19. Kapitel: Der Moment, der alles verändert
Niall P.O.V
Nachdem ich die letzten Töne gespielt hatte, öffnete ich wieder meine Augen. Meine Wangen waren nass durch die Tränen, die mir während des Liedes über diese kullerten. Ich steckte so viel Gefühl und so viele Emotionen in diesen Song wie in noch keinen zuvor.
Er war etwas Besonderes. Etwas Besonderes für eine besondere Frau. Deutlicher konnte ich meine Gefühle nicht ausdrücken und niemand anderes würde sie so hören. Sie waren nun mal nur für diese eine Frau. Sie sollte diesen Song nur für sich haben. Es war ihr Lied. Und dennoch würde ich niemals wissen, was sie davon hielt.
Nie würde ich ihre Stimme wieder hören, ihr Lachen sehen oder in die leuchtenden Augen blicken können, denn das hier war mein letzter Besuch. Hiernach werde ich sie nie wieder sehen, werde sie einfach so gehen lassen. Ein Abschied für die Ewigkeit. Die Zeit, die mir noch mit ihr blieb, würde ich auch nutzen. Leider war sie sehr begrenzt.
Niemand hätte wohl damit gerechnet, dass gerade diese junge, hübsche, selbstbewusste Frau uns eher verlassen wird. Es schmerzte schon, sich an sie zu erinnern, an die schönen Momente mir ihr. Man glaubt vielleicht, dass die Zeit die Wunden heilt. Ich glaube das nicht. Vielleicht wird es erträglicher, aber Narben werden es immer bleiben, die ebenso gut wieder aufgehen können. Die Wunden bleiben also immer sichtbar, man kann sie nicht einfach verstecken, in der Hoffnung man würde sie nie wieder sehen. Aber jede einzelne Wunde und Narbe am Körper ist ein kleiner Makel, den man am liebsten wieder entfernen würde, indem man sich wünscht, dass das, was passiert ist, einfach nicht passiert wäre. Ändern kann ich es jetzt nicht mehr. Liam hatte zwar Recht, aber ich könnte sie nie vergessen. Das könnte niemand von mir verlangen. Ich wäre dafür nicht im Stande, zumindest jetzt noch nicht, wahrscheinlich nie.
Ich packte meine Gitarre beiseite, in dem Wissen diesen Song nie wieder zu spielen. Vorsichtig umschloss ich mit meinen Händen Chloes eiskalte, schlaffe Hand und verschränkte meine Finger mit ihren. Seufzend lehnte ich meinen Kopf auf unsere Hände und schloss träumend die Augen. Vor mir tauchten wieder die wunderschönen Erinnerungen auf, die gleichzeitig einer Folter glichen, weil ich wusste, dass ich nie wieder in den Genuss kommen würde, solche zu erleben. Vor meinem inneren Auge tauchten Bilder auf, die ich nie vergessen wollte.
Zusammen saßen wir auf der Couch im Wohnzimmer, während der Kamin flackerte. Chloe kuschelte sich an mich, während ich einfach nur die Arme um sie legte, um ihr nah zu sein. Gefühlt jeden Abend lagen wir hier so und ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihr abwenden. Sie war da einfach immer so hübsch, sodass es an ein Wunder grenzen würde, wenn ich ihr nicht verfallen würde. Sie hatte meistens nur einen Slip und eines meiner Hemden an, die ihr um einiges zu groß waren, ihr aber besser standen als mir. Dazu noch die blonden, langen, lockigen Haare und ihre Art mich anzusehen und ich wurde einfach schwach. Sie ist meine einzige wirkliche Schwäche.
Zusammen mit einem Glas Wein versüßten wir uns immer den Abend, beziehungsweise eher Chloe, denn ich hatte eine minimale Abneigung gegenüber dem Wein. Bei diesen Momenten gab es nur uns beide. Lediglich das Knistern des Feuers war noch zu hören.
Ich hätte stundenlang so die Zeit verbringen können, wenn sie mir nicht schon vorher den Kopf verdreht hätte. Dann saß sie direkt auf mir und lächelte mich von oben verführerisch an, während ihr die Haare ins Gesicht fielen. Und ehe ich mich versah, beugte sie sich schon zu mir herunter und drückte sanft ihre Lippen auf meine. Gefühlvoll gab sie sich dem Kuss hin, der dann zunehmend leidenschaftlicher wurde, was vielleicht mein Verdienst war. Sie schlang ihre Arme um meinen Hals, während sie die eine Hand stets in meinen Haaren vergrub. Wenn sie sich dann auch noch auf mir bewegte und ihre Hände den Weg unter mein Shirt, das dann in dieser Zeit auf dem Boden landete, fanden, wo sie ihre kalten Finger, die mir sogleich eine Gänsehaut verpassten, in leichten Kreisen über meinen Oberkörper bewegte oder sanfte Küsse darauf verteilte, konnte ich meine Lust und Erregung nicht mehr verbergen. Und dann lächelte sie mich auch immer noch so zuckersüß an, als würde sie überhaupt nicht wissen, was sie hier mit mir macht, doch sie weiß genau, wie sie mich um den Verstand bringt. Also was macht diese Frau nur immer wieder mit mir, dass ich so verrückt nach ihr bin? Es ist wie eine Droge, bei der auch kein Entzug helfen würde.
Irgendwann hatte ich es dann endlich satt, dass sie die komplette Kontrolle über mich hatte. Schließlich drehte ich uns einmal, sodass sie nun unter mir lag, und grinste sie schelmisch an. Dann fanden sich unsere Lippen wieder, während ich ihr bereits das Hemd aufknöpfte, unter dem sie keinen BH trug, bis ich mich von ihr löste und kleine Küsse auf ihrem Hals und dem Schlüsselbein verteilte. Meine Hände glitten dabei über ihre Taille hinunter zur Hüfte, wo ich scheinbar kleine Kreise auf ihre Haut malte. Ich wusste genau, dass sie diese Berührungen genoss, indem sie immer die Augen schloss und ab und zu kurz aufstöhnte. Und dann ist mir immer klar, dass es ihr nicht anders erging als mir, wenn sie mich berührte. Sie wollte mich und ich sie. Während ich weitere Küsse bis zu ihrer Hüfte zog, ...
Eine plötzliche Bewegung, man könnte auch Berührung meinen, riss mich aus meinen Gedanken. Etwas verwirrt öffnete ich die Augen und hob den Kopf. Meine Finger waren noch immer mit Chloes verschränkt. Ich konnte gerade eben eine deutliche Bewegung an meiner Hand spüren und ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich mir das nicht einbildete. Ich beobachtete jetzt genau unsere Hände und dann... dann sah ich eine minimale Bewegung ihres Daumens, welche ich auf meiner Haut spüren konnte. Mein Herz machte einen Satz nach vorn und schlug wahrscheinlich viel zu schnell. Ich war davon so überrumpelt, dass ich nichts machen konnte. Die Freude jedoch konnte ich nicht verstecken, denn ich strahlte über das ganze Gesicht und die ersten Tränen liefen mir über die Wangen.
Ich kann es einfach nicht glauben, dass jetzt doch noch die Möglichkeit besteht, dass ich sie wiederhaben werden und ich sie wieder in meine Arme schließen kann. Ich wusste ganz genau, dass sie stark ist und nicht aufhört zu kämpfen. Ich habe meine Hoffnung in sie nie verloren. Ich habe immer an sie geglaubt und sie nie wirklich aufgegeben, so wie sie mich auch nicht aufgeben hat.
Sie hat die Chance weiterzuleben, ein glückliches Leben zu führen mit uns, ihrer Familie. Nach all den Monaten, in denen die Ärzte sie aufgeben haben und meinten, dass es für sie keine Möglichkeit mehr gibt, zu erwachen. Sie haben sich verdammt nochmal geirrt, geirrt haben sie sich. Sie wird wieder gesund werden, da bin ich mir jetzt ganz sicher. Jetzt kann sie einfach nicht mehr aufgeben. Ich werde alles dafür machen, damit sie wieder zu mir zurückfindet. Ich lass sie jetzt nicht im Stich. Zusammen sind wir stark und schaffen einfach alles.
Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte, rief ich sofort einen Arzt und Schwester Jana und informierte Chloes Eltern. Zwei Minuten später befanden wir uns alle wieder im Zimmer und betrachteten Chloe. Doch genau dann bewegte sie sich nicht. Zusätzlich kamen noch zwei Schwestern, um einige Tests zu machen, die Dr. Carter so schnell wie möglich haben wollte.
„Niall, ich sagte dir doch bereits, dass es für sie keine Möglichkeit mehr gibt.", meinte Dr. Carter skeptisch.
Es war mir ja eigentlich schon klar gewesen, dass mir niemand glauben würde, aber sie müssen es einfach tun. Ich werde Chloe jetzt nicht aufgeben, niemals.
„Bitte, ihr müsst mir einfach glauben. Ich habe mir das nicht eingebildet.", flehte ich sie schon fast an, „Ich weiß nicht, ob es etwas bringt, aber vielleicht..."
Ich setzte mich wieder auf den Stuhl am Krankenbett und griff automatisch nach ihrer Hand, in der Hoffnung, dass sie vielleicht auf die Berührung reagieren würde. Und wieder war da wirklich eine kleine Bewegung, die auch der Arzt bemerkte. Ungläubig stand er jetzt im Raum.
„So etwas habe ich während meiner fünfunddreißig Jahre als Arzt noch nie erlebt.", murmelte er immer etwas geschockt.
Anja und Jake umarmten sich die ganze Zeit und weinten vor Freude, sagten jedoch nichts. Einige Minuten später kam eine der Schwestern mit den Ergebnissen des Tests zurück. Und wieder einmal wirkte Dr. Carter sehr erstaunt.
„Die Aufzeichnungen zeigen, dass sie wieder aktiver und bei Bewusstsein ist. Das ist ein sagenhafter Sprung. Ich bin positiv überrascht. Aber ich kann euch sagen, dass die nächsten Wochen hart werden. Gerade wenn sie in dieser Phase ist, ist Kommunikation sehr wichtig. Sie muss wissen, dass jemand für sie da ist, wenn sie wieder aufwacht. Sie wird früher oder später auf Wörter, Fragen und Berührungen eingehen. Die Phase des Erwachens geht nicht einfach mal von heute auf morgen. Es braucht seine Zeit. Wir werden heute auf jeden Fall Medikamente zurückfahren und, wenn möglich, einige Geräte abzuschalten, die sie nicht mehr benötigt.", meinte er, „Jetzt bin ich guter Hoffnung."
Damit verließ er mit Schwester Jana das Zimmer und ließ uns allein. Keiner sagte mehr irgendwas. Stattdessen fielen Anja, Jake und ich uns in die Arme und weinten vor Freude. Wir waren einfach nicht in der Lage, irgendwas zu sagen, denn eigentlich brauchten wir keine Worte, um zu verstehen, wie sich die anderen fühlten. Ein kurzer Blick reichte schon aus, um es zu wissen.
In den nächsten Minuten wurden alle informiert, dass die Geräte doch nicht abgeschaltet werden und der Arzt nun doch noch Hoffnung für Chloe sieht. Grace war natürlich gerade am Rande eines kompletten Nervenzusammenbruchs, zumindest beschrieb Harry es mir so. Er meinte, sie weinte einfach die ganze Zeit aus Glück und Freude und es hört nicht mehr auf. Sie konnte es nicht fassen und wollte unbedingt für ihre Schwester da sein. Verständlich. Das würde ich auch wollen, wenn mein Bruder Greg in dieser Lage wäre. Harry versuchte dann erst einmal, sie zu beruhigen, weil so viel Aufregung gerade nicht gut für sie ist. Wie ich Grace kenne, wird sie heftig protestiert haben, dass sie doch auch in den nächsten Wochen ihrer Schwester helfen will. Wir fanden, dass das es für sie genug ist, wenn sie mal ein paar Stunden vorbeikommt, aber definitiv nicht die ganzen Tage.
Meine Eltern freuten sich natürlich ebenfalls riesig für mich und sie wollten unbedingt kommen, um Chloe und mich zu unterstützen. Nur schwer konnte ich sie davon überzeugen, dass es besser wäre, wenn sie in Irland bleiben würden. Zu viele Menschen bedeutet auch gleichzeitig zu viel Stress.
Louis und Liam erfuhren dann auch davon, genauso wie Luke und Emily als auch Sarah und Felix. Alle waren so überrascht, weil sie damit einfach nicht gerechnet haben, dass sie Chloe je wieder sehen werden. Niemand hat damit gerechnet. Nicht einmal ich. Und das ist schon recht traurig, oder nicht?
In den nächsten Wochen besprach Dr. Carter immer wieder mit mir, wie es um Chloe steht und wie unser weiteres Vorgehen sein wird. Ich verbrachte bestimmt Stunden mit ihm und weiteren Ärzten in seinem Büro.
Wenn mal gerade keine Besprechung angesetzt wurde, war ich immer bei Chloe im Krankenzimmer und erzählte mit ihr. Häufig waren auch noch Magritte, Anja und Jake, Grace als auch Emily da, die sich frei genommen hatte und mit Luke und Alisa hier in London Urlaub bei ihren Eltern machte. Keine Minute war das Zimmer leer. Es war immer jemand da.
Das erachtete Dr. Carter auch als besonders wichtig, dass der Kontakt für sie zur Außenwelt durch bestimmte Personen durch ihre Stimmen oder Berührungen gegeben sind. Aber erst wenn sie die Augen öffnet und eine Person mit den Augen fixieren kann, kann man erst vom Aufwachen sprechen.
Und Dr. Carter hatte Recht. Die nächsten Wochen wurden zunehmend anstrengend. Auch wenn ich durch die vielen Touren, was den Schlaf angeht, schon ziemlich abgehärtet bin, erreichte ich irgendwann einfach meine Grenze. Ich schlief, wenn es hochkommt gerademal vier, fünf Stunden. Ich blieb meistens bis um 11 Uhr nachts und war am Morgen um 5 Uhr schon wieder im Krankenhaus. Dementsprechend sah ich natürlich auch aus. Dicke, fette Augenringe, ungepflegtes Gesicht, verwuschelte Haare. Irgendwann konnte es Dr. Carter nicht mehr verantworten und verbannte mich einen kompletten Tag aus der Klinik, um mich auszuschlafen, und forderte dann, dass ich jeden Tag um 8 Uhr nach Hause ging und auch erst um 8 am nächsten Tag wieder auf der Matte stehen durfte.
Aber das war ja nicht das schlimmste. Das schlimmste waren eher die psychischen Auswirkungen, die auf mich zukamen. Ich bekam viel Stress mit dem Management. Sie waren nämlich schon wieder an der Planung für eine große Welttour zum Album. Irgendwie musste ich ihnen ja verklickern, dass ich das nächste Jahr erst einmal für Chloe und meine Familie da sein werde, anstatt auf irgendeine bescheuerte Tour zu gehen. Ich hatte die Nase gestrichen voll, dass sie es nicht einsahen, dass ich gerade aus privaten Gründen einfach eine Auszeit brauchte. Ich war den Jungs dann so dankbar, dass sie den Kram mit dem Management klärten und ich da wenigstens etwas weniger Stress mit hatte.
Hinzu kam, dass ich Aine und Jordan nicht die ganze Zeit bei Magritte lassen kann. Ich versuchte also, so viel Zeit, wie nur möglich war, mit ihnen zu verbringen. Und dennoch kamen sie meiner Meinung nach etwas zu kurz. Ich kann mich nur leider nicht in drei Teile teilen, um alles gleichzeitig machen zu können.
Dann ging mir noch alles, was im Krankenhaus passierte, ganz schön auf die Psyche. Jeden Tag erwartete ich, dass Chloe nun endlich die Augen öffnet. Nichts, nichts, nichts. Und jeden Tag wurde ich auch wieder enttäuscht. Es gab Tage, wo sie sich um einiges mehr bewegte. Gehirnaufnahmen zeigten, dass die Schwellungen abklingen und man das künstliche Koma heruntersetzen kann. Und dann gab es auch immer wieder Tage, wo sie auf gar nichts reagierte. Wenn man es so formulieren kann, waren die letzten Wochen ein ständiges Auf und Ab. Ich war mit meinen Nerven am Ende.
Ich kann gar nicht sagen, wie unbeschreiblich dieses Gefühl ist, wenn sie diese großen Fortschritte macht und dann im nächsten Moment fällt dieses Gerüst von Sicherheit, was man sich davor aufgebaut hatte, wieder in sich zusammen. Es bringt mich an den Rand der Verzweiflung, dass einfach nichts passiert. Die Medikamente sind so weit herabgesetzt worden, dass sie ohne weitere Probleme zumindest die Augen aufschlagen könnte. Aber nein, sie macht es nicht. Das macht mich fertig.
Ich brauche jetzt einfach etwas, was mich am Boden hält, ein Gegengewicht. Sonst war es immer Chloe, aber jetzt kann sie mir nur damit helfen, indem sich ihr Zustand so weit verbessert, dass sie endlich wieder zu Bewusstsein kommt. Solange das nicht passiert, brauche ich eine Stütze, die mich oben hält, bevor ich endgültig abstürze.
Meine Familie möchte ich nur ungern mit meinen Problemen belasten. Sie würden sich einfach viel zu viele Gedanken machen. Harry steht kurz davor, nochmal Vater zu werden, und ist aufgeregter als Grace selbst, sodass er sogar jetzt schon die Tasche fürs Krankenhaus gepackt hat und es gar nicht abwarten kann. Er ist mir also keine große Hilfe, weil er selbst gerade nicht bei Sinnen ist. Grace würde ich auch nur beunruhigen und das soll jetzt kurz vor der Geburt des zweiten Kindes auf gar keinen Fall passieren. Liam hatte zurzeit selbst Probleme. Cheryl sitzt ihm mit ihrem Anwalt ziemlich im Nacken. Bis jetzt konnten sie sich noch nicht einigen und Gerichtstermine wurden immer wieder aufgeschoben wegen unterschiedlichster Gründe. Er bekam Bear nur noch selten bis gar nicht zu sehen und war am Verzweifeln. Er wusste nicht so genau, was er jetzt machen sollte. Und Louis, ja, Louis schwebte gerade förmlich auf Wolke Sieben mit Eleanor. Die beiden sonnten sich gerade irgendwo in der Karibik und lebten ihr perfektes Liebesleben. Das wollte ich nicht zerstören, weil Louis es auch endlich mal verdient hatte, glücklich zu sein. Somit blieb mir niemand mehr so wirklich, mit dem ich reden konnte, ohne ihnen irgendwelche Probleme oder Sorgen zu bereiten.
Heute Vormittag blieb ich zu Hause, weil Magritte mit den Kindern und Grace Chloe besuchen würde und es einfach viel zu viele in diesem kleinen Raum sein werden. Am Abend würde ich dann ins Krankenhaus fahren, um bei Chloe sein zu können.
Ich scrollte durch meine Anrufliste und da fiel mir Natalies Name ins Auge. Mir fiel auf, dass ich schon lange nichts mehr von Natalie gehört hatte. Ein Wunder, um genau zu sein. Sollte ich mich mal bei ihr melden und fragen wie es ihr ging? Es wäre nur höflich, oder? Wenn sie etwas brauchen würde, hätte sie sich bestimmt schon gemeldet.
Aber könnte sie mir nicht helfen? Sie ist irgendwie die einzige, die über alles im Bilde steht, obwohl es sie nicht sonderbar zu interessieren scheint und sie auch nicht davon betroffen ist. Vielleicht versteht sie mich ja und kann mir irgendwie helfen? Natürlich weiß ich, dass es dumm wäre, aus eigenem Interesse zu ihr zu gehen, weil sie dann denken könnte, dass ich es mir anders überlegt habe und zu ihr zurückgehe. Aber, verdammt, das ist irgendwie die einzige Möglichkeit, die ich gerade für mich sehe.
Also machte ich mich auf den Weg in ihr Studio, in der Hoffnung, sie dort anzutreffen. Als ich das moderne Studio betrat, wurde ich am Tresen von einer anderen jungen Frau begrüßt. Ich glaube, sie war auch eine der Freundinnen, die Natalie mit auf der Party hatte, zumindest kam sie mir sehr bekannt vor.
„Ah, was für eine Ehre, den großen Niall Horan hier begrüßen zu dürfen. Du suchst bestimmt Natalie. Sie ist oben in ihrem Büro. Die Treppe hoch, dann rechts, die zweite Tür.", antwortete sie sehr herablassend.
Ich antwortete ihr einfach nur mit einem „Danke", sodass ich mich erst gar nicht über ihre Art aufregen konnte. Schnell lief ich die Treppen hoch und klopfte an der Tür, hinter der ich ein „Herein" vernehmen konnte. Ich öffnete die Tür und betrat das Büro, das sehr groß und hell wirkte.
An einer Wand erstreckten sich einige Aktenschränke, über denen viele Bilder hingen, die sie vermutlich selbst gemacht hatte. Auf der anderen Seite befanden sich ein gemütliches Sofa, ein Sessel und ein kleiner Tisch. Daneben erstreckte sich eine Art kleine Bar, auf der noch die Kaffeekanne stehend dampfte. Fast in der Mitte des Raumes stand ein riesiger weißer Schreibtisch, an welchem Natalie über ihren Laptop gelehnt saß und erst dann aufsah, als ich vor ihr zum Stehen kam.
„Niall, mit dir hätte ich ja überhaupt nicht gerechnet.", sagte sie überrascht und sofort legte sich ein Lächeln auf die knallroten Lippen.
Sie lehnte sich gemütlich in ihrem Drehstuhl zurück und schlug die Beine übereinander. Das Klicken ihres Stiftes auf dem Schreibtisch machte mich wahnsinnig und, wie sie mich musterte, brachte mich beinahe um den Verstand.
„Du bist auch nicht meine erste Wahl. Also fühle dich geehrt, dass ich hier bin.", erwiderte ich etwas kalt. Ich musste ihr ja nicht gleich vor die Nasen halten, dass ich ihre Hilfe benötige.
„Na schön. Wobei kann ich dir helfen? Du bist sicherlich aus einem bestimmten Grund hier, ansonsten würdest du nie freiwillig in mein Büro spazieren.", fragte sie mich interessiert und musterte mich weiter auf diese Art, die ich überhaupt nicht leiden konnte.
„Also... nun ja.. es ist... na schön, ich brauche deine Hilfe.", gab ich leicht stotternd von mir, was ich normalerweise nicht von mir kannte. So verlegen war ich sonst nie, also was das anging zumindest nicht.
„Dass ich das noch erlebe. Niall Horan fragt mich einmal um Hilfe.", lachte sie. Es schien sie, zu amüsieren. Anscheinend dachte sie, dass ich Scherze machte, doch ich meinte es ernst, todernst.
„Das ist mein Ernst. Da gibt es leider nichts, zu lachen."
Mit kalter Miene sah ich sie an. Jegliches Lächeln war aus meinem Gesicht verschwunden und endlich schien Natalie zu kapieren, dass ich keine Scherze machte.
„Oh Schande. Dann würde ich sagen, dass wir uns mal auf das Sofa setzen. Hier vor dem Schreibtisch ist es mir zu geschäftlich. Ich nehme an, es handelt sich um etwas Persönliches.", meinte sie dann etwas ernster, aber dennoch mit einem Lächeln im Gesicht.
Sie erhob sich schwungvoll von ihrem Stuhl. Mit der Babykugel schob sie sich regelrecht durch den Raum zum Sofa. Sofort fuhr mir ein Schauer über den Rücken, als ich ihren Babybauch sah, weil ich der mögliche Vater sein könnte. Es würde alles zunichtemachen, was ich jetzt erreicht hatte. Dennoch versuchte ich mich jetzt, etwas normal zu verhalten und diese Sache auszublenden. Ich war erstaunt, dass sie keine High Heels sondern bequeme Sneaker trug. Sie hatte auch bequeme Sachen an, die nicht unbedingt in Kleidersammlung des typischen It-Girls passte.
Lächelnd ließ sie sich auf der Couch fallen und streichelte sich über den Babybauch. Ich setzte mich zu ihr und holte kurz Luft. Wie sollte ich nur anfangen? Immerhin war sie nur... ja was war sie eigentlich für mich? Ich hatte keine Ahnung, also versuchte ich ihr so gegenüberzutreten wie einem Bekannten.
„Entschuldige, ich habe dir noch nichts zu trinken angeboten.", meinte sie und wollte gerade aufstehen, als ich ihr sagte, dass ich nichts möchte.
„So Niall, was gibt es denn?", fragte sie interessiert und verschränkte die Finger miteinander.
Und dann fing ich an, ihr alles zu erzählen und ließ dabei bestimmt kein Detail aus. Von dem Moment, in welchem sich Chloes Finger über meine Hand bewegte bis hin zum heutigen Tag. Ich versuchte ihr so gut wie möglich meine Gefühle darzulegen und wie mich das alles mitnahm in letzter Zeit. Ich hätte nicht erwartet, dass sie mir wirklich so aufmerksam folgte. Sie ließ mich erzählen, während sie ruhig auf der Couch sah und mir einfach nur zuhörte.
Als ich dann endete sah sie mich kurz nachdenklich an, schnaufte einmal kurz und beugte sich dann etwas zu mir rüber, sodass sie aufrechter vor mir saß.
„Niall, ich kann absolut nicht nachvollziehen, wie du dich fühlst, weil ich selbst noch nicht in diese Lage gekommen bin, aber ich versuche mich in deine Situation hineinzuversetzen und dich etwas zu verstehen. Es ist klar, dass dir die letzten Monate jegliche Kräfte geraubt haben, aber du darfst jetzt kurz vor dem Ziel nicht einfach aufhören, du musst weiterkämpfen. Du hast so lange darauf gewartet und gehofft, dass sie wieder zu dir zurückkommt. Und nun besteht wirklich die Chance, dass sie wieder erwacht. Du musste einfach etwas Geduld haben. Stell dir einfach vor, wie schön es ist, sie wieder in deinen Armen zu halten. Sie wird zu dir zurückkommen, ganz bestimmt. Zwar wird danach vielleicht alles etwas anders, aber eure Liebe zueinander ist immer noch da und daran könnt ihr beide festhalten. Also beweg deinen Arsch jetzt sofort wieder ins Krankenhaus und bleib bei ihr. Sie braucht dich. Und falls du jetzt fragst, warum ich dir das rate: Ich habe eingesehen, dass du und ich einfach kein Wir werden können. Ich möchte nur eine gute Freundin oder Bekannte bleiben."
„Danke.", meinte ich, stand auf und umarmte sie flüchtig, bis ich dann aus ihrem Büro rannte, um ins Krankenhaus zu fahren.
Natalie hatte vollkommen Recht. Ich musste jetzt einfach stark bleiben und die Unterhaltung mit ihr hat mich zumindest wieder aufgebaut. Ich war ihr mehr als nur dankbar, dass sie sich Zeit für mich genommen hat, obwohl ich sie die letzten Monate so abgewiesen hatte, aber aus gutem Grund, und dass sie nur noch mit mir befreundet sein möchte, hätte ich nie gedacht. So wie es aussieht, verändert die Zeit die Menschen ja doch. Sie war für mich da und auch nur das zählt für mich.
Mit schnellen Schritten lief ins Krankenhaus und schlug sofort den Weg zu Chloes Zimmer ein.
„Du hast es ja heute besonders eilig, Niall.", stellte Schwester Jana grinsend fest, als sie mit einem Grinsen und einem Klemmbrett aus einem der Zimmer kam.
„Klar doch. Chloe könnte jeden Moment ihre Augen öffnen. Den möchte ich nicht verpassen.", schmunzelte ich und lief weiter den Gang entlang.
Mit klopfendem Herzen öffnete ich die Tür, weil ich schon dachte, dass ich etwas verpasst haben könnte. Der Raum hatte sich noch immer nicht verändert. Kalt. Weiß. Steril. Ich würde wahrscheinlich nie wieder ein Krankenhaus betreten wollen, wenn Chloe hier raus ist. Jeden Tag dieses Zimmer zu sehen und diesen Geruch von Desinfektionsmittel wahrzunehmen, glich schon einem Albtraum, der sich irgendwann sicherlich noch in ein Trauma verwandeln würde.
Doch heute waren die Vorhänge zur Seite geschoben, sodass das Sonnenlicht ins Zimmer fallen konnte und dieses erhellte. Das Fenster war offen, sodass man, wenn man genau hinhörte, die Vögel zwitschern hören konnte. Auf dem Tisch stand ein frischer Strauß mit Blumen und überall waren Karten verteilt, in denen alle Chloe Glück wünschten und dass sie schnell wieder gesund werden sollte. Sogar einige Kuscheltiere und einige andere Geschenke befanden sich hier auf dem Tisch. Ich fragte mich gerade ernsthaft, ob ich irgendwas verpasst hatte. Warum bekam sie auf einmal so viele Geschenke? Ist sie etwa schon wach?
„Fans.", sagte jemand.
Ich drehte mich etwas verwirrt um und blickte sofort in Harrys lächelndes Gesicht. Grace meldete sich auch kurz zu Wort. Sie saß auf dem Stuhl am Bett von Chloe und streichelte mit der einen Hand ihren Babybauch und hielt mit der anderen Hand Chloes fest.
„Was?", fragte ich nach, weil ich dachte, dass ich mich verhört hatte.
„Fans. Ob du es glaubst oder nicht, aber heute standen einige Fans vor dem Krankenhaus und haben sehnsüchtig darauf gewartet, dass du kommst, weil sie ja nicht zu Chloe dürfen. Sie haben einige Geschenke für sie mitgebracht, Karten und Bilder von euch. Sie denken an sie und wollen dich endlich wieder glücklich sehen. Ich habe dann alles mit hier hoch gebracht. ", antwortete er.
Ungläubig starrte ich meinen besten Freund an. Ich hätte nicht gedacht, dass einige Fans so reagieren würden. Aber in gewisser Weise machte es mich glücklich, denn sie wollten, dass Chloe wieder zu mir zurückkommt. Ich finde es schon süß, dass sie sich solche Mühe machen, obwohl sie Chloe noch nicht mal wirklich kennen. Nur damit ich dann wieder glücklich bin.
„Das ist... wow.", murmelte ich nur.
„Ja ich finde das auch recht aufmerksam von ihnen.", meinte Harry dann, „Aber wir müssen jetzt wieder los. Wir sind jetzt schon fast drei Stunden hier."
Grace erhob sich langsam und gemeinsam gingen die beiden Arm in Arm aus dem Zimmer. Ich lächelte ihnen hinterher, ehe ich mich auf den Stuhl am Krankenbett fallen ließ.
Wenn ich Chloe jetzt so betrachtete, konnte ich im Vergleich zu den letzten Monaten deutliche Veränderungen erkennen. Ihr Gesicht war nicht mehr so eingefallen wie vorher, aber auch nicht so, wie ich sie kannte. Und ihre Wangen hatten wieder etwas Farbe angenommen. Ich schmunzelte leicht und griff nach ihrer Hand.
„Ja, da bin ich wieder. So super erholt, dass man denken könnte, dass ich fünf Jahre jünger wäre.", fing ich an und hatte dabei einen leichten ironischen Unterton.
Ich blickte auf ihr Gesicht und glaubte, ein kleines Lächeln zu erkennen. Dieses Lächeln hatte ich all die Monate vermisst. Immer wenn sie mich anlächelt, lässt sie mein Herz höher schlagen und macht mich zum glücklichsten Menschen auf der Welt, weil es einfach dieses Lächeln ist, was nur mir gilt. Gleichzeitig ziehen sich auch meine Mundwinkel nach oben, weil es einfach ansteckend ist.
„Es ist eine Qual, wenn du mich solange warten lässt. Manchmal habe auch ich keine Geduld.", lachte ich leise wurde dann aber wieder ernster, „Bitte lass mich nicht so lange warten. Ich liebe dich."
„Ich dich auch.", kamen die Worte nur leise geflüstert über ihre Lippen. In dem Moment drehte sie ihren Kopf zu mir, öffnete etwas die Augen und lächelte mich schwach an.
Überraschung!!! Eigentlich wollte ich sie ja sterben lassen, aber dann dachte ich mir so: Das kannst du nicht machen. Also war schnell klar? Dass sie wieder erwachen wird. Ich hoffe, ihr freut euch darüber.
Aber ich kann euch genau sagen, dass es ab hier kein Kinderspiel wird. Für keinen!
Ja die gute Natalie spielt hier auch eine Rolle und wird auch in Zukunft immer wieder bedeutende Parts haben. Freut euch drauf.
Sind Nialls Gefühle nachvollziehbar, also dass er mit der Belastung und so nicht ganz klar zu kommen scheint?
Wie wird es jetzt wohl mit Chloe weiter gehen, nachdem sie jetzt endlich wach ist?
Schöne Woche noch :*
Chloe :)
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