16. Schuldfrage.
(Bild von Jin Seokjin)
...
Ich konnte gar nicht beschreiben, wie ich mich fühlte. Ich... Fühlte alles und nichts.
Auf der einen Seite... Empfand ich Wut. Wut, weil jeder sich meinen Körper ansehen konnte, obwohl ich das nicht wollte. Man konnte sich über ihn lustig machen oder man konnte sich auf ihn aufgeilen- Zwei Dinge, die ich absolut nicht wollte.
Ich war aber auch wütend, weil ich nicht genau wusste, wer die Fotos versendete. Schließlich war die Nachricht, die ich erhielt, Anonym. Sie wurde von jemand Unbekanntes verschickt. Ich hatte keinen blassen Schimmer, ob die Nachricht zurückverfolgt werden konnte. Dabei durfte ich die Polizei nicht einbinden, weil ich minderjährig war und das bedeutete, ich müsste meinen Eltern davon erzählen.
So kamen wir auch gleich zur Angst. Angst, die ich fühlte, weil meine Eltern jeden Moment durch meine Zimmertür stürmen könnten, um mir eine Standpauke zu halten, bei der es nicht bleiben würde. Es würde nicht dabei bleiben, dass ich Schande über die Familie brachte, nein. Sie würden mich vermutlich verprügeln- Beide. Womöglich würden sie mich sogar rauswerfen...
Dann kam hinzu... Ich spürte Scham. Ich konnte nicht mehr in die Schule, weil ich mich nicht traute. Was würden sie Leute denken? Wie würden sie mit mir umgehen? Wie könnte ich meinen Freunden in die Augen sehen, wissend, sie hatten mich entblößt gesehen?
Das war unmöglich...
Wiederum machte mich das traurig. Dadurch konnte ich sie alle nämlich nicht sehen... Nicht mein Cheerleader-Team... Nicht Namjoon, nicht Jungkook, nicht Hyunjin, nicht Jimin... Die einzigen, mit denen ich mich momentan gut verstand.
Andererseits war das gut, weil ich dadurch Suga, V, Eliza und Jihyo nicht begegnete.
Wie auch immer...
Nun saß ich frustriert in meinem Zimmer. Unwissend, was draußen vor sich ging und wer lachend durch die Straßen lief, weil ich mich nicht mehr raus traute...
Wie sollte ich auch? Ich wurde gedemütigt. Gedemütigt auf eine Art und Weise, wie es nur eine Frau nachvollziehen könnte.
Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Aufmerksam sah ich hoch.
War der Moment etwa schon gekommen... Hatten meine Eltern die Fotos zu Gesicht bekommen?
„Darf ich eintreten?", war es jedoch Hoseok, den ich erblickte.
Meinen Bruder...
Erleichterung machte sich in mir breit. Ein Glück waren sie es nicht...
Ich nickte als Antwort. Daraufhin öffnete er die Tür komplett und ich sah, dass jemand hinter ihm stand.
Es war Jin. Jin Seokjin. Die Arme auf dem Rücken verschränkt, folgte er meinem Bruder in das Zimmer.
„Freut mich dich zu sehen, Penelope.", hörte ich Jin sagen.
Ich schenkte ihm ein halbherziges Lächeln, mit den Hintergedanken, er hatte mich nackt gesehen. Wie jeder andere auch. Verflucht. Ich konnte den Gedanken nicht abstellen...
„Schwesterherz", fing Hoseok an, zu diesem ich aufsah.
Ich bemerkte, dass beide in Jogginghose und Sweatshirt vor mir standen. Als waren sie joggen gewesen.
„Ich sagte dir, ich würde dir da raushelfen. Ich habe versprochen, rauszufinden, wer die Schuld an dem Skandal trägt. Jin kann dabei helfen."
Ich wurde direkt hellhörig.
Seit gestern... Seit der Sekunde, in der die Bombe platzte, verspürte ich keine Energie.
Doch jetzt? Plötzlich war mein Körper wie aufgeladen. Ein funken Hoffnung kam in mir auf, denn Jin... Jin konnte mir helfen. Das bedeutete schon ziemlich viel. Er war nämlich ein Seokjin, somit einflussreich...
Mir war klar, dass sich zwar nicht mehr viel ändern könnte. Die Fotos waren ja im Endeffekt schon raus.
Aber... Wenn ich zumindest wissen würde, wer es war. Einfach, damit ich besser schlafen konnte und für Gerechtigkeit sorgen dürfte...
„Wirklich?", ich sah mit großen Augen zu Jin.
Er trug eine Kapuze über den Kopf, die er aus Höflichkeit abnahm.
Ich hatte ihn lange nicht mehr gesehen... Daher kam seine Schönheit mal wieder so unerwartet. Ich sollte nicht mehr überrascht sein, doch Jin konnte einen mit seinem Aussehen um werfen.
Wie so oft fragte ich mich daher, weshalb er keine Freundin hatte... Nur sollte es mich gerade wenig interessieren...
Eher sollte mich interessieren, dass es stets Jin war, der mir gerne half...
„In der Tat", er nahm sein Handy hervor. „Dir ist vermutlich bewusst, dass ich mit großen Konzernen vernetzt bin, die meiner Familie einige Gefallen schuldig sind"
Wissend, nickte ich, dabei hörte ich ihm aufmerksam zu.
„Ich muss nur einmal bei einem alten Herren anrufen, bei diesem ich mein Smartphone dagelassen habe. Er wird mit Hilfe dessen in fünf Minuten rausfinden können, von wem die Kettennachricht versendet wurde. Du würdest schließlich wissen, wer dir Unrecht getan hat. Vorerst frage ich jedoch, ob ich das darf. Du kannst gerne entscheiden, ob ich das unterlassen soll oder nicht..."
Mein Herz machte einen Hüpfer.
Was sagte er da? Er könnte herausfinden, wer die Fotos versendete? Jetzt, sofort?!
Ich blinzelte heftig.
Klar! Er sollte es tun. Auch, wenn mein Herz raste und meine Hände schwitzten, weil ich Angst vor der Antwort hatte, wollte ich es wissen! Natürlich! Wieso fragte er mich das überhaupt? War meine Entscheidung nicht offensichtlich gewesen?
Beide der Jungs sahen mich erwartungsvoll an.
Ich fing auf der Stelle an zu nicken.
„Bitte! Dann wäre ich deutlich ruhiger...", sprach ich, was Jin das Kinn heben ließ.
„Sei dir jedoch bewusst, dass das eine illegale Angelegenheit ist, in der ich dich einmische."
Ich winkte ab. Das war mir egal. Oder hatte der Schuldige etwa daran gedacht, dass seine Tat ungerecht war? Vor Gericht könnte ich außerdem sowieso argumentieren, dass ich Gerechtigkeit wollte! Es diente als Mittel zum Zweck.
„Ist mir bewusst.", sprach ich.
„Habe ich erhofft zu hören, Liebes, denn", fing Jin an.
Ich wusste bereits, was er sagen wollte, ohne dass er das sagte.
Jin besaß soviel Macht und Geld. Selbst, wenn wir jetzt diese Straftat begingen, könnte er dafür sorgen, dass uns nichts passierte, während der eigentlich Schuldige von Jin höchstpersönlich in Ketten gelegt werden könnte.
Dafür... Bewunderten alle Jin nun mal. Sie bewunderten und respektierten ihn. Keiner traute sich gegen ihn an zu gehen, was verständlich war...
„Ich werde dafür sorgen, dass der Schuldige in das Gefängnis kommt. Natürlich nur, wenn du-"
„Jin, verdammt", ich setzte mich auf. „Ja! Natürlich will ich das."
Jin, der reichste Mann aus der Gegend und einer der reichsten Männer auf dieser Welt, dieser nickte direkt auf mein Befehl. Ich dankte ihm herzlich dafür, dass er bereit war, seinen Status auszunutzen, um mir zu helfen. Schließlich war das nicht selbstverständlich.
Damit wollte ich niemals sagen, dass Jin nur gut genug war, wenn er helfen konnte oder weil er Geld besaß. Jin und ich waren noch immer zusammen aufgewachsen. Er stellte den besten Freundes meines Bruders dar, wobei wir einige Mal ausgingen- auch, wenn wir uns das nicht selber aussuchten. Ich mochte Jin. Das tat ich schon immer.
Die Anderen... Sie mochten ihn nicht. Ich hatte bloß gesagt, dass ich verstand, weshalb man ihn nicht mögen könnte, genauso wie ich verstand, wenn man Hoseok nicht leiden konnte. Das eine hatte aber nichts mit mir zutun. Denn ich... Ich konnte mir ein Leben, in dem Jin nicht regelmäßig in unserem Haus stand, nicht vorstellen. Genauso, wie ich mir nicht vorstellen konnte, dass Jimin auf einmal nicht mehr mein Nachbar war und Jungkook, sowie Hyunjin nicht mehr nur eine Straße weiter wohnten. Ich konnte mir auch nicht denken, dass Jihyo irgendwann nicht da war, obwohl wir uns im Endeffekt nicht verstanden. Dasselbe galt auch für Suga und Namjoon, die auch ewig meine Freunde waren. Sie waren eine gewisse Gewohnheit in meinem Leben. Daran würde sich niemals etwas ändern.
Ich setzte mich auf, als ich erkannte, wie Jin auf sein Handy umher tippte. Es benötigte keine Minute, bevor er sich das Gerät ans Ohr hielt.
Aufgeregt fing ich an mit meinen Fingern zu spielen.
Zu Hoseok gesehen, der ermutigend lächelte, versuchte ich das Lächeln zu erwidern.
Vergebens...
Dafür hatte ich viel zu große Angst davor, wer der Täter oder die Täterin sein könnte... Ich hoffte inning dafür, dass es niemand war, den ich kannte. Das würde mir einiges erschweren...
„Jin hier", hörte ich ihn plötzlich sagen. „Du kannst die Nachricht verfolgen."
Mein Herz machte einen Hüpfer. Ich musste hart schlucken, als ich mit großen Augen zu ihm aufsah.
Ich wünschte mir so sehr, er hätte den Typen an der anderen Leitung auf Lautsprecher gestellt, nur tat er das nicht. Das machte die Situation umso spannender... Dabei versuchte ich krampfhaft an etwas anderes zu denken.
Wie zum Beispiel an...
An die Frage, wieso Jin ihn nicht laut stellen wollte. Bestand er etwa, trotz der Situation, auf seine Privatsphäre?
Hm...
Mir war bisher noch nie aufgefallen, wie geheimnisvoll Jin eigentlich war. Niemand wusste so genau, was er tat, außer von meinem Bruder vielleicht. Ich wusste eigentlich nur, dass er viel unterwegs war und kaum in der Schule anwesend sein konnte, dennoch gute Noten schrieb. Eigentlich konnte er aber auf die Schule scheißen, da das Familienbusiness ihn sowieso rettete. Seine Zukunft war ihm abgesichert...
Auch wusste ich, dass Jin nicht unbedingt kontaktfreudig war. Er hielt sein Freundeskreis sehr klein. Das galt ebenfalls für seine Ansprechpartner. Soviel ich wusste, da ging er nicht einmal mit Mädchen aus. Wieso, tjah. Das wusste ich nicht. Es könnte an seinem Zeitmangel liegen, weswegen er auch nicht immer auf Veranstaltungen anwesend sein konnte oder sogar nachkommen musste.
Ich konnte mir aber auch gut vorstellen, das es daran liegen könnte, dass er Angst hatte. Auch, wenn ihn nicht viele mochten, waren die Mädchen ihm gegenüber dann doch aufgeschlossen. Das lag vermutlich an dem vielen Geld, das er besaß und an dem großen Namen, den er trug. Ich vermutete, dass er deshalb nicht viel mit den Mädchen ausging oder dass das zumindest eines seiner vielen Gründe war.
Das zeigte mal wieder, wie mysteriös er war und dass er sich gerne zurückzog. Jin konnte eben nicht für jeden zugänglich sein und das war in Ordnung. Vor allem, wenn man ihm gegenüber nicht ehrlich sein konnte.
Das war sicherlich hart für ihn...
Ich wurde traurig, als ich wieder zu ihm sah.
Schlussendlich fiel mir wieder ein, weshalb ich hier saß und warum er hier war.
Oh, Mist. Ich hatte mich beinahe in meinen Gedanken in Bezug auf Jin verloren.
„Darf ich fragen, wie weit du bist?", hörte ich Jin fragen, was mich endgültig wieder in Angst versetzte.
Wieso hatte ich Angst?! Ich sollte sie nicht haben. Schließlich konnte nichts schlimmes mehr passieren, oder?
Verdammt. Dann kam diese unerträgliche Wartezeit dazu, die kaum auszuhalten war.
Wie lange brauchte der Typ denn?!
„Bitte? Du hast ihn aufgespürt?", fragte Jin überrascht und sah erst Hoseok an, bevor seine Augen auf meine trafen.
Ich erhob mich, denn allmählich konnte ich nicht mehr sitzen.
„Wer ist es?", fuhr er fragend fort.
Ich konnte es nicht mehr abwarten! Meine Brust fing schon an zu schmerzen, weil meine Aufregung nicht zurückgehen wollte.
Wie könnte sie auch...
Ich versuchte mit allen Mitteln zu hören, was der mir Fremde am anderen Ende der Leistung sagte, doch ich hörte nichts. Ich konnte nur sehen, wie Jin wissend zu nicken begann.
„Ich weiß, wer in diesem Hause wohnt"
Das hörte ich ihn sagen.
Der Kopf meines Bruders schoss in meine Richtung.
Er war mindestens so aufgeregt wie ich, wenn nicht sogar mehr. Wir beide erfuhren nämlich gerade, dass es jemand sein müsste, den Jin kannte. Somit war die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass wir den Schuldigen auch kannten...
„Schicke mir doch bitte die Beweismaterialien zu. Die werde ich sicherlich benötigen...", atmete Jin aus. „Ich werde dich später dann zurückrufen. Danke."
Im nächsten Moment legte Jin auf.
Eine Stille war ausgebrochen, die jedoch nicht lange anhielt.
Ich spürte, wie schwitzig meine Hände wurden, weshalb man denken könnte, ich wäre viel zu aufgeregt, um nachzufragen. Nur besaß ich eine Neugier, die kaum zu bändigen war. Das gleiche galt auch für meinen Bruder. Beide sahen wir Jin dementsprechend an, der keine Worte unsererseits zu hören brauchte, um anzusetzen.
„In meinem Besitz liegt nun der Standort seines Wohnortes und damit ist mir auch sein Name bekannt."
Sein. Es war ein Mann, dem ich all das zu verdanken hatte. Dabei tippte ich insgeheim auf Eliza...
Wer war der Schuldige? Ich musste es endlich wissen...
„Mach es doch bitte nicht zu spannend, Jin.", sagte Hoseok schließlich und ich nickte eifrig. „Sag schon. Bitte..."
Jin verschränkte die Arme auf dem Rücken.
„Dir wird die Antwort nicht gefallen, Penelope... Es tut mir leid, aber...", kurz hatte Jin eine Pause einlegen müssen.
Mein Kopf hielt inne.
Mein Herzschlag raste, wobei ich das Pochen bis in meine Ohren hörte.
Mir war warm, weshalb ich schwitzte, doch zugleich überkam mich eine Kälte, die ich noch nie verspürte.
Ich würde endlich wissen, wer es war...
„Es handelt sich um das Haus der Min Yoongi's...", senkte er den Kopf und mein Blut gefror auf der Stelle zu Eis. „Die Nachricht ist auf dem Handy von Suga zurückzuführen..."
Mit einem Mal senkte sich mein Blutdruck. Das Klopfen in meiner Brust verlangsamte sich, worauf sich ein gewisses Gefühl in mir breit machte. Es war... Enttäuschung. Eine Enttäuschung, die bitter auf meiner Zunge schmeckte. Eine Enttäuschung, die für Risse auf meinem Herzen sorgte...
Suga versendete die Fotos... Er versicherte mir, es niemals zutun und er tat es. Ich stand gestern vor ihm! Er hatte mir eiskalt ins gelogen und behauptet, er hätte die Fotos nie verschickt.
Wie konnte er bloß? Wieso tat er mir das an? Was hatte ich ihm denn getan? Warum war er mir gegenüber so schrecklich gewesen?
Ich spürte, wie ich traurig wurde...
Deshalb hatte ich Angst zu wissen, wer es gewesen ist. Ich wollte nicht hören, dass es jemand war, den ich liebte...
„Bitte?", rief Hoseok erschrocken.
Seine Augenbrauen waren hinauf geschossen. Er wirkte in der ersten Sekunde überrascht, worauf er in der nächsten seine Hände zu Fäusten ballte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Plötzlich wurde er wütend.
„Suga, also... Okay. Offensichtlich will er Krieg. Fein. Das Arschloch wird bereut haben, ihn angefangen zu haben.", knurrte er.
Hoseok wollte sich von uns abwenden und an Jin vorbei, doch sein Freund ließ ihn nicht. Er griff abrupt nach seiner Schulter und schüttelte sanft den Kopf.
Ich beobachtete die beiden nur. Mit Mühen nicht in Tränen auszubrechen.
Meine Gedanken spielten verrückt, genauso wie meine Gefühle. So genau konnte ich noch gar nicht sagen, ob ich die Nachricht verarbeitete. Ich war noch dabei, es richtig auf meiner Zunge zergehen zu lassen...
„Nicht jetzt, Hoseok. Wir müssen klug voran gehen. Ich hab da auch schon eine Idee. Aber", Jin nickte in meine Richtung. „Penelope muss damit einverstanden sein, schließlich geht es um sie."
Ich konnte Jin nicht fragen, was er damit gemeint hatte. Mein Körper fühlte sich schlapp, nachdem er den Namen des Schuldigen hörte. Derartig tief saß die Enttäuschung.
Es war nämlich Suga... Suga, der mir doch soviel bedeutete...
„Ich habe meinen eigenen Plan.", schubste Hoseok seinen besten Freund unsanft beiseite.
Jin wollte es nochmal versuchen, indem er ihn aufhielt, doch mein Bruder war schneller. Er riss meine Zimmertür auf und wollte hinaus stürmen.
Doch...
Fast, wie in einem meiner schlechtesten Albträume, standen sie da. Meine Eltern...
Mein Vater schubste Hoseok nicht gerade sanft wieder in das Zimmer zurück, worauf er eintrat, gefolgt von meiner Mutter. Mein Bruder musste sich schnell vom Schubser fangen, was ihn nicht viel Zeit kostete. Er schien über ihr Eintreffen überrascht.
Anders als ich... Ich hatte nämlich mit ihnen gerechnet. Früher oder später... Wären sie in mein Zimmer gestürmt und ich wusste, wieso... Sie hatten es erfahren...
„Mister und Mrs Davis.", beugte sich Jin leicht vor, um meine Eltern respektvoll zu begrüßen.
Nur wollten meine Eltern nichts mehr weiter hinauszögern. Meine Mutter nickte halbherzig ab.
„Jin, ich bitte doch..."
„Ich verstehe, Mrs Davis", stellte er sich aufrecht, um schließlich ihrer indirekten Anweisung zu folgen. „Ich melde mich.", sagte er noch an mich und Hoseok gerichtet, bevor er ging, wobei er die Tür hinter sich zuschloss.
Beide standen schweigend vor uns.
Ich wusste auch, weshalb keiner von ihnen zu brüllen anfingen... Jin befand sich noch im Haus. Erst, als die Tür ins Schloss fiel, fing meine Mutter an sich zu regen.
„Was hast du nur wieder getan?!", rief sie aufgebracht.
Ich zuckte auf.
Der Ton war viel zu laut für meine Ohren. Zu laut für den Zustand, in dem ich mich mental befand.
„Schande hast du über diese Familie gebracht. Ein erneutes mal.", war es schließlich mein Vater.
Harte Worte, die ich erwartete.
Somit... Schwieg ich. Was sollte ich dazu denn sagen? Etwa, dass ich nicht schuld war? Nichts dafür konnte?
Das war denen doch egal. Fakt war, das Foto war öffentlich. Das war das Einzige, was sie sehen konnten. Ob es mir dabei gut ging oder nicht, das war ihnen egal. Ihr Ruf war ihnen schon immer wichtiger gewesen als ihre Kinder.
„Du elendes Miststück", war meine Mutter auf mich zugekommen. „Du wirst es bereuen, eine Hure gewesen zu sein!"
Ich wusste, sie würde mich nun schlagen wollen. Sie wollte mich windelweich prügeln, das erkannte ich in ihren Augen. Zudem sah ich, wie sie nach ihrem Etui griff, in diesem sie den allbekannten Schlagstock verstaute, der sich klein machen ließ.
Ich wagte es nicht mich zu bewegen. Zum einen, weil die Bestrafung dann schlimmer ausfallen würde und zum anderen, weil mein Vater sie dann unterstützen würde, was wirklich niemand wollte. Seine Schläge waren selbstverständlich schmerzhafter als die von Mutter.
Mit unruhigem Atem beobachtete ich, wie sie den kleinen Schlagstock hervor holte, den sie langsam entfaltete. Dicht vor mir hielt sie schlussendlich inne. Ich bewegte mich aus Furcht vor den Konsequenzen noch immer nicht. Auch nicht, als sie anfing auszuholen.
Auf der Stelle presste ich die Augenlider aufeinander. Ich stellte mich auf einen peitschenden Schmerz in meinem Gesicht oder auf meinem Körper ein, während ich krampfhaft da stand.
Nur...
Kam nichts.
Ich konnte bloß hören, wie meine Mutter ungläubig die Luft einzog. Das ließ mich auf der Stelle wieder die Augen öffnen.
Da erkannte ich ihn dann... Hoseok. Hoseok, der sich allen Ernstes vor mich stellte. Aber das war nicht einmal alles! Er fasste das Handgelenk meiner Mutter, das nach mir ausholen wollte.
Erschrocken schlug ich mir die Hände auf den Mund, worauf ich etwas zurückwich.
Was tat er da?! Hatte er etwa den Verstand verloren? Wollte er sterben?!
„Du wirst sie nicht anrühren, Mutter", sprach Hoseok glasklar. „Nicht, wenn sie absolut gar nichts für die aktuelle Lage kann."
Er hatte ihre Hand leicht zurück gedrückt. Meine Mutter tat aber so, als hätte Hoseok sie geschubst, derartig war sie zurückgewichen. Aus großen Augen sah sie zu ihrem adoptierten Sohn.
Ich schluckte hart.
Was geschah hier gerade? Wieso widersetzte sich Hoseok unseren Eltern? Seit wann tat er solches? War er etwa lebensmüde? Er hatte sowas noch nie getan! Keiner von uns!
„Wie kannst du es wagen, Hoseok?", brüllte mein Vater. „Geh beiseite. Aber sofort!"
Doch mein Bruder hörte nicht auf meinen Vater. Er hörte auf kein Elternteil. Das, zum ersten Mal in meinem Leben.
Stattdessen stellte er sich weiterhin vor mich. Sein Arm war nach mir ausgestreckt, dabei konnte ich bloß gebannt auf seinen Rücken starren.
„Ihr werdet Penelope heute nicht verletzen.", blieb er stur.
Schluckend griff ich nach seiner Schulter, aber Hoseok drehte sich nicht zu mir. Er ignorierte mich und meine Anwesenheit. Für ihn zählten gerade nur unsere Eltern.
„Wenn du nicht aus diesem Hause fliegen willst, gehst du uns aus dem Weg. Ohne Widerrede!", wurde meine Mutter nur wütender.
„Hör auf, Hoseok! Hör auf", drückte ich ihn von mir, weil ich die Ernste aus der Stimme meiner Mutter raushörte und Angst bekam. „Hör bitte einfach auf. Ist schon in Ordnung. Wirklich."
Ich wollte nicht, dass er Probleme bekam. Nicht wegen mir. Er hatte so schon mit total vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil er sich beweisen wollte. Was geschah nun, wenn unsere Eltern ihn rauswerfen würden? Ich könnte es mir nie vergeben.
„Du hast deine Schwester gehört. Werde wieder vernünftig, Hoseok. Geh beiseite, aber sofort, oder du wirst dein blaues Wunder erleben, Freundchen und definitiv wirst du im Anschluss den Namen Davis verlieren."
Mein Bruder sah zu unserem Vater, der das sagte.
Ich wusste nicht, was mit Hoseok los war. Ich hatte das Gefühl, sein Körper wurde übernommen, denn das konnten nicht seine Handlungen sein.
Hatten die Nachrichten über Suga ihn etwa so wütend gemacht, dass er nun nicht mehr klar denken konnte?
Definitiv. Das war nämlich nur der Anfang des Ganzes. Ich erkannte Hoseok kaum wieder...
„Trau dich", sagte er eiskalt.
Allesamt, außer er, zogen in dem
Augenblick scharf die Luft ein.
Was hatte er da gesagt?! Mein Vater... Solle sich trauen?!
„Ihr werdet mich niemals rausschmeißen. Dafür ist euch euer Ruf doch viel zu heilig"
Beide sahen ihn aus erschrockenen Augen an und ich tats nicht anders.
Ohne zu zögern, da zog ich an seinem Ärmel, damit er endlich den Mund hielt, nur tat er das nicht.
Hoseok ignorierte mich einfach, während er versuchte durchzuatmen. Er wollte sich beruhigen, bewegte sich jedoch nicht weg.
Seine Worte... Die hatte er ernst gemeint. Jeder in diesem Raum wusste das.
Er hatte ja auch Recht behalten. Unsere Eltern würden ihn nicht rauswerfen, weil ihnen ihr Ruf wichtig war. Viel zu wichtig, um drüber zu stehen. Deshalb standen sie doch erst hier und führten diese dumme Vorführung auf.
Mein Bruder hatte zum ersten Mal in seinem Leben den Mut, die Wahrheit zu sprechen. Er haute es meinen Eltern eiskalt um die Ohren, ohne sich zu fürchten.
Für mich...
Das berührte mich auf eine Art und Weise, sodass mir beinahe die Tränen in die Augen schossen. Befänden wir uns nicht in solch einer ernsten Lage, hätte ich vermutlich sogar geweint...
„Mutter... Vater...", versuchte es Hoseok nochmal ruhig. „Ihr dürft Penelope nicht für etwas bestrafen, für das sie keine Schuld trägt. Und...", atmete er aus. „Wenn ihr dennoch das Verlangen habt, garantiere ich euch, dass ich nicht von ihrer Seite weichen werde. Ihr müsstet mich dann mit ihr bestrafen..."
„Hobi...", sprach ich leise.
Wie konnte er das sagen? Warum sollte er für mich einstecken müssen? Das war doch schwachsinnig. Das waren meine Angelegenheiten. Ich sollte dafür gerade stehen, nicht er.
„Bitte...", fuhr ich fort.
Erst dann drehte er sich endlich zu mir.
Auf seinen Lippen bildete sich ein schwaches Schmunzeln, worauf er mir stumm seine Hand reichte.
Blinzelnd sah ich auf diese nieder, bevor ich zu meinen Eltern sah, die mehr als angepisst aussahen. Trotzdem griff ich nach der Hand meines Bruders, der versichernd nickte.
Mein Held...
Er hatte es geschafft, dass wir unverletzt aus dem Zimmer kommen konnten. Er beschützte mich vor unseren größten Feinden und er war mutig gewesen.
Hinzukommend machte er mir ein Versprechen, auf das ich unterbewusst viel zu viel wert legte...
„Keine Sorge, Schwesterherz. Ich werde dafür sorgen, dass Gerechtigkeit folgt und dir niemand mehr weh tun wird. Von nun an... Werden uns die Leute Respekt entgegen bringen. Den Respekt, den wir verdient haben. Du wirst sicher sein... Ich verspreche es dir..."
...
Ich verbrachte den restlichen Tag und auch die Nacht bei Jungkook. Ja, bei Jungkook. Einfach, weil ich nicht mehr nach Hause wollte... Ich fürchtete mich, zumal mein Bruder auch nicht da war. Ich wollte nicht alleine sein...
Deshalb verweilte ich bei Jungkook. Eigentlich dachte ich als allererstes an Namjoon, entschied mich zum Schluss aber dann doch dagegen. Ich wollte nicht, dass ich zusätzlich auch noch Probleme mit Jihyo bekam, weil sie Eifersucht empfinden könnte.
Jungkook lud mich außerdem freiwillig ein. Er erfuhr natürlich von dem ganzen Wirrwarr und fragte, wie es mir ging. Da fing ich von selbst an zu erzählen... Insgeheim vermutete ich jedoch, dass Hoseok ihn heimlich dazu beauftragte.
Wie auch immer...
„Ich danke dir nochmal.", lächelte ich und Jungkook, der bis eben auf seinem Bett lag, setzte sich nun auf.
„Immer doch.", grinste er.
Ich dankte ihm so sehr.
Er war nicht parteiisch, wie ich es einst dachte... Er verurteilte mich nicht oder lachte über die Fotos... Er stellte keine unangenehmen Fragen und konnte sehr gut dafür sorgen, dass ich auf andere Gedanken kam.
Naja...
Nur seit heute Morgen gelang es ihm nicht mehr so gut. In der Minute, als meine Eltern mir per Nachricht mitteilten, dass sie für morgen ein Ticket bestellten, da sie mich auf das Internat schicken wollten, war ihm jede Ablenkung misslungen.
Ja... Für mich ging es tatsächlich auf das Internat.
Vielleicht... Besser so. Wenn ich zurück war, hatten dann alle hoffentlich den Skandal vergessen können.
„Ich glaub das immer noch nicht. Du musst wirklich auf das Internat? Du verarschst mich da auch nicht?", fragte Jungkook mit großen Augen.
Vorsichtig schüttelte ich den Kopf.
Ich würde diesbezüglich niemals Witze machen. Meine Eltern auch nicht. Sie hatten es ernst gemeint. Morgen Abend wäre es soweit. Ich müsste weg. Für wie lange, das wusste ich noch nicht. Hinterfragen würde ich das auch nicht. Ich traute mich nämlich nicht.
Außerdem war ich gar nicht zu Hause. Nach heute ging es erst heute Abend. Hoseok schrieb mir, dass er da sein würde, nur deshalb ging ich.
Mal sehen, was uns erwarten würde...
„Wird bestimmt nicht für allzu lange Zeit sein.", versuchte ich es gut zu reden, weil ich wusste, Jungkook wollte nicht, dass ich ging.
Obwohl das vermutlich das Beste wäre. Für alle...
„Wen interessiert hier die Zeit? Jimin war auch nur ein Jahr weg und sieh an, wie er sich verändert hat. Glaubst du, dass Hyunjin und mir das entgangen ist? Jeder weiß, dass er nicht mehr derselbe ist", sprach er. „V und E sind Tears... Sie sind es da geworden! Von Suga sollten wir gar nicht anfangen, oder? Er hat sie seither nicht mehr alle, obwohl er auch vorher schon eine Schraube locker hatte...", er schüttelte den Kopf. „Das Internat verändert einen... Ich will nicht, dass du traurig zurück kommst... Ich kann da nicht noch einmal zugucken..."
Darum bat Jungkook... Ich sollte mich nicht verändern. Ich sollte nicht traurig zurückkommen...
Er sprach indirekt bloß über Jimin. Jeder sprach hauptsächlich nur über ihn. Schließlich hatte Suga, wie Jungkook bereits sagte, auch vorher schon eine Schraube locker gehabt und andere kannten wir nicht zu gut, um etwas beurteilen zu können.
Doch bei Jimin... Er war beliebt, laut und froh. Für Hyunjin, Jungkook und mich war der neue Jimin zu Beginn eine Überforderung. Während die Jungs jedoch besser mit ihm auskamen, musste ich die Veränderung bitter ertragen.
Mir war klar, worum sich Jungkook sorgte. Wirklich.
Nur... Wie erklärte ich es am besten?
Zwar behielt er Recht, wenn er sagte, alle die hin waren, kamen verändert zurück. Aber... Das lag doch niemals am Internat, oder? Das Internat war schließlich ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche. Eltern durften ihre Kinder dort einschreiben lassen, sobald sie nicht über 21 waren.
Ignorierten wir den Fakt, dass die Eltern aus unserem Viertel gerne übertrieben und ihre Kinder teilweise grundlos rüber schickten. Fast wie bei Jimin...
„Ein bisschen übertreibst du schon.", winkte ich ab.
„Übertreiben? Okay. Fein. Themenwechsel", Jungkook schlug sich seine linke Faust in seine Rechte Handfläche. „Wie würdest du es finden, wenn ich Suga's kleinen Arsch vermöble? Ist das auch übertrieben?"
Amüsiert zu ihm gesehen, rollte ich die Augen.
„Jungkook..."
Ich wusste zwar, dass er die Frage insgeheim ernst gemeint hatte, aber er sollte sich mal beruhigen. Jin versicherte mir bereits, sich darum zu kümmern.
Klar reagierte Jungkook aber empfindlich. Als Mensch, rein moralisch, duldete er das, was Suga tat, nicht. Das widersprach seiner Natur und dafür wollte er ihn bestrafen.
Nur lief das so einfach nicht. Das wäre nicht richtig...
„Gibst du mir etwa kein Recht?", raufte er sich über sein verschwitztes Haar.
Er schwitzte. Dabei trug er bloß ein Tanktop in schwarz und eine kurze, weite Shorts in blau. Die Hitze tats ihm wohl wirklich an.
„Jimin hat mir erzählt, wie du auf Suga losgegangen bist. Da warst du dir ja noch nicht einmal sicher, ob er überhaupt der Schuldige war."
Hatte das Jimin, ja? Ich wettete, dass ich Gesprächsthema Nummer eins war. Bei jedem.
Ich seufzte.
„Er wird seine gerechte Strafe schon noch kriegen."
Das hoffte ich zumindest.
„Ach, ja?", Jungkook erhob sich. „Und wie?"
Als sei es geplant gewesen, wurde auf einmal die Tür zu seinem Zimmer aufgerissen. Das, ohne ein Klopfen, ohne eine Vorwarnung, ohne gar nichts.
Ich war erschrocken herum gefahren, genauso wie Jungkook.
Geschockt stellte ich fest, dass auf einmal eine Gruppe von maskierten Männern in seinem Zimmer standen. Sie trugen allesamt eine Rüstung, als würden sie in den Krieg ziehen.
Jungkook baute sich intuitiv vor mich auf, worauf er seinen Körper anspannte.
Ja... Er war bereit gewesen, gegen 10 schwarzgekleideten Hulks anzugehen. Schließlich war er für seine furchtlose Art bekannt. Nichts konnte ihm Angst machen, geschweige denn konnte ihn irgendwer aufhalten.
„Wer seid ihr und was macht ihr hier?", fragte er mit stabiler Stimme, dennoch vernünftig, wobei sich an seiner Statue nichts änderte.
Er war, wie immer, bereit für einen Kampf.
Wieso fiel mir das in letzter Zeit so stark auf? Eigentlich hatte ich es immer gewusst, nur wurde ich viel aufmerksamer dem Gegenüber.
Ein Gedanke sagte mir, dass all die aggressiven Sportarten, die er belegte, nicht gut für ihn waren. Baseball, Ringen, Thai- und Kickboxen, Kung Fu, sowie Bogenschießen- das waren alles Dinge, die die Impulsivität fördern konnten.
Aber halt.
Sah ich denn nicht, was da gerade vor sich ging? Wieso musste ich ständig mit den Gedanken abschweifen?
Ich lugte hervor, um zu sehen, wie die Männer Jungkook stumm beobachten. Das ließ ihn schnauben.
„Mein persönliches Swatteam.", trat auf einmal jemand aus der Menge hervor.
Dieser jemand war...
Jin?!
Automatisch löste sich meine innere Anspannung auf, worauf sich auch Jungkook's Körper entspannte.
Jin tat uns nichts Böses. Das würde er niemals. Er war ein Freund von uns.
Naja... Er war bloß mein Freund.
„Was machst du denn hier?", fragte Jungkook mit strenger Stimme, obwohl er ruhiger wurde.
Das lag daran, dass er Jin nicht sonderlich was abgewinnen konnte. Wie bereits erwähnt... Andere reagierten auf den reichen Jungen nicht unbedingt positiv, selbst Jungkook nicht. Dann kam auch hinzu, dass er hier einfach ohne Erlaubnis hinein stürmte.
„Dir auch einen schönen Tag, Jungkook", grinste Jin selbstgefällig.
Ja, gut. Er machte es den Leuten aber auch nicht wirklich einfach...
„Es handelt sich hierbei um ein Durchsuchungsbefehl. Meine Männer und ich sorgen dafür, dass die Fotos von Penelope aus der Welt geschaffen werden. Dafür benötige ich jedes deiner elektronischen Geräte und ich entschuldige mich gern im Voraus, aber wir werden auch dein Zimmer durchsuchen müssen, für alle Fälle, falls die Fotos ausgedruckt wurden.", erklärte Jin nickend, während seine Männer sich schon zu bewegen anfingen.
Jungkook konnte nicht glauben, was Jin da gerade sagte. Genauso wenig wie ich...
Was sagte er? Er wollte dafür sorgen, dass die Fotos verschwanden? Dafür... Stellte er ein Team auf, welches sich drum kümmerte?
Das war doch viel zu viel verlangt! Sowas wollte ich doch niemals!
„Jin...", kam es überrascht aus mir, nur ignorierte er mich gekonnt.
„Alter. Ich habe die Fotos nicht. Hört auf mein Zimmer zu durchsuchen!", beschwerte sich Jungkook, der auch ignoriert wurde.
Natürlich glaubte ich ihm. Ich glaubte, dass der Junge, bei dem ich die letzte Nacht verbrachte, keine Fotos von mir hatte. Das hätte ich jedem zugetraut, bloß nicht Jungkook. Das passte einfach nicht zu seinem puren Herzen.
Jin war jedoch unaufhaltsam.
Blinzelnd ging ich auf ihn zu, damit er mich nicht mehr einfach ignorieren konnte.
„Wieso, Jin? Das habe ich alles nie verlangt.", kam es mit einem schlechten Gewissen von mir.
Wieviel Zeit nahm all das in Anspruch? Das war nicht fair von mir...
„In der Tat, Liebes, hast du nicht. Ich tue es dennoch", sagte er stolz. „Dabei war ich schon bei den Park's", zählte er auf. „Bei den Taehyung's, den Kim's, den Smith's, den Hwang's und den Valentine's. Ich arbeite mich heute noch durch die Nachbarschaft."
Auf der Stelle fasste ich nach meiner Brust, weil mir das soviel bedeutete...
Jin war bei Jimin zu Hause, bei V und Eliza, bei Namjoon, bei Jihyo, bei Hyunjin und bei Yuna... Dabei wusste ich, hier wohnten noch so einige mehr Familien. Das würde ihn noch mehrere Stunden kosten, wenn nicht sogar Tage!
Das hatte ich nicht verdient. All diese Mühe... Die verdiente ich einfach nicht.
„Wie kann ich dir das je wieder zurückgeben, Jin...", fragte ich verzweifelt, weil ich mir nicht weiter zu helfen wusste.
„Solang du lächelst, hast du mir die Welt geschenkt, Liebes", zwinkerte Jin. „Außerdem darfst du mir noch nicht danken. Ich habe einiges an Arbeit vor mir."
Er war so bescheiden. Ich verstand nicht, wie ihn die Menschen nicht mögen konnten. Jin verdiente mehr Anerkennung. Anerkennung für seine guten Seiten!
„Du bist ein Engel.", musste ich lächeln.
Ja... Er brachte mich zum Lächeln.
„Schön... Du lächelst", nickte Jin. „Macht es dich auch glücklich, wenn ich dir sage, dass ich Suga Min Yoongi festnehmen ließ?"
Die Frage von Jin hatte mich eine eiskalte Gänsehaut fühlen lassen.
Was hatte er getan? Er nahm Suga fest?
So schnell mein Lächeln auch kam, so schnell fiel es wieder.
Suga... Wurde festgenommen. Ihn traf das Schicksal, das er kommen sah, seit seine Mutter starb...
„Oh! Du hast endlich mal was richtig gemacht, Jin!", fing Jungkook lauthals an zu lachen.
Anders als ich... Mir war nicht nach Lachen zumute.
Ich wusste noch nicht genau wieso, aber mich überkamen Schuldgefühle. Schuldgefühle, weil Suga festgenommen wurde...
Ich hatte nicht ein Wort mit ihm gewechselt, um rauszufinden, wieso er das getan hatte und er wurde direkt festgenommen?
Wollte ich das so?
Mein Gefühl sagte... Nein. Ich wollte das so nicht.
Denn... So war ich nicht. Egal, wie unfair er mich behandelte, so war ich einfach nicht. Ich wollte mit ihm sprechen. Ich wollte wissen, warum er das getan hatte. Ich musste erfahren, was ich ihm antat, damit er so handeln musste.
Ich durfte ihn nicht blind ins Gefängnis wandern lassen. Das konnte ich nicht...
„Nein, Jin", ich schüttelte den Kopf. „Ich will das nicht."
Als ich das sagte, musste Jin die Augenbrauen zusammen ziehen. Jungkook neben ihm, der musste die Augen weiten. Beide konnten nicht glauben, was ich da sagte.
„Bist du verrückt geworden, P?", fragte Jungkook und Jin knüpfte an. „Aber, wieso möchtest du das nicht?"
Erschöpft von den letzten Tagen, strich ich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich seufzte.
„Ich will vorher mit ihm reden."
Mir war bewusst, keiner würde es verstehen. Ich verstand es ja selbst kaum.
Die einzige Begründung für mein Verhalten wäre... Ich war einfach so. Meine Natur sagte mir, ich musste erstmal mit ihm reden, die Situation beleuchten und dann durfte ich entscheiden. Ich konnte keinem blind etwas antun. Nicht mal den Leuten, die ich so richtig hasste oder den Leuten, die mir Unrecht taten... Im Nachhinein würde ich es nur bereuen...
„Ich kann sofort ein Treffen arrangieren, wenn du magst.", schlug Jin vor.
Das brachte Jungkook dazu den Arm ungläubig auf zu werfen.
„Man. Suga hat eine einzige Anzeige gefehlt, damit er endlich da sitzt, wo er sein sollte. Diese Tears gehören doch alle weggesperrt!"
Ich wusste nicht, weshalb Jungkook auf einmal nicht mehr so gut auf Suga oder den Tears zu sprechen war, aber das war gerade nicht wichtig. Wichtig war, was Jin mich fragte.
„Nicht heute.", bat ich.
Ich brauchte nämlich Zeit zum Nachdenken. Ich musste exakt überlegen, welche Fragen ich Suga stellte und was ich vom Gespräch mitnehmen wollte.
„Fein...", spitzte Jin die Lippen. „Aber du sollst wissen, dass ich bereits Gespräche führen ließ. Ich habe Eliza, V und Jihyo auch festnehmen lassen. Es gab vier Aufnahmen. Eliza und Jihyo gaben zu die Fotos geschossen zu haben, sagten aber, sie hätten sie nicht versendet. V erzählte, dass er bloß von allem wusste, nur nichts dagegen unternahm aufgrund des Tear-Kodexes. Nun... Und Suga...", atmete er aus. „Suga sprach über seine Unschuld."
„Du hast sogar Gespräche geführt?", fragte ich ungläubig.
Was hatte Jin alles innerhalb von 24 Stunden geschafft? Schlief er überhaupt?
Ich musste den Kopf schütteln, um all diese Informationen zu realisieren.
Jin ließ vier Leute festnehmen, die mit den Fotos zusammenhingen. Drei von vier durften wieder gehen, weil sie ihre Tat zugaben, welche vermutlich mit einer Geldstrafe in Verbindung gebracht werden würden.
Und... Suga? Er äußerte natürlich nur einen Satz. Den Satz, den keiner hören wollte. Er log, trotz Beweise... Er würde wohl nie lernen.
Ob es sich mit ihm zu reden lohnen würde?
Wer wusste das schon...
„Du darfst dir auch gerne anhören, was besprochen wurde, wenn du möchtest.", bot der fleißige Junge mal wieder offen an.
Aber, nein... Das wäre nicht nötig und nur wieder zu viel verlangt. Daher schüttelte ich den Kopf.
Bloß wusste ich so, auf was ich mich zukünftig einstellen sollte, wenn ich mich mit den Vieren unterhielt.
„Wow...", bewunderte Jungkook. „Du bist ja richtig fleißig, Jin."
Jungkook sah Jin aus großen Augen an.
Ich glaubte, dass er nach heute seine Meinung zu Jin geändert hatte. Es wirkte, als würde er ihn neu entdecken.
„Danke.", bedankte sich Jin nickend.
„Nein. Ich sollte Danke sagen...", sagte ich, was Jin den Kopf schütteln ließ.
„Noch nicht, sagte ich. Erst, wenn es soweit ist", grinste er, bevor er sich in die Hände klatschte.
Heute verstand ich, was Hoseok all die Jahre in Jin gesehen hatte. Endlich konnte ich es verstehen. Denn Jin war ein Goldstück. Ein Goldstück, das nur schimmerte, wenn du es dir genauer ansahst.
„Nun... Du scheinst sauber zu sein, Jungkook.", fuhr er fort.
„Was du nicht sagst...", verschränkte Jungkook die Arme vor der Brust.
Schließlich trommelte Jin sein Team wieder zusammen. Er verabschiedete sich herzlich, worauf er deutlich machte, dass er sich noch melden würde.
Im Anschluss ging er, wobei er in Gedanken noch ganz lange bei mir hängen blieb- im positiven Sinne.
Jungkook sprach danach noch ganz lange von ihm, wie erwartet. Das machte mich glücklich. Jin verdiente nämlich jede Liebe. Wenn die Menschen ihn nur richtig kennen würden... Alle wären seinem Charme verfallen. Da war ich mir sicher.
Als es spät wurde und es für mich hieß nach Hause zu gehen, begleitete mich Jungkook, da es schon dunkel wurde.
Auf dem Heimweg hoffte ich innerlich, dass mich heute keine Überraschungen mehr erwarteten. Mal sehen, ob mein Ruf erhört werden würde...
Vor meiner Haustür verabschiedete ich mich von Jungkook. Ich dankte ihm herzlich, was er nur abwinkte.
„Jederzeit gerne. Merk dir das."
„Gilt auch für dich!", grinste ich, was er erwiderte.
Schlussendlich betrat ich das Haus, in dem ich lebte. Währenddessen war ich ruhig, damit mich keiner bemerkte. Die Lippen aufeinander gepresst, versuchte ich keinen Ton von mir zu geben, als ich meine Jacke auf hing.
Gerade wollte ich ansetzen, um voraus zu gehen, damit ich die Treppen zu meinem Zimmer nehmen konnte.
Als die Haustür sich jedoch öffnete, hielt ich in meinen Bewegungen inne. Ängstlich drehte ich mich zurück, da ich die Befürchtung hatte, meine Eltern anzutreffen.
Nur tat ich das nicht. Das erkannte ich sofort, als ich eine Lederjacke glänzen sah.
Ich zog die Augenbrauen zusammen.
Eine Lederjacke, kombiniert mit... Einer schwarzen Jeans und einem weißen Shirt.
Ich hielt mir die Hand auf den Mund, sobald ich erkannte, um wen es sich hier handelte.
„Hoseok?", fragte ich zögerlich.
„Ab jetzt bist du sicher, Penelope. Darauf kannst du Gift nehmen."
Das war das einzige, das er sagte, bevor er hervor trat, sodass ich sein Gesicht nun endgültig sah.
Da erkannte ich die dunkle Träne, die unter seinem linken Auge tätowiert war.
Das Tattoo, welches den Beitritt bei den Tears symbolisierte...
————
Ha! Es sind zwei kleine Bomben im dem Kapitel geplatzt 🙊
Einmal- Suga hat die Fotos verschickt...
Was denkt ihr diesbezüglich?
Und dann- Hobi ist nun ein Tear!
Erwartet? Was denkt ihr, was noch passiert? Ergibts Sinn, wieso Hobi bei den Tears beigetreten ist? Oder gibt es da Fragen?
Wie gefiel euch Jin's Auftritt eigentlich? Mögt ihr ihn? Er war ja schon Boss 😎
Lasst gerne Kommentare da!
Stay tuned, N xX 🐥
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