29. Das Bett.
(Bild von Penelope Davis)
...
„Ich will mit Eric reden."
Das war das Einzige, das ich sagte, nachdem ich eine Stunde durchgeheult hatte. Ich heulte mir die Seele aus dem Leib, damit der Schmerz, den ich fühlte, erträglicher wurde.
Suga hatte mich von sich gestoßen. Etwas, das ich vorhersah, aber nicht bestätigt bekommen wollte. Er stieß mich von sich, wobei ich die Wut, seine Enttäuschung und die tiefe Kühle in ihm spürte. All die Emotionen waren an mich gerichtet.
Ähnlich, wie bei Jimin vor drei Jahren...
Ich hatte das Gefühl, eine Geschichte würde sich wiederholen. Eine Geschichte, die in mir Gefühle aufwarf, die ich einfach nicht fühlen wollte. Sie entfachte in mir eine Unruhe, die mich verärgerte. Eine Unruhe, die mit einer Unsicherheit verbunden war und mir sagte, dass ich Suga nun verlor. Diese dunklen Emotionen besaßen eine Stimme, die mir regelrecht ins Ohr flüsterten, dass die Beziehung zu Suga nun in Trümmern lag, wie mit Jimin. Sie sagten mir, es sei meine Schuld, genauso wie damals mit Jimin. Sie erzählten mir, dass meine Schuld dieses Mal jedoch klar zu sehen war. Sie redeten mir ein, ich könnte keine Bindung aufrecht erhalten, weil ich dafür bestimmt war, alles in die Verdammnis zu ziehen. Ich war dazu bestimmt, alleine zu sein... Irgendwann würde mich nämlich jeder hängen lassen.
Doch Jin saß an meiner Seite. Er hatte jeden Beamten rausgeschickt, setzte sich zu mir und legte einen Arm um meine Schulter. Er reichte mir ein Taschentuch, strich mir über den Rücken und wich nicht einen Moment von meiner Seite. Er sprach auf mich ein, wobei er versuchte mich zu trösten.
Er war für mich da; in einem Moment, in dem ich einen außenstehenden Menschen am meisten brauchte. Er war da...
Jin sagte mir, dass es nicht meine Schuld war, sondern seine eigene und... Obwohl ich das nicht so sah, gab ich zu, dass an dem Sprichwort geteiltes Leid ist halben Leid etwas wahres dran war. Ich fühlte mich so wenigstens nicht alleine.
Er versuchte mir meine Sorgen zu nehmen, indem er sagte, dass er alles dafür tun würde, damit sich die Situation wieder legte. Daraufhin erzählte er mir Geschichten über seine täglichen Geschäfte, um mich etwas abzulenken.
Er gab sich große Mühe...
Daher tat es mir leid, dass ich ihn nur anschwieg, bloß um dann zum Schluss mit Eric zu kommen. Ich war unverschämt, zumal Jin das nicht verdiente.
Aber ich musste auf Eric rumhacken...
Im Endeffekt musste ich daran denken, dass das alles sein Verschulden war. Wegen ihm saßen wir beide hier. Wegen ihm musste Suga einen grässlichen Aufenthalt im Gefängnis ertragen, weshalb er so aussah, wie er es tat, obwohl er ein Tear war, den man eigentlich respektieren sollte. Wegen ihm war ich auf dem Internat und wegen ihm hatte ich nun Streit mit Suga.
Mein Gedankengang war unfair, das wusste ich. Anderen die Schuld für etwas zu geben, wofür man selbst die Verantwortung tragen musste, das war nicht richtig.
Nur konnte ich gerade nicht vernünftig denken.
„Eric?", wiederholte Jin mich, als er seine Hand von mir nahm. „Du kannst gerne mit ihm reden, Liebes. Er ist sicherlich noch hier."
„Bring mich zu ihm.", wischte ich meine Tränen unter Wut weg.
Es war immer dasselbe. Ich war ständig wütend, nachdem ich traurig war...
Jin hatte genickt, als er sich erhob. Er streckte die Hand nach mir aus, die ich dankend entgegen nahm. Freundschaftlich drückte er diese fest, bevor er mir sachte aufhalf und wir gemeinsam aus dem Zimmer traten. Handhaltend führte er mich durch die Gänge. Dabei spürte ich die Augen im Nacken, die uns dabei beobachteten, wie wir zielstrebig durch die Türen gingen. Eigentlich hatte Jin nämlich keinen Zugang, doch zugleich fragte ich mich für einen Augenblick, ob er das sehr wohl hatte, da niemand ihn zu stoppen wagte. Als hätte er jede Berechtigung dazu...
Vor einer bestimmten Tür hielt er inne. Einer Tür, die ähnlich aussah, wie die, hinter der Suga saß... Grünschwarz, wobei sie glänzte, wie Edelstein.
„Hinter dieser Tür befindet sich der Übeltäter.", sprach Jin.
Er sah zu mir und ohne seinen Blick zu erwidern, ließ ich von seiner Hand ab, um nach der goldigen Türklinke zu fassen. Ich spürte, wie das Innere in meiner Brust vor Wut zu explodieren drohte. Daher ließ ich sie Oberhand gewinnen, wodurch ich einfach die Türklinke runterdrückte. Das nur, um anschließend in einem Zimmer anzugelangen, indem tatsächlich derjenige saß, dem meine Wut gewidmet war. Dem Jungen, der an einem Tisch in Handschellen saß, ähnlich wie Suga...
Eric Son.
Er schien wohl gewartet zu haben...
Ich atmete stark aus, was dazu führte, dass er direkt zu mir aufsah. Da trafen seine blauen, kalten Augen auf mich. Doch sobald er realisierte, wer ich war, senkte er den Kopf wieder.
Diese Geste... Diese ignorante und selbstgefällige Geste, weil er mich für selbstverständlich nahm, machte mich noch wütender.
Wieso konnte er mich nicht ansehen? Warum konnte er nicht zu mir sprechen? Weshalb war mein Erscheinen ihm so egal?
Die Zähne zusammengebissen, ging ich auf den Tisch zu und haute meine Hände auf die Oberfläche. Das brachte ihn dazu zusammenzuzucken.
„Du Penner!", schrie ich. „Wieso schaust du mir nicht in die Augen, huh? Eier verloren?!"
Plötzlich schossen mir Erinnerungen durch den Kopf. Erinnerungen daran, wie er mich verletzte. Wie er meinen Bruder verletzte... Wie er es war, der meine Fotos veröffentlichte. Wie er dafür sorgte, dass ich aufs Internat musste. Wie er es war, wegen dem Suga litt...
Er tat mir so viele Dinge an, über die ich einfach hinweg schaute... Er hatte mir so weh getan und ich hatte deshalb nie für mich gesprochen...
Doch heute kam der Tag. Heute entschied ich mich dazu, mal für mich gerade zu stehen.
„Sieh mich an!", schlug ich auf den Tisch. „Du sorgst für so viele Probleme und jetzt fehlt dir die Mut, um mich anzusehen?!"
Ich beugte mich zu ihm vor, aber... Er mied noch immer meinen Blick.
„Und?! Was hattest du von all dem? Von dem Verprügeln und dem Versenden der Fotos?! Du bist nämlich jetzt derjenige, der hier sitzt! Wie fühlt sich das an, huh? Der zu sein, der leidet?! Der, der verliert!"
Dass ich schrie... Tat mir gut. Es erleichterte mich, dass ich all meine angestaute Wut in Bezug auf ihn freien Lauf lassen konnte.
„Sieh mich an!", schrie ich wieder.
„Penelope...", spürte ich, wie Jin sich hinter mich stellte, doch ich ignorierte ihn.
Stattdessen sah ich noch immer fixiert zu Eric. Er presste die Lippen aufeinander, bevor er endlich zu mir aufblickte. Seine eisblauen Augen trafen auf meine.
Er musste hart schlucken.
„E...", öffnete er seinen Mund. „Es tut mir... leid. Wirklich. Ich... Wusste nicht, dass das so schlimm sein würde..."
„Es tut dir leid?", musste ich mich erschrocken aufstellen. „Was genau, hm. Was genau tut dir leid? Dass wir verprügelt wurden? Dass jeder meinen Körper sehen konnte? Dass ich im Internat war? Dass jemand für deine Taten ins Gefängnis kam? Was, Eric? Was genau?!"
Ich zog die Augenbrauen zusammen, da ich ihm keinen Glauben schenkte. Ich nahm seine Entschuldigung nicht ernst. Er würde all seine Taten wiederholen, das wusste ich, denn... Hätte es ihm leid getan, hätte er, nach dem er mich gegrabscht hatte, aufgehört. Es käme erst nie soweit.
„Was möchtest du von mir hören? Du wirst mir sowieso nicht vergeben.", sprach er und senkte wieder den Kopf.
Was hatte er da behauptet? Ich und ihm nicht vergeben? Ich würde jedem vergeben, wenn man sich nur die Mühe geben würde! Aber Eric machte nicht den Anschein, als wäre ihm irgendetwas wichtig. Da brauchte er auch nicht so zu tun, als kenne er mich. Als wüsste er, wen ich vergeben würde und wen nicht...
„Du gibst dir nicht einmal Mühe...", sprach ich zwischen zusammengebissenen Zähnen.
Meine Hand zuckte.
Am liebsten hätte ich ihm eine reingehauen.
„Penelope...", hörte ich die Stimme von Jin erneut, weshalb ich mich aufgebracht zu ihm drehte.
„Was?!"
„Lass uns von hier fort. Der Junge verdient unsere Konfrontation oder Aufmerksamkeit nicht.", fuhr er ruhig fort.
Er schritt auf mich zu und umgriff meinen Oberarm.
Von ihm wieder zu Eric gesehen, musste ich meine Hände zu Fäusten ballen.
„Mögest du mindestens soviel leiden, wie Suga es tat und mehr als er!"
„Nun komm...", zog mich Jin sachte von Eric.
Ich vermutete, dass das besser so war. Wäre ich nämlich länger geblieben, wäre ich vermutlich durchgedreht und hätte auf Eric eingeschlagen.
Somit war das der bessere Weg...
Ich sollte mich am besten sowieso auf anderes konzentrieren...
Am besten auf Suga... Auf Suga und wie ich das mit ihm gutmachen konnte...
...
Der nächste Tag war angebrochen. Ich hielt mich in der Schule auf. Auf dem Sportplatz, um es genau zu machen...
Der Vorfall von gestern war nun über 17 Stunden her und ja... Ich hatte mich definitiv beruhigt. Das bedeutete aber nicht, dass ich nicht noch immer fürchterliche Schuldgefühle besaß oder traurig war. Doch ich war nicht mehr wütend... Der Zustand verging.
Mittlerweile begann meine furchtbare Selbstkritik, bei der ich gerne strenger zu mir wurde. Ich fing an mich durch die Schuld nicht mehr wirklich in meinem Körper wohl zu fühlen. Dadurch bekam ich den Drang etwas zu tun, damit das Gefühl nachließ. Ich wollte, dass das bedrückende Etwas in meiner Brust verging. Ich wollte, dass mein Gewissen rein wurde... Mit Suga...
Apropos...
Ich blickte hinüber zu den Baseballspielern... Sie waren alle versammelt und redeten wild miteinander. Ich erkannte Jungkook und Hyunjin, die natürlich am lautesten waren. Namjoon stand dicht neben ihnen, wobei sein Arm um Jihyo gelegt war, die die Gesellschaft aller genießen durfte. Jimin stand mit den Jungs im Kreis, doch verhielt sich eher unauffällig, während die Taehyungs versuchten die Großmäuler, Jungkook und Hyunjin, im Gespräch zu verfolgen. Suga stand neben den Geschwistern und wirkte eher abwesend. Fast wie Jimin...
Der Rest der Mannschaft wärmte sich auf. Ich hingegen saß hier auf dem Rasen, wissend, ich war nicht erwünscht. Zudem wollte ich keinen Streit provozieren, weshalb ich mich lieber hintergründig aufhielt.
Sugas Gesicht sah noch immer übel verwundet aus, wobei jeder zweite ihn fragte, woran das lag. Ich hörte, wie ganz viele über ihn tuschelten, wenn sie nicht direkt zu ihm sprachen. Andere lästerten über ihn oder warfen ihm abfällige Blicke zu. Schließlich lebten wir in einer Gegend, in der jeder jeden kannte. Suga besaß noch nie einen guten Ruf und das hatte sich auch nie geändert. Nachdem er nun im Gefängnis war, wurde das nur schlimmer; auch, wenn sie nicht wussten, weshalb er saß.
Es war... Schrecklich.
Dennoch schien Suga auf niemanden wütend zu sein. Er ignorierte sie alle, außer die Sportler. Zu ihnen war er ganz normal. Er schien tatsächlich auf niemanden wütend. Nicht auf Namjoon, nicht auf Jungkook- auf niemanden. Seine Wut richtete sich bloß auf mich. Und nur auf mich.
Bedrückende Erinnerungen kamen in mir auf, weil es mir vor drei Jahren, mit jemand anderem, so ähnlich ging.
Ich zog die Ärmel meiner Bluse lang, bis sie meine Hände bedeckten und senkte den Kopf.
Da musste ich jetzt wohl erstmal durch...
„Mhm. Du sitzt also hier", ertönte eine Stimme dicht neben meinem linken Ohr, wodurch ich aufzucken musste. „Warum. Wieso bist du nicht bei denen?", fragte die Person und als ich zu ihr aufsah, erkannte ich die orangefarbigen Haare.
Minho...
„Was geht dich das an.", schoss es schneller aus mir, als beabsichtigt.
Um meiner Aussage keinen Druck zu verleihen, wandte ich einfach den Blick ab und nahm mir vor, nicht wieder mit ihm zu sprechen.
Lee Minho...
Ich hatte durch den ganzen Stress total vergessen, dass er mit uns aus dem Internat kam. Das hatte er nicht verdient, an der Stelle mal erwähnt... Ich vergaß schließlich nicht, was er mir im Internat androhte und inwiefern seine merkwürdige Gang Einfluss auf Jimins Leben nahm.
Ich fragte mich, wie das mit ihm noch ausgehen würde. Bisher hatte er sich ziemlich unauffällig verhalten... Ob das so bleiben würde?
„Seit Suga zurück ist, bist du wohl nicht mehr erwünscht", erschloss sich Minho von selber, was mich innerlich die Augen rollen ließ. „Die Leute erzählen, dass er wegen dir im Knast saß... Ist das so?"
Ich ignorierte ihn, indem ich einfach auf meine Hände sah, die in den Ärmeln meiner Bluse verschwunden waren.
Das erzählten die Leute also, hm...
Vielleicht sollte ich mir um Sugas Ruf keine Sorgen machen, sondern eher um meinen eigenen...
„Erde an Penelope... Möchtest du etwa nicht mehr mit mir reden?", ertönte seine Stimme erneut.
Auch dieses Mal ging ich nicht auf ihn ein, was sich in Nachhinein als Fehler herausstellen könnte.
„Vielleicht will ja Suga mit mir reden..."
In dem Augenblick schoss mein Kopf zu ihm auf, sodass ich sehen konnte, wie er sich aufrecht stellte und anfing nach Luft zu schnappen. Noch bevor ich ihn packen konnte, rief er bereits.
„Min Yoongi!", hallte seine laute Stimme über das ganze Feld. „Welch eine Ehre dich wieder zu sehen!"
Er musste grinsen.
Ausgeatmet, sah ich von ihm zu den anderen, die allesamt aufmerksam den Kopf hoben. Auch Suga... Er blickte direkt in unsere Richtung, worauf Minho anfing kräftig zu winken. Ich konnte erkennen, wie Suga das Winken mit einem halbherzigen Nicken erwiderte.
Na, super. Jetzt hatte er mich gesehen...
„Komm... Lass uns zu ihnen rüber. Ich habe Lust auf etwas Drama.", sagte er, ohne mich anzusehen.
Was hatte er da gerade gesprochen? Er hatte Lust auf Drama? Etwa... Zwischen Suga und mir???
Fand er das witzig?!
„Kannst du vergessen, Minho."
Ich ging da ganz bestimmt nicht hin.
War ich etwa lebensmüde? Wollte ich mich noch unbeliebter bei Suga machen?
Nein, lieber nicht...
„Steh auf oder ich trage dich dahin.", schaute er zu mir, was mich eine eiskalte Gänsehaut fühlen ließ.
Seine Augen wirkten streng und seine Aussage klar.
Meine Kinnlade kippte.
Was?! Er wollte wirklich, dass ich jetzt mit ihm rüberging, um... Ja... Um, was? Gedemütigt zu werden? Abgestoßen? Ignoriert? Verletzt...?
„Du kannst mich mal.", gab ich gereizt von mir, als ich mich erhob.
Ich hasste Minho. Ich konnte ihn einfach nicht ab.
„Geht doch...", musste er wieder schmunzeln.
Minho ging stolz voraus, wobei ich mir einige Momente Zeit gab, bevor ich kleinschrittig hinterher ging.
Ich bereute es jetzt schon...
Der Orangehaarige vor mir breitete auf der Stelle die Arme, dabei war er so selbstbewusst wie eh und je.
„Du bist zurück...", hob Suga das Kinn an, als wir ihm immer näher kamen. „Dein Bruder wird sich freuen."
Da ließ Minho seine Arme wieder fallen.
Ich konnte spüren, wie Suga mich mied, während er seinem Gegenüber in die Augen sah.
„Lass uns nicht über meinen Bruder reden. Erzähl du lieber, wie's dir geht. Ich scheine eine Party verpasst zu haben.", deutete er auf sein Gesicht.
Das brachte mich dazu beiseite zu sehen; direkt in das Gesicht von Jungkook, der seine Unterlippe verzog. Denn jeder verstand, dass Minho verspielt auf mehrere unangenehme Situationen im Gefängnis hinaus wollte, die Suga ganz sicher begegnete...
„Wohl eher einen Horror-Trip.", gab Suga von sich.
Wissend, ich hörte ihm zu...
„Ich hörte, der ist einem Mädchen zu verdanken.", musste Minho grinsen, sobald ich wieder zu ihm blickte.
Eliza stand direkt neben ihm und scheute sich nicht davor, ihm wegen dem frechen Kommentar ihren Ellenbogen in seine Seite zu rammen.
„Was denn?", tat Minho auf ahnungslos.
„Wie wäre es, wenn wir mit dem Aufwärmen anfangen?", schlug Hyunjin vor, noch bevor Suga etwas dazu sagen konnte.
Er wollte die Lage beruhigen, bevor sie eskalieren konnte.
Die angespannte Luft zwischen uns allen, seit ich aufgetaucht war, war deutlich zu spüren. Dabei wusste jeder, es lag an mir...
„Apropos...", drehte sich Minho dann plötzlich zu Hyunjin, der bloß eine Augenbraue hob. „Du und ich haben noch eine offene Rechnung..."
Ich musste intuitiv die Augenbrauen zusammenziehen, worauf ich automatisch an den Tag unserer Rebellion denken musste, als wir uns auf dem Internat befanden. Hyunjin hatte Minho sowas von provoziert. Dem schien das wohl wieder eingefallen zu sein...
Hyunjin hatte das nie vergessen, wie mir schien, da dieser sich direkt aufbaute, wie immer, wenn es um einen dummen Streit ging, der körperlich ausgetragen werden musste.
Beinahe geriet ich in Panik, da es sich bei Minho noch immer um einen Gang-Mitglied handelte. Er war ein Venom...
Das bedeutete Gefahr und... Ich wollte nicht, dass sich jemand in Gefahr befand. Auch, wenn sich für gewöhnlich keine Venoms in unserem Viertel aufhielten... Sollte nichts riskiert werden. Noch weniger sollte Minho auch nur eine Sekunde über dem Weg getraut werden.
Ich wusste ja, dass alle bloß nett zu ihm waren, weil niemand einen Streit mit seiner Gang wollte. Das war der einzige Grund. Naja. Sein Bruder nicht vergessend.
Doch, wie wir uns benehmen konnten, konnte es Minho nicht, der sich ebenfalls aufrichtete. Seine Brust gehoben und bereit für einen Kampf mit Hyunjin, hätte ich ihn am liebsten dafür gehauen. Denn das hatte er verdient.
Doch soweit kam es nicht. Schließlich standen hier noch drei weitere Tears, die jegliche Auseinandersetzung stoppen konnten, noch bevor sie ausarteten.
Es war V, der Minho an seiner Brust zurück drückte.
„Jin sagte... Du sollst dich benehmen.", sagte er dann schließlich, worauf er seine Hand wieder runter nahm.
Da ging der Orangehaarige zurück.
„Ach, ja! Richtig... Wie hätte ich das vergessen können. Ich Dussel...", seufzte Minho. „Na, dann... Ich hoffe meine alten Sportsachen sind noch im Spind- wenn sie mir überhaupt passen sollten."
Er sah in die Runde, wobei er so tat, als wäre er eben nicht streitlustig gewesen. Während er von dem ein oder anderen einen ernsten Blick erntete, war es Jungkook, der die Situation lockerte.
„Ansonsten trägst du die von Namjoon! Der hat so fett an Muskeln aufgebaut, dass er seine Uniform wechseln musste!", lachte er, obwohl er mit Minho eigentlich nichts anfangen konnte.
Ich vermutete, dass sein Verhalten dem Allgemeinwohl zu verschulden war.
„Ich sehe...", gab der Orangehaarige von sich, nachdem er zu Namjoon schaute, bevor er auch schon aus der Gruppe trat.
Nach ihm ging auch Suga von uns, worauf sich nacheinander jeder einzelne löste.
Nur Namjoon blieb noch neben mir stehen...
„Alles in Ordnung, P?", stellte er sich dicht neben mich.
Im Endeffekt wusste doch sowieso jeder seit heute, was bei mir lief. Was zwischen Suga und mir lief...
Ich ließ meine Schultern sacken.
„Es geht... Und wie geht's dir?"
Er legte seine Hand auf meinen Rücken ab. Tröstend fuhr er über ihn, worauf er den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Vermutlich wollte er mir sagen, dass er mich verstand, wie so oft... Doch, noch bevor es soweit kam, sah er voraus. Seinem Blick gefolgt, konnte ich sehen, wie seine Schuhe von Suga geklaut wurden, weshalb Namjoon zu lachen begann.
„Alter, zieh dir deine eigenen Schuhe an!", rief er und mein Herz zog sich schmerzerfüllt zusammen.
Weshalb hatte Suga keine Probleme mit Namjoon...?
Nicht, dass ich es mir gewünscht hätte!
Ich fand es nur merkwürdig, dass Suga mich keines Blickes würdigte, doch mit jedem anderen spaßen oder zumindest kommunizieren konnte. Er tauschte sich sogar mit Jungkook aus, der eigentlich nicht viel mit Suga anfangen konnte.
Ich freute mich ja für sie alle...
Nur wieso konnte es bei mir nicht auch so sein?
„Suga ist nicht wütend auf dich?", traute ich mich leise zu fragen.
„Hm?", musste Namjoon machen.
Er blickte wieder zu mir und als wäre er aus einem Traum erwacht, nahm er den Arm wieder von mir.
„Oh, es tut mir leid, Penelope. Das war sehr unachtsam von mir, mich während unserer Konversation mit ihm zu unterhalten."
„Schon okay.", gab ich ehrlich von mir.
„Aber, Ehm...", musste er sich räuspern.
Dabei brauchte sich Namjoon nicht zu schämen oder so... Er konnte mir ehrlich sagen, was Sache war. Ich wusste schließlich, dass ich das selber zu verantworten hatte, wie die Situation heute bzw. Allgemein verlief.
„Er ist nicht sauer auf mich", fing er nun an. „Ich Ehm... Wie soll ich sagen? Habe nämlich nie geglaubt, dass er schuldig war und habe ihn deshalb ab und an sogar besucht..."
Ich musste die Augen groß machen, was ihn das Gesicht entschuldigend verziehen ließ.
„Tut mir leid, Penelope. Das fühlt sich gerade an, wie... Als müsste ich dir sagen, dass ich dich verraten habe... Es tut mir aufrichtig leid."
Namjoon... Hatte die ganze Zeit an Suga geglaubt? Er hatte ihn... Sogar besucht?
Ich musste die Lippen aufeinander pressen.
Er hatte genug Vertrauen in seine Freund gehabt, anders als ich... Ich konnte Suga nicht ansatzweise den Glauben entgegenbringen, wie es zum Beispiel Namjoon oder die Taehyungs taten... Ich hatte blind auf die Beweise vertraut und darauf, dass nur er der Schuldige sein konnte, weil für mich alles ins Bild passte.
Ob ich mich dafür schämen sollte?
Tat ich...
„Penelope...", fing Namjoon wieder an.
Daraufhin setzte ich ein breites Lächeln auf, obwohl mir absolut nicht danach war.
„Schon okay!", nickte ich. „Wirklich... Du hast ja alles richtig gemacht... Ich wünschte nur... Ich hätte es auch."
In dem Moment war mir wieder danach zu weinen, doch... Ich riss mich zusammen. Auch als Namjoon mir näher kam, um mich zu umarmen, konnte ich die Tränen innehalten lassen.
Ich hatte bereits genug geweint und... Tränen machten es nicht besser... Richtig?
„Mach dich nicht verrückt, Penelope... Suga liebt dich", sprach er leise. „Versuch einfach öfter mit ihm zu sprechen. Ich bin mir sicher... Seine Wut vergeht."
Ich erwiderte tonlos die Umarmung, worauf ich ihn fester an mich drückte, denn ich brauchte gerade seine Nähe. Eine tröstende Nähe... Meine Nähe brachte ihn dazu über meinen Rücken zu fahren.
Das glaubte er...? Er glaubte, dass... Dass Suga mich genug liebte, um mir zu vergeben? Er dachte... Seine Wut würde vergehen?
Oh. Ich hoffte nur, dass er recht besaß.
„Danke, Joonie..."
„Nichts zu danken, P."
Am liebsten... Wäre ich auf Ewigkeiten in dieser Umarmung verweilt, da sie mir immensen Trost spendete.
Nur leider ging das Leben weiter...
Unser Training stand an.
Seufzend zog ich mich aus seiner Umarmung. Namjoon nickte zuverlässig, als er loslief. Ich seufzte erneut, worauf ich mein Handy hervor nahm, um es ein letztes Mal zu checken. Da erkannte ich tatsächlich, dass ich eine Nachricht bekam. Eine Nachricht von Jin...
Einen guten Tag wünsche ich dir, Penelope. Ich vermute, du hast bereits von den üblen Nachreden gehört, die Suga gerichtet sind. Dazu habe ich mir etwas überlegt.
Ich zog die Augenbrauen zusammen.
Ich schlage eine Veranstaltung vor, auf der eine Handvoll Personen für ihn sprechen könnten, um ihn rein zu waschen. Ich vermute, das sind wir ihm schuldig.
Morgen Abend habe ich Zeit, zumal die Familien in unseren Kreisen einen freien Tag im Terminkalender haben. Was hältst du davon, Liebes? Klingt morgen Abend gut für dich?
Blinzelnd auf mein Handy gesehen, fragte ich mich zum hundertsten mal, was Jin Seokjin täglich durch den Kopf geht. Hatte der Mann überhaupt Zeit zum Atmen??? Soviel, wie er organisierte und plante...
Ich schüttelte sachte den Kopf, um bei der Sache zu bleiben.
Ein Freispruch für Suga... Das... Das fand ich gut. Das fand ich sogar sehr gut. Das würde sich in unseren Kreisen verbreiten... So konnte jeder mithören, dass er unschuldig war und was sein Umfeld wirklich von ihm dachte. Er konnte hören, was ich von ihm dachte und wie wichtig er mir war...
Ich schluckte, als ich nickte.
Klingt gut.
Das schrieb ich Jin zurück, worauf ich mein Handy wieder einsteckte.
Ob Suga überhaupt kommen würde...? Ich hoffte doch!
Ich vermutete... Sobald V, Eliza und Namjoon kamen, war er sicherlich dabei. Solch einen Abend konnte und durfte er sich nicht entgegen lassen, nein.
Ich schaute zu den Baseballspielern rüber, die sich allesamt aufwärmten.
Ich hoffte es zumindest...
„Penelope!", wurde gerufen, wodurch ich aufmerksam beiseite sehen musste; die Mädchen sprachen zu mir. „Kommst du auch mal?!"
Jihyo stemmte die Hände an die Hüften. Geduldig auf mich gewartet, winkte sie mich mit einer Hand zu sich rüber.
Ich nickte bloß, als ich auch schon zu ihnen rüber lief. Ich stellte mich direkt zu Eliza, die mich heute nicht begrüßte. Weder sie, noch ihr Bruder...
„Alles okay?", fragte ich verwundert.
Nur antwortete sie mir nicht.
„Eliza?"
Sie verhielt sich seit gestern schon ziemlich merkwürdig. Ich hatte das Gefühl, sie ging mir aus dem Weg und wollte mit mir nicht sprechen. Genauso, wie ihr Bruder... Eigentlich nervte mich V gerne. Doch seit dem er bei mir zu Hause war, sprachen wir nicht mehr miteinander. Er fragte mich nicht einmal, wie der Besuch bei Suga verlief...
„Hallo? Eliza? Was ist los?!", griff ich nach ihrer Schulter.
Dadurch musste sie zu mir aufblicken. Sobald sich unsere Augen trafen, seufzte sie.
„Frag deine Eltern, P.", gab sie nur von sich.
„Was...?", musste ich verdattert blinzeln.
Sie verzog nur die Unterlippe, als sie von mir schritt und anfing zu laufen.
Ich... Sollte meine Eltern fragen?
Was bedeutete das denn schon wieder?!
...
Eigentlich... Eigentlich hatten meine Eltern und ich Frieden geschlossen. Ja, wirklich. Sobald ich vom Internat zurück war, wurde gesagt, dass wir Vergangenes ruhen lassen wollten, um uns auf die Zukunft zu konzentrieren, die wir besser gestalten mochten. Das war die Rede und bisher verlief alles gut.
Doch dann... Musste mir Eliza Taehyung berichten, dass meine Eltern wohl einen Pakt mit ihren Eltern schlossen... Die Taehyung Geschwister stellten wohl keinen guten Umgang für mich dar.
Dass ich nicht lachte!
Damit hätten sie mal vier Monate vorher ankommen sollen, als ich den Kontakt nicht zu ihnen haben wollte! Nicht jetzt!
Ich verstand den Sinn nicht einmal dahinter. Weshalb war es auf einmal so schlimm, dass ich Kontakt zu ihnen hatte? Konnten wir plötzlich nicht mehr Gras über die Sache wachsen lassen, wie mein Vater so schön sagte...
Wütend war ich regelrecht nach Hause gelaufen, worauf ich die Tür zu meinem Hause aufriss.
Ich hatte genug. Genug von den letzten Tagen. Ich war leicht reizbar und ertrug nicht noch mehr Belastung. Ich würde noch ausbrennen, wenn das so weiter ging.
Daher vermutlich meine Wut, die an anderen Tagen nicht so viel wiegen würde...
„Penelope?", hörte ich die Stimme meines Bruders aus der Stube, auf die ich geradewegs zu steuerte.
Meine Familie saß friedlich auf der Couch.
Mit Sicherheit erwarteten sie meinen Ausbruch nicht...
Etwas unsanft warf ich meine Sporttasche auf den Boden, bevor ich meine Arme ineinander verschränkte. Meine Eltern nahmen auf der Stelle den Blick vom Fernseher, um mich skeptisch anzusehen. Auch Hoseok musste zu mir sehen, wobei er den Kopf schief legte.
„Schwesterherz. Gibt es ein Anliegen, das du mit uns teilen magst?", fragte er.
Mich wunderte es gar nicht, dass er mich fragte... Meine Eltern würden nie den ersten Schritt wagen.
Ich schnaubte auf.
„Ja!", biss ich mir auf die Zunge.
Ich sollte nicht aufschreien. Das würde nur gegen mich spielen.
„Wieso verbieten mir unsere liebevollen Eltern den Kontakt zu den Taehyungs, hm?", betonte ich jedes Wort zickig.
„Ach, daher weht der Wind", lehnte mein Vater sich wieder zurück. „Seit sie an deinem Leben teilhaben, hast du nur Probleme, mein Kind. Wir halten das vorübergehend für die bessere Option."
„Ist das so, ja?", fragte ich zickig. „Und, wann wolltet ihr mir von erzählen?"
Meine Mutter tat es meinem Vater gleich, indem sie den Blick abnahm.
„Finde dich mit der momentanen Situation ab, Penelope. Wir werden die Lage nämlich nicht ändern- vorübergehend nicht."
Sie waren so ignorant! So hochmütig! Wieso gingen sie auf mich nicht ein? Besaß ich denn keine Rechte in diesem Haus?
Total genervt von ihnen verließ ich die Stube, ohne nochmals etwas gesagt zu haben. Das war das beste für alle Beteiligten, wenn niemand wollte, dass ich an die Decke ging und dann Ärger bekam...
Ich wäre am liebsten nach oben gelaufen, um mich wütend aufs Bett zu werfen, doch... Mein Bruder hielt mich gerade noch rechtzeitig im Gemeinschaftsraum ab.
„Penelope..."
Er fasst nach meinem Handgelenk, doch ohne mich von ihm zurückgezogen zu haben, riss ich von seinem Griff, um anschließend erschöpft die Arme in die Luft zu werfen.
„Hoseok, ich kann das nicht mehr", schüttelte ich den Kopf, als ich mir an die Stirn fasste. „Bitte. Lass mich einfach in Ruhe..."
Mein Bruder sah zwischen meinen Augen her, worauf er nach meinem Oberarm fasste. Natürlich ließ er nicht locker... Wie auch? Wir waren Geschwister. Wir würden stets für den anderen da sein, wenn wir gebraucht wurden.
„Hey... Beruhig dich. Du weißt, dass ich nicht gegen dich spiele, richtig?"
Ich atmete tief ein und wieder aus. Auf seine Aussage bezogen, nickte ich. Das stimmte... Hoseok war nicht gegen mich gewesen. Nicht so, wie es meine Eltern waren...
„Beruhigt?", strich er mir sanft über den Arm. „Nimm sie nicht ernst...", flüsterte er. „Das wird schon wieder. Nächste Woche haben sie das sicherlich vergessen..."
Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
Dachte er das wirklich? Dachte er, unsere Eltern würden tatsächlich ein Verbot vergessen?
Niemals. Würden sie nicht... Aber ich wusste, dass Hoseok mich nur beruhigen wollte und... Das gelang ihm auch.
„Ich habe keine Lust mehr auf..."
„Auf Stress. Ich weiß...", nickte er.
Er wollte den Mund öffnen, um weiter zu sprechen, nur gab mein Handy, wie so oft heute, ein Ton von sich. Ich lockerte meine Arme und nahm es hervor.
Sobald ich die Nachricht las, die von Jin kam, trocknete mein Hals schlagartig aus.
Könntest du dich um Suga sorgen? Er muss die Nachricht bekommen, dass morgen eine Veranstaltung für ihn stattfindet. Übernimmst du die Aufgabe?
Ich musste kräftig schlucken.
Ich... Ich sollte zu Suga rüber, um ihn auf das Event aufmerksam zu machen...? Ich sollte ihn darum bitten... Zu kommen? War das von mir nicht etwas zu viel verlangt?
„Was ist los?", fragte Hoseok, als er bemerkte, dass mir jegliche Farbe aus dem Gesicht wich.
Er kam rum und schaute auf mein Handy. Damit las er automatisch die Nachricht seines besten Freundes mit, die mir gewidmet war. Vorsichtig schaute er zu mir, sodass sich unsere Blicke trafen.
„Penelope..."
„Ich kann das nicht!", panikte ich auf einmal, obwohl ich nicht einmal aus dem Haus war.
„Doch... Kannst du.", redete Hoseok auf mich ein.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein..."
„Doch. Doch, du kannst das und das weißt du. Du bist stark genug, um da rüber zu gehen und dem Fettarsch zu sagen, dass er da morgen aufzutauchen hat", nickte mein Bruder, den ich blinzelnd ansah. „Du wirst deine Methoden haben, um ihn zu überreden. Das weiß ich, das weißt du. Er wird auf dich hören, weil Suga immer auf dich hört. Denk dran, Schwesterherz."
Ein unruhiges Gefühl machte sich in mir breit.
Was sagte er? Suga hörte immer auf mich? War er sich da etwa sicher? Warum hatte er mich dann so kaltherzig von sich gestoßen, als ich furchtbar weinte und meine Arme um ihn schlang?
Er reagierte auf meinen emotionalen Zustand nicht... Wie sollte er dann auf einen neutralen reagieren?
Er war verdammt nochmal wütend auf mich und das nahm ich ihm nicht übel! Ich konnte das verstehen. Er hatte jedes Recht dazu...
„Er wird nicht... Auf mich hören."
„Penelope", seufzte Hoseok wieder. „Du wirst das jetzt nicht unversucht lassen. Das darfst du nicht. Oder möchtest du etwa nicht, dass er kommt? Möchtest du nicht, dass seine Lage sich bessert oder die Beziehung zwischen euch beiden? Hm?"
Eine Gänsehaut durchfuhr meinen Körper, als Hoseok diese Frage stellte.
Nicht, weil es mich faszinierte, dass er nach Suga fragte, an dem ihm eigentlich nichts lag und das Einzige, was sie Verband, der Tear Kodex war, nein...
Es war die indirekte Frage, ob es das Wert war... War Suga es mir Wert, rüber zu gehen und ihn dazu zu bringen, dass er kam...?
Ich musste automatisch an Jimin denken. An Jimin, um den ich mir nach einem Jahr keine Mühe mehr gab. An Jimin, mit dem alles mittlerweile in Trümmern lag.
Wollte ich das mit Suga etwa auch?
Ich musste ausatmen.
Nein... Natürlich nicht. Die Situation mit Jimin hatte mir doch gezeigt, dass ich es anders machen wollte und sollte... Dass ich um die Beziehung kämpfen musste... Bevor es zu spät war...
Wieso vergaß ich das ständig?
„Du hast recht..."
„Das wollte ich doch hören", musste er lächeln. „Nun, geh. Kämpfe um deinen Freund."
Ich musste erneut ausatmen, bevor ich nickte.
Um meinen Freund kämpfen... Ja, richtig...
„Danke, Hobi.", sprach ich, bevor ich kehrt machte.
Ich spürte seine Augen in meinem Rücken, die mich stolz dabei beobachteten, wie ich aus dem Hause ging. Er wusste schließlich, wieviel mir an Suga lag und inwieweit mich die Vergangenheit mit Jimin prägte...
Aus dem Haus gegangen, ging ich mit einem unruhigem Gewissen durch die Nachbarschaft, aber ich war sicherer als zuvor. Auch, wenn ich nicht geduscht war, sicherlich unerwünscht und unerwartet kam... War mir das egal.
Ich wollte zu Suga. Woher mein Selbstbewusstsein herkam, wusste ich dann auch nicht ganz genau, aber... Das war gut so.
Suga wohnte nicht weit. Er wohnte dicht neben Jungkook, weshalb ich in schnellen Schritten in fünf Minuten da war.
Total aufgeregt, wobei mir mein Herzschlag bis zum Hals ging, klingelte ich bei Min Yoongi. Erwartend, dass Suga mir die Tür vor der Nase zuschlagen würde...
Sobald sich die helle Haustür öffnete und ich einen verschlafenen Jungen in Jogginghose sah, kam es über mich.
Direkt schlug ich die Hand gegen seine Haustür, worauf ich die Tür aufschwenkte. Ohne eingeladen worden zu sein, lief ich regelrecht ins Haus. Suga war zurück gestolpert, wobei er die Arme weitete.
„Was zum Teufel-", kam es aus ihm geschossen.
Ich hingegen warf einfach die Haustür zu und ging durch die Etage, in der wir uns befanden; direkt in sein Zimmer... Dabei hörte ich, wie Sugas schweren Schritte hinter mir her waren.
Das ignoriert, stand ich vor seiner Zimmertür. Ich riss sie auf, ohne auf ihn gewartet zu haben. Daraufhin setzte ich mich mit großen Augen auf sein Bett und starrte zur Tür, bis er da mit hochgezogenen Augenbrauen schlussendlich stand. Blinzelnd zu mir gesehen, fuhr er sich übers Haar. Er trat vorsichtig in sein Zimmer, wobei ich sah, wie sein Brustkorb auf und ab ging, ähnlich wie meiner...
Ich war nämlich aufgeregt. Aufgeregt, weil ich mich gerade etwas großes traute...
Ich setzte mich auf sein Bett. Auf Sugas Bett...
Suga hasste es, wenn sich jemand auf sein Bett setzte... Er könnte deshalb an die Decke gehen, laut aufschreien und um sich schlagen. Derartig regte ihn das auf...
Ich sagte bereits. Es überkam mich einfach...
„Verflucht, Lope", atmete er aus. „Wieso nervst du jetzt?"
Ich blinzelte, als ich zwischen seinen Augen her sah. Seine Wunden waren dabei kaum zu übersehen, doch gerade konnte ich denen keine Beachtung schenken.
„Ich Ehm... Bin hier, weil..."
„Verschwinde.", sagte er bloß, was mich schlucken ließ.
Ich atmete tief ein, bevor ich neu ansetzte.
„Ich bin hier, weil... Wegen morgen", räusperte ich mich. „Du hast bestimmt von der Veranstaltung gehört und... Wir wollen dich natürlich da haben. Es geht ja um dich."
Suga trat einen weiteren Schritt auf mich zu, bevor er warnend den Finger hob.
„Ich sagte... Verschwinde."
Eine kleine Angst machte sich in breit, weil Suga ernst klang. Seine Körpersprache und seine Augen sprachen für sich...
Doch ich musste hartnäckig bleiben.
Er würde mich sowieso niemals verletzen. Dieses Mal würde ich auf seine Liebe zu mir vertrauen. Auf ihn als Mensch...
„Ich Ehm...", sah ich mich um. „Ich Ehm... Ehm...", erinnerte ich mich an das Bett. „Ich gehe hier so lange nicht weg, bis du morgen kommst!", verschränkte ich die Arme vor der Brust und nahm meine Beine in die Hände, um da nun im Schneidersitz zu verharren.
Da fing er an zu knurren.
„Penelope..."
„Nein.", wandte ich den Kopf ab und sah beiseite.
Vom Blickwinkel erkannte ich, wie er seine Hände zu Fäusten ballte. Daran wusste ich... Er wurde wütend.
„Ich sagte... Verschwinde, verdammt! Komm von meinem Bett runter und nein! Ich komme morgen nicht! Los!", rief er. „Mach schon oder ich trage dich da runter!"
Weiterhin ignorant zur Seite geblickt, ging ich auf ihn nicht ein. Das, obwohl seine laute Stimme mich erschrak. Aber ich ließ mir nicht anmerken...
„Penelope! Steh auf. Du weißt ganz genau, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn", er fuhr sich gestresst über seine Haare. „Jemand auf meinem Bett sitzt! Verdammt."
Ich zuckte mit den Achseln, wissend, ich drückte die richtigen Knöpfe.
„Ich mag es auch nicht, wenn ich einfach ignoriert werde.", sagte ich leise.
Er schnaubte daraufhin.
„Ich. Werde. Nicht. Kommen.", betonte er jedes Wort.
Ich zuckte erneut mit den Achseln.
„Und ich werde nicht aufstehen."
Erst als ich das wiederholte, drehte ich vorsichtig den Klopf wieder zu ihm, um ihn anzusehen.
Da sah ich, wie er den Kiefer aufeinander biss.
„Okay", er nickte. „Das wirst du bereuen."
Nachdem er das sagte, stürmte er aus dem Zimmer.
In dem Augenblick lockerte ich die Arme, doch blieb so sitzen.
Suga war hinausgestürmt... Wie, wenn ich noch auf seinem Bett saß? Wollte er etwa damit bewirken, dass ich dadurch aufstand, weil ich glaubte, er würde nicht wieder kommen? Dann dachte er ja wirklich, dass ich ihn schlecht kannte. Er würde es nicht lange aushalten, weg zu bleiben, weil er wusste, ich saß hier noch.
Nein, nein... Er würde wieder kommen. Da war ich mir sicher.
Ich seufzte absichtlich laut, als ich mich auf sein Bett zurückwarf.
„Ach! Ich habe die Matratze vermisst!", rief ich.
Daraufhin hörte ich, wie er wieder anfing zu stampfen. Er stand direkt wieder vor der Tür, was mich dazu brachte, mich auf meine Ellenbogen aufzustützen.
Er sah mich aus wütenden Augen an, während ich eine Augenbraue hob.
„Und...?"
„Ist okay", er stieß seine Tür so weit auf, bis es nicht mehr ging. „Ich komme morgen. Du hast mein Wort. Und jetzt, steh auf! Geh. Sofort. Ohne dich zurück zu drehen. Das meine ich ernst. Und", klang er streng. „Das bedeutet nicht, dass zwischen uns alles wieder gut ist. Kapiert?"
Ich musste innerlich in mich hinein grinsen.
Es... Hatte funktioniert! Obwohl mein Plan so unbedacht war und ziemlich riskant... Hatte ich Suga am Harken. Er war morgen definitiv dabei und würde auf der Veranstaltung aufkreuzen!
Natürlich war ich nicht völlig zufrieden mit der Situation, weil er immer noch wütend war und nicht den Anschein machte, als wäre er weniger genervt von mir.
Doch... Zumindest hatte ich das Gefühl, dass er mich ernst nahm. Er ging auf mich ein und kam mir entgegen. Das gab mir das Gefühl... Als wäre ich ihm nicht total egal.
„Verstanden..."
———
Hi. Imma back 👀
Mit einem langen Kapitel! Irgendwie ist alles und nichts passiert. Ellenlange Reflexionen, das Gespräch mit Eric, der Sportplatz, Minho, die Gruppe allgemein, Namjoon, Jin, Penelopes Struggle mit ihren Eltern wegen den Taehyung Siblings, Hobis cute Art und Suga 🌚
Und...? Was dazu zu sagen?
Mein Highlight war natürlich das Bett 😂 keine Ahnung, was ich vor zwei Jahren dachte, dass ich über das Bett schreiben wollte, but ja. Haha x.
Nun denn... Ich hoffe, dass das Kapitel euch gefallen hat... 👉👈
Was meint ihr, wie es auf der Veranstaltung aussehen wird, hm? Irgendwelche Erwartungen?
Stay Tuned!
In love, N 💜
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