28. Kapitel: Realität

Chloe P.O.V

Als meine ganze Familie mich besuchen kam, ist erst recht meine kleine sowieso schon geschädigte Welt zerstört worden.

Meine Kinder standen erwartungsvoll mit riesigen Augen und breitem Lächeln an meinem Krankenbett. Meine Schwester kam mit Niall hinterher, auf den Rest achtete ich gar nicht mehr. Die Leute, die mir am meisten etwas bedeuteten, waren hier im Raum versammelt und ich konnte ihnen einfach nicht in die Augen sehen.

Die Information, die ich von Dr. Carter erhalten hatte, hatte meine ganzen Hoffnungen auf ein halbwegs normales Leben zunichte gemacht.

Querschnittsgelähmt! Dieses eine Wort schwirrte immer und immer wieder in meinem Kopf herum. Ich konnte es einfach nicht vergessen, als hätte es bereits Besitz von mir ergriffen.

Die ersten Minuten konnte ich es einfach nicht glauben, dass nun einer meiner schlimmsten Träume wahr geworden ist. Meine Beschimpfungen Dr. Carter gegenüber entstanden einfach so aus meinen Emotionen heraus.

Innerlich wusste ich schon, dass er nichts dafür konnte, dass ich nun so war und im Rollstuhl sitzen würde. Er hatte alles Erdenkliche für mich getan wie eigentlich alle hier auf der Station, also konnte ich ihnen nicht die Schuld in die Schuhe schieben.

Irgendwann hatte ich es dann eingesehen, dass ich an meinem Schicksal nichts mehr ändern konnte und es zu verleugnen, mir rein gar nichts brachte. Ich fand mich damit zumindest teilweise ab.

Ich war lediglich wütend. Nicht auf Niall, der sich bestimmt die ganze Schuld für meinen Zustand zuschrieb, sondern auf mich selbst. Ich war wütend auf mich selbst, dass ich so naiv war, um zu glauben, dass alles wieder normal werden würde und wir so wie gehabt weiterleben können.

Ich war unglaublich dumm, wenn ich glaube, dass Natalie nur mit Niall befreundet sein möchte und es hierbei nur um ihr gemeinsames Kind ging. Hätte ich damals einen auf eifersüchtige Freundin gemacht, die es nicht akzeptierte, wie es nun einmal war, hätte ich Niall damit die Chance genommen, am Leben seines möglichen Kindes teilzuhaben. Das könnte ich mir nie verzeihen, auch wenn ich die Tatsache, dass er mehr Zeit dadurch mit Natalie hat, irgendwie nicht mag.

Es fühlt sich so an, als ob ich mich immer weiter von ihm entferne. Ich kann es nicht wirklich beschreiben. Aber in den Monaten, die ich nicht da war, hat er sich weiterentwickelt. Wer hätte es bei allen diesen Geschehnissen nicht?

Und ich, ich bin irgendwie auf dem Stand der Dinge vor acht Monaten, beziehungsweise habe auch ich mich in der Zeit ein bisschen verändert.

Die einzigen Dinge, die uns irgendwie noch verbinden, sind die Familie und unsere Liebe zueinander. Und aufgrund dieser Liebe, kann ich nicht erwarten, dass er alle Konsequenzen, die aufgrund meines Gesundheitszustandes für ihn entstehen, auf sich nimmt.

Ich werde vermutlich immer irgendjemanden brauchen, der mir beim Anziehen oder beim Duschen und Baden hilft. Wenn ich irgendwo hinmöchte, müsste ich immer gefahren werden, weil ich selbst kein Auto mehr fahren könnte.

Ich wäre eine Last für alle. Nicht nur für Niall auch für Familie. Ich möchte es ihnen nicht schwer machen. Sie würden ihr Leben nach mir ausrichten, nur weil ich im Rollstuhl sitzen würde. Ich möchte nicht, dass sie ihr eigenes Leben aufgeben.

Das perfekte Beispiel dafür wäre Niall. Wenn er wirklich immer für mich da sein möchte, was wird dann aus seinem Leben als Musiker? Was wird aus seinen ganzen Touren, Auftritten, etc. die er für seine Fans macht? Er würde das nicht mehr machen können, was ihm Spaß und Freude bereitet, was seine Leidenschaft ist. Auch wenn er sagt, dass er dafür eine Lösung finden würde, mit der er alles vereinen und unter einen Hut bringen würde, bin ich skeptisch.

Ich möchte einfach nicht, dass ich für alle das Problem bin, welches ihnen auf den Schultern lastet. Vielleicht war meine Reaktion zu hart, aber sie war klar ausgedrückt und ich hoffe, dass sie sie ernst nehmen. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich sie verletzen würde. Und das verletzte mich genauso, weil ich sie brauchte.

„Was hier los ist? Mein Leben ist ruiniert. Also verschwindet alle aus meinem Leben. Ich brauche euch alle nicht. Verschwindet einfach nur. Ihr macht alles nur noch schlimmer. Lasst mich in Ruhe und geht.", schrie ich ihnen heulend entgegen.

Eigentlich wollte ich nicht allein sein und alle um mich haben, aber so war es besser für sie. Sie mussten ihr Leben weiterleben.

„Chloe...", hauchte Grace weinend.

Das Entsetzen war ihr aufs Gesicht geschrieben und in ihren Augen konnte ich erkennen, wie verletzt sie durch meine Worte war. Es versetzte mir einen Stich, sie so zu sehen.

Auch Niall sah mich aus traurigen Augen an, während Jordan sein Gesicht in Nialls Schulter vergrub. Dass ich ihn damit am meisten verletzte, indem ich ihn so von mir fortstieß, kränkte mich selbst so sehr, dass mir noch mehr Tränen in die Augen stießen.

Wenn ich mich nur daran dachte, was er alles für mich getan hatte und was er meinetwegen durchgemacht hatte. Mir zersprang förmlich das Herz, als ich an den Moment zurückdachte, wo er sich von mir verabschiedete und dieses eine Lied für mich geschrieben und gesungen hatte.

When you feel your love's been taken
When you know there's something missing
Then I look in my heart
There's a light in the dark
Still a flicker of hope that you first gave to me

Sofort überkam mich eine größere Welle der Traurigkeit und ich fühlte, wie mir auf einmal ganz kalt ums Herz wurde, wenn ich nur daran dachte, dass er mich fast verloren hätte und für mich gekämpft hat und jetzt, wo er mich wiederbekommen hatte, würde ich ihn verlassen. Meine Worte hatten das deutlich gemacht.

Ich unterdrückte das Gefühl, richtig loszuheulen. Einige Tränen rannen mir zwar über die Wange, aber diese entsprachen noch lange nicht meinen Gefühlen. Ich drehte mich auf die Seite, weg von meiner Schwester und Niall.

Ich wollte sie hier nicht haben, weil es mir zu sehr das Herz zerreißen würde.

„Geht! Bitte!"

Die nächsten Tage waren immer die gleichen. Irgendeine blöde Ärztin kam jeden Tag zu mir und labberte mich mit irgendwelchem Zeug zu.

Ich brauchte keine Psychologin, die mir immer zu etwas von Freunden, Familie und Hilfe erzählte. Bei diesen Gesprächen schaltete ich einfach komplett ab und ignorierte ihr Gequatsche so gut es nun mal ging. Sie ging mir auf die Nerven und ich hoffte, dass sie es irgendwann aufgeben würde, auf mich einzureden wie eine Verrückte, weil sie dann vielleicht einsah, dass das alles nichts bringen würde.

Niall kam auch täglich für ein paar Stunden. Meistens tat ich so, als ob ich schlafen würde, nur, um ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen, weil ich dann mit Sicherheit wieder angefangen hätte zu weinen.

Dann nahm er immer meine Hand und küsste diese oder meine Stirn. Sanft streichelte er meinen Arm und fuhr ein paar Mal über meine Haare, sodass ich öfters fast zusammengezuckt wäre und mich selbst verraten hätte.

Trotzdem konnte ich ihm nicht immer vorspielen, dass ich schlief. So heute auch. Und es war echt erstaunlich, wie schnell er dahinterkam. Ich glaube, er wusste von Anfang an, dass ich nie wirklich geschlafen hatte.

„Chloe ich weiß, dass du wach bist.", flüsterte Niall mir ins Ohr.

Sofort fuhr mir ein Schauer durch den Körper, als ich seinen Atem auf meiner Haut spürte. Eine leichte Gänsehaut fuhr mir über die Arme. Ich verzog das Gesicht und öffnete langsam die Augen. Niall lachte nur kurz, wahrscheinlich, weil mein Gesicht so scheiße oder amüsant aussah. Ich hatte seine komische Lache vermisst. Ich schmunzelte leicht, was ihn anscheinend auch zum Grinsen brachte.

In diesem Moment sah er so glücklich aus. Für diesen einen Moment fühlte ich auch endlich wieder etwas von dem Gefühl des Glückes.

Sich wieder in Nialls blaue Augen zu verlieren, war nicht schwer und gab mir wieder das Gefühl von Sicherheit. Hier einfach in seinen Armen zu liegen und ihm wieder zu bewundern, war ein schönes Gefühl, dass ich lange nicht mehr gespürt habe.

Mit meiner Hand fuhr ich von seinem Kinn zur seiner Wange. Der Drei-Tage-Bart stand ihm ausgesprochen gut, wie ich mal eben bemerkte. Ich hatte all die Monate vergessen, wie es sich angefühlt hatte, ihn zu berühren.

Seine Bartstoppeln kitzelten an meiner Handfläche und ich musste daran zurückdenken, wie wir zusammen auf der Couch oder im Bett kuscheln.

Er hat dann immer meinen Hals oder mein Schlüsselbein geküsst und ich habe leicht zusammengezuckt, weil sein Drei-Tage-Bart mich gekitzelt hat.

Niall hat mich dann immer ermahnt: „Chloe, reiß dich zusammen."

Ich konnte es aber einfach nicht immer, sodass ich dann anfing zu lachen, was Niall natürlich nicht mal ansatzweise so lustig fand wie ich. Na ja, zumindest nicht immer. Manchmal fing auch er an, darüber zu lachen und dann war der Moment trotzdem perfekt. Und genauso war dieser Moment jetzt auch, perfekt aber anders.

„Weißt du, wie sehr ich das vermisst habe.", meinte Niall flüsternd und lehnte seine Stirn an meine.

Ich lächelte leicht und erwiderte: „Ich auch."

Doch sofort rief mein Hirn die Info auf, dass er alles aufgeben müsste, was er liebte und was sein Traum ist. Und das konnte ich ganze einfach nicht riskieren. Jetzt würde er zwar noch sagen, dass es für ihn in Ordnung sei, aber später vielleicht nach ein, zwei Jahren würde er es bereuen und ich war dran schuld. Das könnte ich mir nie verzeihen.

Diese Gedanken spiegelten sich natürlich sofort in meiner Körpersprache wieder. Ich wich vor Niall zurück, verschränkte die Arme vor der Brust, eine Art Schutzmechanismus, mein Gesichtsausdruck wurde kalt wie an dem Tag, als meiner Schwester mich mit meiner Familie besucht hatte.

Als Niall meine Reaktion sah, wurde er auf einmal wieder traurig. Seine Augen strahlten nicht mehr wie zuvor, was mir einen Stich versetzte. Aber verdammt ich machte es doch nur zu seinem Besten.

„Was willst du hier, Niall? Hatte ich mich nicht klar ausgedrückt?", fragte ich ihn gleichgültig.

„Ich wollte dir eigentlich nur die gute Nachricht überbringen, dass du nächsten Montag entlassen wirst, um dann gleich im Anschluss in eine Reha-Klinik zu fahren. Ich dachte mir, dass eine private Reha-Klinik vielleicht besser für dich ist. Dr. Carter und ich hatten ein Gespräch über mögliche Reha-Kliniken, die für dich in Frage kommen könnten. Ich wollte das nur nicht ohne dich entscheiden. Schließlich bleibst du ja mehrere Wochen dort und sollst dich da wohl fühlen.", antwortete Niall etwas einfühlsamer.

Das konnte er sich sowas von in den Arsch stecken. Ich mochte Nialls einfühlsame Seite zwar, aber ich blieb bei meiner Entscheidung. Ich durfte nicht weich werden, ihm zu Liebe.

„Auch wenn ich mir eins aussuchen würde, könnte ich mich da nie und nimmer wohl fühlen. Egal wie privat oder wie viele Sterne diese Reha-Klinik hat. Ich will einfach nur die Zeit zurückdrehen.", gab ich patzig zurück.

Und das meinte ich ernst. Alles ist mir zu viel. Kaum bin ich aus dem Koma erwacht, kamen alle Probleme auf mich zugeflogen und machten sich zu meinen persönlichen Sorgen, die ich so schnell nicht wieder loswerden würde.

Manchmal wünsche ich mir, dass ich zumindest wieder im Koma liege. Dort habe zwar nicht mehr meine jetzigen Probleme, aber andere, die mir nicht zu sehr auf die Nerven gingen.

Irgendwie war alles so viel leichter, bevor dieser Unfall passiert war, weswegen ich nur zu gern, die Zeit zurückdrehen würde und alles besser machen würde. Aber es ging verdammt nochmal nicht.

„Denkst du nicht auch, dass ich das möchte? Aber es geht nicht. Du weißt es genauso gut wie ich. Wir müssen jetzt halt mit der Situation leben und klarkommen. Da zählt auch dazu, dass wir eine Reha-Klinik für dich finden, in der du dich wenigstens ansatzweise wohl fühlst, auch wenn du meinst, dass es nie so sein wird.", erwiderte Niall sichtlich gereizt, weil auch ihm diese ganze Sache zu schaffen machte.

Ruckartig stand er auf. Ich hatte keine Ahnung, warum er auf einmal der Meinung war, gehen müssen.

Mein Herz schrie, dass ich mich entschuldigen und ihn darum anflehen sollte, dass er hierbleiben soll. Doch mein Kopf sagte mir, dass ich ihn ziehen lassen musste. Ich weiß, dass er immer wieder kommen würde, bis er irgendwann checkte, dass er mich in Ruhe lassen soll.

Er drehte sich kurz um und sagte jetzt kalt: „Schwester Jana kommt gleich, um dich mit dem Rollstuhl abzuholen, damit wir mit Dr. Carter zusammen eine geeignete Reha-Klinik für dich finden."

Und dann ging er einfach. Und ich blieb allein zurück. Ich seufzte kurz und unterdrückte die aufsteigenden Tränen.

Einige Minuten, nachdem Niall gegangen war, kam Schwester Jana mit einem Lächeln auf den Lippen in mein Krankenzimmer.

Immer wenn ich sie sah, hatte ich das Gefühl, dass die Sonne aufgehen würde. Sie strahlte immer eine Freude aus, dass ich glaubte, diese würde auf mich überschwappen. Heute war das nicht wirklich der Fall.

„Sind wir heute nicht gut drauf?", fragte sie mich und schlug die Decke zurück.

Der Blick auf meine Beine lag frei und bedauernd sah ich nach unten. Sie würden nie wieder ihren Zweck erfüllen. Um nicht weiter daran zu denken, sah ich zu Schwester Jana auf.

„Wie würden sie sich an meiner Stelle fühlen?", stellte ich ihr die entscheidende Gegenfrage.

„Okay 1:0 für Sie.", gab sie schmunzelnd zurück.

Mir war nicht wirklich nach Spaß zumute, weshalb ich auch kein Lächeln zustande bringen konnte.

„Und sehr gesprächig sind wir heute auch nicht. Aber gut.", sprach sie mehr zu sich selbst und wandte sich dann wieder mir zu, „Ich würde sagen, wir setzen Sie jetzt mal in den Rollstuhl. Dafür brauche ich aber wieder Ihre Hilfe wie beim letzten Mal. Sie erinnern sich?"

Ich nickte nur, stützte mich mit der einen Hand auf der Schulter von Jana ab und mit der anderen am Bettrand und gelang mit Janas Hilfe in den Rollstuhl. Es ging noch sehr, sehr langsam, bis ich irgendwann im Rollstuhl saß, aber es ging.

Wenn ich mir nur schon wieder vorstellte, wie es dann im Alltag aussehen würde. Wir bräuchten ewig, bis wir alles geschafft hatten, um mich überhaupt abfahrbereit zu bekommen. Schnell schüttelte ich den Gedanken weg. Es würde mir eh wieder zu viel Kopfzerbrechen bereiten.

Schweigend traten wir den Weg zum Büro von Dr. Carter an, der mit Niall schon sehnsüchtig auf unser Auftauchen wartete. Mit gesenktem Kopf saß ich nun im Rollstuhl neben Niall.

Auf Dr. Carters Begrüßung hatte ich nur ein leises Gemurmel, was nicht mal annähernd nach „Guten Tag" klang, zustande gebracht.

Nun spielte ich mit meinen Fingern, anstatt dem Arzt die Aufmerksamkeit zu schenken.

„Chloe, ich bitte dich. Diese Besprechung ist gerade für dich wichtig.", ermahnte mich Dr. Carter.

Na schön! Je aufmerksamer ich bin und ihnen zuhöre, desto schneller habe ich diesen Müll hier hinter mich.

Ich setzte mich aufrechter hin und erzwang mir ein kleines Lächeln. Mit einem kurzen Seitenblick konnte ich ganz gut feststellen, dass Niall trotzdem nicht wirklich zufrieden wirkte.

Egal, Hauptsache ich hatte das alles hinter mir und konnte hier endlich weg. Auch wenn ich zugeben muss, dass mir Schwester Jana schon fehlen würde.

„Entschuldigt, ich werde jetzt voll und ganz bei der Sache sein.", gab ich übertrieben nett zurück.

Dr. Carter schenkte mir ein kleines Lächeln, während Niall mit verschränkten Armen neben mir saß und mich misstrauisch musterte. Ich versuchte Niall zumindest jetzt weitestgehend keine Aufmerksamkeit zu schenken, weil er sofort wissen würde, dass ich überhaupt keine Lust hatte und am liebsten alles anders machen würde. Ich glaube, dass er das zwar jetzt schon wusste, aber egal.

Mein Blick lag nun auf dem Bildschirm des I-Pads, das Dr. Carter vor uns gelegt hatte, auf dem einige Rehabilitationszentren vorgemerkt waren.

„Niall und ich haben uns ein paar wenige Kliniken ausgesucht, die zumindest den größten Anforderungen entsprechen sollten und wie perfekt für dich geeignet wären.", fing er an zu erzählen und klickte auf eine der Kliniken.

„Ich hatte mir gedacht, dass es dir vielleicht guttun würde, wenn wir hierbleiben würden, also in Großbritannien. Schließlich ist ein Großteil deiner Familie hier und auch Sarah und Emily könnten dich schnell mal besuchen kommen genau wie deine Eltern.", erklärte Niall mir eine seiner Entscheidungen und ich fand es jetzt schon blöd, dass ich hier allen so nah war.

Denk nicht immer so egoistisch, Chloe! Was wird aus deinen Kindern? Sie haben sich hier eingelebt, haben hier ihre Freunde und Familie. Du kannst jetzt nicht einfach woanders hin, nur weil du alle schützen willst.

„Was hältst du davon?", fragte mich Niall und lächelte mich etwas an.

In der Zeit, in denen ich wohl in meinen Gedanken hing, schien Dr. Carter allgemein etwas zu der Einrichtung und dessen Leistungen erzählt zu haben. Er wischte jetzt über den Bildschirm, auf denen verschiedene Bilder der Klinik zu sehen waren. Allgemein gefiel mir die Einrichtung nicht wirklich, also hatte ich einen guten Grund nicht hier zu bleiben.

„Gefällt mir nicht. Ist mir zu altbacken.", antwortete ich auf seine Frage.

In der nächsten Stunde hatten wir alle Kliniken in Großbritannien und Irland und Deutschland als auch Österreich und der Schweiz durch.

Die Reha-Kliniken in der Schweiz waren gar nicht mal so schlecht, wie ich zugeben musste, aber es war mir doch zu nah an München dran, wo meine Heimat nun mal lag. Klar die Alpen sind wunderschön, aber meine Mum wirklich die vielen Monate auszuhalten, war ein Albtraum.

Ich liebte diese Frau zwar soo sehr, aber sie konnte extrem überfürsorglich sein. Sogar mehr als Niall und das hält keiner aus. Deswegen entschied ich mich auch gegen alle Rehabilitationszentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

„Man kann es dir auch nie recht machen oder?", fragte Niall ich, der mittlerweile leicht angepisst wirkte. Ich zuckte nur mit den Schultern.

„Amerika würde mir gefallen. Ich habe gehört, dass die Kliniken in Kalifornien ganz gut sein sollen.", gab ich zurück. Und das war noch nicht mal gelogen.

„Da muss ich ihr zustimmen. Ich kenne eine gute Reha-Klinik in Los Angeles, die besonders bei den Stars beliebt ist und in dieser Hinsicht umfangreich gesichert ist. Ich kann sie kurz raussuchen. Wartet.", stimmte Dr. Carter mir zu und tippte schnell etwas auf dem I-Pad ein, ehe er uns dieses wieder vor die Nase legte.

Wie bei den anderen zuvor auch, erzählte uns einiges über die Einrichtung. Und ich musste sagen, dass sie echt nicht so schlecht war, sowohl von den Leistungen als auch von der Entfernung zu meiner Familie.

„Also, wenn du die nicht gut findest, weiß ich nicht mehr weiter.", kam es von Niall, der mich eindringlich ansah.

„Sie ist nicht schlecht. Und ich wollte schon immer mal nach Los Angeles.", meinte ich ehrlich.

Diese Aussage ließ nun ein Lächeln auf Nialls Lippen erscheinen. Jetzt war er zufrieden, das konnte ich klar in seinen Augen erkennen.

Nachdem die Sache mit der Rehabilitationsklinik fertig war, lag ich noch weitere fünf Tage in meinem Zimmer, wo halt echt nichts Spannendes passierte.

Niall war beschäftigt, die ganzen Dokumente zur Klinik zu schicken beziehungsweise die vielen Formulare auszufüllen, die er zugeschickt bekam.

Meine Eltern kamen mich am Samstag nochmal besuchen, um sich zu verabschieden. Sie würden wieder nach Deutschland fliegen, weil beide arbeiten müssen.

Weder meine Mum noch mein Dad waren begeistert davon, dass ich nun für eine längere Zeit in Los Angeles sein würde und dort meine Reha machte.

„Warum hast du keine in der Schweiz genommen? Die sind dort echt super.", fragte Mum immer wieder.

Und immer wieder erzählte ich ihr das Gleiche, dass die in Los Angeles besser war und mir einfach gut gefiel. Natürlich ließ ich den Aspekt außer Acht, dass ich nur nicht in die Schweiz ging, weil ich dann in ihrer Nähe war, sonst wäre sie regelrecht in die Luft gegangen.

Meine Schwester kam mich abermals besuchen. Aber wir wechselten nicht allzu viele Worte, was die Situation zwischen uns irgendwie komisch werden ließ. Sonst war die Stimmung nie so, weil Grace immer die Person war, die mir am nächsten stand. Aufgrund der unangenehmen Situation zwischen uns, ging sie auch relativ schnell wieder.

Magritte kümmerte sich in den paar Tagen, so gut es ging, um Aine und Jordan. Sie würden später mit meiner Tante nachkommen, wenn in L.A. soweit alles geritzt war.

Schließlich war Niall der Meinung, dort sesshaft zu werden, solange ich in der Reha-Klinik war.

Vielleicht gefiel mir L.A ja ganz gut. Ich war nur bei ein paar Galas und Preisverleihungen von Niall in L.A. dabei gewesen, aber so wirklich viel hatte ich nie von der Stadt gesehen und kennengelernt.

Niall ist auf jeden Fall hell auf begeistert, weil er L.A. an sich mag und nun sogar schon ein passendes Haus gefunden hat, wie er mir vorgestern mitteilte. Für Aine und Jordan hatte er sogar schon einen Kindergarten gefunden. Er schien also guter Hoffnung zu sein. So ganz sicher war ich mir bei der Sache noch nicht.

Endlich war der Montag gekommen, an dem ich nun dieses Krankenhaus verlassen würde. Ich hätte gedacht, dass es einfacher werden würde, aber da hatte ich mich getäuscht. Denn jetzt fing es erst richtig an.

Dr. Carter erzählte mir, dass die Reha nicht so leicht wird, wie ich mir das vorstellte, und sie sogar mehr als anstrengend werden würde. Davon könnte ich mich aber erst morgen überzeugen, wenn der erste richtige Tag in der Reha anfing.

Als ich dann endlich entlassen wurde, verabschiedeten sich Dr. Carter und Schwester Jana und noch ein paar andere Angestellte von mir und wünschten mir auf meinem weiteren Weg viel Glück. Wirklich glücklich war ich nicht, weshalb ich mir nur ein Lächeln erzwang.

Gemeinsam mit Niall und Paul verließ ich das Krankenhaus. Es war nicht ungewöhnlich, dass Fans davorstanden, um Niall zu sehen und mit ihm ein paar Fotos zu machen. Aber niemand hätte erwartet, dass ich dabei sein würde. Umso größer war die Freude bei den meisten Fans, die mir zujubelten und mit mir ein Bild haben wollten.

Aber mir stand nicht der Sinn danach, vor allem nicht, als ich ein paar Mädels im Hintergrund tuscheln hörte.

„Sie sitzt im Rollstuhl? Ist sie querschnittsgelähmt?"

„Tja ist sie nicht nur psychisch, sondern auch physisch behindert."

„Geschieht ihr recht. Endlich kommt sie mal auf den Boden der Tatsachen."

„Niall hatte es so viel besser ohne dich."

Tränen schossen mir in die Augen. Wenn ich laufen könnte, würde ich sofort von hier verschwinden, aber ich war mit diesem Rollstuhl und meinen gelähmten Beinen einfach nicht imstande dazu.

„Ich will hier weg.", flüsterte ich unter Tränen.

Es verletzte mich so sehr und setzte mir nur noch mehr zu. Ich wusste, dass ich diese Sprüche ignorieren sollte und normalerweise ist mir das die letzten Jahre an Nialls Seite nie besonders schwergefallen.

Aber jetzt, jetzt kam es mir so vor, als wäre dieser Hate ein tonnenschweres Gewicht an meinem Hals, was mich auf den Grund der Tiefsee zog. Das zu überhören, fiel mir so schwer wie noch nie, was wahrscheinlich daran lag, dass ich überhaupt nicht auf diese Sache vorbereitet war und mir keine Gedanken darüber gemacht hatte, was mich erwarten würde, wenn ich dieses Krankenhaus verließ.

Niall und Paul versuchten mich so schnell wie möglich zum Auto zu bekommen, was in diesem Fall ganz gut gelang.

Mir hätte eigentlich klar sein sollen, dass dieses Zusammentreffen vor dem Krankenhaus eine regelrechte Flut von Reportern, Journalisten und Paparazzi am Flughafen auslösen würde.

Das Licht der Kameras blendete mich so sehr, dass es mich an mein Erwachen aus dem Koma erinnerte, wo ich das Gefühl hatte, ich würde erblinden, als ich die Augen öffnete und das Licht nur so auf mich einfiel.

Hunderte von Fragen wurden sowohl Niall als auch mir gestellt.

„Wie ist es, wieder an Nialls Seite zu sein?"

„Wie geht es dir, Chloe?"

„Warum sitzt du im Rollstuhl?"

„Niall, wo wollt ihr hin?"

„Wie fühlst du dich, wieder mit Chloe zusammen zu sein?"

„Wie schwer waren die letzten Monate für dich?"

Nialls Gesichtsausdruck blieb hart und starr nach vorn gerichtet. Mit schnellen Schritten ging er an ihnen vorbei, während er mich vor sich herschob, weil wir so einfach schneller waren. Paul und ein paar andere Security-Leute hielten die Massen an Reportern zurück.

Als wir endlich drinnen ankamen und die Klatschpresse draußen gelassen hatten, fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich wusste nicht, wie ich hätte reagieren sollen, außer einfach mit gesenktem Kopf in meinem Rollstuhl zu sitzen.

„Ist alles in Ordnung mit euch beiden?", fragte Paul leicht besorgt.

Während ich nur nickte, antwortete Niall: „Ja alles bestens. Es war mir schon klar, dass sie da sein werden. Sie brauchen halt immer etwas zu fressen."

Mit einem leicht säuerlichen Blick ging Niall voraus. Total müde und erschöpft folgte ich ihm und den anderen, wobei Paul die Nachhut bildete.

Im Flugzeug war ausreichend Platz für mich und meinen neuen Freund Olaf mein Rollstuhl.

Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin. Vielleicht fand ich es eine gute Idee, meinem Rollstuhl einen Namen zu geben, weil ich ja nie wirklich mehr ohne ihn auskommen würde und somit einen Platz in meiner Familie bekommt. Also musste ein Name her.

Während des Fluges quasselte Niall auf einmal vor sich hin. Ich sah ihn verwirrt und fragend an, bevor ich schon sein IPhone in der Hand hielt.

„Hat Emily mir gerade geschickt.", sagte er dazu und setzte noch etwas hinzu, „Sie macht sich Sorgen um dich und würde dich gern besuchen kommen. Es wäre zumindest mal ein Anfang, wenn du sie anrufen würdest."

„Später vielleicht.", murmelte ich.

Ich würde sie wahrscheinlich nicht so schnell anrufen. Sie soll eigentlich nicht merken, wie schlecht es mir geht und vorlügen konnte ich ihr auch nichts. Sie wüsste sofort, selbst am Telefon, dass es nicht der Wahrheit entsprach.

Meine Aufmerksamkeit lag nun auf Nialls Handy.

Niall Horans Freundin Chloe Oakley aus dem Krankenhaus entlassen. Große Freude bei Niall Horan?

Heute Mittag wurde Niall Horans Freundin Chloe Oakley (22) aus dem Krankenhaus entlassen. Nach dem tragischen Unfall Anfang des Jahres stand es um die Blondine nicht gut. Mehr als sechs Monate lag sie im Koma, während ihr Freund Niall Horan (25) ihr von Anfang an mit zur Seite stand.

Niemand wusste genau, welche Verletzungen Chloe erlitten hatte. Anscheinend sind die gesundheitlichen Folgen für die 22-Jähriger mehr als nur gravierend.

Auf Fotos von Fans ist zu sehen, wie Niall mit Chloe im Rollstuhl das Krankenhaus verlässt. Und dabei wirkte er alles andere als glücklich. Sonst nimmt sich der junge Ire immer Zeit für seine Fans, doch heute ignorierte er sie vollkommen, während er mit einem ernsten Gesicht zum Auto lief.

Sollte seine Freude nicht eigentlich groß sein, nachdem seine Freundin Chloe nun endlich aus dem Krankenhaus entlassen wurde? Anscheinend hält sie sich in Grenzen, was vermutlich auf den Gesundheitszustand der Blondine zurückzuführen ist.

Ein Rollstuhl? Ist Chloe etwa querschnittsgelähmt oder ist das Ganze einfach nur ein Mittel, um Aufmerksamkeit zu erreichen?

Keiner der beiden nahm einen Standpunkt zu unseren Fragen und der Situation ein. Hoffentlich wird das Paar bald Stellung dazu nehmen und alles aufklären.

Ich gab Niall sein IPhone zurück, während ich mich wieder ein Stück nach hinten lehnte.

„Wundert mich nicht, um ehrlich zu sein.", meinte ich.

Mehr sagte ich zu diesen blöden Artikeln nicht. Allgemein schwieg ich den restlichen Flug über. So sehr Niall sich auch anstrengte, irgendein Gespräch mit mir anzufangen, umso leichter wurde es mir, ihn einfach für den Rest des Fluges zu ignorieren.

Gebannt sah ich aus dem Fenster und erkannte, dass wir landen würden. Denn vor mir erkannte ich L.A. Mein vorerst neues zu Hause. Aber dass diese Stadt so einen großen Einfluss auf mein späteres Leben haben würde, hätte ich in diesem Moment nicht mal ansatzweise geahnt.

Hey ho, hier ein neues Kapitel, was mal wieder etwas länger ist.

Ja ich hoffe nun, dass Chloes Ausbruch im letzten Kapitel nun einigermaßen geklärt ist. Könnt ihr nachvollziehen, warum sie sich so verhält?

Ja Reha in L.A. - Damit kommen wir zum wunderbaren zweiten Teil dieses Buches. Ich hoffe, ihr freut euch drauf.

Alle möglichen Ideen, was im L.A. passieren könnte, nehme ich gern von euch entgegen. Wird die Reha schwer für Chloe werden? Allgemein denkt ihr, dass alles zwischen ihr und Niall wieder so wird wie vorher?

Schöne restliche Woche :b

Chloe :)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top