30. Kapitel: Die Wahrheit

Louis P.O.V

Ich sah kurz den überraschten Blick auf ihrem Gesicht, als ich von ihr verlangte, dass sie Niall, einem meiner besten Freunde, endlich mal die Wahrheit sagte.

Ich konnte es einfach nicht mehr mitansehen, wie er sich mit allem abmühte und sich immer mehr in jemanden verwandelte, den ich nicht kannte. Er distanzierte sich wieder etwas von uns und ich wollte nicht, dass es noch einmal so schlimm wurde wie vor ein paar Monaten. Natalie hatte dazu beigetragen, dass er sich total mies fühlte und sich stresste bis zum Geht-nicht-mehr. Und ich hielt es einfach nicht aus, meinen Freund in dieser Verfassung zu sehen.

Er machte sich unendliche Sorgen um Chloe. Auch wenn er sagte, dass alles gut sei und sie eine Klinik gefunden hatten, sah man ihm immer an, egal ob er es versuchte zu verstecken, dass er sich um sie sorgte. Es schwirrte ihm nur im Kopf, dass er alles Mögliche machen möchte, damit es ihr gut geht, denn dann erst war auch er glücklich.

Bevor er Chloe getroffen hatte, habe ich ihn noch nie so gesehen, außer wenn wir auf der Bühne standen und er das machen konnte, was sein Traum ist. Nur ist Musik allein nicht mehr sein Traum. Chloe und seine Kinder sind noch mit dazugekommen. Wenn man es so sagte, war es so gut wie perfekt, wenn an Silvester nicht dieser blöde Unfall passiert wäre.

Er hatte fast alles verloren, was er liebte. Und ich war mit Schuld, dass er sie vielleicht bald endgültig verlieren wird. Ich hasse es, ihn anlügen zu müssen und das werde ich Natalie auch endlich klarmachen. Nur weil sie ihren perfekten Arsch schwingt und mit den Augen klimpert, heißt das nicht, dass ich das mache, was sie will.

„Wie bitte? Ich habe Niall nie angelogen. Nicht eine Sekunde.", reagierte sie genauso unschuldig wie immer.

Doch unschuldig ist sie nicht, denn sie bewies mir gerade wieder, wie gut sie doch lügen konnte.

„Wir wissen beide genau, was passiert ist und dass du Niall nur angelogen hast. Unser Deal ist wohl geplatzt, denn ich kann es nicht mit ansehen, wie du meinen besten Freund in den Abgrund bringst. Du wirst ihm die Wahrheit sagen. Das bist du ihm einfach schuldig, gerade wenn du meinst, dass er dir so viel bedeutet. Sonst werde ich es ihm sagen.", meinte ich.

Wenn das nicht auch gelogen ist, dass er ihr etwas bedeutete... Für sie schien das hier alles nur ein lustiges Spiel zu sein, an dem sie sich laben kann. Aber so geht es nicht weiter. Ich kann das Niall nicht antun. Ich wäre ein Feigling, wenn ich es machen würde.

„Du hast gesagt, dass du es ihm nicht sagen wirst. Aber wenn du meinst... Los! Sag es ihm ruhig! Und versau dir dadurch die Freundschaft zu ihm. Er wird dir das nie verzeihen. Und ich... ich mache weiter wie zuvor.", erwiderte sie.

Innerlich kochte ich gerade vor Wut und schluckte gerade die nächsten Sätze hinunter. Meine Hände waren zu Fäusten geballt und am liebsten hätte ich ihre eine gescheuert, aber ich ermahnte mich, dass ich keine Frauen schlagen würde und Natalie es einfach nicht wert war.

Ich wusste, dass wenn ich Niall die Wahrheit erzählen würde, er mich abgrundtief hassen wird, aber wenn ich es nicht machte... Ich konnte das einfach nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren.

„Das werde ich. Keine Sorge."

Mit diesen ernsten Worten verließ ich angespannt ihre Wohnung. Ich wusste zwar nicht, wie ich es Niall beichten sollte, wie ich diese Sünde der Lüge wieder gut machen konnte. Und ich musste mir dringend etwas einfallen lassen, denn ich würde schon morgen zusammen mit Eleanor nach Los Angeles fliegen, weil sie dort berufliches zu tun hatte.

Ich dachte mir, es wäre mal ganz gut wieder mein Strandhaus in L.A. aufzusuchen und etwas von dem Tourstress abzuschalten. Außerdem könnte ich ihm etwas beim Umzug helfen, wenn noch etwas in dem Haus nicht fertiggestellt war so ein Auge auf Niall werfen. Das hatte ich Harry und Liam versprochen. Denn beide hatten gerade auch ihre eigenen Probleme.

Liam hatte mal wieder eine Vorladung fürs Gericht bekommen, weil Cheryl mal wieder den nächsten Streit anzettelte, was das Sorgerecht anging. Ich hatte echt keine Ahnung, warum sie sich nicht damit zufrieden gab, dass sie das geteilte Sorgerecht haben. Aber es war mir klar, dass, wenn sie und Liam getrennte Wege gehen, es nur Stress geben wird.

Und Harry... Ja Harry genoss die Zeit mit seiner Familie und versuchte gerade die Beziehung zu seiner Schwiegermutter in Spe aufzubauen. Ich gönnte ihm auch mal die Entspannung, für die Grace mit Sicherheit sorgen wird.

Als ich wieder nach Hause kam, schlief Eleanor tief und fest. Zu meinem eigenen Glück, wie ich feststellen würde. Sie würde mich sonst sofort mit Fragen löchern, wie es denn mit Harry gewesen ist. Ich hatte sie bezüglich meines Treffens mit Natalie angelogen und gesagt, dass ich mich mit Harry treffe, um einfach miteinander abzuhängen und etwas zu quatschen.

Zumindest hatte ich jetzt etwas mehr Zeit, um mir eine Geschichte zurechtzulegen. Doch dieser Plan wurde am nächsten Morgen von ihr vernichtet, als wir darauf warteten, endlich ins Flugzeug zu dürfen.

„Du bist heute so still. Was ist los mit dir?", fragte sie mich und kuschelte sich an meine Seite.

Seufzend legte ich einen Arm um ihre Schultern.

„Es ist nichts. Wirklich!", gab ich zurück, auch wenn mein Verhalten und Gesichtsausdruck vermutlich etwas anderes sagten.

Und El konnte in mir lesen wie in einem offenen Buch.

„Genau. Louis, du kannst mir nichts vormachen.", meinte sie und drehte sich ein Stück mehr in meine Richtung, um mir in die Augen sehen zu können.

Ich wusste, dass sie das nur machte, um in meinen Augen meine nächste Antwort als Lüge zu enttarnen. Also musste eine falsche Wahrheit her. Na ja, eigentlich nagte dieses Thema auch an mir und war mit dem anderen irgendwie verknüpft.

„Ich mache mir einfach nur Sorgen um Niall, weißt du. Er hat es echt nicht leicht.", antwortete ich ihr dann wahrheitsgetreu.

Ich schnappte Els kurzen wehleidigen Blick auf. Trotzdem lächelte sie mich an und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen.

„Er schafft das schon. Niall ist ein Kämpfer, das weißt du nur zu gut. Man hat es in den letzten Monaten doch gesehen. Er wird sie nicht aufgeben. Und außerdem hat er die beste Unterstützung, die er überhaupt haben kann. Und das seid ihr als seine besten Freunde.", munterte sie mich etwas auf.

Recht hatte sie schon. Aber ob ich immer noch so eine große Unterstützung für ihn sein werde, wenn er erst einmal die Wahrheit weiß, bezweifelte ich stark. Bestimmt bin ich dann für ihn eine herbe Enttäuschung. Ich selbst sah das ja jetzt schon so. Wie sollte er es dann sehen?

Das einzig Gute war, dass El nicht nach gestern gefragt hat und kaum hatte ich diesen Gedanken, musste sie es mal wieder anders machen.

„Wie war es gestern so mit Harry?", fragte sie.

Manchmal fragte ich mich, warum sie immer alles wissen musste. Überall muss sie ihre Nase hineinstecken, auch wenn es sie gar nichts interessierte. Ich werde Frauen wohl nie ganz verstehen.

„Halt wie immer.", antwortete ich schulterzuckend.

„Das ist schön. Soph und ich hatten Grace gefragt, ob sie gestern nicht Lust hätte, mit uns in ein Café zu gehen. Und sie meinte, dass sie mit ihren Kindern und Harry den Zoo besuchen würden. Wie war denn der Zoo so?", gab sie etwas kalt zurück.

Nun war jedes Lächeln aus ihrem Gesicht gewichen und sie war ein Stück von mir wegerückt. Man konnte in ihren Augen sehen, wie verletzt sie war, dass ich sie angelogen hatte. Und ja ich wollte sie nicht anlügen, aber es ging einfach nicht anders.

„El, es tut mir leid. Ich... Es ist kompliziert.", versuchte ich die Situation noch irgendwie zu retten. Leider ohne Erfolg.

„Wo ist dein Vertrauen in mich hin?", fragte sie nur.

Ich konnte ihr darauf keine Antwort geben. Sie hätte mir ja sowieso nicht geglaubt.

Den Rest der Wartezeit und des Fluges schwieg sie, was alles nur unerträglicher machte.

Alles war so beschissen. Natalie machte sowohl Niall als auch mir das Leben zur Hölle. Ich musste Niall die Wahrheit sagen und würde ihn als Freund verlieren. Und jetzt war El auch noch sauer auf mich und denkt, ich hätte kein Vertrauen mehr in sie. Ich würde sagen, das sind die besten Voraussetzungen für die nächsten Wochen in Los Angeles.

Nach dem wir dann in meinem Haus in Los Angeles angekommen waren, verschwand El sofort wieder. Sie nahm mir die Sache echt übel und ich konnte es ihr noch nicht mal verdenken. Sie damit zu verletzen, war nicht meine Absicht gewesen. Sie schwieg die ganze Zeit über und würdigte mich keines Blickes, was wahrscheinlich auch anderen Leuten aufgefallen sein musste.

Als wir dann zu Hause ankamen, meinte sie nur, dass sie schon arbeiten musste, aber ich wusste, dass es mehr oder weniger eine Ausrede war, um etwas Abstand zu gewinnen und über alles nachzudenken.

Und so saß ich hier allein in einem riesigen Haus, dass ohne sie irgendwie nichts bedeutete. Ich hatte sie doch erst wieder zurückgewonnen. Da kann ich sie nicht schon wieder verlieren, auch wenn ich das bestimmt würde, wenn sie die Wahrheit herausfinden würde.

Weil ich nur so vor Langerweile strotzte, rief ich Niall an und fragte, ob ich jetzt schon vorbeikommen könnte. Wir hatten uns eigentlich für später verabredet, weil Niall meinte, ich sollte erst einmal richtig ankommen und mich vom Flug erholen. Mein Freund hatte damit kein Problem, dass ich schon eher kommen wollte.

Also fuhr ich zu Niall, nachdem er mir die Adresse hatte zukommen lassen. Von dem Haus, indem er nun wohnen würde, wird gesagt, dass es ein Geisterhaus sein sollte und es darin spuken sollte. Aber daran glaubte ich eher weniger. Und so schlecht sah das Haus gar nicht mal aus, was er erworben hatte.

Ich parkte mein Auto in der Auffahrt und wollte gerade klingeln, als die Tür schon aufgerissen wurde und zwei kleine Kinder mir bereits in die Arme sprangen.

„Onkel Louis. Spielst du nachher mit uns?", fragte Aine und strahlte mich aus ihren blauen Augen an, die mich so sehr an Niall erinnerten.

Und als ich zu Jordan sah, sah ich Niall nochmal. Man konnte es kaum leugnen, dass er ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war.

„Oh ja, Autos.", gab Jordan erfreut zurück.

Beide wollten mich gar nicht mehr loslassen und wäre ich auch nur einen Schritt vorwärts gegangen, wäre ich die kleine Treppe nach unten gefallen. Sie erinnerten mich irgendwie an meine eigenen Geschwister, die sich auch immer übermäßig freuten mich zu sehen und nicht von meiner Seite wichen.

„Kinder, bitte. Lasst ihn doch erst einmal reinkommen. Geht solange im Garten spielen.", wies eine Frau die beiden zurecht, die in der Tür erschienen war.

Ihre langen braunen Haare, die braunen Augen und ihr Lächeln erinnerten mich sofort an Grace. Ich dachte wirklich, dass eine ältere Version von ihr vor mir stand. Ich wusste aber, dass es nicht ihre Mum sein konnte, denn Chloe war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten.

„Aber nun komm doch endlich rein, bevor Niall noch denkt, ich würde dich einfach vor der Tür stehen lassen.", schmunzelte sie und hielt kurz inne, wahrscheinlich weil ich sie noch immer etwas irritier ansah, „Ich bin übrigens Magritte, Chloes und Grace' Tante."

„Ich wusste doch, dass ich dieses Gesicht irgendwo her kenne. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Ich bin Louis.", gab ich zurück und trat ein, wo ich sogleich von einem sehr geräumigen Flur überwältigt wurde.

Er war noch viel größer als mein eigener, sodass ich mich staunend umsah.

„Mensch Junge, du kannst mich dutzen, sonst viele ich mich so alt. Und ich weiß genau, wer du bist. Du musst dich also nicht vorstellen.", lachte sie und schloss die Tür.

Okay gut. Sie ist genauso locker drauf, wie der Rest der Familie, bis auf Anja vielleicht, was sie sogleich viel sympathischer auf mich wirken ließ.

„Tomlinson, du alter Hund.", begrüßte mich Niall lachend und zog mich in eine brüderliche Umarmung.

Und ja, es stimmte wirklich, Niall gab definitiv die besten Umarmungen.

„Was heißt hier alt? Ich finde, ich habe mich gut gehalten im Vergleich zu dir. Sehe ich da etwa schon ein graues Haar?", entgegnete ich ebenso spöttisch und grinste ihn verschmitzt an.

Das gegenseitige Aufziehen hatte mir echt gefehlt, bevor wir wieder als One Direction auf der Bühne standen. Umso besser fand ich es natürlich, dass ich mir jetzt meine Späße erlauben konnte.

„Hör du nur auf. Was treibt dich denn schon so früh zu mir? Ich dachte, Eleanor und du genießt noch etwas die Zeit nach dem Flug.", fragte er mich, während wir zusammen durch das Wohnzimmer auf die Terrasse gingen, wo Aine und Jordan und ein anderer Junge, der etwas älter war, wahrscheinlich der Cousin von Chloe, wie Niall mal berichtet hatte, auf der Wiese spielten.

Als wir das Wohnzimmer durchquerten musterte ich dieses ganz genau. Ebenso die große, offene Küche, die sich an das Wohnzimmer anschloss. Und der große schwarze Flügel war ja wohl kaum zu übersehen.

Ich hätte nicht gedacht, dass Niall ihn aus Irland mit hierhernimmt, weil Chloe doch sowieso in der Reha-Klinik war und nicht auf ihrem Geburtstagsgeschenk spielen konnte.

Trotzdem fand ich, dass es alles sehr heimisch und gemütlich eingerichtet war, so wie ich Niall halt kannte. Und so wie es hier bereits aussah, würde er überhaupt nicht meine Hilfe beanspruchen, denn er war alles schon fertig. Wie er das geschafft hatte, war mir ein Rätsel.

„Wenn es so wäre. Wir hatten einen Streit, weil ich sie angelogen habe. Deswegen meinte sie, mich zu ignorieren und gleich abzudampfen. Ich kann es ihr nicht verübeln. Aber das bekomme ich schon wieder hin und ist jetzt erst einmal unwichtig. Sag, wie geht es dir hier? Wie geht es den Kids und Chloe?", antwortete ich und wechselte sofort das Thema, weil ich nicht drüber reden wollte.

Niall war gerade erst hier und hatte so viel Hoffnung, als er uns davon erzählt hat, dass sie für Chloe eine gute Reha-Klinik gefunden haben und er sogar schon ein Haus hatte. Da wollte ich das nicht schon wieder kaputtmachen, indem ich ihm sofort die Wahrheit erzählt habe. Ich wollte meinen besten Freund nicht schon heute verlieren.

„Ich würde sagen, ich bin echt erleichtert, dass das alles mit dem Haus und Aine und Jordan geklappt hat. Sie fühlen sich hier recht wohl und wir haben nette Nachbarn, die ebenfalls zwei Kinder in dem gleichen Alter haben. Jordan und Aine verstehen sich super mit ihnen. Wie gesagt, mit dem Haus bin ich super zufrieden und mit der Lage ebenfalls. Und mir geht es soweit auch ganz gut.", beantwortete er meine Fragen.

Als ich seinen letzten Satz hörte, der nicht ganz so überzeugend klang wie die anderen, wusste ich, dass es gelogen war.

„Und jetzt noch einmal die Wahrheit. Wie geht es dir wirklich? Und du hast ausgelassen, wie es Chloe so geht.", meinte ich ernst.

Ich wollte ihm helfen, ihm wirklich helfen. Aber dazu musste ich wissen, wie es den beiden wirklich geht.

„Louis, du machst mich echt fertig. Aber ich weiß, dass du dich nur um mich sorgst..."

So könnte man es sagen. Denn ich war vermutlich daran schuld, dass es ihm als auch Chloe nicht sonderlich gut zu gehen schien. Ich wollte nicht, dass Niall sie verliert, nur weil ich zu feige bin und meinen Arsch versuche zu retten.

„Es könnte mir besser gehen, definitiv. Aine und Jordan und die Tatsache, dass sie sich hier wohlfühlen, lassen mich besser fühlen. Aber sonst... Chloe fand die Reha-Klinik zwar ganz gut. Aber nun scheint sie sie zu hassen. Sie fühlt sich dort einfach nicht wohl. In ihren Therapiestunden schweigt sie immer oder sie lässt sie sausen genau wie die Trainingseinheiten zum Muskelaufbau und was es da nicht alles so gibt. Die anwesenden Ärzte dort sind einfach nur verzweifelt und wissen nicht, wie man ihr helfen kann. Und wenn ich da bin, starrt sie einfach nur gegen die Wand oder aus dem Fenster, als wäre ich nicht da. Sie redet nicht mit mir und auch nicht mit Aine oder Jordan, die jämmerlich geweint haben, als das der Fall war, weshalb ich sie auch nicht nochmal mitgenommen hatten zu ihrem eigenen Wohl. Es ist so, als würde sie mehr und mehr ihre Persönlichkeit verlieren. Ich weiß ja noch nicht mal mehr, ob sie mich überhaupt noch liebt.", gab Niall ernst und traurig zurück.

Mit glasigen Augen starrte er in die Ferne. Er hielt seine Tränen zurück, obwohl ich doch da war. Er weiß doch, dass er in meiner Gegenwart sich damit nicht zurückhalten muss.

Ich stand auf und zog ihn in eine lange, innige Umarmung, um ihm zu zeigen, dass ich für ihn da bin und er sich auf verlassen kann. Es war schrecklich, ihn so zu sehen, obwohl er doch noch vor ein paar Wochen noch super glücklich war, dass er sie endlich zurückhatte. Es war ein ständiges Auf und Ab für ihn. Es tat mir so unendlich leid, weil er das alles einfach nicht verdient hatte.

„Niall, ich glaube, dass alles gut wird. Sie schafft das schon irgendwie und fängt sich bestimmt.", versuchte ich ihn zu beruhigen, auch wenn ich selbst eher weniger daran glaubte.

Aber ich musste Niall einfach das Gefühl geben, dass ich optimistisch war. Er braucht das einfach, denn mich beschlich ganz einfach das Gefühl, dass er sonst erstrecht abstürzen würde. Und was würde das wohl auslösen?

Nach dem Abendessen verabschiedete ich mich von allen. In den Stunden hatte ich versucht, Niall auf andere Gedanken zu bringen. Wir unterhielten uns über Golf, was jetzt nun nicht so mein Thema war, aber da er es mochte, brachte ich dieses Opfer. Oder wir sprachen über Fußball, was dann schon wieder mehr meinem Gefallen entsprach.

Letztendlich spielten wir draußen mit den Kindern noch Fußball, nachdem sie gehört hatten, dass wir darüber geredet hatten. Sogar die Nachbarkinder waren mit von der Partie.

Nachdem sich alle etwas erholt hatten, hatte Magritte zum Essen gerufen. Und als sich dann alle den Wanzt vollgeschlagen hatten, konnte ich Niall mit Hilfe von Aine und Jordan dazu überreden, dass wir gemeinsam Musik machten. So spielten wir ein paar Lieder durch und alle waren begeistert.

Am nächsten Morgen, was heißt Morgen, eigentlich war es schon Mittag, musste ich mich zwingen, aufzustehen. Ich hab gestern Abend und Nacht noch lange wach gelegen und gegrübelt, was ich machen konnte, um Niall zu helfen.

Ich hatte genauso wenig einen Plan wie er. Ich hatte nicht annähernd eine Ahnung, ob es überhaupt möglich war, ihm irgendwie zu helfen.

Die Sache mit Chloe schwirrte mir schon die ganze Zeit im Kopf herum. Warum war sie so? Es muss doch irgendwas geben, warum sie sich von allen zurückzieht und sich isoliert. Ich dachte, dass Niall mal erwähnt hatte, dass gerade jetzt der Kontakt zu Freunden und Familie wichtig ist, um sich mit seinem Schicksal abzufinden und besser im Alltag klarzukommen. Aber ich habe ja nicht die leiseste Ahnung davon.

Eines stand fest, als Eleanor irgendwann nach Hause kam und meinte ich, sollte endlich schlafen und mit dem Grübeln aufhören: Ich musste Chloe besuchen gehen. Ich musste sie einfach sehen und mir selbst ein Bild von der Lage machen.

Also fuhr ich, nachdem ich Eleanor bei ihrem Termin abgesetzt hatte (wir hatten uns gestern wieder annähernd vertragen), zu der Reha-Klinik, um Chloe einen Besuch abzustatten. Ich hatte mich vorher erkundigt, ob ich sie überhaupt besuchen durfte. Es könnte ja sein, dass das nur der Familie vorbehalten war. Aber als ich erwähnte, dass ich ein guter Freund bin, meinte die Frau am Telefon, das ich ruhig vorbeikommen könnte.

Ich betrat also die private Reha-Klinik der „Reichen" und war erstaunt. Ich fühlte mich, als sei ich in einem Luxushotel angekommen, das einen Hauch von Krankenhaus hatte.

Ich steuerte geradewegs auf die Rezeption zu, an der eine ältere Dame saß, die mich freundlich anlächelte.

„Sie müssen Louis Tomlinson sein. Ich habe Sie schon erwartet. Wir hatten telefoniert. Ich bin Ms. Lookhard.", begrüßte sie mich und reichte mir ihre Hand.

„Guten Tag. Genau, der bin ich. Kann ich zu ihr?", begrüßte ich sie ebenfalls und fragte gleich nach meinem Anliegen.

„Natürlich können Sie. Aber ob sie mit Ihnen spricht oder Sie auch nur beachtet, kann ich Ihnen nicht versprechen.", antwortete Ms. Lookhard und deutete mit einer Handbewegung, dass ich ihr folgen sollte.

Schweigend durchquerten wir so gut wie die ganze Klinik. Ich konnte einen Blick auf den Speisesaal, Gemeinschaftsraum und ein paar Behandlungszimmer erhaschen. Ms. Lookhard erklärte mir, dass sich die Wohnräume in einem anderen Flügel befinden würden, den wir über einen Durchgang erreichten. Mit dem Fahrstuhl fuhren wir in eines der oberen Stockwerke und Ms. Lookhard zeigte mir Chloes Zimmer.

„Ab hier würde ich euch allein lassen.", meinte sie und fragte aus Besorgnis, „Sie finden allein zurück?"

„Ja. Danke.", gab ich lächelnd zurück.

Dabei war ich mir noch nicht einmal sicher, ob ich den Weg zurückfinden würde, aber ich wollte den Leuten hier auch keine Umstände bereiten.

Ich holte einmal tief Luft, bevor ich die Klinke zum Zimmer hinunterdrückte. Was tust du hier eigentlich, Louis? Was bringt es dir? Mir bringt es nichts, aber vielleicht hilft es ja Niall und Chloe. Und solange mein Freund glücklich ist, bin ich es auch.

Als ich das Zimmer betrat, wurde ich mal wieder überrascht. Aber was hatte ich auch anderes erwartet, wenn das hier eine Klinik für die „Reichen" war. Bestimmt keine weißen Wänden und kleine Zimmer.

Der Eingangsbereich war zwar klein und fein, aber daran schloss sich ein größeres Wohnzimmer. Von dort aus konnte man ins Schlafzimmer und ins Bad. Die Möbelstücke sahen hochwertig aus, aber man könnte sich hier dennoch sehr wohl fühlen.

Ich ging die einzelnen Zimmer ab, konnte Chloe aber nicht entdecken. Bis mir die angelehnte Tür zum Balkon auffiel. Leise und langsam näherte ich mich der Tür und schaute nach draußen auf den Balkon. Und dort saß sie in ihrem Rollstuhl und blickte geradeaus auf die Küste.

Ich ging zu ihr und nahm mir einen der Stühle, die an der Wand standen mit nach vorn und setzte mich neben sie. Sie schien mir keine Beachtung zu schenken. Dennoch wusste ich, dass sie mich bemerkt hatte. Sie starrte nur auf den Strand und das Meer, was sich vor ihr erstreckte. Ich tat es ihr gleich und schwieg vorerst.

Der Ausblick war echt phänomenal. Das Wasser, was Wellen an den Strand schlug. Es wurden bestimmt viele Muscheln angespült, auch wenn man es nicht sehen konnte. Ich konnte schon förmlich den weichen Sand unter meinen Füßen spüren und genoss es, wie das Wasser meine Füße umspielte. Der Geruch nach Meer beruhigte mich ungemein und der Wind, der mir durch die Haare strich, war angenehm kühl. Ich konnte mir sogar vorstellen, dass der Sonnenuntergang himmlisch aussehen müsste.

Ich konnte also vollkommen nachvollziehen, warum sie hier saß. Vielleicht spendete das Meer ihr Trost oder Hoffnung. Ich wusste es nicht.

„Ich kann verstehen, warum du hier draußen sitzt. Es hat irgendwie eine beruhigende Wirkung.", fing ich das Gespräch an.

Aber ich musste relativ schnell feststellen, dass es recht eintönig verlief, denn sie antwortete kein einziges Mal auf meine Fragen oder Worte. Sie starrte die ganze Zeit nur auf das Meer.

Vielleicht hatte Niall Recht und sie hat ihre ganze Persönlichkeit verloren, zumindest sah es so aus. Eigentlich war mir klar gewesen, was mich erwarten würde, aber ich konnte nicht aufgeben, ich würde nicht aufgeben. Für Niall. Auch wenn er mich heute Abend hassen wird, weil ich beschlossen habe, ihm endlich die Wahrheit zu erzählen, die hoffentlich etwas mehr Last von seinen Schultern nimmt.

„Wahrscheinlich hast du gerade auch überhaupt keine Lust auf mich, weshalb du mich ignorierst, und das kann ich sogar verstehen. Aber Niall hat es nicht verdient, nicht, nachdem er so sehr um dich gekämpft hat, dich nie aufgegeben hat, wo alle anderen es taten. Ich weiß nicht, ob er dir mal davon erzählt hat. Aber Liam hat ihm mal so richtig seine Meinung gesagt und gemeint, dass Niall sich selbst nur kaputt machen würde und nun endlich mal sein Arsch hochkriegen und sein Leben weiterleben soll. Aber Niall meinte nur, dass Liam die Klappe halten soll. Stattdessen hat er ein Lied für dich geschrieben und jeden Tag gehofft, dass du zu ihm zurückkehrst. Er hat alles für dich getan und wird es auch immer noch machen. Du bist im wichtiger als er sich selbst oder irgendwas anderes. Doch irgendwann verfliegt auch mal die Hoffnung, wenn sich nichts verändert. Denk mal in Ruhe darüber nach.", sprach ich und erhob mich und ging einfach.

Im Anschluss fuhr ich gleich zu Niall. Ich wusste jetzt genau, was mit Chloe ist. Und ich wusste auch, dass ich versuchen würde, ihr zu helfen. Das bin ich Niall einfach schuldig, wenn ich ihm jetzt die Wahrheit sagen werde und er mich hassen wird.

Ich habe keine Ahnung, wie ich es schaffen werde, Chloe wieder zurück zu Niall zu bringe. Aber ich hatte die feste Überzeugung, dass ich es irgendwann schaffen würde. Ich hab es mir jetzt also zur Aufgabe gemacht und werde davon nicht abrücken. Niall muss es ja nicht unbedingt wissen, dass ich Chloe heute besucht habe und dass ich vorhabe, sie die nächsten Tage und Wochen, wenn nicht sogar Monate, zu besuchen.

Niall begrüßte mich genauso herzlich und euphorisch wie immer. Aber ihm blieb nicht unbemerkt, dass ich ernst blieb und sein Lächeln nicht erwiderte. Ich folgte ihm ins Wohnzimmer, wo wir uns auf der Couch niederließen.

Schon fragte er: „Tommo, was ist los mit dir? Ist alles okay?"

Nervös spielte ich an meinen Händen herum, die schon leicht zu schwitzen anfingen. Mein Puls steigerte sich ins Unermessliche und ich hatte das Gefühl, mein Herz würde mir gleich aus der Brust springen.

Denn mir war bewusst, dass ich im nächsten Moment meinen besten Freund verlieren werde, wenn ich endlich die Wahrheit sagte.

Ich holte tief Luft, ehe ich zu sprechen anfing. Aber ich konnte Niall dabei einfach nicht in die Augen schauen.

„Ich hatte etwas mit Natalie. Noch vor dir."

Damit war die Wahrheit endlich draußen.




Endlich melde ich mich auch mal wieder zurück. Da ja Ferien sind und ich die meiste Zeit etwas vorhatte, habe ich nicht viel Zeit gehabt ein neues Kapitel zu schreiben.

Ja, Louis und Natalie haben ein ,,Geheimnis" zusammen. Und nun ist es endlich raus. Wie wird Niall da wohl drauf reagieren? Und wie ist eure Meinung nun zu Natalie? Was denkt ihr über Louis?

Niall ist einfach nur verzweifelt, weil Chloe anscheinend ihre Persönlickeit verloren hat. Was könnte der Grund sein, warum sie so ist? Denkt ihr Niall wird daran letztenendes zugrunde gehen? 

Und was haltet ihr davon, dass Louis Chloe helfen will, sich selbst wiederzufinden, weil er es Niall einfach schuldig ist?

Schöne Woche euch allen :D

Chloe :) 

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