Kapitel 6
„Ich will nach Hause!"
Jammerte ich zum 10.000-mal und klang dabei wenig männlich.
Jedem anderen wäre das sichtlich peinlich vor seinem Chef zu klingen wie ein Kleinkind. Aber er war selbst schuld. Wenn ich Schmerzen hatte war ich unleidlich. Und er wollte einfach nicht auf mich hören. Zumindest hatte er aufgegeben mit mir zu diskutieren.
Als Antwort gab er lediglich Brummgeräusche von sich und verdrehte die Augen, während er mich durch die Tiefgarage schob.
Die Garage war wie leergefegt und schon von weitem sah ich das Auto, auf das wir zielstrebig zusteuerten.
Mir blieb die Luft weg und ich blieb wie angewurzelt stehen. Verwundert sah Mr. Morgan mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich ignorierte ihn und meine Schmerzen und schritt ehrfürchtig auf den nachtschwarzen Wagen zu.
Wieso konnte mein Boss nicht eine dieser Sport-ich-hab-den-längsten-Karren fahren, damit ich ihn weiter klischeemäßig verachten konnte.
Nein! Mr. Morgan fuhr einen pechschwarzen 1967 Chevrolet Impala. Ja genau das Auto aus Supernatural, meiner Lieblingsserie. Aber wer nimmt es mir übel Dean ist echt heiß! Der dürfte mich auch mal fangen.
Und so plapperte ich, ohne mein Gehirn zu benutzen. „Also Chef, wenn sie mich den fahren lassen, tu ich alles für sie!"
Doch zu meinem Glück schien der Angesprochene just in diesem Moment seinen Humor gefunden zu haben.
Er begann zu lachen. Und mein Herz setzte für eine Sekunde aus. Der tiefe Bariton, der darin mitschwang, brachte die Luft zum Vibrieren und mich gleich mit. Es war genauso sexy wie sein Knurren. Und es erreichte zum ersten Mal seine Augen.
Das erste Mal, das er mich nicht kalt und zornig ansah, sondern amüsiert.
Schalk funkelte in diesen sagenhaft grauen Iriden. Ich schluckte, nein, nein, nein, nein! Hör auf damit! Das letzte was ich gebrauchen konnte war ein Gehirn, das darüber sinnierte, ob mein Boss ein sexuell anziehendes Wesen war.
Scheiße verdammt!
Jetzt trat er auch noch auf mich zu und fixierte mich. Instinktiv wich ich zurück bis mein Rücken gegen das Auto stieß. Sein typischer Duft, gepaart mit dem sanften Aroma von Whisky legte meine Gedanken in Watte. Hitze schoss mir ins Gesicht, als ich seine Körperwärme durch mein Hemd spürte. „Ich werde darauf zurückkommen Mr. Wolf!"
Oh mein Gott. Die Art wie er meinen Namen aussprach gehört eindeutig in die Rubrik FSK 18! Rau und lauernd.
So schnell wie alles kam so endete es auch. Mr. Morgan machte abrupt einen Schritt zurück und das Funkeln verschwand.
„Wenn sie es unbedingt wollen bringe ich sie nach Hause. Gehen sie aber am Montag zum Arzt, wenn es nicht besser wird!"
Ähm was?
„Äh, wir fliegen Montag nach Deutschland, schon vergessen? Der Flieger geht um 6!"
Er quittierte es mit einem abfälligen Schnauben.
„Ich habe schon einmal gesagt, dass ich sie dort nicht benötige. Und so schon mal gar nicht!"
Ok Freundchen du möchtest es so! Ich setzte ein Lächeln auf und wechselte ins Deutsch.
„Aber Herr Morgan es sind lediglich ein paar blaue Flecke. Ich bin mir sicher, dass ich ihnen in Deutschland behilflich sein kann."
Unschuldig klimperte ich mit den Augen und stieg in den Wagen ein. Mein Chef hingegen sah aus wie ein Reh. Dachte ich's mir, er hatte kein Wort verstanden. Ich wiederholte den Satz auf Englisch und kassierte ein Knurren. So langsam wurde das hier zu meiner neuen Lieblings Disziplin.
Setzte sich ans Steuer seines Wagens und ließ den Motor aufheulen.
„Kommen sie ja nicht zu spät! Wir treffen uns um 5 Uhr in der Firma!" Und wieder ein Sieg für Alex würde ich mal sagen.
Ok ein paar blaue Flecken war untertrieben, maßlos untertrieben. Beide Arme, plus Rippen, plus Brust wiesen blau, violett, grüne Flecken auf und ließen mich aussehen wie die Milka Kuh. Es half nix ich schmiss mir Schmerzmittel ein und zog mich an.
Pünktlich um 5 stand ich mit gepacktem Koffer in meinem Büro und kramte das nötigste von meinem Schreibtisch zusammen. Mein Diensthandy klingelte.
„Wolf."
„Wo bleiben sie?" Bellte die Stimme meines Bosses mich an.
Ich schloss die Augen, das Werden lange, sehr lange 10 Stunden bis München und zählte innerlich bis 10.
„Ich bin oben im Büro, brauchen sie noch etwas?"
Ein Moment herrschte Stille.
„Bringen sie die schwarze Mappe von meinem Tisch mit! Sie haben 1 Minute."
Ich brauchte 6 Minuten. Einfach aus Prinzip. Mit abartig guter Laune begrüße ich ihn und den Fahrer, der uns zum Flughafen bringt. Der Fahrer schaut mich völlig entsetzt an, während ich grinsend mit ansah, wie sich Morgans Gesicht verdüstert und mir wahrscheinlich grade die schlimmsten Tode an den Hals wünschte.
Zu meinem Erstaunen kamen wir recht gut bis zum New York Airport durch. Dort wartet bereits alles auf uns und wir konnten ohne großes Federlesens in die kleine firmeneigene Maschine einchecken. Der Flieger war klein, aber trotzdem geräumig. Es gab sogar eine Minibar und einen Fernseher. Steif ließ ich mich in einen der cremefarbenen Ledersessel fallen.
Mein Gesamter Körper fühlte sich wie vom Lastwagen überfahren an. Mr. Morgan sprach kurz mit dem Piloten und setzte sich anschließend mir gegenüber. Eine Stewardess brachte uns Kaffee und ein Gebäckkörbchen, das wie beide ignorierten. Ich schaltete mein iPad ein und ging die Termine für die Woche durch und machte mir gelegentlich Notizen in meinem Terminkalender. Eine Angewohnheit von mir. Ich vertraute der modernen Technik nur bedingt. Also hielt ich alles auch handschriftlich fest. In Irisch, was bei meinem Chef ein Stirnrunzeln mit drei Fragezeichen verursachte, als er ein ums andere Mal versuchte etwas zu entziffern.
Neugieriger Vogel. Aber auf der anderen Seite verstand ich seinen Drang, über alles Bescheid zu wissen. Ich war ja genauso.
Als ich seufzend meine Tätigkeit beende und mich strecke knacken meine Knochen. Mein Chef sieht von seinen Unterlagen auf und ...schmunzelt! Ist denn das zu fassen! Der lacht mich tatsächlich aus. „Kommen sie erst mal in mein Alter!" Entfuhr es mir trotzig.
„Ich bin älter als sie!" Kontert mein Chef.
„Stimmt, sieht man!" Er knurrt und funkelt mich wütend an. Ach, daran könnte ich mich gewöhnen. „Für einen Angestellten auf Probe sind sie ganz schön frech."
Ich grinse ihn an.
„Das mag sein. Aber ich bin der Meinung das sie bereits genug Speichellecker um sich haben die mit dem Schwänzchen wackeln, wenn sie pfeifen. Nehmen sie es mir nicht übel, aber sie sind auch nur ein Mensch und so behandle ich sie. Und auch Mega-Magnaten brauchen Leute, die ihnen die Stirn bieten."
Damit wandte ich mich wieder meinem iPad zu, um die E-Mails zu checken. Sah aber im Augenwinkel, dass er mich mit einem mir unbekannten Blick bedachte, der mir einen Schauer über den Rücken jagt. Dabei fasziniert mich am meisten die Tatsache, dass allein die Sprache seiner Augen so viel ausrichten konnte.
Ich hatte es schon öfters in der kurzen Zeit beobachten können, wie ein einzelner gezielter Blick meist ausreichte damit Menschen taten was er wollte oder sich vor Angst fast in die Hosen/Röcke machten. Es gehörte zu ihm und er genoss es weder über allen Maßen noch war es ihm egal. Was ihn jedoch zu ärgern schien war die Tatsache, dass sein Todesblick bei mir keine Wirkung hatte.
Außer die gelegentliche sexuelle Verwirrung meines Gehirns. Vielleicht habe ich doch was auf den Kopf bekommen, als mich der betrunkene Troll geschlagen hat? Irgendwann schlief ich ein. Der Geruch von Mr. Morgans Aftershave stieg mir in die Nase und ich begann mich zu räkeln. Eine wollige wärme lag über mir während raue Finger sanft über meine empfindliche Haut an der flanke streiften. Blinzelnd öffnete ich die Augen und sah direkt in Sturmgraue, die mich verlangend musterten. Ja beinahe verschlangen. Ich wollte mich sammeln doch die Hände wanderten ohne Gnade immer fordernder über meinen Körper.
Raubten mir damit jede Möglichkeit einen Gedanken zu fassen.
„Alex" heißer stieß Mr. Morgan meinen Namen aus und entlockten mir ein Keuchen. Blut schoss mir direkt in die Lenden. Ich legte den Kopf in den Nacken als seine Lippen meinen Hals erkundeten. Jede Berührung war fast zu viel und doch nichts. Ich bestand in diesem Moment nur aus Emotionen. Mir war egal wieso, weshalb, warum. Ich wollte nur noch, dass er mich nahm. Hard und heftig. Wollte seine Führung, seine Stärke. Etwas das ich seit der Pubertät nicht mehr gespürt habe. Ich spürte die Schwere seines Körpers als er sich zwischen meine Beine drängte. Gierig presste ich mein Becken gegen seine Erektion. Er lachte und sperrte mich mit seinem Körper ein, verhinderte das ich aktiv werden konnte. Sein warmer Atem an meinem Hals entfachte eine Flächenbrand auf meiner Haut.
„Mr. Wolf..." Ich wunderte mich kurz, war aber nicht fähig darüber nachzudenken warum er meinen Nachnamen stöhnte. „Mr. Wolf... Aufwachen!" Was? Das schöne Gefühl verschwand und mit einem Schlag wurde mein Verstand in die Realität katapultiert. Und damit platzte mein Traum wie eine Wassermelone, wenn sie mit hoher Geschwindigkeit auf Asphalt traf.
Geschockt riss ich die Augen auf und starrte meinen Chef an, der mit gerunzelter Stirn über mir stand. Dabei hatte ich natürlich nichts Besseres zu tun, als rot anzulaufen wie eine reife Tomate.
Oh Scheiße! Ich musste aussehen wie Bambi, als ich meinen Chef verwirrt anblickte. Mein Gesicht war heiß und ich brachte keinen Ton raus. Ich hatte gerade allen Ernstes einen versauten Traum mit Mr. Morgan in der Hauptrolle. Ich schluckte und schüttelte mich.
„Sie hätten zuhause bleiben sollen."
Ich brummte als Antwort. Das letzte was ich gerade wollte, war mit ihm zu diskutieren.
„Wir landen in gut einer Stunde" rief er mir zu als ich ins Bad verschwand. 30 Minuten konnte ich im Bad vertrödeln ehe ich mich mit schlechter Laune wieder an meinem Platz niederlies. Ich sah meinem Gegenüber an das ihm etwas auf der Zunge lag. Doch ich warf ihm seinen eigenen Blick zu und begann mich an dem Gebäck zu vergreifen. Die Stille hielt genau 5 Minuten.
„Hätte ich gewusst, dass sie die Klappe halten, wenn ich sie wecke, wäre ich jeden Morgen bei ihnen vorbeigekommen."
Oh, wenn du wüsstest. Ich schnaubte abfällig und trank einen Schluck Kaffee, kalten Kaffee. Das wird ein langer, beschissener Tag.
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