✗ 5. | e v e l i n e
Seit einer Woche war der Abend mit Levi vorüber und bisher hatte ich keinen neuen Wunsch geäußert. Die Scham über die Erfüllung meines zweiten Wunsches war noch immer präsent. Für Levi schien es selbstverständlich gewesen zu sein, aber bei mir fühlte es sich anders an. Habe ich das Gefühl, ihn ausgenutzt zu haben? Mit all diesen Gedanken im Kopf, überdachte ich meinen ursprünglichen Wunsch. Was genau bedeutet eine glückliche Partnerschaft? Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um von einer solchen Beziehung sprechen zu können? Tag für Tag bemerkte ich, wie die Situation mich zunehmend belastete, statt irgendeinen Funken Hoffnung in mir zu entfachen. Levi schien meine Fragen und Zweifel nicht zu verstehen oder nachempfinden zu können. Er war darauf fokussiert, seiner Aufgabe gerecht zu werden. Während der Arbeit hatte ich - nach Levis Auftritt - zumindest teilweise Ruhe vor den Sticheleien meiner Kolleginnen, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnten, wie ich an einen solchen Mann geraten war. Was mich jedoch traurig stimmte, war die plötzliche Veränderung in Erwins Verhalten mir gegenüber. Früher hatten wir stets gemeinsam in den Pausen gegessen und über alle möglichen Themen gesprochen. Nun jedoch wich er mir teilweise aus und schien meine morgendlichen Begrüßungen zu ignorieren. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich sein Verhalten als Eifersucht bezeichnet. Hatte sich in dem Jahr, nachdem er mich abgewiesen hatte, etwas bei ihm verändert? Ich hatte genug von weiteren Spekulationen, also beschloss ich, in der Mittagspause in Erwins Abteilung vorbeizuschauen. Während die meisten sich auf den Weg zur Kantine oder zu verschiedenen Cafés begaben, klopfte ich an der offenen Bürotür. Erwin blickte überrascht auf, und für einen kurzen Moment schien er nicht erfreut über meine Anwesenheit zu sein. „Möchtest du mit in die Mensa gehen?", fragte ich ihn lächelnd.
Er runzelte die Stirn und überlegte einen Moment, bevor er antwortete. „Eigentlich wollte ich lieber ins Café um die Ecke", murmelte er und nahm seine Aktentasche auf die Schulter. „Ich wollte, mit dir sprechen, Eveline."
„Das passt gut, ich hatte auch einige Fragen an dich." Erwin nickte verständnisvoll und gemeinsam verließen wir kurz darauf das Gebäude. Die merkwürdige Stimmung zwischen uns hätte sogar ein Blinder bemerkt. Im Café suchten wir mit unseren Bestellungen einen ruhigen Platz in einer Ecke und setzten uns an den runden Tisch.
„Du wirkst in den letzten Tagen ziemlich beschäftigt. Ich war schon traurig, die Pausen, ohne dich verbringen zu müssen", begann ich das Gespräch etwas lockerer und trank einen Schluck Tee.
Erwin rührte den Zucker in seinen Kaffee. „Wirklich? Es tut mir leid. Aber ja, ich hatte viel zu tun."
„Um ehrlich zu sein, dachte ich, dass du mir absichtlich ausweichst, Erwin."
„Naja... vielleicht habe ich das tatsächlich gemacht."
Ich sah ihn ungläubig an. „Warum? Hat es etwas mit meinem... Partner zu tun?" Es fühlte sich eigenartig an, Levi als meinen Partner zu bezeichnen. Im Grunde genommen war er nur mein Vertragspartner und ein verdammter Dämon!
Erwin blickte mir tief in die Augen. „Ein wenig", antwortete er. „Wie lange seid ihr schon zusammen?"
„Äh... seit zwei Monaten", log ich. Es wäre noch unglaubwürdiger gewesen, wenn ich erzählt hätte, dass ich Levi erst knapp zwei Wochen kannte.
„Verstehe. Also hast du tatsächlich Online-Dating ausprobiert?", sagte Erwin amüsiert.
Ich lächelte überfordert. „Ja, das habe ich. Du hast mich erwischt."
„Eigentlich geht es mich ja nichts an, wie du jemanden triffst. Hauptsache, er zeigt sein wahres Gesicht, bevor es emotional kompliziert wird."
Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Wenn ich das so höre, könnte man fast meinen, du wärst eifersüchtig."
„Ich mache mir Sorgen um dich, aber auf eine andere Art und Weise."
„Zur Klarstellung, du warst es, der mir damals einen Korb gegeben hat. Wenn das jetzt anders sein sollte... ich würde gerne mit dir darüber sprechen, verstehst du?"
„Ja, das stimmt. Ich sagte damals, dass ich keine Beziehung mit dir führen kann", antwortete Erwin.
„Aber du hast nie erklärt, warum. Bis heute weiß ich nicht, ob du es nicht konntest, weil du in einer Beziehung warst, oder ob du mir indirekt sagen wolltest, dass ich nicht dein Typ bin. Ich wollte dich nicht mit dem Thema belästigen oder verzweifelt erscheinen."
„Es gibt Dinge, die lassen sich nicht erklären. Warst du denn verzweifelt, Eveline?" Erwins Tonfall verwirrte mich.
„Natürlich kann es frustrierend sein, auf lange Sicht niemanden zu treffen, obwohl man sich eine Beziehung wünscht. Das trifft doch auf die meisten Menschen zu, oder?"
„Du hast dich aber nicht zu etwas drängen lassen, oder Eveline?"
„Wie meinst du das?"
Erwin senkte den Blick. „Schon in Ordnung. Ich möchte nur nicht, dass du dich auf etwas ein lässt, was du später bereuen könntest. Was macht dein Freund beruflich? Seine Vorstellung war ziemlich kurz, ich kenne nicht einmal seinen Namen."
„Er ... er kümmert sich um Büroarbeit", schwindelte ich. „Entschuldigung, falls sein Auftritt unhöflich wirkte. Wahrscheinlich war Levi einfach nervös." Oh Gott! Was rede ich da? Ich sollte schnell das Thema wechseln.
„Büroarbeit also. Da habt ihr beiden ja etwas gemeinsam, nicht wahr?"
Ich lachte gezwungen. „Ja, genau."
„Ich würde Levi gerne besser kennenlernen. Morgen nach der Arbeit? Wir könnten einen Kaffee trinken gehen", schlug Erwin mit einem vertrauten Lächeln vor.
„Ich kann ihn fragen." Auch wenn die Atmosphäre zwischen mir und Erwin etwas gelockert war, bereitete mir sein Vorschlag Bauchschmerzen. Ich hoffte inständig, Levi würde keine Lust haben, denn ich konnte mir die Anspannung am Tisch redlich vorstellen.
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