VI
[Epilog]
„Ich bin so aufgeregt", jauchzte Nayla, während sie am Bahnsteig entlang rannten.
„Jetzt hetz' doch nicht so. Ich komme gar nicht hinterher", rief Jasmin, die von Naylas Hand erbarmungslos hinter sich hergezogen wurde. Doch erst an Gleis sieben verlangsamte sich Naylas Schritt. Ein dunkles Angstgefühl umklammerte plötzlich ihr Herz, verdrängte die bis eben noch übersprudelnde Freude. Sorgen und Zweifel wälzten sich ohne Gnade in ihren Kopf.
„Nayla", sagte die schöne Rothaarige. Sie legte ihre Hände an die geröteten Wangen der zweifelnden Künstlerin. „Alles wird gut. Wir schaffen das gemeinsam, okay?"
Nayla blickte in das sommersprossige Gesicht. Spürte die Wärme der zarten Finger auf ihrer Haut und nickte zaghaft, bevor die rosafarbenen Lippen sanft auf ihre trafen.
In diesem Moment fuhr der Schnellzug mit lautem Quietschen ein. Naylas Herz klopfte ihr schlagartig wieder bis zum Hals, doch die Hand ihrer Freundin, die nun wieder sanft die ihre umfasste und ermutigend drückte, schenkte ihr Kraft.
Die Türen schoben sich zischend auf. Menschen drängten heraus, hievten Koffer hinter sich her, andere reisten mit kleinem Handgepäck, das lässig um ihre Schultern hing. Ungeduldig wanderten Naylas Augen über die wuselnde Menschenmenge und die Länge des Zuges.
Und dann stieg sie aus. Eine junge Frau mit karamellfarbenem Teint und dunklen welligen Haaren trat in ihr Sichtfeld. Sie sah erschöpft aus, doch als sie ihre ältere Schwester entdeckte, drängte sie sich eilig an den anderen Menschen vorbei, um schneller bei ihr zu sein.
Nayla konnte nicht mehr an sich halten. Tränen der Freude liefen ihr über die Wangen, als ihre kleine Schwester endlich vor ihr stand. Sie war unverkennbar älter geworden. Achtzehn Jahre alt. Doch die langen Wimpern, die die tiefen braunen Augen umrahmten und die dunklen Sommersprossen, die sich auf der schönen Nase mit dem typischen Höcker tummelten, gehörten unverwechselbar ihrer jüngeren Schwester.
„Nayla, ich hab' dich so vermisst", ertönte ihre heisere Stimme, während sich ihre Arme um den Hals ihrer älteren Schwester schlangen. Endlich waren sie wieder vereint. Endlich war sie wieder bei ihr. Nayla schluchzte laut.
„Sila. Mein Herz. Meine Heimat."
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