fester. Dieser versuchte nach meiner Hand zu fassen, nur bekam ich das kaum mehr mit. Ich konnte nur noch die Teufelin erblicken, die Chan ihr Leben lang eins auswischen wollte.

„Heute ist der Tag gekommen, Channie... Du wirst endlich Abschied nehmen."

Sie biss die Zähne aufeinander, als sie vor ihm stehen blieb. Die Pistole in ihrer Hand in die Richtung seines Kopfes gelenkt, fing sie an zu schmunzeln. Doch noch bevor sie den Abzug tätigen konnte, riss sie die Augen auf und ihr Körper wurde steif. Ein weiterer lauter Knall im Sturm der Hagel war zu hören, der in unserer Nähe passierte.

Schlagartig die Hände auf meine Ohren gepresst, tat in mir alles weh.

Ich hielt die Schießerei kaum mehr aus.

Schluckend nicht die Hände runtergenommen, schauten meine Augen zu Chan, der aufhusten musste. Mit Mühen drehte er den Kopf, damit er zur Frau hinauf sehen konnte, die noch immer vor ihm stand.

Ich tat es ihm gleich.

Den Atem gehalten, sah ich, wie der Brustbereich von Thea sich schlagartig verfärbte. Ihre Bluse sog sich mit Blut voll...

Meine Kinnlade fiel, als die Pistole ihr aus der Hand glitt und ihr Körper steif zu Boden fiel. Auf einmal lag sie dicht neben Chan, wobei hinter ihr ein Mann hervortrat, dessen Haare selbst im Dunkeln leuchteten.

Es war Minho... Er hatte Thea soeben mitten in die Brust geschossen. Er erschoss die Frau, die auf seinen Bruder zielte.

„Chan...", flüsterten er, als er seine Pistole senkte und vor stolperte. „Chan!", rief er nun, worauf er sich auf den Körper von seinen Bruder warf, der noch immer auf dem Rücken lag.

Der edle Anführer der Tears hustete an der Stelle, wobei ihn jeder Atemzug zu reizen schien und mit jeder Bewegung Blut aus seinem Munde quoll.

„Nein!", brüllte er, worauf sich alle meine Körperhaare aufstellten.

Nicht nur, dass sich der Moment intensiv anfühlte, da noch immer ein Sturm aus Kugeln voll im Gange war und mir bewusst war, dass viele ihr Leben lassen mussten.

Nein...

Es ging auch nicht um meinen labilen Zustand, der den Druck dieser gesamten Situation nicht mehr aushielt.

Es ging vielmehr um Minho... Oder um Chan... Es ging darum, dass ich beide noch nie derartig gefühlvoll gesehen.

Ihr Anblick zerbrach mir beinahe das Herz. Vor meinen Augen erschien direkt Hoseok, mit dem ich das aktuelle Geschehen abglich. Ich wäre vermutlich mit ihm am bluten gewesen, wenn er vor mir gelegen hätte, wie Chan es gerade vor Minho tat...

Ich fühlte die Situation zwischen den Brüdern, weil ich selbst ein Geschwisterteil hatte, um das ich mich sorgte. Ich könnte drauf losheulen, weil ihre Situation die war, um die ich jeden Tag Angst hatte...

Im Augenblick mehr denn je, da Hoseok schwer verletzt war...

„Geh...", atmete Chan stark aus, als er die Augen schloss. „Renn mit ihnen mit...", fuhr er leise fort und deutete hinter sich.

Er meinte uns...

„Nein! Fuck, nein. Du darfst das nicht sagen und schon gar nicht sterben, bitte", schüttelte Minho kräftig den Kopf. „Ich nehme dich mit. Los. Steh auf.", fasste er nach dem Arm seines Bruders, doch Chan stöhnte bloß schmerzerfüllt auf, weshalb der Orangehaarige wieder abließ.

Die blanke Panik war in seinem Gesicht zu sehen, wobei es das erste mal war, dass in Minhos großen Augen echte Gefühle zu lesen waren. Er hatte Angst...

„Es ist okay...", schluckte Chan leise.

„Nein... Ist es nicht...", fing Minhos Körper an zu zittern, wobei ich sehen konnte, wie sich die Tränen in seinen Augen bildeten. „Ich hätte nicht..."

„Es war nicht deine Schuld", öffnete Chan wieder die Lider. „Sie hätten sowieso angefangen zu schießen."

Unbewusst beiseite geschaut, traf mein Blick auf den von Suga. Ihn nahm das Szenario mindestens genauso sehr mit, wie mich. Schließlich hatte er bereits viele wichtige Menschen sterben sehen, besonders die eine Person...

Seine Mutter.

Familientragödien gingen ihm daher sehr nahe, zumal er zu beiden Personen da vorne eine gewisse Beziehung pflegte. Einer der beiden war wie ein großer Bruder für ihn... 

„Das ist nicht fair, Chan... Wie... Du darfst nicht sterben. Bitte...", brach Minhos Stimme

„Du überlebst das ohne mich", musste sein älterer Bruder schmunzeln. „Du bist stark. Ich habe dich zu einem Mann erzogen."

Zu den Brüdern gesehen, die eigentlich nie so wirkten, als hätten sie ein inniges Verhältnis zueinander, erkannte ich, wie tatsächliche Tränen über die Wange des Orangehaarigen flossen. Er fing an um seinen Bruder zu weinen. Um seinen älteren Bruder, der ihn stets mit allem, was er besaß, beschützte...

„Ich kann nicht ohne dich...", schniefte Minho nun.

„Minho...", sprach Suga plötzlich ruhig. „Komm mit uns...", fuhr er fort, bevor er sich erhob.

Vom Boden aus zu ihm aufgesehen, beobachtete ich, wie er zu Minho sprach, den er eigentlich nicht ausstehen konnte. Niemand mochte ihn und das würde sich vermutlich auch nicht ändern.

Aber die Umstände gerade... Sie waren andere und verlangten daher eine andere Haltung von unserer Seite aus.

Der Orangehaarige schüttelte niedergeschlagen mit dem Kopf.

„Ich... Kann nicht...", biss er die Zähne aufeinander.

„Doch, geh", fasste Chan vorsichtig nach seiner Schulter. „Geh mit ihnen, Minho."

Die Augenlider zusammengepresst, schüttelte er den Kopf.

Dabei erkannte ich, wie Suga in kleinen Schritten auf die beiden zuging.

„Ich kann dich nicht zurücklassen.", schüttelte Minho weiterhin den Kopf.

„Du musst...", nahm Chan seine Hand zurück.

Der große Tear Anführer sah so zerbrechlich aus, wie ich es nie erwartet hätte. Hätte ich ihn in diesem Zustand kennengelernt, hätte ich nie gedacht, zu was er imstande sein könnte.

Die Wahrheit war aber, dass der Tod der Zerstörer jedes Bildes war, das man sich von einem Menschen machte.

Die Hand, die Chan zurücknahm, führte er langsam an seine Hosentasche. Es war, als hätte er sie aus gutem Grunde von Minho genommen.

Seinen Bruder nicht aus den Augen gelassen, zog er etwas hervor; etwas silbernes.

Wie von selber dachte ich an das eine Telefonat, welches Chan mit dem einen Mann führte, der ihm die Waffen ausschenkte. Ich dachte daran, wonach er bat.

Das in seiner Hand... Das war eine kleine Bombe...

Chan wollte das Gebäude in die Luft jagen.

Nun fing Minho an schmerzerfüllt das Gesicht zu verziehen, als er tatsächlich zu schluchzen anfing. Automatisch füllten sich meine Augen mit Tränen.

Der Anblick machte mich emotional. Das, obwohl ich mit beiden keine besondere Beziehung hatte...

„Danke...", atmete Minho unregelmäßig. „Danke für alles, Bruder...", wusch er sich übers Gesicht, als er wieder in die Augen von Chan sah.

Dieser musste aufgrund der Wörter vom Orangehaarigen lächeln.

„Ich liebe dich, kleiner Bruder", nickte er, als er in unsere Richtung deutete. „Vertraue ihnen und geh mit. Okay?"

Minho hörte die Worte seines Bruders, doch wollte sie nicht wahrhaben. Geschweige denn wollte er ihnen nachgehen. Am liebsten wäre er bei Chan geblieben. Das war ihm deutlich anzusehen.

Chan war aber hartnäckig und brachte Minho schlussendlich dazu den Kopf beiseite zu drehen. Mit feuchten Augen nickte dieser.

Er hatte sich entschieden...

„Passe auf dich auf...", sprach Chan, worauf er wieder zu husten anfing.

Minho konnte sich seinen Bruder kaum mehr absehen, als er sich schniefend erhob.

„Immer."

Daraufhin fuhr er sich übers Gesicht und schaute zu Suga rüber, der den Blick empfing. Beide sahen sich eine ganze Weile an, wobei es sich für mich anfühlte, als würden sie stumm kommunizieren. Erst sobald Suga kräftig ausatmete, wagte der Orangehaarige die nächste Bewegung. Minho kam auf mich zugejoggt. Ohne etwas zu sagen, hatte er mich von Hoseok gedrängt, damit er seinen Arm um seine Schulter legen konnte, den ich bis eben hielt. Suga nahm stumm die andere Seite, worauf er mir mit einem Kopfnicken sagte, ich solle vor ihnen laufen.

Ich befolgte seinem Befehl und versuchte mit zitternden Beinen aufzustehen. Mein Körper war definitiv überlastet, doch ich lief dennoch vor. Ich nahm mir vor mich für die nächsten Sekunden zusammenzureißen, bevor ich endgültig zusammenbrechen konnte.

Ich schaffte es nicht länger, all das auszuhalten...

Mit schwachem Gleichgewicht lief ich voraus. Dabei hörte ich, wie die Jungs mir folgten. Keiner sagte etwas, doch ihre Atmung ging schnell und waren laut. Außerdem war Hoseoks Körper zu hören, den sie teilweise hinter sich her zogen.

Die schwere Metalltür kam mir immer näher, auf die ich mit offenen Händen zulief. Des Weiteren stieß ich sie auf, hielt aber noch lange nicht inne. Ich lief und lief, soweit, wie ich nur konnte.

Dasselbe galt für die anderen...

Im nächsten Moment war hinter uns nur noch das große Boom zu hören, dessen Schwungkraft derartig gewaltig war, dass sie uns zu Boden riss.

Davon ließen wir uns jedoch nicht schlagen.

Wieder nach Hoseok gegriffen, kämpften wir. Wir kämpften uns unseren Weg bis nach draußen... Raus in die Freiheit...


———

Hi 👀...

Joaaaaaa. Eine Explosion muss es doch immer geben, nicht? Hahaha 😂

Sie haben es endlich raus geschafft! Nicht alle, aber viele...

Die Kriegsnacht nahm einiges mit sich mit... Was glaubt ihr, was im nächsten Kapitel sein könnte? Wie verläuft's nun für die Gruppe...? Was wird aus den Tears? Den Bikern? Den Venoms? Suga...? Eliza...? Hoseok...? Unserer lieben Penelope...? Ihr Kind...?

Stay Tuned...

In love, N 💜

Ps. Aus irgendeinem Grund war ich auf Kriegsfuß mit den Kapitel, weshalb der Schreibstil schrecklich ist. Ich hoffe, dass ich das mit den kommenden ausgleichen kann... Danke für eure Nachsicht ❤️

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