Szene 10
Szene 10
"Wo wollen wir eigentlich hin?", wollte ich wissen, als wir an einem Schild vorbeifuhren, der mich erahnen ließ, dass wir Edison in Richtung Westen verlassen.
"Ich kenne da ein paar Bekannte in New Orleans. Wenn du mit willst, darfst du ruhig mit. Wenn wir wieder getrennte Wege gehen sollten, kannst du mich am nächsten Flughafen rauslassen."
Ich dachte nach. Es wäre vermutlich ein Plan mit Kol mitzugehen und in New Orleans war ich noch nie in meinem Leben gewesen. Außerdem, wo sollte ich sonst hin und bei Kol war ich ja immerhin irgendwie sicherer, als wenn ich alleine unterwegs war. Er konnte mir noch einiges an Kampferfahrung und all den Kram beibringen.
"Fahr zum nächsten Flughafen", sagte ich letztlich.
Kol wirkte irgendwie ziemlich enttäuscht und nickte. "Mach ich."
"Ich habe nämlich keine Lust 20 Stunden meinen Hintern im Auto Wund zu sitzen, wenn wir zwei Stunden oder so fliegen können."
Kol fing an zu Grinsen. "Es sind eigentlich zwei Stunden und fünfzig Minuten. Aber so kleinlich bin ich auch nun wieder nicht." Er hielt inne. "Was ist mit deinem Auto?"
"Es gibt sicherlich einen der mir das Ding abkaufen wird. Ich kann die Karre eh nicht mehr sehen."
"Fährt sich doch eigentlich ganz gut."
"Frisst aber Sprit wie sonst was. Was glaubst du wie oft ich schon abgehauen bin, ohne Sprit zu bezahlen, wie viele Nummerschilder ich von baugleichen Autos geklaut habe."
"Kenzie, ich mag dich immer mehr."
Eine Dreiviertelstunde später, hielten wir auf einen der vielen Parkplätze des Flughafen Newark in New Jersey.
Durch Manipulation fand Kol schnell einen Käufer, der mir das Auto abkaufte. Normalerweise würde ich für die Karre knappe 1.500 Dollar bekommen, aber Kol schmierte den Typen so viel Honig um den Mund, dass es am Ende 2.500 Dollar für uns beide waren. Ich gab die Papiere ab und drohte den Mann, dass er sofort zur Zulassungsstelle fahren sollte, um das Auto umzumelden- ohne Unfall.
Da Kol ihn schon manipuliert hatte, reagierte er nicht auf meinen Versuch, weshalb Kol wieder die Oberhand übernahm. Nachdem ich mein Auto mit meinen wenig persönlichen Sachen leergeräumt hatte, stieg der Typ sofort ins Auto und verließ den Parkplatz.
"Das ging schnell", bemerkte ich erstaunt. Ich nahm Kol den Koffer ab und stopfte die Macys Tüte mit den Sachen aus meinem Auto in den Koffer hinein.
"Ja, manipulieren liegt irgendwie in meiner Natur", sagte Kol leicht eingebildet. Ich verdrehte die Augen.
"Was?"
"Hör auf so selbstverliebt zu sein. Wenigstens in meiner Gegenwart."
"Wie Sie es wünschen."
Kol und ich hatten auch mit den Flug nach New Orleans Glück. Der nächste Flug würde genau in einer Stunde gehen. Wir konnten sofort Tickets kaufen und uns in den Wartebereich nach dem Check In begeben.
Nachdem Kol und ich beleuchtet und abgetastet wurden, konnten wir unsere Hintern auf die freien Plätze pflanzen. Ich schaute mich um.
Mit weit aufgerissenen Augen. Ich roch Blut. Nachdem ich den Übeltäter gefunden hatte, schluckte ich. Ein Teenager hatte Nasebluten und die Mutter versuchte die Blutung mit einem Taschentuch zu stoppen. "Flughafen. Kenzie. Ganz schön beschissener Ort. Überall Kameras, überall Secruity. Viel zu viele Menschen", mahnte Kol mich und schaute sich nervös um. Dann blickte er zu mir. "Gleichzeitig atmen. Aus und ein, aus und ein."
"Alles in Ordnung?", fragte der Typ, der zwei Plätze neben mir saß. In der Mitte lag nämlich meine Handtasche.
"Ja, sie hat nur Flugangst."
"Sex hilft. Entspannt mich ziemlich. Oder ein guter Porno."
Kol war genauso verdutzt wie ich. Er lehnte sich zu mir rüber, nachdem er den Typen mit einem Bann belegt hatte, dass er uns nicht weiter vollquatschen sollte. "Was ist ein Porno?"
Entsetzt starrte ich Kol an. "Du hast keinen Dunst was das ist?"
"Ich lag fast hundert Jahre in einem Sarg, erdolcht. Nein. Was ist das?"
"Oh, wow. Naja, ein Porno, dass ist ein Film, welches zeigt wo zwei Personen, oder auch mehrere, naja, Knick-Knack. nech."
An Kols Gesichtausdruck änderte sich nichts. Er war immer noch verwirrt. Wenn nicht sogar mehr als vorher. "Kenzie, ich versteh das nicht. Was meinst du damit?"
"Naja, in dem Film haben zwei oder mehrere Personen... Sex. Und ich bin mir sicher, dass weißt du was das ist."
"Ich bin 1027 Jahre alt und keine Jungfrau mehr. Wieso machen Leute solche Filme? Sollte das nicht alles, naja, was in Schlafzimmern, oder anderen Zimmern der Wohnung passiert, bleibt auch in den Schlafzimmern oder in den anderen Zimmern der Wohnungen."
"Es gibt Paare die sind nach einer Weile gelangweilt von einem und suchen nach Abwechslung. Entweder gehen diese fremd, immer und immer wieder, oder schauen sich ganz heimlich so einen Schmuddelfilm an."
"Wow. Wie bescheuert."
"Japp. 1027 Jahre alt in Vampirjahren oder dein wirkliches Alter?", wollte ich wissen.
"Mein wirkliches Alter."
"Wann bist du geboren?", hakte ich weiter nach.
"983."
"Genauer."
"Januar."
"Kol!"
"03 Januar 983. Und weil du es sicherlich wissen willst, ich wurde mit 18 verwandelt."
Ich lachte leise. "Gut zu wissen", meinte ich.
"Ich weiß, dass du ewige 17 bist. Bist du erst 17 geworden, oder wärst du in normal Fall 18 geworden."
"Der Flug H2829 nach New Orleans ist startbereit. Bitte halten Sie ihre Tickets bereit", rief die Frau vom Podest aus. Sämtliche Leute sprangen ungeduldig auf und fanden sich zu einer Schlange vor dem Eingang zum Flugzeug wieder.
Ich war ebenfalls aufgesprungen und vergas Kols Frage über meinen Geburtstag. Was heißt, ich vergas das. Ich wollte nicht darüber quatschen. Schließlich stand mein eigentlich 18ter Geburtstag auch erst an. Und auf irgendeine Party mit all den Kram hatte ich keine Lust.
Kol ließ mich sogar die drei Stunden am Fenster sitzen. Ich starrte die ganze Zeit aus dem Fenster, während Kol nach ein paar Minuten schon eingeschlafen war.
Irgendwann drückte meine Blase- ja Vampire mussten auch noch aufs Klo. Daran hatte sich nachwievor nichts geändert. Ich stand auf und quetschte mich an Kol vorbei, der weiter am Schlafen war und suchte die Toilette meiner Klasse auf. Doch die betrat ich ganz sicherlich nicht. Der dicke Mexikaner der vor mir drauf war, hatte vermutlich eine Darmexplosion erlitten. Ich würgte und zog die Tür ganz schnell wieder zu. Das konnte niemand aushalten und schon recht kein Vampir, dessen Sinne viel zu stark ausgeprägt waren. Wie meine.
Ich schlenderte den Gang zurück, schnappte mir von dem komischen Stewardesstisch zwei Flaschen Tomatensaft und suchte nach meinem Platz.
Ich war Kol dankbar, dass er die Menschen am Flugzeug mit einem Bann belegte, dass sie uns nicht großartig auf die Nerven gehen konnten. Die Kinder waren ruhig und schliefen in Ruhe, keine Eltern die am Quatschen waren. Komplette Ruhe. Selbst die Stewardessen redeten leise mit den Passagieren. Eigentlich könnte ich mich jetzt auch an einem Passagier stärken. Aber mein Durst war noch nicht so stark. Vermutlich werden wir uns in New Orleans erstmals ein Festmahl widmen. Ich quetschte mich wieder an den schnarchenden Kol vorbei und ließ mich auf meinem Sitz fallen. Kols Schnarchen ebbte ab und er schaute sich verschlafen um. "Wie lange noch?", fragte er und setzte sich gerade hin.
"Zwei Stunden", antwortete ich. "Tomatensaft?"
"Klar, danke", er zog mir eine kleine Flasche aus der Hand und öffnete diese. Ich tat es ihm gleich.
"Gut geschlafen?"
Kol trank den ganzen Tomatensaft leer. "Kann mich nicht beschweren. Der Flug ist ziemlich ruhig."
"Jaaa", entgegnete ich ebenfalls ironisch. "Wie schön ruhig die Menschen sein können, wenn man sie nur dazu zwingt."
"Ohja, wundervolle Ruhe." Kol grinste.
Die Landung war genauso unspektakulär wie der Start. Wir checkten aus, warteten auf meinen Koffer, den ich schnell bekam, gingen durch den grünen Ausgang um nicht an den Zoll entlang zu müssen und konnten den Flughafen verlassen.
Draußen blickte ich zu Kol. "Okay, wohin gehen wir jetzt?"
"Wie bereits erwähnt, ich habe hier alte Bekannte die sich sicherlich freuen werden mich wiederzusehen. Es sei denn sie sind bereits irgendwie abgekratzt, oder doch nicht mehr hier. Wir werden es sehen." Kol nahm mir meinen Koffer ab und wir machten uns auf den Weg durch New Orleans. In einen ruhigen Stadtteil blieben wir eine Stunde später vor einem riesigen gepflegten Haus stehen. Kol lauschte. "Ist anscheinend keiner da. Schauen wir mal, ob die da überhaupt noch leben."
"Müssten die eigentlich", meinte ich. "Schau doch mal, wie gepflegt der Vorgarten und das Haus ist. Meinst du hier wohnt bereits wer anders?"
Kol schlenderte zum Briefkasten und schaute auf den Namen. "Nein, hier steht immer noch Lerman dran. Fast alles beim Alten."
Kol drückte das für mich brusthohe Metalltor auf und ging voran. Ich ging hinterher und drückte das Tor wieder zu. Mit ein paar einfachen Handgriffen hatte Kol die große Haustür geöffnet und lauschte wieder. "Es ist wirklich keiner da."
Er fand einige Hinweise, dass sein Kumpel Alex immer noch in dem Haus wohnte. "Ha", machte Kol und hatte ein Bilderrahmen in der Hand. Ich ging zu ihm, nachdem ich mich in dem riesigen Haus umgeschaut hatte. Im Gegensatz zu dem Salvatore-Anwesen war dieses Haus modern und in hellen Farben (meist Weiß) gehalten.
"Er war wohl in Disney World gewesen." Er stellte das Foto mit einem dicklichen Weißen und Micky Maus zurück auf die große Kommode. "Ich bring den eben nur kurz in eines der Gästezimmer und dann fahren wir zur Bar", Kol hob meinen Koffer an. Ich nickte und wartete weiter in der mächtigen Empfangshalle. Es dauerte nicht lange, da kam Kol auch schon eine der zwei riesigen Treppen heruntergelaufen, naja. Gelaufen nicht gerade. Eher kindisch rutschte auf dem Geländer runter, bis er vor meinen Füßen stand.
"Also, der Typ hat eine Bar, hm. Was für eine Bar ist das?"
"Wir sind hier in New Orleans. Was für eine Bar hat schon ein Vampir, der 1912 verwandelt wurde, Kenzie", lachte Kol und ging in Richtung Tür. Vermutlich eine Jazzbar.
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