Im Wald
Ein Schrei ertönte und ich drehte mich erschrocken um. Dort lief eine Gruppe dicht aneinander gedrängter Zauberer mit erhobenen Zauberstäben langsam über das Feld. Über ihnen schwebten Menschen. ,,Draco, komm! Wir müssen hier weg", ordnete ich an. So schnell wir konnten rannten wir zum Wald. ,,Geh du vor! Ich komme gleich nach!", rief Draco. ,,Bist du verrückt?!", schrie ich, doch ich bekam keine Antwort. ,,Draco Malfoy, wo steckst du?!", rief ich noch ein letztes Mal. Alles, was darauf folgte, war ein weiterer panischer Schrei und Zauberer, die ebenfalls in den Wald wollten. Ich ließ mich von ihnen mitreißen, wobei ich auch mehrmals stolperte.
Hektisch rannte ich weiter, bis mir ein paar Menschen entgegen kamen. Darunter erkannte ich sofort ein rothaariges Mädchen. ,,Ginny!", rief ich atemlos. ,,Shila", erwiderte sie und rannte auf mich zu. ,,Geht es euch gut?", fragte ich. ,,Ja, aber wir haben Harry, Ron und Hermine verloren", berichtete sie.
,,Ginny, wo bist du?", brüllte Bill. ,,Hier!" Ginny klammerte sich an meinem Arm fest und zog mich mit zu den anderen. ,,Wisst ihr, was passiert ist?", fragte ich sofort, obwohl ich die Jungs nur erahnen konnte. Sie waren einfach noch zu weit weg. ,,Nein, aber es scheint ruhiger zu werden", antwortete Bill. ,,Shila?" ,,Bist du das?" Auf einmal kamen zwei Gestalten auf mich zu und umarmten mich fest. ,,Ja", sagte ich leise. ,,Weiß jemand, wo Charlie und Percy sind?", fragte Bill. Er klang sehr besorgt. ,,Sie wollten sich doch näher ranschleichen, um herauszufinden, was passiert ist", antwortete Fred, nachdem er mich losgelassen hatte, blitzschnell. Auch George ließ mich langsam los und schlug vor: ,,Wir könnten uns doch aufteilen und nach ihnen suchen" ,,Seid ihr verrückt? Ich finde euch dann doch nie wieder", gab Bill zu bedenken. Er fuhr sich verzweifelt durchs Haar.
,,Seht nur!", rief eine Hexe, nicht weit von uns entfernt, schrill und zeigte in den Himmel. Das Dunkle Mal - schoss es mir augenblicklich durch den Kopf. ,,Verdammt" Bill wurde immer unruhiger. ,,Bill, ich suche die anderen und du passt hier auf", schlug ich vor. ,,Vergiss es. Ich soll auf euch aufpassen", protestierte er. ,,Du sollst auf deine Familie aufpassen. Genau genommen gehöre ich nicht dazu", gab ich zu bedenken. ,,Nein, du bleibst hier. Ich suche sie beiden", ordnete Bill an und war kurz darauf verschwunden.
,,Denkt ihr, er findet sie?", fragte Ginny ängstlich. ,,Mach dir keine Sorgen, Ginny. Alles wird gut", sagte Fred ruhig und umarmte sie. ,,Geht es dir gut?", fragte mich George auf einmal. ,,Ja, warum?" ,,Du zitterst", stellte er fest. ,,Alles gut. Ich habe nur meine Jacke vergessen", erwiderte ich. Sofort ging er einen Schritt zur Seite. ,,Was machst du?", fragte ich überrascht. ,,Warte", meinte er nur. Ich sah zu Fred, der immer noch seinen Arm um Ginny gelegt hatte. Dann kam George wieder zu mir und legte mir seine Jacke um die Schultern. ,,Aber jetzt hast du keine Jacke mehr", protestierte ich. ,,Das ist in Ordnung", sagte er. Er lächelte mich an. ,,Niemand meint diese Worte ernst, George", meinte ich und ging einen Schritt auf ihn zu. ,,Ich aber schon" Ich schlang meine Arme um ihn: ,,Das glaube ich dir nicht. Du kannst doch zugeben, dass dir kalt ist. Das ist doch nicht schlimm" ,,Vielleicht ein ganz kleines bisschen", gab er zu. ,,Vielleicht?", neckte ich ihn. ,,Ja, vielleicht" George zog mich ein Stück näher zu sich. Ich müsste lügen, würde ich sagen, ich hätte es nicht etwas genossen. ,,George?" ,,Ja?" ,,Du bist echt ein toller Freund", murmelte ich. ,,Ich weiß", antwortete er traurig lächelnd.
,,Ich habe sie!", brüllte Bill. ,,Gott sei dank", sagte ich erleichtert. Bill kam mit Charlie und Percy im Schlepptau auf uns zu. Bei genauerem Betrachten stellte ich fest, dass alle drei verletzt waren. ,,Die Luft ist rein! Sie sind weg!", rief Charlie. Ginny rannte sofort zu ihren großen Brüdern und umarmte sie. Fred und George tauschten einen Blick aus. ,,Worauf wartet ihr zwei eigentlich?", fragte ich belustigt und schubste sie in Richtung ihrer Familie. Diese herzliche Umarmung berührte mich sehr. Ich wünschte mir nichts mehr als eine intakte Familie. Stattdessen lagen vierhundert Kilometer zwischen meinem Bruder und mir. Meine Eltern gingen sich hauptsächlich aus dem Weg, meine Tante und mein Onkel wurden zum Wahnsinn gefoltert und würden vorraussichtlich für immer im St. Mungo festsitzen, mein Cousin wohnte bei unserer Großmutter und ich war ein emotionales Wrack.
Ich hätte den Weasleys noch ewig zusehen können, doch irgendwann lösten sie sich voneinander. ,,Was machen wir jetzt?", fragte Percy gefasst. ,,Ich schlage vor, wir gehen zurück ins Zelt und warten dann auf die anderen", sagte Bill. Alle nickten zustimmend. ,,Kommst du mit?", fragte mich George. Ich überlegte kurz. Es war riskant mich mit den Weasleys zu treffen, da mein Vater immerhin irgendwo hier war. Allerdings war mir das im Moment egal. Ich nickte und wir liefen zusammen zum Jungenzelt der Weasleys.
Im Licht konnte ich alle viel besser erkennen. Ginny, Fred und George schienen unverletzt, aber ordentlich mitgenommen zu sein. Die anderen hatte es da etwas härter erwischt. Charlie hatte einen langen Riss im Hemd und Percy eine blutige Nase. Ich selbst hatte nur aufgeschlagene Knie. Bill dagegen hatte eine tiefe Wunde am Arm. ,,Du musst die Blutung stoppen, Bill!", sagte ich. ,,Ach was. Ist nicht so schlimm", winkte er ab. ,,Nicht so schlimm?", fragte ich scharf. ,,Bill, tu einfach, was sie sagt", meinte Fred. ,,Ja, glaub mir, wenn du es nicht machst, schleppt sie dich eigenhändig ins St. Mungo", unterstützte George die Aussage seines Bruders. ,,Sprichst du aus Erfahrung?", fragte Bill belustigt. ,,Hmm. Ich musste in den Krankenflügel", sagte George und Charlie begann zu lachen. ,,Ich verstehe zwar nicht, wie man in so einer Situation lachen kann, aber macht nur. Wir hätten gerade eben nur sterben können und, wenn Bill seine Blutung nicht bald stoppt, ist ihm auch nicht mehr zum Lachen zumute", sagte ich trocken. Augenblicklich verstummte das Lachen und ich musste mir ein Grinsen verkneifen. ,,Ist sie immer so?", fragte Bill. Fred und George nickten hinter meinem Rücken. ,,Das habe ich gesehen", murmelte ich. Da alle, wie festgewachsen da standen, durchsuchte ich die einzelnen Zimmer. ,,Was wird das, wenn es fertig ist", fragte Bill. ,,Vertraust du mir?", stellte ich eine Gegenfrage. ,,Ähm...also...", stammelte er. Ich zog ein Leinentuch vom Boden auf und warf es nach Bill. ,,Hey! Was sollte das denn?", sagte er empört. ,,Das kannst du auf deinen Arm drücken", erklärte ich ruhig. Bill sah mich verwirrt an. ,,Mach es doch einfach", zischte ich. Bill drückte das Leinentuch auf seinen stark blutenden Arm. ,,Na also. Geht doch", seufzte ich.
Nach kurzer Zeit hörten wir vertraute Stimmen von draußen. Charlie steckte den Kopf durch aus dem Zelt: ,,Dad, was ist los? Fred, George und Ginny sind hier. Ihnen ist nichts passiert, aber die anderen..." ,,Die habe ich mitgebracht" Ginny, die neben mir saß, sah ziemlich erleichtert aus, als sie das hörte. Arthur kam, gefolgt von Harry, Ron und Hermine, ins Zelt.
,,Hast du ihn gekriegt, Dad? Den, der das Mal heraufbeschworen hat?", fragte Bill scharf. ,,Nein. Wir haben Barty Crouchs Elfe mit Harrys Zauberstab in der Hand gefunden, aber das sagt uns noch lange nicht, wer wirklich das Mal heraufbeschworen hat", sagte Arthur. ,,Was?", sagten die Jungs, wie aus einem Mund. ,,Harrys Zauberstab?", fragte Fred. ,,Mr Crouchs Elfe?", fragte Percy entsetzt. Sie erzählten uns, was es mit Winky, Crouchs Elfe, und dem Dunklen Mal auf sich hatte.
,,Natürlich hat Mr Crouch vollkommen recht, eine solche Elfe davonzujagen! Läuft einfach davon, wo er ihr doch ausdrücklich gesagt hat...blamiert ihn vor dem ganzen Ministerium...wie hätte das denn ausgesehen, wenn man sie vor der Abteilung zur Führung und Aufsicht...", sagte Percy. Er hätte wahrscheinlich noch mehr gesagt, wenn er nicht von Hermine unterbrochen worden wäre: ,,Sie hat nichts getan. Sie war nur zur Falschen Zeit am falschen Ort", zischte Hermine. So setzte sich die Diskussion weiter fort. Danach wollte Ron noch wissen, was das Dunklen Mal genau bedeutete. Als die Sprache auf die Todesser kam, wollte ich mich verabschieden um meinen Vater zu suchen. Das letzte, was ich hörte war: ,,Dad, wir haben Draco Malfoy im Wald getroffen und er hat durchblicken lassen, dass sein Vater einer dieser Hirnis mit den Masken war! Und wir wissen all, dass die Malfoys mit Du-weißt-schon-wem unter einer Decke steckten" Nach diesen Sätzen verließ ich das Zelt. Ich war mir ziemlich sicher, dass Ron das extra laut gesagt hatte.
Schnell rannte ich über den Platz zu unserem Zelt. Ich war verwirrt. Eigentlich war ich mir ziemlich sicher gewesen, dass das Zelt genau hier stand - neben dem der Malfoys. Doch beim Anblick der kahlen Rasenflächen begann ich an mir selbst zu zweifeln.
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