Szene 20

Szene 20

15. Juni 2011

Kol und ich saßen auf der Tribüne des Footballfeldes, während Mr. Hopkins, neuer Bürgermeister und Vater von Bonnie, die Absolventen nach alphabetischer Reihenfolge aufsagte.

Mein Bruder war angeblich auf der Toilette verschwunden, während mein Dad, wegen eines Server-Notfalls zur Arbeit musste und meine Mutter vorne bei den Eltern und Elizabeth saß.

Kol lehnte sich zu mir rüber. "Hast du Regenschirme dabei?"

"Ich hab ihn in der Handtasche meiner Mutter gelassen", gestand ich. "Wir sind schnell und können in der Schule verschwinden, wenn es sein muss."

Dann wandte ich mich wieder nach vorne. "Ich will gar nicht wissen, was Jonah für nächstes Jahr geplant hat, wenn ich da vorne stehe."

"Er wird nichts machen."

"Da bist du dir sicher?"

"Ich hab mit ihm geredet. An deinem Tag wird er nichts machen. Oder ich dreh ihm den Hals um." Kol legte einen Arm um meine Schulter herum und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. "Kleiner Scherz, Liebes."

"Das weiß ich. Da ist Bonnie. Wolltest du nicht mit ihr reden?"

"Nein, wer weiß ob sie überhaupt den Schleier wieder erheben wird. Alleine schon wegen Jeremy. Und außerdem kommt Katherine immer wieder, die ganzen Vampirjäger."
„Ich hab in den letzten Stunden 5 mal Katherine ausfindig gemacht und getötet."
„Ich weiß, sie ist eine hartnäckige Schlampe."

"Was, wenn sie es doch macht?", wollte Kol wissen. „Also Bonnie."

"Wir können daran nichts ändern. Bonnie ist mächtig, viel zu mächtig für uns. Ich stehe nicht gerade darauf, irgendwen zu drohen, oder vollzujammern. Lass uns einfach den Tag genießen. Bitte, Kol."

"Du musst mich auch verstehen, dass ich dich nicht wieder alleine lassen will. Ich bin dort drüben alleine, habe niemanden, bin richtig einsam." Kol drehte sich ganz zu mir und legte eine Hand auf meine Wange. "Und ich finde es einfach nur beschissen, dich nicht umarmen zu können, wenn es dir nicht gut geht. Jetzt kann dich berühren, ich kann dich küssen und ich will das das sobleibt. Ich bin es satt, auf der anderen Seite zu sein. Ich will bei dir bleiben. Für immer." Er drückte mir einen kleinen Kuss auf die Stirn und schaute mir dann wieder in die Augen. "Ich liebe dich, Kenzie."

Ich legte meine Hand auf Kol seine und seufzte. "Ich liebe dich", sagte ich und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Es sollte eigentlich nur ein kleiner Kuss sein, aber Kol war anscheinend drauf und dran rumknutschen zu wollen. Ich wich zurück, sprang auf und zog Kol auf die Füße. Vor all den anderen war es mir schon ein bisschen unangenehm, weshalb ich ihn unter die Tribüne zog, wo wir in Ruhe rumknutschen und fummeln konnten.

Verrücktes Flügelschlagen, ließen Kol und mich aufhorchen. Genervt zog Kol seine Hand unter meinem T-Shirt weg und ließ auch mit seinen flüchtigen Küssen von mir ab. Aus der Ferne hörte ich meinen Bruder lachen, während die 500 Tauben (woher die Caroline auch immer hat) aus den Käfigen entlassen wurden. Kol und ich beobachteten das Spektakel durch die Tribüne hindurch. Die ersten Abschlussklässler fluchten auf, als sie von der Vogelscheiße getroffen wurden. Meine Mutter zog fluchend den Regenschirm aus ihrer Handtasche und zog Elizabeth zu sich. Kol griff lachend nach meiner Hand und lief mit mir in Richtung Schule.

Lachend saßen wir im Biologieraum, horchten immer noch dem panischem Gekreische, Carolines Ausraster. "Jonah Cartwright, wenn ich dich erwische!", kreischte sie, während ich mir die Tränen aus den Augen wischte. Kol hielt sich den Bauch.

"Laut diesem Gelächter, steckt ihr doch auch hinter dem Tauben-Durchfall-Attentat."

Kol und ich unterdrückten uns ein Lachen und blickten zur offenen Biologietür, an der Klaus stand. Kols Lachen verschwand und er blickte seinen großen Bruder feixend an. "Klaus."

"Kol, anscheinend hast du deine Chance genutzt."

"Ich war nie weg, Bruder."

"Naja, ich denke mal, dass du mir nie über die Schulter geschaut hast, sondern Kenzie nie von der Seite gewichen bist."

"Ja", nickte Kol. "Du machst es dir wieder in New Orleans gemütlich?"

"Wir haben diese Stadt erschaffen, genau wie einst Mystic Falls. Aber New Orleans wird immer mein Favorit bleiben. Gerade jetzt, wo Hayley mein Kind erwartet."

"Wie zum Henker geht das?", fragte ich. Auch Kol wirkte perplex.

"Schieben wir meine Zeugungsfähigkeit auf meine Werwolfsseite", scherzte Klaus.

"Herzlichen Glückwunsch", meinte Kol. "Ich hoffe, das Kind kommt nicht ansatzweise nach uns Mikaelsons."

"Danke, Bruder."

"Auch von mir Herzlichen Glückwunsch und solange man es nicht verärgert, wird auch keiner draufgehen."

"Danke auch dir. Ja, wir sind ein wenig, sensibel, sensitiv, schnell zur Weißglut zu bringen."

"Und so weiter", stimmte Kol nuschelnd zu.

"Weißt du, wie lange du unter uns weilst?"

"Ich weiß es nicht. Wann auch immer Bonnie den Schleier zur anderen Welt wieder hochzieht."

"Das sollte sie schleunigst machen."

"Nein, sollte sie eben nicht."

"Kol, ich kann nicht ewig meine 12 Hybriden, die 12 Hexen und alle anderen Opfer, die wegen Silas Wiederbelebung hier sind, töten. Sie kommen immer wieder und werden weiter Menschen verletzen, wenn nicht sogar töten. Silas ist bei Seite geschafft. Versteinert durch Bonnie. Jetzt sind nur noch die rachsüchtigen Geister an der Reihe zuverschwinden."

"Ich bin aber kein rachsüchtiger Geist, Klaus!", rief Kol sauer. "Ich will hier bleiben. Ich will nicht wieder zurück. Du hast keine Ahnung, wie es drüben ist. Ich bin alleine. Habe dort drüben niemanden. Ich will nicht noch verrückter werden, weil ich mit niemanden reden kann. Hier, auf der Seite, habe ich Kenzie und ich will sie nicht noch einmal alleine lassen."

"Du magst sie nicht alleine lassen, aber was passiert, wenn die anderen Geister jemanden verletzen? Vielleicht verletzen sie Kenzie. Klar sie könnte wiederkommen. Aber was ist, wenn sie ihren Bruder verletzen, oder ihre Eltern. Sie sind Menschen und werden niemals wieder zurückkommen. Sie werden tot sein. Und ich denke nicht, dass du mit der ewigen Schuld leben willst. Genauso wenig, wie du Kenzie leiden sehen willst, dadurch das sie wieder einen Verlust erlitten hat."

"Stell dir vor, du wärst an meiner Stelle und es ginge hier um Caroline." Klaus blickte Kol fragend an. "Ich habe gesehen, wie du sie ansiehst. Du magst Caroline."

"Das kannst du nicht vergleichen, Kol. Mögen und Lieben sind zwei unterschiedliche Welten. Und wechsel nicht das Thema." Klaus ließ einen Seufzer los. "Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Abschiede sind immer grauenvoll. Ich weiß, dass du Amoklaufen würdest, wenn irgendwas passiert, was Kenzie totunglücklich macht. Und du liebst sie. Und ich bin mir sicher, dass ich ihr ein paar schöne Stunden miteinander hattet. Aber es ist Zeit Abschied zunehmen. Jetzt habt ihr noch mal die Chance dazu. Kol, es wäre die Hölle auf Erden. Der Schleier muss wieder hochgezogen werden, auch wenn es euch weh tut."

Ich griff nach Kols Hand und lehnte meine Stirn gegen seinen Oberarm. "Du weißt, dass er Recht hat", sagte ich leise. "Das wissen wir beide. Auch wenn ich dich nicht mehr sehen kann. Auch wenn ich dich mehr berühren kann, dich küssen. Auch wenn ich dir keine bescheuerten Witze mehr erzählen kann und dein Lachen nie mehr hören werde. Deine Komplimente, deine "Ich liebe dichs". Aber ich weiß, dass du immer bei mir sein wirst und das du mich immer liebst. Ich weiß, dass du immer bei mir sein wirst, dass du immer hinter mir stehst. Ich glaube daran."

"Ich will das aber nicht, Kenzie", fluchte Kol und riss sich von mir weg. "Ich will dich nicht alleine lassen."

"Das wirst du nicht. Ich werde dich zwar nicht mehr sehen, ja, aber du dafür mich. Solange ich weiß, dass du da bist, geht es mir gut. Abschiednehmen müssen wir alle und ich habe mich schon vor Stunden von dir verabschiedet, weil ich weiß, dass der Vorhang hochgehen wird, dass du wieder gehen musst. Mach es mir bitte nicht schwer. Es ist schon hart genug."

Kol sagte nichts. Er schluckte, blickte mir tief in die Augen. So sprachlos hatte ich Kol noch nie gesehen. Und dieser Blick von ihm. Er war so verletzt, so verflucht traurig. "Kol, bitte." Ich griff nach seiner Hand. Kol drückte zu und zwar nur so dolle, dass er mir nicht weh tat. "Abschiede sind nie einfach. Aber machen wir es uns nicht so schwer. Ich liebe dich, Kol." Ich legte meine linke Hand auf seine Wange und er schloss die Augen. "Ich werde dich immer lieben, Kol. Das weißt du."

"Ich liebe dich auch. Mehr als alles andere. Ich weiß, aber..."

"Nein, kein aber!", mahnte ich. Ich ließ Kol los und atmete tief los. "Wenn meiner Familie etwas passiert, weiß ich, dass du dir das niemals verzeihen kannst, weil du Bonnie davon abgehalten hast, den Schleier hochzuziehen. Wir werden uns doch bald wiedersehen." Klaus hatte immer noch keine Anstalten gemacht, sich irgendwie zu bewegen, sondern stand einfach nur da. "Und ich bin mir sicher", sagte ich. "das es Wege..." ich hatte mich zu Kol gedreht, der nicht mehr neben mir stand. "...gibt uns zwischendurch zusehen." Ich atmete tief durch, wischte mir die Augen trocken. "Er ist nicht abgehauen, oder?", fragte ich Klaus.

"Nein."

Der Schleier zur anderen Seite war wieder oben. Es war alles wie vorher. Ich fühlte mich wieder schrecklich einsam, so allein. Und selbst der Gedanke, das Wissen, dass Kol immer noch bei mir war, machte es nicht gerade besser. Ich fühlte mich beschissen. Bonnie hätte sich ruhig mehr Zeit nehmen können.

Klaus wirkte ebenfalls traurig, sagte kein Wort und ließ mich dann einfach stehen.

Ich stand da noch eine ganze Weile auf derselben Stelle und starrte dorthin, wo eben noch der traurige Kol gestanden hatte. Irgendwie ging mir das alles gerade doch zu schnell. Verdutzt, merkte ich etwas kaltes und hartes in meiner Hand. Stirnrunzelnd hob ich meinen Arm und öffnete meine, zur Faust geballten Hand. Ich schluckte schwer, als ich erkannte, dass es Kols Tageslichtring war. Seufzend schloss ich meine Hand, fuhr aber auch gleichzeitig zusammen, als ich einen bemitleidenswerten Seufzer hörte. Als ich Caroline sah, die mich traurig anblickte, presste ich meine Lippen zusammen. Ich versuchte gegen die Tränen anzukämpfen. Irgendwann musste ich den Kampf doch mal gewinnen.

Ich setzte zum Reden an, wobei nur wirre Worte aus meinem Mund kamen.

"Ich weiß", nickte Caroline. "Du brauchst einen Drink. Wenn nicht sogar mehr als einen Drink."

Ich schüttelte meinen Kopf. "Ich will einfach nur alleine sein. Das ist alles." Als ich wieder richtige Worte fand, war ich selbst erschrocken, dass ich mich so kaputt traurig anhörte.

"Oh, okay."

Ich ging an Caroline vorbei. "Wenn du reden willst..."

"Nicht, lass es einfach, okay. Ich komm schon klar."

Damit ließ ich Caroline stehen und machte mich direkt auf den Weg nach Hause. Ich wollte einfach für mich sein. Einfach in meinem Bett liegen, mich verkrümeln und heulen, bis es mir wieder besser geht. So hat es auch funktioniert, als ich Kol zum ersten Mal verloren hatte. Seinen Tageslichtring, hatte ich immer noch in meiner Hand. Ich wollte eigentlich für mich alleine sein, bis meine Mom zu mir kam. Sie fragte mich nicht, was passiert war. Sie meinte nur, dass sie weiß, was los ist. Dann hatte sie sich hinter mir aufs Bett gesetzt und eine Hand auf meine Schulter gelegt. "Dein Dad und ich werden schon was finden, damit es dir nicht mehr so schlecht geht. Nie mehr."

Ich blieb alleine in meinem Zimmer, wollte niemanden sehen und mit niemanden reden. Selbst als Caroline da war, wollte ich sie nicht sehen. Ich wollte einfach keine aufmunternden Worte, die mir eh nicht über meine Trauer gegenüber Kol hinweghalfen. Einfach nur alleine sein und hoffen, dass es bis zum letzten Schuljahr besser wird.

Entweder war es Jonah, mein Dad, oder meine Mutter, die vor meiner Zimmertür ein Tablett mit Essen stellten. Einmal am Tag war ein Glas mit 0,5 Liter Blut dabei, ohne Eisenkraut. Als ich fertig war, hatte ich das Tablett immer vor der Tür gestellt. Meine Mom machte sich riesige Sorgen, meinte, dass es schlimmer ist.

Eines Tages hatte ich mir meine Kommunionskette geschnappt, die mir meine Großeltern geschenkt hatten. Das verfluchte Kreuz hatte ich in den Mülleimer geschmissen. Ich brauchte nur die Echtsilberkette, die ich durch Kols Ring steckte, um mir diese dann um den Hals zu machen.

Es war der zwanzigste August, mehr als zwei Monate, war nach dem zweiten Verlust vergangen und ich fühlte mich kein bisschen besser. Ehrlich gesagt, fühlte ich mich genauso schrecklich, wie am ersten Tag.

Immer wieder war es an unserer Haustür am klingeln. Entweder war es Caroline, oder Elizabeth. Einmal war es sogar Elena gewesen, die wissen wollte, wie es mir geht. Ein anderes Mal sogar Jeremy. Ich war erst erschrocken gewesen- dachte, dass anscheinend wieder der Vorhang gefallen war. Doch dann hörte ich ihn und mein Vater reden. Bonnie hatte ihn entgültig von den Toten zurückgeholt. Deshalb hatte er sich eine Geschichte einfallen lassen, die in ganz Mystic Falls bekannt war und Bonnie war durch den Zauber gestorben. Durch die vielen Todesfälle in den letzten zwei Jahren, sei er irgendwann durchgedreht, hätte das Familienhaus der Gilberts angezündet, seinen Tod vorgetäuscht und wäre dann abgehauen. Nun hatte er sich wieder gefangen und wollte alles noch mal von vorne versuchen. Angefangen bei seinem Abschluss, auch wenn er mit einer Anzeige wegen Brandstiftung rechnen müsste. Aber so wie ich Sheriff Forbes kannte, würde sie wieder ihre mächtigen Finger im Spiel haben und einiges Regeln. Gesetze hin oder her.

Heute war wieder ein Tag, wo es an unserer Haustür klingelte. Ich hörte mein Vater fluchen. "Wenn es wieder Elizabeth ist, die irgendwelche Nummern von Psychologen herausgesucht hat, erschieß ich sie."

Meine Mutter seufzte nur und wandte sich wieder der Hausarbeit zu. Das Herz von meinem Vater machte einen gewaltigen Aussetzer. "Sie schon wieder!", sagte er nicht gerade begeistert- mit einem Unterschied, dass er das spielte. Er kannte die Person, die unten an unserer Haustür stand.

"Ich wurde in New Orleans aufgehalten, weshalb ich nicht schneller hier sein konnte."

"Vielleicht haben Sie ja Glück irgendwie an Kenzie heranzukommen."

"Abschiede sind nicht einfach, ich weiß. Vor allen Dingen nicht dann, wenn man eine Person abgöttisch geliebt hat. Ich denke, meinen Bruder wird es nicht anders auf der anderen Seite ergehen. Durch Kenzie hat er wieder gelernt zu fühlen."

Klaus trat nach der Einladung meines Vaters in Haus ein. "Kol hatte erwähnt, dass ihre Frau besonders kreativ ist. Das sollte man, wenn man Erzieherin ist. Um welche Altersgruppe kümmert sie sich?"

"Drei bis fünf Jährige."

"Hm, vielleicht kann sie mir ein paar Tipps geben. Ich werde auch bald Vater und möchte aufs Beste vorbereitet sein."

"Sie wollen mich doch verarschen?", fragte Dad. "Wie kann das sein? Sie sind ein Vampir."

"Ich bin ein Hybrid. Halb Vampir, halb Werwolf. Durch die Werwolfseite, die ich durch meinen leiblichen Vater habe, bin ich in der Lage mich fortzupflanzen."

"Das ist, nunja, krass", sagte Dad perplex. Klaus schnaubte belustigt.

"Ist Ihre Tochter oben im Zimmer?"

"Da wo sie seit über zwei Monaten nicht mehr herausgekommen ist. Ja, ist sie."

Ich hörte Schritte, die meinem Zimmer immer näher kamen. Dann klopfte es an meiner Zimmertür. "Kenzie", hörte ich Klaus sagen. "Kann ich reinkommen?"

Ich saß auf der Fensterbank und schaute aus dem Fenster. Beim besten Willen habe ich keine Lust zu reden. Immer noch nicht. Auch nicht mit Klaus. Ich antwortete nicht und erwartete, das Klaus einfach weggehen würde, doch er blieb vor der Tür und kam einfach ins Zimmer. "Hallo, Liebes", sagte er und schloss die Zimmertür wieder. "Ich hab dich nicht hereingebeten", sagte ich knurrend und schaute weiter aus dem Fenster hinaus. "Ich weiß. Und es ist mir egal."

"Jupp, mir auch."

"Du weißt ganz genau, dass Kols Geist vermutlich jetzt irgendwo im Zimmer herumlungert und dich anfleht, nicht mehr um ihn zu trauern. Vermutlich macht er das schon die ganze Zeit. Das Leben geht weiter, auch wenn es schwerfällt."

"Soll es doch. Mir gehts schon irgendwann wieder besser. Nur jetzt noch nicht."

Klaus seufzte. "Wenn du denkst, du bist eine Kämpferin, dann hast du dich geschnitten. Eine Kämpferin hätte bereits ihr Leben in den Griff gekriegt und weiter gemacht, auch mit einem zertrümmerten Herzen. Sie hätte die Zähne zusammengebissen und es irgendwie alles gemeistert. Aber wenn man noch nicht mal den Mut dazu hat, die Trauer aufzugeben, bringst du dich irgendwann noch selbst um."

"Klar, ich puhle mir das Herz aus der Brust, oder brech mir selber das Genick, weil ich sonst nichts zu tun habe. Ich will leben."

"Tust du aber nicht!" Entsetzt blickte ich Klaus an.

"Ich atme, ich bin genervt von deiner Anwesenheit, ich lebe," brummte ich.

"Du lebst nicht, du vegetierst vor dich hin. Du lässt die Stunden, Tage, Wochen an dir vorbeiziehen. Leben ist, wenn du die Trauer in den Griff kriegst, endlich wieder am Leben teilnimmst. Du hast keine Ahnung, was deine Eltern und dein Bruder sich für Sorgen machen. Sie wollen die glückliche Kenzie wieder zurück und nicht das dahinlungernde Wrack einer traurigen Hülle. Tief im inneren willst du auch, das die Trauer aufhört, oder?"

Ja, dachte ich.

"Nein", meinte ich.

Klaus kam zu mir. "Weißt du", sagte er seufzend. "Es heißt Trauer heilt nie richtig, sondern wandelt sich irgendwann zu Hass um. Empfindest du Hass?"

"Nur Trauer. Kein Hass. Ich wüsste auch nicht, wen ich momentan hassen sollte. Vielleicht, in fünf Minuten, dich, wenn du mich nicht endlich in Ruhe lässt."

"Ich lasse dich nicht in Ruhe, Kenzie. Solange du im Trauermodus bist, werde ich dich nicht in Ruhe lassen. Es kann Minuten dauern, oder Tage. Ich habe Zeit." Klaus setzte sich in meinem Schreibtischstuhl und drehte sich zu mir. Er starrte mich an, während ich wieder aus dem Fenster blickte. Immer wieder versuchte er auf mich einzureden. Er wollte mit mir eine Sauftour unternehmen, mich zum Jagen bewegen, mit mir Shoppen gehen, damit ich Ablenkung bekam, aber ich fing an ihn zu ignorieren, als er weitere Möglichkeiten aufzählte. Klaus war nach Stunden und etlichen Möglichkeiten mit seinem Latein am Ende. Er stand grummelnd auf und legte eine Hand auf meine Schulter. "Kenzie, schau zu mir."

Ich zögerte einen Augenblick und blickte von unserem schönen, erblühten Garten zu Klaus. Meine Augen fixierten seine blauen Augen, als er anfing zu reden.

"Ich will nicht mehr, dass du traurig bist. Ich will, dass du die alte Kenzie bist. Das fröhliche Mädchen, mit den komischem Humor, den komischen Sprüchen auf den Lippen. Einfach ganz die Alte. Ich will, dass du lebst, wie du es immer wolltest. Glücklich, eine gute Schülerin, die für ihre Familie da ist. Mach deinen Abschluss, werd was immer du willst. Vergiss meinen Bruder. Vergiss Kol Mikaelson. Du hast ihn niemals in deinem Leben gesehen. Vergiss seine Stimme, sein Lachen, seine Augen, seine Art. Vergiss, wie er dich auf Händen getragen hat. Vergiss, seine "Ich liebe dichs" an dich. Du hast ihn niemals gesehen, noch nie von ihm gehört."

Gebannt starrte ich Klaus an, der auf mich einredete. Was laberte er da? Wer war Kol Mikaelson? Ich blinzelte verwirrt. "Vergiss ihn."

"Wen soll ich vergessen?", fragte ich verdutzt.

"Kol, Kol Mikaelson."

"Wer, wer ist das?"

Klaus seufzte. "Es tut mir leid", sagte er leise. Dann griff er nach meiner Kette, für die ich absolut keine Bedeutung hatte und noch nicht mal wusste, woher diese kam. "Steh auf."

Ich stand von der Fenterbank auf. "Bring mir deine Eltern, und setz dich ins Wohnzimmer. Du wirst unser Gespräch nicht hören und dann gehen wir spazieren."

Ich nickte und verließ das Zimmer. Nachdem ich meine Eltern nach oben in mein Zimmer geschickt hatte, setzte ich mich ins Wohnzimmer. Noch nicht mal auf die Couch. Ich setzte mich einfach auf den Boden vor dem Fernseher. Dem Gespräch konnte ich nicht lauschen, weshalb ich den ausgeschalteten Fernseher anstarrte.

"Kenzie, Mäuschen", ich fuhr erschrocken auf, als meine Mutter ins Wohnzimmer kam. Klaus und Dad waren hinter ihr. "Klaus fährt mit dir in die Stadt. Du brauchst noch Sachen für die Schule. Dein letztes Jahr."

"Habe ich nicht schon alles?"

"Nein, noch nicht. Ich suche eben nur die Liste."

Meine Mom war komisch drauf und unterdrückte sich Tränen. "Oh Gott, Mom. Alles gut?", fragte ich perplex.

"Ich bin in Ordnung", antwortete sie und verschwand aus dem Wohnzimmer.

"Wie fühlst du dich?", fragte Dad mich.

"Ich fühl mich gut", antwortete ich. Ja, ich fühlte mich wirklich gut. Zu gut. Ich lächelte. "Super gut."

Mein Dad schmunzelte und Klaus wirkte ebenfalls zufrieden. "Wir sollten in die Stadt."

"Ich muss mich vorher nur umziehen. In den Klamotten gehe ich ganz sicherlich nicht." Meine Mutter blieb neben Klaus stehen und atmete tief durch. "Deine Mutter bringt dir frische Klamotten."

"Ja, klar", sie drückte mir die Liste in die Hand. "Irgendwelche Wünsche?"

"Das rote Sommerkleid, die Jeansweste, meine Leinenschuhe. Die halben. In weiß. Die die du auch hast, weil die echt süß sind."

Nachdem ich mich im Wohnzimmer umgezogen und meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, legte ich meine getragenen Klamotten auf die Couch und öffnete die Tür zur Küche. "Ich bin fertig und wir können los, Klaus."

"Kenzie", meinte Mom. "Du siehst wundervoll aus."

Ich lächelte. "Danke, Mom", sagte ich glückerfüllt und umarmte meine Mom. Meinen Dad kniff ich in die Wange, ehe ich von Klaus nach draußen gezogen wurde. Die vielen Schulsachen, fand ich in der Buchhandlung und in einem Billig-Laden für alles Mögliche, fand ich weitere Schulsachen. Klaus ließ mich kein bisschen aus den Augen. Er trug sogar meine Tüten, während ich immer weiter die Kreditkarte meines Dads für die Sachen rüberzog. Aber irgendwas war anders. Mein Dad hatte niemals eine schwarze American Express Karte besessen. Während ich an der Kasse stand, um neues Druckerpapier mit der Karte zubezahlen, stand dort nicht John Cartwright, sondern Klaus Mikaelson drauf. Ich blickte zu Klaus, der auf seinem Handy am herumtippen war. Dieser schaute dann zu mir. Nachdem ich mir die Karte, den Kassenbon und die Packung Druckerpapier geschnappt hatte, stellte ich mich neben Klaus. "Bezahle ich schon die ganze Zeit mit deiner Karte?"

Er steckte sein Handy weg. "Klar. Ich bin deinen Vater einiges schuldig." Dann zog er die Liste aus seiner Jackentasche hervor. "Druckerpapier war das letzte auf der Liste." Dann dachte er nach. "Hm, ein neues Schuljahr wird ja eigentlich auch mit ein paar schönen Klamotten eingeleutet." Klaus schaute aus dem Druckerbedarfs-Shop rüber zum Macys und wieder zu mir. "Ich habe genug Klamotten. Mein Kleiderschrank ist voll."

"Eine hübsche junge Dame kann nie genug haben", sagte Klaus und ging voran ins Macys.

"Ich weiß nicht, was Caroline gegen dich hat", meinte ich, als ich einen Klamottenständer mit verschiedenen Kleidern durchwühlte. Klaus stand daneben und beobachtete mich.

"Wie darf ich das jetzt verstehen?"

"Naja, keine Ahnung, was deine Absichten sind. Ob du mich mit deinem vielen Geld beeindrucken willst, oder ob du es einfach nur gut meinst, ohne Hintergedanken."

"Ich meine es einfach nur gut. Ohne irgendwelchen Hintergedanken."

"Und das liegt nicht daran, dass du unbedingt an das Heilmittel willst, was in unseren Händen ist?"

"Das habe ich schon längst", entgegnete Klaus grinsend. Entsetzt blickte ich ihn an. "Ich habe dein Vater bei einer Sache geholfen und da ich nicht jeden Helfe, haben wir einen kleinen Deal ausgehandelt. Das Heilmittel habe ich versteckt."

"Willst du das für Elena benutzen, damit sie dir weiter bei deinen Hybriden helfen kann?"

"Ich hab schon längst andere Pläne, Kenzie. Mich interessiert dieser ganze Hybridenkram nicht mehr. Ich konzentriere mich auf meine Familie. Mein heranwachsendes Kind. Mystic Falls ist für mich auch langsam Geschichte. New Orleans ist mein neues Zuhause."

"New Orleans", sagte ich. "War ich noch nie gewesen. Aber einmal in meinem Leben will ich da mal hin. Alleine schon die Bourbon Street. Aber ich muss mich konzentrieren. Schule und all der Kram. Es ist mein letztes Jahr und einen Collegeplatz muss ich auch noch finden."

"Schon eine Idee, was du machen willst?"

"Ich will unbedingt Erzieherin werden. Wie meine Mom. Bloß liegt mein Interesse an den noch Kleineren."

"Du willst freiwillig Windeln wechseln?"

"Hey, dass ist nicht das Windeln wechseln. Das ist die Tatsache, wie sich 6 Monate alte Babys, in den Jahren entwickeln. Du erlebst sie zwar nur bis kurz nach dem dritten Lebensjahr, weil sie dann die Gruppe verlassen. Aber die Jahre sind die wunderbarsten. Alleine schon wie schnell sie ihre Charakterzüge entwickeln. Sie fangen an zu gehen, zu laufen, zu reden, werden die Windel los und man ist dabei. Das ist einfach wundervoll. Jedes Kind ist einfach anders."

"Das hört sich wunderbar an."

"Ja, es wird schwierig, andauernd Babys um sich herumzuhaben, weil man als Vampir, selbst keine bekommen kann, aber irgendwie wird das schon gehen. Hoffentlich." Ich fand endlich ein Kleid. Schwarz und kurz. "Wow, das ist heiß." Ich zog es hervor und hielt es vor mich. "Und wie findest du das?" Klaus zog es mir nicht gerade begeistert aus der Hand und hing es zurück. Dann schnappte er sich ein Dunkelrotes und hielt es mir hin. "Ich finde dieses atemberaubend."

"Du hast überhaupt kein Geschmack, Klaus." Diesesmal riss ich ihn das Kleid aus der Hand und hing es zurück. "Ich nehme das Schwarze", stellte ich klar.

Es blieb nur bei diesem Kleid, auch wenn ich aus diesem Klaus nicht gerade schlau wurde und er ziemlich merkwürdig war, ließ ich mir es trotzdem nicht nehmen, dass er mir das 100 Dollar teure Kleid bezahlte. Was auch immer er vor hatte, oder ob er einfach nur aus Kolanz nett zu mir war, da mein Dad ihn das Heilmittel gegeben hatte.

Klaus brachte mich bis zur Haustür. "Danke, dafür. Was auch immer der Tag sollte", meinte ich verdutzt und griff nach all den Tüten.

"Gern geschehen."

Irritiert lauschte ich. "Das ist doch gut, oder nicht. Ich meine, ihr geht es jetzt doch wieder besser?" Caroline.

Ich schloss die Tür auf und blickte zu Klaus, der bereits weg war. "Klar geht es mir besser. Ich wüsste nicht, wieso es mir nicht gut gehen sollte."

Mein Dad kam zur Haustür und nahm mir die vielen Tüten ab, die er nach oben in mein Zimmer brachte. Ich ließ die Haustür ins Schloss fallen und blickte zu Caroline, die zu mir kam. "Hey, Süße", meinte sie und schaute mich mit großen Augen an.

"Hey, waren wir verabredet?"

Caroline zögerte. "Ja, wir haben ein Mädelsabend geplant."

"Wir?"

"Elena ist ebenfalls hier. Filme, alkoholfreier Sekt, heiße Kerle, lästern. Wie immer."

"Hm, okay."

"Deine Eltern haben uns das Haus überlassen. Dein Bruder pennt bei einem Kumpel."

"Okay, hört sich gut an", stimmte ich zu und ging ins Wohnzimmer, wo Elena auf der Couch saß.

"Hey, Kenzie."

"Hey", sagte ich grinsend und schmiss mich auf die Couch. Elena lächelte mich an, während Caroline mich irgendwie traurig anblickte.

Ich musterte Caroline. "Schon wieder Stress mit Tyler?", fragte ich.

"Nein, ja, nein, alles gut. Ich bin nur traurig, dass aus unserem Vierer-Zimmer im College noch nichts wird."

"Ich hatte ein ziemlich hartes Jahr", seufzte ich und lehnte mich zurück.

"Wir alle. So, wer will ein alkoholfreies Bier?", fragte Elena.

"Solange meine Eltern da sind, tun wir so, als ob wir das Bier mit Vergnügen trinken", lachte ich. Elena stimmte mit ein, während Caroline immer noch so komisch war.

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