21. Kapitel: Bombenregen
Niall P.O.V
Schluchzend klammerte sich Chloe an mir fest. Unerbittlich weinte sie um unser verlorenes Kind. Das ging natürlich nicht einfach so an mir vorbei. Auch bei mir rollten die Tränen nur so über mein Gesicht.
Mir war klar, dass dieser Moment irgendwann kommen würde, aber dass er genau jetzt schon da war, damit hätte ich nicht gerechnet. Und er schlug nur so ein wie eine Bombe. Schlimmer hätte es im Moment nicht kommen können. Chloe musste so schon viel verarbeiten und jetzt kam das noch dazu.
Es war ein schreckliches Gefühl, dass sie sich die Schuld daran gibt, das Kind verloren zu haben, obwohl sie doch keinerlei Schuld traf. Ich hatte doch diesen Mist verbockt. Wäre der Unfall, den ich verursacht habe, nicht gewesen, würde jetzt alles so sein, wie es vorher war. Die Familie würde glücklich sein. Chloe würde gesund sein. Wir hätten unser Kind bekommen. Das mit Natalie wäre niemals passiert.
Nur wegen mir ist alles anders gelaufen, weil ich einfach nicht so schnell reagiert habe. Und nun müssen anderen Personen wegen meines Fehlers leiden, die es am wenigsten verdient haben.
Was mag es schon für ein Gefühl sein, das eigene Kind zu verlieren? Ich kann nicht mal ansatzweise verstehen, wie sie sich gerade fühlen muss, auch wenn ich es gern könnte. Ich kann noch nicht mal etwas dagegen machen, ihr helfen, weil ich nicht weiß, wie. Ich weiß gar nicht, ob man ihr im Moment überhaupt irgendwie helfen kann.
Das einzige, was ich anbieten kann, ist, für sie da zu sein, ihr zur Seite zu stehen, aber das ändert nichts daran, dass sie sich so fühlt, wie sie sich nun mal fühlt. Es könnte die ganze Sache vielleicht nur erleichtern, mehr aber auch nicht. Vielleicht sogar noch nicht mal das. Ich weiß es einfach nicht.
Ich bin mit der Situation irgendwie komplett überfordert. Ich kann ihr auch mit ihren Albträumen nicht helfen. Sie möchte da nicht mit mir drüber reden und weist mich in dieser Hinsicht zurück, obwohl sie doch weiß, dass sie mir vertrauen kann und ich immer für sie da bin.
Aber die Tatsache, dass sie sich mir nicht mehr anvertraut, schmerzt dann doch etwas. Ich kann es ihr nicht verübeln, schließlich war da ja noch die Sache mit Natalie gewesen und ich erwarte auch nicht von ihr, dass sie mir das vergibt. Ich habe doch damit gerechnet, dass sie kein Vertrauen mehr in mich haben könnte und mich voll zurückstößt.
Dr. Carter meinte, dass das in dieser Phase normal wäre, dass sie Albträume und Angstzustände bekommen könnte. Bei jedem ist diese Verarbeitungsphase anders. Jeder reagiert anders und wie Chloe weiter darauf reagieren wird, kann er noch nicht sagen. Um das Ganze nicht zu verschlimmern, möchte er nicht, und ich übrigens auch nicht, dass sie jetzt schon etwas über ihren Gesundheitszustand erfährt. Das könnte eventuell dazu führen, dass sie psychisch komplett abstürzt.
Ich fühle mich deswegen schon etwas schlecht, dass ich es ihr nicht sagen kann. Denn eigentlich vertraut sie mir da voll und ganz, dass ich sage, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Aber hier kann ich es einfach nicht. Ich mache das nur zu ihrem Schutz und ich hoffe, dass sie das verstehen wird, weil es mir nur um ihre Gesundheit und ihr Wohl geht. Ich würde nie irgendwas machen, was ihr schaden würde, nicht absichtlich jedenfalls.
Nur ungern ließ ich Chloe allein, aber ich konnte nicht die ganze Nacht bei ihr bleiben und schauen, dass ihr nichts passiert. Wahrscheinlich sollte ich mir auch nicht so viele Sorgen machen, schließlich bleibt Grace ja über die Nacht auch noch dort, ehe sie das Krankenhaus verlassen darf.
Auf dem Weg nach Hause holte ich noch Aine und Jordan bei Magritte ab, die heute mal wieder die beiden an sich genommen hatte. Ich war ihr mehr als nur dankbar dafür, dass sie mir so half. Ich weiß gar nicht, wie ich ihr das zurückzahlen kann.
„Was habt ihr heute schönes gemacht?", fragte ich die beiden.
„Wir waren auf einem Pielplatz.", antworte Aine zuckersüß.
„Und sin Trambolin geprungen.", setzte Jordan noch hinzu.
„Das klingt ja nach viel Spaß."
Als wir zu Hause ankamen, lag in meinem Briefkasten ein Brief, auf dem nur mein Name stand. Ich wendete ihn mehrmals, weil ich dachte, den Absender übersehen zu haben, doch da war keiner. Oben legte ich ihn erst einmal beiseite. Ich würde ihn später öffnen, wenn ich Jordan und Aine ins Bett gebracht hatte.
Doch vorerst ging es für die beiden in die Badewanne und dann ins Bett. Abendbrot hatten sie bei Magritte schon bekommen. Ich war heute überrascht, dass sie nicht jammerten, jetzt schon ins Bett zu müssen. Aber so kaputt, wie beide waren, sodass Jordan vorhin schon fast die Augen zugefallen wären, wunderte es mich dann doch nicht mehr.
„Daddy, pielst du uns noch was vor?", fragte Aine mich und gähnte einmal.
„Ihr seid schon so müde, dass ihr heute kein Lied mehr braucht. Morgen wieder ja?", antwortete ich, woraufhin die beiden nickten. Ich gab ihnen jeweils noch einen Kuss auf die Stirn und verließ dann das Zimmer.
Unten angekommen ließ ich mich etwas erschöpft auf die Couch fallen. Auch wenn ich heute nichts gemacht hatte, fühlte ich mich irgendwie ausgelaugt und fertig.
Ich sah auf den Brief, der auf dem Tisch vor mir lag. Irgendwie wollte ich gar nicht wissen, was da drin steht, und doch zwang mich meine Neugier, den Brief zu öffnen und ihn zu lesen. Ich beugte mich vor und nahm ihn in die Hand.
Ich hatte vorhin schon genau erkannt, wer den Brief geschrieben hatte. Ich habe nur eine Weile gebraucht, bis ich die Schrift erkannt hatte.
Zögernd öffnete ich den Briefumschlag und zog das Papier heraus. Ich fragte mich immer wieder, warum sie auf die altmodische Methode setzte. Ich atmete einmal tief ein und aus, ehe ich das Papier entfaltete und ihn las.
Lieber Niall,
Ich dachte, es wäre vielleicht der beste Weg, dir zu sagen, dass dein Kind in den nächsten zwei Wochen auf die Welt kommen soll. Um dein jetziges Glück mit Chloe nicht in den Dreck zu ziehen, weil ich weiß, dass sie wieder zu dir zurückgekommen ist und du dir nichts sehnlicher gewünscht hast, stelle ich dir frei, ob du bei der Geburt dabei sein willst. Ich verlange es nicht von dir. Ich fand es nur fair, dir die Möglichkeit zu geben, dein Kind zu sehen und es im Arm halten zu können. Wenn du natürlich sagst, dass du nichts mit uns zu tun haben möchtest, was ich mal nicht hoffen will, werde ich auch das akzeptieren und dir damit auch nicht auf die Nerven gehen. Letztendlich ist es deine Entscheidung, ob dein Kind ohne seinen Vater aufwachsen soll und ihn somit nicht sieht. Ich würde mich wirklich freuen, wenn du dich zumindest dafür entscheidest, dass du sie siehst und sie die Möglichkeit hat, ihren Vater kennenzulernen. Tu es für sie, nicht für mich.
Melde dich bitte bei mir.
Natalie
Okay... Wow... Das musste ich erst einmal verkraften. Ich... ich verdammt, ich saß einfach zwischen zwei Stühlen. Wenn es wirklich mein Kind, meine Tochter sein sollte, könnte ich es mir niemals verzeihen, wenn sie niemals ihren Vater kennen würde und sogar ohne ihn aufwachsen würde.
Dennoch war da noch diese kleine Abneigung gegenüber Natalie, weil sie mir damals fast mein ganzes Leben versaut und ruiniert hatte, als sie bei Chloe im Krankenhaus auftauchte.
Und ich kann das Chloe einfach nicht antun, nicht jetzt, wo wir unser Kind verloren haben. Das würde für sie noch viel schwerer werden.
Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn sie mit jemand anderem ein Kind bekommen würde, während ich mit ihr zusammen bin und wir keines haben. Ich würde vielleicht versuchen, es zu akzeptieren, weil ich sie liebe und sie nicht verlieren möchte, aber dennoch könnte ich damit, glaube ich, überhaupt nicht umgehen. Jemand anderen so glücklich zu sehen und es selbst nicht sein zu können, würde mich einfach noch viel mehr deprimieren. Das kann ich ihr nicht auch noch antun.
Andererseits wäre es auch nicht fair, wenn das Kind von mir wäre und ich es im Stich lassen würde, denn jedes Kind hat das Recht darauf, seinen Vater kennenzulernen. Wenn es mein Kind ist, würde ich es natürlich so gut es geht unterstützen. Wer würde das natürlich nicht?
Das war etwas viel für den heutigen Tag. Erst die Geburt des kleinen Robin Corey, dann das Drama um unser verlorenes Kind und jetzt der Brief. Ich war fertig und brauchte jetzt definitiv etwas zum Entspannen. Ich glaube, ich habe noch eine Flasche von dem guten irischen Whiskey da, den mein Dad mir letztens mitgebracht hatte.
Schnell stand ich auf und holte mir die Flasche und ein Glas und ließ mich wieder auf die Couch fallen. Etwas entspannter mit einem Glas Whiskey saß ich nun da und sah mir noch irgendeine Serie an, die mich aber recht egal war.
Es drehte sich alles um diesen blöden Brief. Warum zur Hölle kann sie einfach nicht sein lassen? Warum macht sie es mir immer so schwer? Warum bringt sie mich verdammt nochmal in solchen beschissenen Situationen?
Normalerweise hätte ich einen Brief von ihr ignoriert, aber diesmal konnte ich es nicht, weil es eventuell mein eigenes Kind betrifft. Ich müsste dann wirklich morgen mit ihr darüber reden, obwohl ich, wenn ich ehrlich bin, keine wirkliche Lust hatte. Ich war ihr zwar dankbar, dass sie ein offenes Ohr für mich hatte, dennoch war da immer noch dieses Misstrauen, was sie mir gegenüber erweckt hatte.
Daraufhin kippte ich mir das Glas Whiskey in einem Zug hinunter und das nächste Glas folgte. Irgendwann entschied ich mich dann ins Bett zu gehen. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war und es war mir im Moment auch egal.
Am nächsten Morgen musste ich mich aus dem Bett quälen, weil ich Jordan und Aine zum Kindergarten bringen musste. Dass ich gestern die halbe Flasche Whiskey ausgetrunken hatte, merkte ich heute kaum. Trotzdem wurde mir klar, dass ich gestern vielleicht doch zu lange aufgeblieben bin.
Nach einer entspannenden Dusche und einem ausgiebigen Frühstück, brachte ich die beiden zum Kindergarten. Danach fuhr ich gleich zu Natalies Studio. Mit schnellen Schritten ging ich in das große Gebäude, wo ich mal wieder auf Natalies gute Freundin traf, die mir das letzte Mal so dumm gekommen ist.
„Schon wieder hier, Mr. Horan. Na Mensch. So zeitig hätte ich dich hier nicht erwartet.", begrüßte sie mich genauso spöttisch wie letztens.
„Ja schon wieder. Wo kann ich Natalie finden?", erwiderte ich kalt.
Ich machte mir gar nicht die Mühe, irgendwie auf ihre Worte anzuspringen. Das würde mich nur zusätzlich Kraft und Anstrengung kosten.
„Studio 2. Hier den Gang lang.", meinte sie nur.
Ich hob nur dankend die Hand und ging dann ins Studio. Ich öffnete die schwere Tür und trat in den dunkeln Raum. Lediglich die weiße Wand war hell beleuchtet.
Natalies blonde Haare wehten durch die Ventilatoren und sie lief die ganze Zeit mit der Kamera in der Hand um die bestimmt fünf Models herum, die gerade für irgendeine Modemarke die Werbung machten. Komisch räkelten sie sich vor der Kamera.
Ich wusste nie genau, was man daran fand. Die meisten Models heutzutage sind nur noch Haut und Knochen und magern sich runter. Sie sehen gar nicht mehr aus wie Frauen, haben keinerlei Kurven und wirken auf mich nicht mehr attraktiv. Aber gut die Modebranche setzt den Leuten, vor allem den Teenagern, dieses Bild vor die Augen und die richten sich denn danach.
Sonst schwirrten hier noch viel mehr Leute umher, die sich um Technik, Haare, Make-Up und was nicht kümmerten. Ich kannte dieses Tamtam von den Shootings mit One Direction zu genüge. Für unser neues Album mussten wir auch noch die Musikvideos drehen und ein Fotoshooting blieb nicht aus.
„Ja das ist gut so. Schön.", rief Natalie den Models zu und sah kritisch auf den Bildschirm.
„Wir haben es erst mal. Pause. Mädels für euch geht es jetzt in die Maske. In einer halben Stunde geht es weiter.", sagte sie zu allen.
An die Wand gelehnt, beobachtete ich das Treiben, als Natalie auf die Tür zuging, neben der ich stand. Meine Augen lagen aufmerksam auf ihr. Unter der hellblauen, langen Bluse konnte man ihren Babybauch gut erkennen. Er war kleiner als der von Grace, obwohl Natalie bloß einen Monat hinterherhing.
Mit einem Lächeln kam sie auf mich zu, nachdem sie mich entdeckt hatte.
„Niall, es ist schön, dich zu sehen. Was machst du hier?", fragte sie.
„Dein Brief. Deswegen bin ich hier.", antwortete ich neutral.
„Komm! Lass uns in mein Büro gehen. Wir haben eine halbe Stunde.", meinte sie und drückte die Tür auf.
Schnell eilte sie vor mir hoch ins ihr Büro, wo sie sich auf die Couch fallen ließ. Ich nahm wie auch beim letzten Mal neben ihr auf dem Sofa Platz.
„Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du heute schon hier aufkreuzt. Wie kann ich dir diesmal helfen, Niall?", fragte sie mich und strich sich dabei über ihren Bauch. Lächelnd sah sie mich an und legte ihren Kopf schief.
„Dein Brief kam zu einem sehr unpassenden Zeitpunkt. Ich glaube auch, dass dir das klar ist.", meinte ich mit knirschenden Zähnen.
Ihre Reaktion wartete ich genau ab. Unschuldig lächelte sie mich an, obwohl sie genau über die Situation Bescheid wusste.
„Das tut mir wirklich leid. Ich wusste noch nie, wann der richtige Zeitpunkt ist, obwohl es den eigentlich auch gar nicht gibt. Aber ich musste es dir einfach schreiben. Ich fand es nur fair, dass du es auch weißt und die Möglichkeit hast, deine Tochter zu sehen.", erwiderte sie.
Und ich muss sagen, dass sie in diesem Moment sehr ehrlich auf mich wirkte. Wenn ich nicht mit Chloe zusammen wäre, würde sie sich auch wünschen, dass ich unsere Kinder oder unser Kind kennenlernen würde. Da wäre jede Mutter so. Und Natalie ist in diesem Moment wirklich aufrichtig, das konnte ich an ihrem Blick erkennen.
„Ich weiß. Und ich habe meine Entscheidung auch getroffen."
Mit einem teils schlechten und teils guten Gewissen fuhr ich dann weiter zu Chloe ins Krankenhaus. Ich hoffe, dass es Chloe heute schon wieder besser geht. Soviel ich weiß, war sie seit heute Morgen wieder allein, weil Grace mit ihrem niedlichen, kleinen Sohn entlassen wurde.
Mit schnellen Schritten ging ich auf das Zimmer zu und wollte gerade die Tür öffnen, als ich von Schwester Jana und Dr. Carter aufgehalten wurde.
„Schön, dass du gleich da bist, Niall.", begrüßte mich der Arzt der Station, „Wir wollen es heute wagen, dass Chloe mal aus dem Bett kommt. Ihre Werte sind so weit ganz gut, dass wir es für möglich halten, dass sie in ein paar Tagen mit der Reha beginnen kann. Dazu muss sie aber erst einmal in der Lage sein, sich aufzusetzen und zu bewegen."
„Das hört sich doch super an.", meinte ich und drückte die Klinke nach unten. Nacheinander betraten wir den hellerleuchteten Raum. Lächelnd lag Chloe da und sah zu uns auf. Schnell war ich an ihrer Seite und drückte ihr einen Kuss auf den Mund.
„Was gibt es denn heute?", fragte sie schmunzelnd, auch wenn ich wusste, dass dieses kleine Lächeln nicht ganz ihren Gefühlen entsprach.
Sie versuchte, das gestern Geschehene zu verarbeiten und gleich zu vergessen. Sie muss jetzt nach vorn schauen und das geht halt nur, wenn man das Vergangene hinter sich lässt und zusammen mit einem Lächeln nach vorn geht.
„Wir wollen heute erreichen, dass Sie aufstehen können, um daran arbeiten zu können, dass Sie schnell wieder auf den Beinen sind.", antwortete Dr. Carter freundlich.
„Zuerst werden wir versuchen, dass Sie Ihre Beine bewegen.", erklärte Schwester Jana die Vorgehensweise, „Dann werden wir sehen, wie weit wir mit dem Aufsetzen und Stehen kommen."
Chloe nickte nur und ich hielt die ganze Zeit über ihre Hand. Schwester Jana schlug die Decke zurück, während Dr. Carter jeden Schritt genau und kritisch beobachtete. Auch ich sah genau auf jede Bewegung die Jana machte.
„So bewegen Sie mal ihre Zehen.", forderte sie meine Verlobte an.
Etwas schmerzverzerrt versuchte Chloe ihre Zehen zu bewegen. Aber irgendwie wollte es nicht so funktionieren, wie sie wollte.
„Lassen Sie sich ruhig Zeit. Das braucht eine Weile.", ermutigte Jana sie und lächelte sie vorsichtig an.
Ich wusste nicht genau, wie ich reagieren sollte. Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Bauch breit. Ich konnte es nicht wirklich erklären. Es war einfach da. Ich drückte Chloes Hand etwas fester, um sie zu beruhigen und zu unterstützen.
Man sah immer wieder, wie sie es versuchte und probierte. Dr. Carter warf Jana einen skeptischen Blick zu, doch diese schüttelte nur den Kopf. Immer wieder versuchte Chloe ihre Zehen zu bewegen, bis sie irgendwann in Tränen ausbrach. Dass das ganze psychisch an ihre Grenzen gehen würde, wenn es nicht so funktionierte, wie sie wollte, war mir von Anfang an klar gewesen, aber ändern konnte ich es nicht. Das hier war nötig.
„Ich... Ich kann meine Zehen nicht spüren.", schluchzte sie zwischen zwei Atemzügen.
Dr. Carter und Schwester Jana sahen sich wieder an und warfen mir dann einen ernsten aber klaren Blick zu. Ich wusste sofort, was sie mir damit sagen wollten. Ich schüttelte nur den Kopf, dass das nicht sein konnte.
Mit schnellen Schritten verließen sie den Raum. Chloe weinte und weinte und konnte sich einfach nicht beruhigen. Ich nahm sie jetzt in meinen Arm und drückte sie an mich. Sanft streichelte ich ihren Kopf und flüsterte: „Alles wird gut, Baby. Ich bin für dich da. Wir schaffen das zusammen."
Dann kamen auch schon zwei Schwestern ins Zimmer und schoben das Krankenbett aus dem Raum. Leider konnte und durfte ich nicht bei ihr bleiben, was ich selbst scheiße fand. Sie wusste gar nicht wirklich, wie ihr geschah und trotzdem war ihr von dem Moment klar, wo sie diesen einen Satz aussprach, dass dieser ihr Leben, unser Leben komplett verändern könnte.
Dr. Carter erklärte mir dann das weitere Vorgehen. Erst einmal sollte noch ein MRT gemacht werden, um zu sehen, ob das Rückenmark wirklich so durchtrennt ist, dass eine Querschnittslähmung vorliegt. Wenn das ausgeschlossen ist, soll geklärt werden, warum sie ihre Zehen nicht spüren könne. Da sie die Ergebnisse aber erst morgen kommen, würde es heute nichts mehr bringen. Man kann also nur noch warten und hoffen.
Nachdem Chloe wieder in ihrem Zimmer war, bat sie mir, ihr irgendwas schönes zu erzählen oder ihr etwas vorzusingen. Gern kam ich ihren Wünschen nach, um sie etwas abzulenken, bis sie letztendlich eingeschlafen ist.
Dann holte ich Jordan und Aine vom Kindergarten ab und spielte zu Hause noch etwas mit ihnen, um auch meine Gedanken etwas auszublenden und mir von meinen Kindern nichts anmerken zu lassen. Nachdem sie dann auch endlich im Bett waren, konnte ich mich endlich etwas gehen lassen.
Auch wenn ich im Krankenhaus ruhig geblieben bin, was zum großen Teil dem geschuldet war, dass ich Chloe nicht noch nervöser machen wollte, war ich innerlich aufgewühlt.
Wenn sie wirklich nicht mehr ihre Beine spürt und sie querschnittsgelähmt ist, weiß ich nicht, was ich noch machen soll, um ihr ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das ist doch gar nicht möglich, wenn ich derjenige bin, der Schuld daran trägt, dass ihr das passiert ist.
Ich habe gesagt, dass ich es mir nie verzeihen würde, wenn es wirklich dazu kommen wird. Und jetzt weiß ich schon, dass es schlimmer wird. Ich kann einfach den Gedanken nicht ertragen, dass sie ihr Leben einfach nicht mehr leben kann. Es wird ihr sinnlos erscheinen. Sie wird an nichts mehr wirklich Freude haben. In einem Rollstuhl zu sitzen und mit anzusehen, wie ihre Kinder spielen. Oder erst die Vorstellung, dass Jordan und Aine mit ihr auf einem Spielplatz klettern wollen, dass ihre Mum ihnen helfen soll und sie es einfach nicht kann. Sie wird daran zu Grunde gehen. Ich sehe es schon auf uns zukommen.
Um das Ganze für eine Weile abzutöten, schnappte ich mir die guten Whiskeyflaschen meines Dads und versuchte damit, diesen inneren Schmerz zu betäuben. Und ich muss sagen, dass es mal wieder super funktionierte.
Ich weiß gar nicht, wie spät es war und wie viel ich schon getrunken hatte, als es an meiner Tür klingelte. Äußert verwirrt und müde torkelte ich zur Tür und öffnete diese.
„Jaaa?", brachte ich mühsam hervor.
Vor mir standen Liam, Louis und Harry. Was zur Hölle machten sie hier?
„Wasch wollt ihr densch schier?", fragte ich sie und brachte einen Rülpser hervor.
Liam hielt angewidert die Nase zu und drängelte sich an mir vorbei in die Wohnung. Die anderen folgten ihm und begaben sich sogleich ins Wohnzimmer.
„Wie viel hast du denn getrunken?", kam von Louis eine Gegenfrage, anstatt meine zu beantworten.
„Einsch, schzwei Gläschen Whiskey.", antwortete ich locker und hatte Mühe mich auf den Beinen zu halten.
„Ein paar Flaschen Whiskey trifft es wohl eher.", konterte Harry und warf einen Blick auf den Couchtisch.
„Ich glaube, es war die richtige Entscheidung, nach ihm zu sehen.", sagte Louis leise zu Liam, der nur nickte.
Er packte mich an den Schultern und schob mich in Richtung Badezimmer, wo er mir eiskaltes Wasser über meinen Nacken laufen ließ. Ich konnte mich kaum dagegen wehren und wenn ich irgendwas versuchte, knallte ich selbst gegen die Tür oder die Wand. Eigentore sind doch immer die besten.
„So Niall, warum um Himmelswillen säufst du mitten in der Woche so viel Whiskey?", fragte Liam mich, nachdem er mich auf das Sofa zurückgetragen hatte, weil ich einfach nicht im Stande war, ordentlich zu laufen.
„Das isch wenisch", protesteierte ich.
„Uns egal. Was ist los Niall?", fragte Harry nun. Alle drei sahen mich jetzt durchdringlich aber auch voller Sorge an.
„Wasch soll schon losch schein? Isch hab Chloesch Leben zerstörscht. Isch hab unser gemeinschames Leben zerstörscht."
So Freunde, endlich ein neues Kapitel. Sorry, ich hatte keine Motivation in den Ferien so viel zu schreiben, weswegen etwas länger kein Kapitel kam.
Aber wie ihr seht, wird es von Kapitel zu Kapitel nicht unbedingt besser, oder?
Ja Chloe ist am Boden zerstört nach diesen zwei schwerwiegenden Ereignissen. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, wenn so schnell vermutlich kein Happy End kommt :b
Was sagt ihr zu Natalie Brief? Ist er in irgendeiner Sicht nachvollziehbar?
Und der arme Niall. Er muss so viel verkraften. Das verlorene Kind, das mit Natalie und jetzt noch das am Schluss mit Chloe.
Was er Natalie wohl gesagt hat, wie er sich entschieden hat?
Und ja die Sache mit dem Whiskey. Ist es für euch nachvollziehbar, warum Niall das macht? Wird das vielleicht zu einer permanenten Lösung für ihn?
Ich freue mich auf eure Ideen
Schöne Woche
Chloe :)
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