(Bild von Park Jimin)
...
Ich stand mit verschränkten Armen an der Theke und sah Jungkook mit einem genervten Blick dabei zu, wie er mich ignorierte. Er trank sein Glas frech aus, während ich ihn mittlerweile drei Male (oder mehrmals) darauf aufmerksam machte, dass er aufhören sollte. Vor mir war Hyunjin auch schon hier gewesen, dieser gab es jedoch auf und schickte mich hier her.
Es reichte allmählich. Jungkook ließ sich von niemandem mehr abhalten. Obwohl er gestern noch zugänglich wirkte, war er es heute kaum. Als hätte er eine Mauer um sich errichtet, durch diese keiner mehr durch konnte.
Das nervte mich. Ehrlich gesagt war ich auch gar nicht in Stimmung, um weich mit ihm umzugehen. Das lag offensichtlich an Jimin, der mir gestern deutlich die Laune verdarb.
Ich war mir sicher, dass Jungkooks Zustand ganz sicher auch auf Jimin zurückzuführen war, der sich zu fein war, um hier zu sein.
Wie wütend mich das machte! Der Gedanke, dass Jimin sich egoistisch vor all die anderen stellte, obwohl es nicht einmal um ihn ging!
Ich verstand sein Problem nicht. Was war daran so schwer für jemanden da zu sein? Er musste bei Jungkook nicht mal was sagen, zumal Jungkook das ganz sicher nicht verlangte oder erwartete- Jimin sollte nur anwesend sein. So, wie er es immer war.
War seine alleinige Anwesenheit wirklich zu viel verlangt...?
Das war die Frage, die mir durch den Kopf ging.
Mir ging es ja nicht einmal um mich oder um die Tatsache, wie er mit mir sprach oder mit mir umging. Sowas war ich bereits gewohnt.
Aber wie konnte er sich gegenüber Jungkook so verhalten? Er hatte seine Mutter verloren, die vor seinen Augen ihr Leben geben musste. Hyunjin wurde beinahe erschossen und nicht einmal das interessierte Jimin. Er hielt sich zurück und schaute lieber zu; nicht einmal das. Er sah beiseite...
Das brach mir das Herz. Sein Verhalten zerriss mein Herz wieder in tausend Stücke und das, nicht einmal für mich. Mir ging es hierbei nur um Jungkook. Bloß deshalb machte es mich erst so rasend!
„Jungkook...", murmelte ich, weil er nach einem weiteren Glas griff.
Dabei warf ich dem Kellner einen verärgerten Blick zu, der bloß verteidigend die Arme hob. Selbst Hyunjin hatte seinem Onkel gesagt, er solle seinem Freund keinen Alkohol mehr ausschenken, aber dem war das total egal.
Wie mich die ganze Situation verärgerte...
„Hey.", wollte ich nach seiner Schulter fassen.
Doch da zog er seinen Arm bereits grob zurück, wobei er vom Hocker sprang und zurück stolperte.
„Lass mich!", rief er lallend.
Ich seufzte.
Ein Glück hatte ich V und Suga bereits geschrieben, damit sie vorbei kommen konnten. Ich wollte Hilfe von ihnen, weil ich Jungkook kaum selber bändigen konnte und zum anderen; ich befand mich im Viertel der Venoms. Auf Gang-Komplikationen konnte ich herzlich verzichten.
Nur schade, dass es nicht immer so lief, wie man es sich erhoffte...
„Wieso gehen wir nicht nach Hause, Jungkook, hm?", versuchte ich zu ihm zu sprechen, während er genervt zurückging. „Wir können einen Film gucken? Alle zusammen? Was sagst du dazu?"
„Ich scheiß auf deinen Film!", rief er mir beim Zurückgehen zu.
Ich knurrte, als ich zusah, wie er die Tür hinaus ging.
Na. Wenigsten verließ er die Kneipe.
In meine Hosentasche gegriffen, holte ich etwas Geld hervor, um es auf den Tresen zu hauen, als ich hinterher lief. Ich folgte Jungkook bis nach draußen, der bereits um die Ecke der Kneipe watschelte. Kopfschüttelnd ging ich hinterher, nur um mich dann an der Eckwand abzustützen, weil ein Laut mich erschrak. Als wären es nicht bloß Sekunden gewesen, in denen Jungkook und ich getrennt waren, musste ich erschrocken feststellen, dass er in eine Auseinandersetzung geriet. In einen Streit; mit Venoms...
Jungkook wurde kräftig an die steinige Wand zurück gedrückt, während der Unterarm des Venoms sich an seinen Hals drückte. Sein Oberarmtattoo war durch diese Geste klar für mich zu sehen und dadurch ergab sich mir auch, wer die drei weiteren Leute waren, die neben ihm standen. Alles Männer, die Jungkook verärgert anschauten.
„Was hast du gesagt?", zischte der Typ, der Jungkook im Griff hatte.
Jungkook wollte sich aus seinen Fängen reißen, doch leider war er zu betrunken dafür...
Das war vielleicht auch besser so. Denn... Hätte er sich wehren können, wäre die Situation vermutlich eskaliert.
Wobei... Seine große Klappe blieb ihm ja noch.
„Ich habe gefragt, was ihr hier macht!", keuchte mein Freund, sobald er nach dem Unterarm seines Gegenübers griff.
„Und, als wir dir sagten, dass das unser Gebiet ist, was hast du dann gesagt?", drückte dieser nur fester zu.
Jungkook stöhnte und konnte nicht mehr antworten. Also übernahm einer seiner Compagnien die Antwort.
„Er hat uns beleidigt..."
Schluckend trat ich einen Schritt vor.
Jungkook hatte sie beleidigt?
Okay... Ja... Na und? Dann hatte er sie eben beleidigt! Er war besoffen! Da konnten sie ihn doch nicht ernst nehmen, oder?!
„Beleidigt", wiederholte der Typ, der auf einmal von Jungkook abließ, nur um ihn dann am Kragen zu fassen und ihn anschließend wieder kräftig an die steinige Mauer zu hauen. „Was glaubst du, wer du bist, hm? Hat dir etwa niemand beigebracht, wie du dich mit anderen unterhältst?"
Der mir Fremde kam Jungkook immer näher, weshalb ich nicht anders konnte, als vor zu stolpern und aufmerksamkeitssuchend die Hand zu heben. Die Venoms schienen mich wohl nicht bemerkt zu haben, weshalb sie etwas verdutzt zu mir rüber schauten.
„E-Ehm... I-Ich... Ehm...", stotterte ich drauf los.
Eine plötzlich Gänsehaut fuhr mir über den Körper, weil ich daran dachte, wer die Venoms waren. Ich hatte einen sehr großen Respekt ihnen gegenüber, weshalb ich nicht genau wusste, wie ich anfangen sollte.
„Wer ist das denn?", fragte der Blonde unter ihnen.
„Penelope", schoss es aus einem anderen. „Penelope Davis."
Der Typ, der Jungkook in der Hand hatte, ließ dann ab, worauf er von ihm zu mir schaute. Als müssten sie eine mathematische Berechnung aufstellen, schauten sie mich an, bis es ihnen einfiel.
Ich war die Schwester von Hoseok und die Ex-Freundin von Suga. Mir dürften sie nichts...
Sollte ich mir das zum Vorteil nutzen..., flüsterte mir eine Stimme ins Ohr. Ähnlich, wie es Minho immer tat?
„Genau!", hatte ich mich aufrecht gestellt und entschied mich ziemlich schnell dafür, dass ich mir meinen Status sehr wohl zum Vorteil nutzen sollte. „Ich... Bin Penelope Davis und... Das ist Jungkook. Ihn würde ich jetzt gerne mitnehmen."
„Alter. Was du willst, ist uns doch scheißegal.", keifte der Blonde.
„Ist so. Es heißt nur; Finger weg.", zwinkerte derjenige, der wusste, wer ich war.
Ich musste hart schlucken.
Okay... Lief doch nicht so, wie geplant. Was machte ich denn jetzt? Sollte ich mich einfach vor Jungkook stellen?
Am überlegen, bemerkte ich kaum, dass Jungkook sich erholte. So dumm, wie er leider auch war, hatte er plötzlich angefangen den Typen zu schubsen, der ihn in Gewahrsam hatte.
Ab dem Augenblick konnte ich gar nicht mehr sagen, was genau passierte...
Ich wusste nur, dass es der Blonde war, der ausgeholt hatte und Jungkook traf. Der andere, der mich erkannte, schlug als Nächster auf ihn ein, bis ihr Mann sich wieder erholte. Der vierte schaute eher gelangweilt zu, schubste Jungkook jedoch regelmäßig. All das passierte so schnell, dass Jungkook sich in seinem Zustand kaum wehren konnte.
Sie schlugen alle drei wild auf ihn ein...
Das Szenario eskalierte so schnell, dass ich erst nicht wusste, was ich tun sollte, bis es über mich geschah. Ich lief gedankenlos auf die Jungs zu und wollte mich vor Jungkook werfen, der bereits auf dem Boden lag, wobei gefühllos auf ihn eingetreten wurde. Mir wäre es recht auch geschlagen zu werden, wenn das bedeutete, dass sie Jungkook in Ruhe lassen würden...
Der Gelangweilte griff jedoch bereits nach mir, noch bevor ich bei ihnen ankam. Seine widerlichen Hände schmiegten sich um meine Taille, dabei zog er mich grob an sich ran.
„Nein!", rief ich lautstark und versuchte mich aus seinem Griff zu zerren. „Bitte! Lasst ihn in Ruhe!"
Doch derjenige, der mich hielt, war sehr kräftig. Ich bewegte mich in seinen Händen kaum. Stattdessen musste ich zusehen, wie Jungkook weiterhin verprügelt wurde.
„Versuch ruhig zu bleiben.", zischte er, was mich noch mehr aufregte, als zuvor.
Ich spürte regelrecht, wie mir das Adrenalin durch das Blut schoss.
„Einen Scheiß versuche ich!", brach es daher aus mir.
Er konnte mich mal! Ich würde ganz sicher nicht ruhig bleiben. Sollte ich etwa zusehen, wie Jungkook starb?!
Ich versuchte mich aus seinen Händen zu befreien, was mir dieses Mal besser gelang. Doch der Typ umfasste direkt wieder meinen Bauch, wobei er seinen anderen Arm um meinen Hals schlang.
Die Kiefer aufeinander gebissen, atmete ich schwer aus, sobald ich realisierte... So ging das nicht.
„Tue es lieber. Bevor wir dich anders zum Schweigen bringen...", drückte er den Arm um meinen Hals fester um mich, wodurch ich seinem Gesicht näher war als mir lieb war. „Und die Art, wie wir Frauen gerne zum Schweigen bringen, wird dir nicht gefallen...", flüsterte er mir ins Ohr.
Angewidert das Gesicht verzogen, versuchte ich beiseite zu sehen. Ich fühlte mich wie auf Strom. Mir ging soviel durch den Kopf, wobei meine Konzentration geschwächt wurde, weil ich hörte, wie mein Freund verletzt wurde.
Ich biss mir auf die Unterlippe, worauf ich erneut versuchte mich auf den Griffen des Typen zu zerren. Als er mir nicht loslassen wollte, wurde ich mit einem Mal wütend und ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben, winkelte ich meinen Arm an. Intuitiv holte ich aus und stieß ihn zurück, sodass mein Ellenbogen seine Weichteile traf.
Keuchend ließ er augenblicklich von mir ab. Die Luft angehalten, beugte er sich vor und hielt sich seine verbotene Zone.
Ich nutzte den Moment. Von ihm gestolpert, warf ich direkt die Arme auf.
„Tut, was ihr nicht sein lassen könnt", rief ich ihm zu, worauf ich mich von ihm wegdrehte. „Lasst Jungkook los!"
Auch das rief ich, bevor ich auf die Jungs zulief, die noch immer auf einen einzigen Mann einschlugen. Ohne mir weiter Zeit zu lassen, schubste ich einen von ihnen, bevor ich mich auf Jungkook runter stürzte. Der Blonde wollte gerade wieder mit seinem Bein ausholen, als er zurück stolperte, weil er mich nicht treffen wollte. Oder durfte... Der, der Jungkook am liebsten umbringen würde, ging auch zurück.
Außer Atem sahen sie einander an, während ich mich schützend vor Jungkook kniete. Zwischen ihnen hergesehen, konnte ich erkennen, wie der Blonde verärgert zu seinem Kollegen zurück schaute.
„Han. Du hattest einen Job!", keifte er.
„Ich weiß, Felix! Sie wehrt sich aber total!", rief er zurück.
Dabei bemerkte ich, dass er sich gerade erst aufrecht stellen konnte.
„Immer muss man alles alleine machen.", knurrte Felix, als er zu mir sah.
Aus großen Augen zu ihm aufgesehen, realisierte ich, dass er mich gemeint hatte. Er bewegte sich, sodass ich wusste, er wollte auf mich zukommen.
„Nein, nein, nein!", legte ich meine Arme um Jungkook und klammerte mich regelrecht an ihn.
Die Augen zusammengekniffen, hoffte ich, er würde mich nicht von ihm trennen. Ich hörte, wie schwer Jungkook atmete, genauso, wie ich spürte, wie er blutete.
Es reichte! Sie sollten ihn in Ruhe lassen!
Je stiller es wurde, desto fester klammerte ich mich um Jungkook.
Doch das war nicht mehr nötig... Eine Stimme, die ertönte, rettete Jungkook nämlich das Leben und ja. Das hatte ich wortwörtlich so gemeint. Die Venoms hätten ihn nämlich getötet...
„Fass sie an und ich richte es ein, dass die Tears heute noch bei euch einmarschieren."
Auf der Stelle den Kopf gehoben und von Jungkook abgelassen, sah ich beiseite, um zu sehen, wer das gesagt hatte. Die Venoms blickten ebenfalls in seine Richtung...
Suga...
Er war gekommen...
Eine unerwartete Erleichterung machte sich in mir breit. Ein Glück war er gekommen...
„Du bist auf unserem Boden, Suga. Pass auf, was du sagst...", neigte der Blonde, der wohl Felix hieß, den Kopf.
Auf ihrem Boden?! Als würde das bedeuten, sie dürften sich erlauben, was sie wollten!
Was für ein Unsinn.
Mit Suga an unserer Seite würden sie nun sowieso zurücktreten, denn... Es war ein Fakt, dass die Tears nun mal die Stärksten unten den Gangs waren und auch die Größten sowie Ältesten. Man fürchtete sie mehr als die Venoms oder die Biker...
„Möglich. Aber wir haben vor zu gehen. Also bitte...", sprach Suga mit sanfter Stimme.
Er wagte es vorzutreten, was die Venoms nur begutachteten. Erst als er vor Jungkook und mir stand, nickte derjenige, der es als Erster auf Jungkook abgesehen hatte.
„Na gut. Aber auch nur, weil wir ihn bereits verprügelt haben..."
„Danke, Jeongin.", räusperte sich Suga, der wohl all die Gang-Mitglieder kannte.
Jeongin, der das Kinn reckte, wirkte genauso kritisch, wie die anderen und... Ich würde behaupten, jeder Venom hatte die selbe Ausstrahlung, die Minho auch hatte.
Naja. Sie waren seine Leute... Was erwartete ich.
„Bedank dich erst, wenn keiner nach dem heutigen Tag plötzlich wütend auf Jungkook ist.", sprach Jeongin.
Dabei könnt ich schwören, sein linker Mundwinkel zog sich auf und eine gewisse Belustigung war in seinen Augen zu erkennen.
Doch Suga begab sich nicht auf die Provokation, die von Jeongins Seite aus beabsichtigt zu spüren war.
„Tschüss.", nickte er nämlich bloß ab.
Die Venoms tauschten einen Blick aus, bevor sie sich anschließend kommentarlos von uns entfernten. Keiner von uns sagte irgendwas oder gab einen Ton von sich, bis sie endgültig verschwunden waren. Erst dann kniete sich Suga zu uns runter.
Während ich aber dachte, er würde Jungkook behutsam versuchen aufzuhelfen, geschah das Gegenteil. Grob griff er nach Jungkooks Oberteil, um ihn auf den Rücken zu drehen, weil dieser zur Seite lag. Mit geweiteten Augen musste ich von dem am Boden liegenden zu Suga sehen, der wütend die Augenbrauen verzogen hatte.
Was war denn jetzt geschehen?
„Was soll das, huh?", zischte er.
Jungkook hielt sich die Arme vors Gesicht. Ich konnte erkennen, wie er versuchte die Augen zu öffnen, aber nicht konnte. Seine Hände waren blutverschmiert und ich konnte vorher sehen, wie er stark aus der Nase blutete. Ich war mir sicher, dass sein Gesicht morgen blau sein würde, genauso wie sein Körper. Seine schwere Atmung deutete darauf hin.
Die Venoms hatten ja auch brutal auf ihn eingeschlagen, ohne Erbarmen.
„Ich rede mit dir, Jungkook!", stieß Suga ihn an, als wäre er nicht verletzt. „Wolltest du nicht über den Beitritt bei den Tears nachdenken? Willst vorher wohl lieber sterben, was? Wie oft soll ich dir sagen; leg dich nicht mit den Gangs an!"
Ich zog auf der Stelle die Augenbrauen zusammen.
Was... Hatte er da gesagt? Hörte ich etwa richtig?
Von Suga zu Jungkook gesehen, der bloß auf hustete, schaute ich wieder zu Suga. Dieser wirkte noch immer wütend, doch erwiderte meinen Blick seufzend, worauf er die Stirn kräuselte.
„Was ist?"
„Ein... Tear?", fragte ich verwundert.
Jungkook wollte ein Tear werden? Seit... Wann? Er verabscheute doch die ganzen Gangs und ihre Angelegenheiten erst recht. Warum wollte er auf einmal bei den Tears beitreten? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn!
Noch viel weniger ergab für mich Sinn, dass Suga da anscheinend mitwirkte. Wann hatte er mit Jungkook darüber geredet? Versuchte er ihn etwa zu verleiten?
„Wieso so überrascht?", fragte Suga, der meine Reaktion wohl nicht erwartete.
Dabei wusste ich nicht, wieso er das nicht kommen sah.
Jungkook war... Nicht so. Er gehörte nicht in diese Welt. Dafür war er viel zu... Rein. Viel zu unschuldig... Das war nicht seine Welt, nein. Erst recht nicht, nachdem seine Mutter starb. Er durfte bei den Tears nicht beitreten. Wollte er seinen Streit mit den anderen Gangs etwa verstärken?
Das war doch dumm!
„Du kannst ihn nicht einfach zum Tear machen!", sprach ich zu Suga.
Dabei merkte ich, wie mich die Situation negativer beeinflusste, als ich dachte. Ich dürfte eigentlich gar nicht wütend werden, aber... Aus irgendeinem Grunde hatten die Gefühle nun mal über mich dominiert.
„Er will das doch selber, Lope.", zog Suga verwundert die Augenbrauen zusammen.
„Das wird seine Probleme aber nicht lösen.", schüttelte ich den Kopf.
War ich dir Einzige, die nachdenken konnte? Man konnte Jungkook doch keinen Frieden versprechen, wenn nach seinem Beitritt alles schlimmer werden würde. Oder?
„Doch wird es! Die Biker wollen keinen Stress mit den Tears. Wenn Jungkook einer ist, wird er beschützt. Dasselbe wird für die Venoms gelten."
„Wie kannst du ihm so eine Scheiße einreden?", fragte ich fassungslos, da ich wusste, er redete Jungkook das genau so ein. „Mal daran gedacht, dass sie es dann provozieren würden?"
Suga warf einem Arm auf, während er die Augen rollte.
„Was soll ich denn sonst tun?", hob er eine Augenbraue. „Dir zugucken, wie du versuchst mit ihm zu reden? Hyunjin zusehen, wie er versucht Jungkook von der Bar zu zerren? Jimin beobachten, wie er nichts tut? Zusehen, wie verzweifelt Namjoon ist?", neigte er den Kopf. „Anders kann ihm nicht geholfen werden. Das verstehst du nicht."
Er sah beiseite.
Ach. Dachte er das? Glaubte er etwa, nur weil er selber seine Mutter verlor, konnte er Jungkook am besten helfen?
Was für ein Blödsinn... Er hatte keine Ahnung, was gut für Jungkook war. Er wusste damals selber nicht, was das Beste für ihn war...
„Dann kläre mich doch auf!", verschränkte ich die Arme vor der Brust.
Das ließ ihn wieder zu mir sehen.
„Er ist wütend, Lope", zischte er. „So, wie ich es damals auch war. Wenn ich ihm jetzt damit entgegen komme, wird er erreichbar sein und Licht am Ende des Tunnels sehen. Wenn ihm jetzt aber keiner mit Hoffnung kommt, wird er abrutschen."
„Jungkook hasst die Gangs...", knirschte ich mit den Zähnen.
Verstand er das denn nicht, wenn ich das so sagte? Sowas war untypisch für meinen Freund. Er konnte die Gangs nicht leiden! Oder hatte er seine Meinung über Nacht etwa geändert?
„Genau. Noch mehr hasst er aber die Tatsache, dass sie über ihn dominieren könnten, was nicht mehr der Fall sein wird, wenn er ein Tear ist."
Über ihn dominieren...?
Über solche Dinge dachte mein Freund nach? Hatte Suga da etwa recht?
Ich sah zu Jungkook, der noch immer so zerbrechlich am Boden lag.
Wollte er wirklich einfach nur Schutz? War dem so...?
Ich kannte Jungkook... Nach seinem Betritt wäre nichts einfach nur gut... Die Geschichte würde weiter gehen...
„Du wirst ihn zerstören.", sagte ich leise.
„Nein. Ich werde ihm helfen. So, wie du wolltest.", sagte Suga, wodurch ich wieder zu ihm sehen musste.
Wollte er mir sagen, damit tat er mir auch einen Gefallen...?
„Das... Wollte ich nicht.", schüttelte ich den Kopf.
Suga atmete aus, als er den Blick hob, sodass wir einander in die Augen sehen mussten.
„Du wirst schon sehen, dass das der richtige Weg ist."
Zwischen seinen Augen hergesehen, nachdem er das sagte, erkannte ich die pure Wahrheit.
Suga hatte das ernst gemeint. Er war der felsenfesten Überzeugung, dass nur das Jungkook helfen konnte; ein Beitritt bei den Tears.
Jungkook, der selber schwieg, war aber ganz sicher auch seiner Meinung.
Na gut... Wenn meine Hilfe dann nicht mehr gebraucht wurde, hatte ich hier doch nichts mehr verloren, oder?
Ohne noch ein Wort zu sagen, erhob ich mich somit. Stumm, weil ich sonst nichts mehr nettes sagen würde, ging ich einfach.
Ich brauchte vorerst Zeit für mich. Für mich alleine...
...
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Mit einem ziemlich genervten Blick schaute ich mich in dem riesigen Saal um. Es fand eine Veranstaltung statt, die von der Kim Familie gegeben wurde. Namjoon war der Planer hinter all dem, der auf die Idee kam, einen ruhigen Abend zu geben, um der aktuellen bzw tragischen Situation etwas Gutes zu bieten. Nach den grauen Tagen sollten die Bunten folgen, weshalb das Motto für heute Peace&Happiness hieß; Ein Motto, für das ich definitiv viel zu schlecht gelaunt war. Ein Motto, auf dem die ganze Jeon Familie anwesend sollte und nicht nur... Mister Jeon.
Jungkook fehlte. Mit ihm Suga...
Das nervte mich total. Das ließ ich mir auch deutlich ansehen. Dabei war mir egal, dass V mir sagte, dass Jungkook alt genug war und machen dürfte, was er wollte.
Dabei ging es mir nicht darum.
Ich... Ich war, verdammt nochmal, nicht sauer auf Jungkook. Oder auf Suga...
Ich war sauer auf Jimin!
So. Jetzt konnte ich es endlich rauslassen!
Denn, ja. Ich war wütend auf Park Jimin...
Ich wusste nämlich, dass, wenn er sich nur etwas Mühe um Jungkook gegeben hätte, dieser nicht auf dumme Gedanken gekommen wäre. Er hätte nicht über den Beitritt bei den Tears nachgedacht.
Vielleicht bildete ich mir das auch ein und Jungkook hätte trotzdem darüber nachgedacht.
Aber ich glaubte... Dass ich ziemlich empfindlich auf das Thema reagierte, weil ich noch so wütend auf Jimin war. Die Wut verging nicht und ich trug sie die ganze Zeit mit mir. Insgeheim wusste ich, dass ich unbewusst all meine alte Wut, die ich ihm widmete, an andere rausließ und jemand, wie Suga zum Beispiel, der eigentlich nichts getan hatte, jetzt darunter leiden musste. Hinzu kam die Auseinandersetzung mit den Bikern, die das einfach bot, nachdem in meinem Gehirn soviel Adrenalin ausgeschüttet wurde.
Aber... Eigentlich... War ich nicht wütend auf die beiden Jungs, sondern auf Jimin. Ja... Hier ging es um Jimin, der sich zu schade war, um für Jungkook da zu sein.
Genau...
Aber mir ging es auch um mich. Ich; diejenige, für die er sich seit Jahren zu schade war.
Intuitiv den Blick gerichtet, landete dieser auf den Mann, an den ich die ganze Zeit bereits denken musste.
Park Jimin.
Er stand in seinem hellblauen Anzug alleine da und hatte bereits sein erstes Getränk in der Hand. Seine Haltung strahlte ein Desinteresse aus, während sein Blick neutral wirkte.
Wie immer.
Ich ballte die Hände zu Fäusten.
Wie mich das provozierte... Seine ganze Art und er selber! Was glaubte er, wer war, dass er sich alles erlauben durfte? Das konnte ich, nein- Jungkook! Der konnte das doch nicht auf sich sitzen lassen. Oder???
Da ich meine Geduld mit Jimin allmählich verlor und sie somit kaum mehr vorhanden war, agierte mein Körper schneller, als ich denken konnte.
Der konnte jetzt was erleben!
„Penelope...? Ist...", sprach V von der Seite zu mir. „Alles in Ordnung...?"
Ohne nochmals zu ihm gesehen zu haben, stampfte ich einfach davon. Ich war gerade nicht in der Lage dazu, ihm zu antworten. In meinem Kopf schwirrte nämlich nur ein Name; Park Jimin.
Auf dem Wege zu ihm, erkannte ich, wie er seinen Kopf zu mir drehte. Er hatte die Augenbrauen gehoben, als er sein Glas beiseite stellte.
Er wusste, weshalb ich angestampft kam...
Sobald ich vor ihm stand, verschränkte ich die Arme vor der Brust. Das Kinn gereckt, sprach ich zu ihm, ohne ihn begrüßt zu haben.
„Wir müssen reden."
Ich hörte heraus, wie stark meine Stimme war und ich sie nicht verstellte, wie ich es gerne tat, wenn ich mich bei Jimin aufhielt.
Doch heute war es anders...
Ich hatte das Gefühl... Ich war endlich ich selber, wenn ich bei ihm stand.
Jimins linker Mundwinkel zog sich hinauf, bevor er beiseite sah.
„Ich will nicht reden."
Ach. Als hätte ich diese Antwort nicht bereits erwartet!
„Ist mir scheißegal", nickte ich und lockerte meine Arme, um direkt nach Jimins Ellenbogen zu fassen, was ihn etwas überrascht zu mir sehen ließ. „Du kommst jetzt mit."
Ich verzog die Augenbrauen streng. Das ließ ihn die Stirn kräuseln, wobei sein Blick fragend wirkte. Er sah zwischen meinen Augen her, doch... Ich erwartete nichts mehr, sondern zog ihn einfach hinter mich her, sobald ich voraus ging.
Überraschenderweise... Wehrte er sich nicht. Jimin ließ mit sich machen.
Ich wollte hier weg. Weg, um an einen ruhigeren Ort zu gelangen, an dem ich entspannter mit ihm reden konnte. Das, ohne Tausende von Augenpaaren, die uns dabei zusahen oder der übermäßigen Lautstärke, die uns nichts hören ließ.
Da ich schon öfter von der Familie Kim eingeladen wurde und die Location mir nicht neu war, kannte ich mich aus. Ich wusste, dass es, wenn es weiter rein ging, Treppen gab, die hinauf führten. Oben befanden sich leere Zimmer, die in der Regel nicht benutzt wurden. Somit steuerte ich auf direktem Wege hinauf; Jimin am Arm.
Oben angelangt, schwenkte ich die erstbeste Tür auf und trat mit Jimin in ein leerstehendes Schlafzimmer. Ich ließ von ihm ab, als wir drinnen standen, worauf ich die Tür hinter mir zuwarf. Daraufhin drehte ich mich zu ihm und schaute ihn aus ernsten Augen an.
Da hob er verteidigend die Arme.
„Okay", nickte er; fast schon beeindruckt. „Und jetzt?"
„Was und jetzt?!", rief ich eingeschnappt. „Kannst du mir mal sagen, warum du so ein Arschloch bist?"
Er ließ seine Arme langsam wieder fallen. Fragend die Augenbrauen verzogen, ließ er die Schultern sacken.
„Was genau möchtest du jetzt hören?"
„Die Wahrheit? Wie wäre es damit? Die schuldest du mir nämlich schon seit drei Jahren!", war ich lauter geworden, ohne es realisiert zu haben.
Dabei erkannte ich, wie in meinem Kopf einiges durcheinander geriet. Obwohl ich eigentlich über Jungkook sprechen wollte, weil Jimin mich mit seinem Verhalten in Bezug auf unseren gemeinsam Freund verletzte, spürte ich, wie verdrängte Gefühle in mir wieder aufkamen.
Für mich war es gerade sehr schwer die Gefühle voneinander zu trennen... Alles vermischte sich ineinander.
Auch Jimin schien das verstanden zu haben, nachdem es eine Weile ruhig zwischen uns war. Er verstand, worum es hier ging...
„Ich schulde dir gar nichts.", hob er die Augenbrauen.
Fast schon herausfordernd...
„Tust du", knurrte ich noch immer wütend. „Und Jungkook schuldest du noch viel mehr!", rief ich nun. „Wie kannst du dich so herzlos verhalten? Hm? Gott, Jimin! Seine Mutter ist gestorben! Hörst du mich? Seine Mutter! Und du weißt, wie sehr Jungkook seine Mutter geliebt hat! Hyunjin wurde beinahe erschossen und...", hielt ich inne, um mir übers Haar zu fahren. „All das... All das macht dir nichts aus? Das geht dir nicht nahe?"
Jimin stellte sich auf, wobei er seine Hände regelmäßig zu einer Faust ballte und sie anschließend wieder lockerte. Während mir das zeigte, dass er nervös wurde, strahlte sein Gesicht eine blanke Gleichgültigkeit aus. Sein Verhalten verwunderte mich, weil ich so nicht wusste, wie er die Situation einschätzte. Dennoch wusste ich, er war am Nachdenken... Meine Worte schienen ihn zu erreichen...
Ich wusste nur noch nicht genau, ob das was Gutes war...
„Bist du wirklich bereit für die Wahrheit?", fragte Jimin plötzlich, was mich die Lippen aufeinander pressen ließ.
Die Wahrheit...? Die Wahrheit worüber? Warum er so war, wie er es nun mal war?
Natürlich! Ich war bereit für die Wahrheit, seit... Seit er wieder zurückkehrte...
Somit nickte ich vorsichtig.
Das brachte ihn dazu mir in die Augen zu sehen und... Zum ersten Mal fühlte sich Jimins Blick für mich nicht einschüchternd an...
„Okay", nickte er ebenfalls. „Die Wahrheit ist...", atmete er aus. „Das mir all das, was du sagst, nichts ausmacht, weil...", nickte er erneut, nur dieses Mal etwas zögerlicher. „Weil... Ich nichts mehr fühle, Penelope."
Sobald er das sagte und den Blick nicht eine Sekunde abnahm, überkam mich eine Gänsehaut, die selbst die Härchen auf meinem Nacken erreichte. Meine Hände wurden eiskalt und... Meine Wut erlosch, wie es eine Flamme tat, über die Wasser gegossen wurde. Meine Wut Jimin gegenüber würde nämlich immer vergehen... Ich knickte viel zu schnell ein, wenn es um ihn ging. Wenn es um seine Gefühle ging...
Was hatte er gesagt...? Er fühlte nichts mehr?
„Nichts mehr fühlen...?", wiederholte ich ihn kleinlaut.
Was meinte er damit? War er gefühlstaub oder wie sollte ich das verstehen? Konnte er schwer einschätzen, was er fühlte? Oder kam wirklich nichts mehr bei ihm an? Erreichte ihn Jungkooks Situation etwa nicht...? Wollte er mir das verdeutlichen?
„Genau. Nichts fühlen.", nickte Jimin.
„Das sagst du mir einfach so...?", fragte ich nach, weil ich verstehen wollte.
„Du willst die Wahrheit doch, oder? Heute kriegst du deine Wahrheit, Penelope. Die kalte, nackte Wahrheit, die du bereits eine ganze Zeit lang kennst. Aber heute darfst du fühlen.", sagte er geradewegs heraus, was mich dazu brachte zu blinzeln.
Was hatte er gesagt?
Ich musste schlucken.
Die Wahrheit, die ich bereits eine ganze Zeit lang kannte...? Wusste Jimin etwa, dass ich sein Geheimnis kannte? Er wusste, dass ich mir allem bewusst war...? Das nahm er etwa einfach so hin?
„Du weißt, dass ich...", gab ich überrascht von mir, als er mich unterbrach.
„Natürlich weiß ich das. War seit Sugas Freispruch kaum mehr zu übersehen und bei den Shins nur eine Bestätigung.", winkte er ab.
Als ginge es hier um ein Stück Brot.
Perplex schaute ich zwischen seinen Augen her, was ihn nur die Achseln zucken ließ.
Also stimmte es? Jimin... Jimin hatte bemerkt, dass ich es wusste? Ihm war bewusst, ich kannte sein Geheimnis...? Ihm fiel mein Verhalten direkt auf...? So früh schon? War ich derartig auffällig gewesen?
Noch viel wichtiger... Ihm machte das gar nichts aus???
„Du bist nicht sauer?", fragte ich fast schon erschrocken, weil ich nicht glauben konnte, worüber wir hier sprachen.
„Nein...", antwortete er mir direkt, als hätte er meine Frage kommen sehen.
Er war nicht wütend... Aber... Warum war er das nicht? Wie konnte er nicht sauer sein, wenn er nicht wollte, dass jemand von seinem Geheimnis wusste?
Ich meinte damit... Selbst ich wäre wütend geworden. Wie konnte er das nicht?
„Ich versteh, warum V mit dir darüber geredet hat. Ich bin auf niemanden wütend.", fuhr er erklärend fort, was mich beiseite sehen ließ.
Jimin wusste, dass V mit mir darüber gesprochen hatte... Er war jedoch nicht wütend... Nicht, weil er glaubte... Er glaubte, sein Cousin hatte es nötig mit mir über Jimin zu sprechen. Daher war er nicht wütend auf seinen Cousin.
Ehrlicherweise erleichterte mich das. Man durfte schließlich nicht vergessen, dass ich die Cousins schon irgendwie belauscht hatte, wobei mich V erwischte und es so zum Gespräch zwischen uns beiden kam. Dadurch wollte ich nicht, dass sie sich stritten, nur weil ich zu neugierig war.
Die Sorgen waren offensichtlich aber umsonst gewesen... Jimin wäre nämlich nie verärgert gewesen...
Ich fühlte plötzlich, wie nah mir das Thema ging, weshalb ich immer weiter versuchte, Jimin emotional näher zu kommen. Ich spürte den Drang... Für ihn da sein zu wollen.
„Jimin... Ich kann dir helfen... Jetzt, wo du weißt, dass ich das auch weiß...", versuchte ich es ruhiger als zuvor.
Doch Jimin schüttelte auf der Stelle den Kopf.
„Nein. Kannst du nicht..."
„Wieso nicht? Lass es mich versuchen...", sprach ich fast schon verzweifelt.
Meine Wut löste sich wie in Luft auf. Jetzt ging es doch nur noch um Jimin...
Er fuhr sich über seine Haare, bevor er etwas weiter zurückging, sodass er vor einem großen Tisch stand und ich noch immer dicht vor der Tür.
Als wolle er sich damit emotional distanzieren...
„Nein.", gab er knapp von sich.
„Warum?!", platzte es frustriert aus mir.
Warum wollte er sich nicht helfen lassen? Was war daran so schwer?!
„Weil...", atmetet er aus, doch sah beiseite, sodass nur noch ich ihn ansah. „Weil ich mich aufgegeben habe. Glaubst du, ich habe es nicht schon versucht?"
Er hatte sich selber... Aufgegeben?
Was sollte das denn bitte bedeuten?!
Das bedeutete... Er erwartete nicht mehr, dass irgendwas in seinem Leben besser werden würde... Dachte er das? Glaubte er, er sei verdammt dazu gewesen, nur traurig zu sein? Befürchtete er das, ja? Dachte er... Er war hoffnungslos? Meinte er wirklich zu glauben, die Zukunft hielt für ihn nichts bereit? Hatte er das damit gemeint?
Das glaubte ich ihm nicht. Nein... Das konnte nicht wahr sein. Nicht, wenn er lebendig vor mir stand und atmete...
„Aufgegeben? So nennst du das?", fragte ich ruhig. „Dann verrate mir mal, Jimin... Wieso bringst du dich nicht um, hm?"
Ich hatte Angst, dass meine Frage grob klang, doch... Dann vergaß ich; Jimin ließ nichts an sich heran. Das bedeutete, ihm machten meine Fragen nichts aus und würden sie es, hätte er schon was dazu gesagt.
Vielleicht sollte ich dennoch emotionalen Abstand wahren... Für ihn...
„Gute Frage, die ich mir selber oft genug gestellt habe...", fing Jimin an, dabei schaute er sich auf die Hände. „Ich... Ich glaube...", atmete er ein. „Ich glaube, ich nehme mir nicht das Leben, weil ich weiß, was es für ein Gefühl hinterlässt, wenn jemand stirbt."
In dem Moment blickte er zu mir auf. Mir wurde augenblicklich übel, sobald ich verarbeitete, was er sagte. Jimin bestätigte mir gerade, dass er sich vom Leben verabschiedet hätte, wüsste er nicht, was ein Verlust in anderen auslösen könnte...
Ich schluckte die Bestätigung runter, als ich durchatmete. Um erstmals von der Nachricht hinweg zu sehen, harkte ich weiter nach.
„Also ist dir klar, was du uns bedeutest?", sah ich zwischen seinen Augen her, die heute ehrlich wirkten.
So ehrlich und zerbrechlich...
„Natürlich.", bejahte er.
„Und trotzdem stößt du uns so ab? Mich...?", zog ich die Augenbrauen zusammen.
Er wusste, wie wichtig er mir war und... Was? Das war ihm egal...? War ich ihm nicht genug...?
„Was soll ich dazu sagen?", hob er die Augenbrauen.
Was er dazu sagen sollte...? Ich wusste es doch auch nicht. Er sollte aber irgendwas sagen! Am besten das Gegenteil von dem, was ich dachte...
„Hoffst du, dass wir dir als Antwort auf dein Verhalten alle den Rücken kehren, Jimin? Damit du einen Grund hast, um dein Leid zu beenden?", wagte ich es meine Gedanken auszusprechen.
„Was tust du, wenn ich das mit einem Ja beantworten würde?", leckte er sich über die Lippen.
In meiner Brust machte sich ein Schmerz breit.
Hasste Jimin das Leben etwa so sehr? War er derartig unzufrieden mit seiner Situation gewesen?
Nicht, dass ich es insgeheim nicht bereits ahnte... All das, was Jimin hier sagte, wusste ich tief im Inneren schon... Das waren Gedanken, die mir öfter mal durch den Kopf gingen. Ich war nicht überrascht, nein.
Doch...
Sie bestätigt zu bekommen... Das brach mir das Herz.
„Wieso nimmst du keine Hilfe an...?", fragte ich, dabei spürte ich, wie ich den Drang dazu hatte zu weinen.
„Wie denn? Mir kann nicht geholfen werden. Wie gesagt. Ich habe es versucht.", hielt er meinen Blick stand.
Als müsste er mir beweisen, dass er auch wirklich die Wahrheit sagte und... Dass ihn nichts davon abbringen konnte.
„Vielleicht fehlt dir die richtige Person dazu...", schluckte ich; das unruhige Gefühl in meiner Brust ignorierend.
Jimin musste lachend die Luft ausstoßen.
„Und du denkst, die bist du?", fragte er und seine Worte trafen mein Herz.
Aber es ging gerade nicht um mich...
„Jimin..."
„Ich will nicht, dass mir geholfen wird, okay? Ich will das einfach nicht.", sagte er, wobei er unruhiger klang.
Er wollte nicht, dass ihm geholfen wurde...? Aber sah er denn nicht, wie sehr sein Umfeld unter seinem Verhalten litt? Wie sehr er litt... Jeder sah, wie sehr sich Jimin veränderte... Alle wollten ihm doch bloß helfen. Alle wollten ihn wieder glücklich sehen. Insbesondere...
„V ist für dich ein Tear geworden.", sagte ich, denn ich dachte an ihn; an denjenigen, der seine Seele für seinen Cousin geben würde, wenn er könnte.
An V, der alles stehen und liegen lassen würde, sobald es um Jimin ging.
Wie konnte Jimin das nicht sehen? Oder reichten ihm die Leute nicht, die ihn liebten?
„Glaubst du das?", kam es plötzlich etwas belustigter aus Jimin.
Das brachte mich dazu die Augenbrauen zusammen zu ziehen.
„Weißt du, Penelope. Ich erzähle dir mal was über meinen Cousinchen", fing er an. „Egal, wieviel er für dich tut- Am Ende geht es um ihn. Er sagt zwar, er sei für mich ein Tear geworden, aber wollte es selbst seit einer Ewigkeit. Er hat nur auf einen Grund gewartet, um es endlich zu tun. Er sagt, er hat sich wegen dir in das Internat geschmuggelt? Nein. Ihm geht es um die Vergeltung. Denn es ist egal, was er tut- Am Ende springt für ihn immer was dabei raus."
Zu Jimins Worten musste ich den Kopf neigen. Wovon sprach er denn jetzt? Wollte er mir sagen, V sei ein Heuchler? Für einen Menschen, der anderen etwas vorlog, anstelle ihnen ins Gesicht zu sagen, was er wollte... Für solch einen Menschen hielt ich ihn nicht.
Was sollten die Lügen über ihn? Was genau wollte Jimin jetzt gerade?
War er vielleicht doch wütend auf V...?
„Das glaube ich dir einfach nicht.", schüttelte ich den Kopf.
„Nicht? Frag ihn doch. V ist nicht so der Typ fürs Lügen. Er wird schon ehrlich sein.", zogen sich seine Mundwinkel auf, als er sich mit seinem Unterkörper an den Tisch stützte.
Die Augen zusammengekniffen, seufzte ich.
„Eigentlich geht es nicht um V."
„Um mich auch nicht", fiel sein Schmunzeln, worauf er den Blick abwandte. „Und, jetzt... Lass uns das Thema begraben. Am besten, für immer, denn ansonsten werde ich mich wieder zurückziehen und ich denke, das möchtest du nicht. Das möchte niemand."
Was war denn plötzlich geschehen, dass er das Thema so schnell abhaken wollte? Hatte ich etwas falsches gesagt? Oder war Jimin einfach nicht mehr danach darüber zu sprechen, wie so oft, wenn er sich abkapseln wollte?
Nur schade, dass er mich heute schwer wieder los wurde. Nicht nur aufgrund meines Gefühlsleben. Jimin hatte sich mir heute Abend geöffnet... Das würde ich so schnell nicht mehr vergessen...
„Irgendwann musst du mit jemanden darüber reden.", biss ich die Zähne aufeinander.
Er nickte meine Worte ab.
„Dieses irgendwann ist nicht heute und der jemand wirst nicht du sein."
Erneut verletzten mich seine Worte, obwohl ich nichts getan hatte...
Dennoch stand ich drüber. Wie immer... Für ihn... Es würde immer nur für ihn sein...
„Und das ist okay...", sagte ich aufrichtig. „Vergiss nicht... Ich wollte dir nie etwas Böses."
Als meine Worte Jimin erreichten, hob er wieder den Kopf an.
„Ich weiß", traf sein Blick auf den meinen und plötzlich erkannte ich nicht mehr die Kühle in seinen Augen, sondern den Schmerz. Den Schmerz, den ich immer für eine Kälte hielt... „Deshalb tut mir mein Verhalten aufrichtig leid, Penelope. Du hast das nicht verdient."
Ja... Ja, da hatte er recht... Ich hatte das nicht verdient. Ich hatte die Art und Weise, wie mit mir umgegangen wurde, einfach nicht verdient. Nicht, nachdem ich immer so nett war. Ich versuchte stets jedem zu helfen. Dass ich so abgestoßen wurde, verdiente ich einfach nicht, nein...
Obwohl ich das wusste und ich die Bestätigung bekam, Jimin wusste es auch, stiegen mir die Tränen in die Augen.
Er hatte sich für sein Verhalten entschuldigt... Auch wenn es nur in einem halben Satz war... Er hatte es getan... Etwas, das ich nach drei Jahren nicht mehr erwartete...
„Jimin...", biss ich mir auf die Unterlippe, um mich zusammen zu reißen.
„Aber... Das passiert, wenn mir jemand zu nahe kommt, wie du jetzt. Ich weiß, dass du das wagst, weil wir mal so gut befreundet waren. Nur... Das, was wir einst hatten...", wandte er den Blick ab, um die dunklen Lichterketten in dem Zimmer zu fixieren. „Die Freundschaft... Ist Vergangenheit. Ich finde... So, wie es jetzt ist... Das ist perfekt so", fuhr er fort, was mich, wie so oft heute, einfach nur verletzte. „So soll es sein."
„Das heißt... Du hast, jedes Mal, wenn du gelächelt hast, was genau getan? Mir etwas vorgespielt?", fragte ich.
Die Tränen füllten meine Augen; jede Sekunde bereit, zu fließen. Um nicht zu weinen, müsste ich mich ja selber belügen. Das konnte ich aber nicht. Jimin verletzte mich dafür zu sehr... Er traf mich genau da, wo es mir am meisten weh tat...
„Ich weiß nicht, was ich getan habe", sagte er ehrlich. „Habe ich versucht etwas zu fühlen? Wollte ich nur meine beste Freundin zurück? Hatte ich Gefallen daran, dass jemand etwas in mir sah, obwohl da nichts war? Wollte ich sehen, wie ich bin, wenn ich für kurze Zeit verdränge und den alten Jimin spiele? Was wollte ich...", er zuckte die Achseln, worauf er wieder zu mir sah. „Das kann ich dir nicht sagen."
Wieder ein Stich im Herzen...
Wollte Jimin mir gerade sagen... Ich bedeutete ihm nichts? Alles, was er mir gegenüber tat, war, weil... Er das für sich tat? Es ging nie um mich...?
„Du...", flossen mir die Tränen bereits der Wange entlang.
„Ich, was, Penelope? Bin ein Arschloch? Hab dich nicht verdient?", hob er eine Augenbraue, während er genau erkannte, dass ich weinte. „Richtig. Jetzt merk dir das für die Zukunft und lass mich endlich in Ruhe."
Mein Herz zog sich schmerzerfüllt zusammen, als er sprach. Ich wusch mir über die Wangen, was absolut nichts brachte...
Ich spürte, wie seine rücksichtslose Art mich nicht nur verletzte, sondern auch wütend machte. Obwohl ich kein Recht dazu besaß, oder...? Ich verlangte seine Ehrlichkeit schließlich...
Hätte ich jedoch gewusst, dass sie so schmerzhaft sein würde... Vielleicht hätte ich mich dann gegen sie entschieden.
„Hast du mich je geliebt, Jimin?", bebte meine Unterlippe.
War ich ihm je wichtig gewesen...?
Meine Frage schien ihn wohl überrascht zu haben, denn... Sein Blick weichte mit einem Mal auf, als seine Schultern sackten. Er sah mir eine ganze Zeit in die Augen, worauf er zögerlich den Mund öffnete.
„Ich kann mich nicht mehr daran erinnern je jemanden geliebt zu haben, Penelope."
Nun konnte ich nicht anders, als verweint auszuatmen. Die Tränen wurden immer stärker und meine Wangen immer heißer.
Ich wusste gar nicht genau, weshalb ich weinte... Weinte ich um Jimin? Weinte ich aufgrund der Tatsache, dass ich nun wusste, unsere Freundschaft hatte sich für immer erledigt? Weinte ich, weil ich ihm wohl nie genug bedeutete oder es werde? Weinte ich, da ich mir dumm vorkam? Oder weinte ich, weil ich wusste, wie die Geschichte letztendlich ausgehen würde?
Warum weinte ich...?
„Wieso sagst du das?", sah ich wieder zu ihm.
Mein Anblick brachte ihn dazu die Augenbrauen zusammenzuziehen. Fast so, als hätte er so eine Reaktion von mir nicht erwartet...
„Nein. Die Frage ist... Wieso kämpfst du so um mich?", fragte er leise.
„Wieso?", warf ich einen Arm auf. „Weil ich will, dass du glücklich wirst, Jimin. Ist das so schwer zu verstehen."
Dieses Mal war er derjenige, der schlucken musste. Er stützte sich vom Tisch ab, um nun aufrecht zu stehen.
Sachte schüttelte er den Kopf.
„Du willst wirklich, dass ich glücklich werde? Oder willst du, dass du selbst glücklich wirst?", fragte er und seine Frage traf mich zutiefst.
Glaubte er wirklich...? Dachte er, ich stand hier... Für mich...? Wäre ich dann nicht viel vorher schon mit der Sprache rausgerückt? Mir ging es nicht um mich. Mir ging es hierbei einfach nicht um ihn...
„Am Ende des Tages tust du das für dich. Nicht für mich.", fuhr er fort.
Sein Blick bohrte sich durch meine Augen. Als wolle er mich erwischen, aber... Da gab es nichts zum Erwischen. Ich tat das nicht für mich...
„Ich tue das für dich...", sagte ich daher so ehrlich, wie es nur ging.
„Nein. Tust du nicht!", wurde Jimin an der Stelle jedoch lauter. Er trat sogar einige Schritte auf mich zu. Derartig rasend machte ihn meine Antwort... „Ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht mehr glücklich werden kann. Ich sage dir, dass du mich in Ruhe lassen sollst, aber du tust es nicht. Was bedeutet das also? Das heißt... Du machst das für dich!"
Zu seinen Worten schüttelte ich den Kopf.
Ihm es gleich getan, trat ich auf ihn zu, sodass wir nur noch einen Schritt voneinander entfernt standen.
Ich fasste nach meiner Brust, als ich den Mund öffnete. Ich versuchte so aufrichtig wie möglich zu wirken.
„Ich tue das, weil ich keinen Menschen aufgebe, den ich liebe, Jimin. Ich weiß, du kannst wieder glücklich werden. Ich. Weiß. Das.", biss ich meine Kiefer aufeinander.
Nun schüttelte Jimin aber den Kopf.
„Nicht, wenn es Schmerz auf dieser Welt gibt. Am Ende des Tages werde ich wieder traurig sein", sagte er ruhig. „Was meinst du, warum ich auf Distanz gehe? Ich habe es satt verletzt zu werden", presste er für einen Moment die Lippen aufeinander. „Die Situation mit Jungkooks Mutter holt alles wieder in mir auf, Penelope... Anscheinend hat das nicht nur mit Frauen was zutun... Ich kann auch mit Männern schlecht. Von nun an distanziere ich mich im Allgemeinen."
Er atmete schwer, sobald er das sagte, worauf er den Kopf beiseite drehte. Er versuchte sich wieder zu fangen, während mir seine Worte durch den Kopf gingen.
Jimin war sich sicher, dass er wieder verletzt werden würde... Zumal er davon ausging, dass der Abstand zu allen Menschen ihm gut tun würde...
Er sagte, die Situation mit Jungkooks Mutter hätte ihn an die entscheidende Nacht auf dem Internat erinnert...
Indirekt bestätigte mir Jimin gerade... Dadurch, dass er Jisoo verlor, hatte er Angst mich zu verlieren. Deshalb ging er besonders mit mir auf Abstand. Andere weibliche Freunde hatte Jimin nämlich nicht.
Ja... Das ergab auf verkorkster Weise sogar Sinn...
Jimin hatte durch seinen enormen Verlust Angst... Noch mehr zu verlieren.
Nun... Wo sich Hyunjins Leben in Gefahr befand und auch Jungkook in Schwierigkeiten steckte, glaubte Jimin, er müsste auch mit dem männlichen Geschlecht auf Abstand, da sie ihm genauso viel bedeuteten, wie die Frauen in seinem Leben...
Ich fing endlich an ihn zu verstehen... Ich verstand, warum Jimin die Distanz bevorzugte. Er hatte nicht nur Angst davor jemanden für immer zu verlieren, weil diese Person starb... Er hatte auch Angst von seinem Gegenüber verletzt zu werden; auf jede erdenkliche Art...
„Aber, Jimin... Keiner möchte dich verletzen. Niemand", sagte ich mitfühlend und verzweifelt zugleich. „Wie hätte ich dich denn je verletzen können?"
„Es hätte eine kleine Abweisung gereicht, Penelope. Mir ging es einfach nicht gut und auch jetzt fühle ich mich nicht gut", drehte er seinen Kopf erneut zu mir. „Das ist meine Art damit umzugehen. Wieso verstehst du das nicht?"
Ich verstand ihn... Wie gut ich ihn doch verstand... Dasselbe fühlte ich nämlich auch, dadurch, dass Jimin sich aus meinem Leben riss...
Nur mit dem Unterschied; Jimin verband vieles mit dem Tod. Er hatte Angst, seine Mitmenschen könnten sterben... Ich hatte nicht unbedingt Angst davor.
„Es liegt nicht an dir", setzte er neu an. „Nicht an dir, nicht an Hyunjin. Nicht an Jungkook. Nicht an V oder an Eliza oder an sonst wen. Es liegt an niemandem. Ich alleine!", zeigte er auf sich. „Ich alleine habe entschieden, dass das das Beste für mich ist. So rutsche ich nie wieder in solch eine Situation. Von nun an erst recht nicht mehr."
Von nun an erst recht nicht mehr...
Genau. Denn von nun an würde nicht nur ich ein Geist für Jimin sein, sondern jeder...
„Ich finds nur hart, wie du uns mit solchen Menschen vergleichen kannst.", sagte ich und meinte die Venoms damit.
Es fühlte sich an, als würde er uns mit ihnen gleich setzen, obwohl er das eigentlich nicht tat. Aber ich konnte nichts gegen meine Gefühle...
„Tue ich nicht", betonte er nochmal. „Ich fand und finde es so nur gut für mich."
„Wenn du dich schützen willst... Oder dein Umfeld... Weshalb wirst du kein Tear, hm?", fragte ich.
Denn... Je länger ich darüber nachdachte, desto weniger ergab das Sinn für mich. Worum ging es Jimin eigentlich? Um uns? Oder um sich selber?
Ich verstand es vielleicht doch nicht... Oder vertauschte ich hier einfach nur zu viel, weil ich nichts mehr objektiv betrachten konnte?
„Wieso ich kein Tear werde? Wirklich Penelope?", zog er fast schon entsetzt die Augenbrauen zusammen. „Weil ich schon mal für das Gute gekämpft habe", stellte er „das Gute" in Anführungszeichen dar. „Und sieh an wie groß der Preis dafür war."
„Vielleicht rettet dich ein Beitritt...", versuchte ich weiterhin zu begreifen.
Jimin seufzte, als er sich wiederholte.
„Ich kann nicht gerettet werden."
„Wenn das so ist... Du nicht gerettet werden kannst und nie gerettet werden wolltest, Jimin... Dir nie etwas an mir lag...", musste ich für einen Moment die Augen schließen. „Wieso warst du auf dem Internat und behauptest du seist mir was schuldig gewesen."
Ich wollte weiterhin versuchen ihn zu verstehen. Ich wollte begreifen, warum Jimin Dinge tat, wie er sie getan hatte, wenn ihm nichts an mir lag.
Denn ich glaubte... Er log bloß. Er log, um sich selber zu schützen und nicht verwundbar zu machen...
„Ist dem denn nicht so?", neigte er den Kopf.
Meine Schultern sackten, sobald er das rhetorisch fragte.
Was sollte das denn wieder bedeuten?
„Ich versteh dich nicht, Jimin."
Er frustrierte mich.
Allmählich ging mir die Kraft für das Gespräch aus. Ich hatte das Gefühl, je mehr ich wusste... Desto weniger verstand ich... Er verwirrte mich, mit jeder Aussage, die er sprach.
Wir machten aus, dass er ehrlich war. Nicht, dass er mich verwirrte...
Bemerkte er eigentlich nicht, wie falsch das alles war? Wenn er keine ganzen Sätze sprach, aber behauptete, mir die Wahrheit zu erzählen? Er schwieg über ganz viele Sachen und... Das machte all das gerade komplizierter. Hatte er denn keine Angst? Keine Angst davor... Wie missverstanden er werden könnte? Wenn er sich nie erklärte?
Aber ich vergaß ja! Ihm war all das egal...
„Soll das also heißen... Irgendwie bedeute ich dir doch was?", wollte ich herausfinden, indem ich meine Fragen präziser stellte und er damit mehr sagen konnte.
Ich wollte wissen, warum er kam. Wieso besuchte er mich auf dem Internet? Das war eine ganz simple Frage, zu der es eine einfache Antwort gab.
Weshalb brauche er so lange, um zu antworten?
„Die Wahrheit, hm...", erinnerte er mich, was ich ziemlich unnötig fand. „Fein...", nickte er. „Ich wäre niemals gekommen, wenn ich nicht wüsste, dass die Venoms da sind und man meine Hilfe benötigt, weil sie vor Ort waren.", erklärte Jimin.
Seine Worte brachten mein Herzschlag durcheinander.
Wie bitte?
Ich zog die Augenbrauen zusammen.
Er kam bloß, weil er wusste... Die Venoms waren ein Problem für uns? Daher kam er vorbei?
Man sagte ihm, Penelope war auf dem Internat; aber das interessierte ihn herzlich wenig.
Sagte man ihm jedoch, Venoms stellen ein Problem dar, man braucht dich; dann was? Kam er? Aufgrund seiner vergangenen Probleme mit ihnen?
Ihm ging es nie um mich...?
„Du lügst.", presste ich hervor.
Hatte er denn keine Angst um mich gehabt...? Würde das seiner ganzen Argumentation nicht widersprechen?
Er hatte sehr wohl Angst um mich...
„Glaub es lieber. Dir wird's dann einfacher fallen damit abzuschließen."
Die Tränen, die nie aufhörten zu fließen, verstärkten sich mit seinen aktuellen Worten nur wieder.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten, als ich ihm einen Schritt näher kam. Jimin sah jedoch bloß neutral zwischen meinen Augen her.
„Du wirst mich nicht los, indem du mich wie Scheiße behandelst oder Müll erzählst. Du tust mir damit nur weh.", zischte ich wütend und verletzt.
Wie konnte er nur so tun, als wären ihm alle egal, ohne sich schlecht fühlen?
Ich konnte das nicht begreifen.
„Es braucht nur einen Satz, um dich aus meinem Leben zu streichen.", hob er das Kinn.
„Ach, ja? Und der wäre?", forderte ich ihn heraus.
Dabei spürte ich, wie sich mein Herzschlag überschlug. Mein Hals tat mir bereits vom ganzen Weinen weh und meine Wangen brannten. Mein Körper zitterte, doch...
Ich stand hier trotzdem. Ich wollte jede Wahrheit kennen.
„Willst du den wirklich hören? Ich würde damit auch deine Beziehung zu V zerstören."
Ach. Auf einmal war Jimin vorsichtig mit dem, was er sagte?
Er konnte mich mal.
„Ich dachte, dir ist alles egal?", hob ich eine Augenbraue.
An der Stelle musste er auflachen. Er zuckte bloß die Achseln, worauf er sich die Hände in die Hosentaschen steckte.
Die folgenden Worte kamen ihm so leicht über die Lippen, dass mir schlecht davon wurde...
„V und ich", atmete er durch. „Haben um dich gewettet.", fuhr er so gleichgültig fort, wie noch nie.
„Was...?", kam es direkt aus mir geschossen.
Plötzlich hielt ich die Luft zum Atmen an. In meinen Ohren ertönte ein Piepen, was mich erst nichts mehr hören ließ. Eine abrupte Panik machte sich in mir breit.
Was hatte er gesagt?
V und er... Hatten um mich gewettet? Was... Was hatte er damit gemeint?
Ich fühlte, wie mir schlecht wurde und mein Magen zu schmerzen anfing.
Das war schließlich der Augenblick, an dem ich zum ersten Mal nicht die Wahrheit hören wollte...
„Als er kam...", fing Jimin frech an, obwohl ich hier noch nichts verarbeitete. „Und sah, wie du eigentlich um mich schwärmst, sagte ich ihm, dass er keine Chance bei dir hätte. Nun", zuckte er die Achseln. „Er lässt sich keine Herausforderung entgehen und so... Hing er dir wie ein Hund am Hintern. Auch ich habe angefangen offenherziger zu werden, nur um ihm zu zeigen, dass du dich immer für mich entscheiden würdest. Das, obwohl mein Herz nicht eine einzige Sekunde für dich schlug."
Mein Mund stand mir offen, während die kalten Tränen noch immer über meine heißen Wangen flossen.
Ich fühlte in meiner Brust einen Schmerz, der so schnell nicht wieder heilen würde. Ich spürte regelrecht, wie mein Herz gerade in zwei Teile brach und anfing zu bluten.
Fassungslos zu Jimin aufgesehen, ließ ich mir seine Worte nochmal durch den Kopf gehen.
Eine Wette um mich...? Vs Beichte darüber, dass er etwas für mich empfand... War also gelogen? Seine Mühen... Mich von Jimin fern zu halten? Jimin, der... Der dreist darauf einging und... Und mich benutzte? Der glaubte, er dürfte sich alles erlauben, was mich anging, weil er mir etwas bedeutete? Beide, die mein Vertrauen brachen... V, der mein Vertrauen ausnutzte... Jimin, der meine Liebe zu ihm schamlos missbrauchte...
Schlussendlich überkam es mich.
Ohne gezögert zu haben, hob ich meine linke Hand, um Jimin meine Handfläche auf seine Wange zu donnern. Dabei klatschte es so laut, dass es hallte.
Sein Kopf flog beiseite und seine Augen rissen sich weit auf, als seine Kinnlade leicht kippte. Er hob seine Hand, um nach seiner Wange zu fassen.
Voller Unglauben sah ich noch immer zu ihm.
„Die habe ich wohl verdient."
Verdient? Oh... Er hatte noch viel mehr verdient.
Meine Hände zu Fäusten geballt, hatte ich endlich die Kraft. Die Kraft, all das rauszulassen, was ich fühlte. Nur... Ich tat es nicht mit Worten, nein. Heute sprach mein Körper.
Ich holte mit den geballten Fäusten aus, nur um sie Jimin auf die Brust zu donnern. Ich fing an wie wild auf ihn einzuschlagen. Ich schlug auf seinen Oberarm ein; ich traf seinen Hals und seinen Bauch. Ich spürte, wie er seinen Körper anspannte, doch mit sich machen ließ. Jimin ließ es zu, dass ich wie besessen auf ihn einschlug. Bei jedem Mal, so hatte ich gefühlt, wurde mein Schlag fester, mein Geheule stärker und meine Stimme lauter.
Ich hatte schon gar nicht mehr aufhören können. Ich hätte bis morgen weitermachen können...
Doch als sich zwei Arme um meinen Bauch schlangen, um mich von Jimin wegzureißen, konnte ich nicht anders, als mit mir machen zu lassen. Meine Hände fühlten sich schon ganz wund und mir ging mit einem Mal die Energie aus. Ich fiel unter Tränen auf meine Knie und konnte nicht anders, als den Blick von Jimin zu nehmen.
Ich konnte ihn nicht mehr ansehen.
Mein Herz ertrug den Grad an Betrug nicht mehr... Nicht heute... Nicht jetzt... Nicht in diesem Augenblick...
„Was ist denn hier passiert?", fragte die warme Stimme, die in das Zimmer geplatzt war, ohne dass ich es bemerkte.
Es war die Stimme von Namjoon...
Ohne es wirklich beabsichtigt zu haben, vergrub ich den Kopf in seiner Brust, da er sich zu mir kniete. Ich konnte regelrecht fühlen, wie er erschrocken zu Jimin aufsah.
Als er keine Antwort bekam, hörte ich nur noch, wie Namjoon Jimin darum bat zu gehen.
Und erst dann... Hatte ich richtig aufatmen können...
———
Hey.
Man habe ich lange auf das Kapitel gewartet! Ich war toxic (bin es noch immer) ABER HIER. In der schlechtesten Verfassung hahahah, BUT HIER.
Joa... Viel passiert und irgendwie auch gar nichts:)
Was sagt ihr zum Beginn? Alles um Jungkook herum und zu Suga, der Jk zu einem Tear machen will? 🤭
Was ist mit Penelopes Reaktion dazu, die ja im Endeffekt zugab, ihre Wut lag an Jimin!
Apropos Jimin... Unser unsichtbare Junge hat in dem Kapitel mal ganz viel gesagt... Dinge, die weh getan haben, aber... Dinge, die der Wahrheit entsprachen.
Jimin sagte viele gemeine Sachen, aber... Das, was erstmal „relevant" ist... Jimin und V haben um Penelope gewettet- oops.
Was sagen wir dazu? Was werden andere wohl dazu sagen, hm?
Mal sehen, nä! Was uns wohl erwarten wird...
Bis dahin... Stay tuned!
In love, N ❤️
Ps. Vergisst nicht, dass die Idols nichts mit den Rollen zutun haben, die ich ihnen gebe! Wer mich aber kennt, der müsste das auch wissen 💪🏼
Jimin ist nicht in echt ein A** genauso wenig wie die Venoms, die ich in dem Kapitel genannt hatte!
Apropos.
Hier sind Fotos zu den Leuten! Die Fotos nur, damit jeder ein Gesicht hat. Ich habe sie ja sehr spärlich beschrieben haha (bzw gar nicht). 😂
Han; der Desinteressierte aus der Gruppe.
Felix; der Blonde.
Jeongin; derjenige, der Penelope und Suga erkannte.
Seungmin; derjenige, der Jungkook an die Wand drückte.
Jetzt kann ich als Gang-Mitglieder auch Ateez droppen, wenn sich das ergibt. YUHU.
Nun denn. ❤️👋🏼
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