"love at first sight"

Hier ein kurzer Oneshot, den ich um halb eins geschrieben hab... wer braucht schon Schlaf. Verzeiht bitte mögliche Rechtschreibfehler, ich war schon im Halbschlaf.
Über Reviews wäre ich wie immer dankbar. Viel Spaß beim Lesen :)

-

Nymphadora Tonks war nicht oft nachdenklich. Diesen Charakterzug hatte sie nie besessen. Wofür auch - sie war ein impulsiver Mensch und handelte meist intuitiv, was nicht zuletzt an ihrem Knochenjob als Aurorin lag. Wenn es um Verfolgungen, Inhaftierungen, Leben und Tod ging, dann dachte man eben nicht erst gründlich nach.
Doch nun saß Tonks mit einer dampfenden Tasse, die ihr Molly eben in die Hand gedrückt hatte, auf der Küchentheke und hatte nachdenklich die Stirn in Falten gelegt.
Es gab nämlich seit Ende Juni diesen Jahres einen Menschen, der sie des öfteren nachdenklich stimmte.

Die junge Aurorin hatte noch nicht ganz herausgefunden, was es war, das sie so oft über Remus Lupin grübeln ließ. Doch sie hatte so ihre Theorien...

Eine davon war, dass sie einen Mann wie ihn noch nie getroffen hatte. Obwohl er nicht nur ehemaliger Hogwartsprofessor war, sondern auch ein Widerstandskämpfer und einer der besten Duellanten des Ordens, wirkte er eher schüchtern. Anders als die meisten Männer, die Tonks kannte, war er bescheiden und bildete sich nichts auf seine Fähigkeiten ein.
Im Gegenteil - der Selbsthass, den der Lykanthrop besonders kurz vor oder nach Vollmond an Tag legte, war erstaunlich hoch. Tonks konnte es ihm nicht ganz verübeln - seit dreißig Jahren lebte er ein halbes Leben am Rande der Gesellschaft, er hatte weder Einkommen noch Arbeit, sein Domizil für viele Jahre war ein halbverfallenes Cottage irgendwo in Yorkshire gewesen -, dennoch konnte sie es nicht immer nachvollziehen. Remus war ein freundlicher, intelligenter und humorvoller Mann, der über niemanden ein schlechtes Wort verlor.
Tonks' andere Theorie, weshalb er sie oft so nachdenklich stimmte, war, dass Remus ein Mann war, der viele Geheimnisse verbarg. Er brauchte lange, um sich zu öffnen und Menschen zu vertrauen. Selbst wenn er das irgendwann tat, hatte man dennoch das Gefühl er würde etwas verbergen. Nicht unbedingt im negativen Sinne. Es war nur so, dass man Remus nie wirklich einschätzen konnte. Man wusste nie, was in seinem Kopf vorging, was er dachte, was er fühlte. Remus war keineswegs ein offenes Buch. Gerade das fand Tonks aber so interessant an ihm.

Die Wahrheit war natürlich, dass Tonks Remus mittlerweile mehr als nur interessant fand. Sie hatte ihn sehr gern... sehr sehr gern... vielleicht etwas zu gern.
Tonks fand, dass er sie sehr gut ergänzen konnte. Sie selbst war laut, tollpatschig, hektisch, intuitiv - er war reserviert, geschickt, vorsichtig, diskursiv. Wenn Remus wieder einmal pessimistisch war, war es oft ihr Optimismus, der ihm gut tat. Wenn Tonks während Missionen unruhig wurde, waren es seine Ruhe und Erfahrung, die sie beruhigten.

Tonks nippte kurz an ihrer Tasse, weil sie Remus schon wieder anstarrte. Auch das tat sie öfter in letzter Zeit. Bei Merlin, wann hatte sie das letzte Mal einen Mann angestarrt...
Wenn Tonks nicht gerade in seinen schönen haselnussbraunen Augen versank, dann beobachtete sie gerne seine Gestik und Mimik. Remus hob gelegentlich eine oder beide Augenbrauen, wenn er amüsiert war. Er lächelte ab und an, zeigte dabei aber nie seine Zähne. Wenn er etwas im Tagespropheten las, dem er nicht zustimmte, dann runzelte er oft die Stirn. War es nervös, so fuhr er sich mit einer Hand durch sein früh-ergrauter braunes Haar oder seufzte. Was Tonks außerdem beobachtet hatte, war, dass seine Schultern unter Ordenstreffen oft angespannt waren.
Er wirkte generell meist angespannt - es sei denn, er teilte sich mit Sirius abends eine Flasche Butterbier, unterhielt sich mit Arthur über die jüngsten Ereignisse im Ministerium... oder verbrachte Zeit mit Tonks.
Vorgestern, als Remus und Tonks den Küchendienst übernommen hatten, hatte Remus zum ersten Mal in ihrer Gegenwart seine Ärmel hinaufgeschoben. Tonks wusste um die immense Bedeutung hinter dieser Geste: Remus' Arme waren von Narben übersät, welcher er sich schämte. Dass er sie ihr ohne weiteres offenbarte, zeigte, dass er ihr vertraute.

Oder war es Einbildung? In der Liebe war man blind, so hieß es.
Aber hinter ihren zunehmenden Umarmungen musste doch etwas stecken. Oder hinter den Blicken, die sie sich während Ordenstreffen zuwarfen. Oder hinter Remus' charmantem Lächeln...

„Tonks?"

Beinahe glitt ihr die Tasse aus der Hand. Sie blinzelte verwirrt und bemerkte erst jetzt, dass Remus sie angesprochen hatte. „Entschuldigung. Was ist?"

„Deine heiße Schokolade wird kalt." Seine Augen blitzten amüsiert auf und er wirkte gleich zehn Jahre jünger. „Warum sitzt du eigentlich neuerdings immer auf der Küchentheke?"

Um ihn besser zu beobachten, dachte Tonks und biss sich auf die Lippe. Sie zuckte als Antwort die Schultern.

Remus legte seinen Kopf leicht schief. „Ich hab dich doch nicht vergrault?"

„Was? Nein! Nein, natürlich nicht... Remus, kann ich dich was fragen?"

Remus nickte und nahm einen Schluck von seinem Tee. Über den Rand seiner Tasse beobachtete er, wie Tonks von der Küchenzeile hüpfte und sich ihm gegenüber an den Tisch setzte. Er stellte die Tasse ab und faltete den Tagespropheten zusammen. Dann lag sein Blick aufmerksam auf ihren Augen.

Tonks kaute noch einen Moment auf ihrer Unterlippe herum, bevor sie ihn endlich fragte, was sie ihn schon so lange hatte fragen wollen: „Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?"

Remus' Blick wurde unlesbar. Er sah auf seine gefalteten Hände, dann wieder zu Tonks - nein, er sah schräg an ihr vorbei. „Eine schwierige Frage... und ich hoffe, dass meine Antwort nicht enttäuschend ist, Tonks. Nein, ich glaube nicht an Liebe auf den ersten Blick."

Tonks' Kinnlade klappte herunter. Sie hatte immer geglaubt, Remus wäre insgeheim ein Romantiker. „Hast du noch nie einen Menschen gesehen und sofort so ein Kribbeln im Bauch gespürt? Oder jemandem in die Augen gesehen und wolltest nie wieder etwas anderes anschauen?"

Remus' Mundwinkel zuckten. Sein Blick richtete sich für einen Moment auf Tonks' kurze pinke Haare. Dann schüttelte er denn Kopf, wobei er mild lächelte. „Nein."

„Du... du glaubst also nicht an Liebe auf den ersten Blick?", versuchte sie es noch einmal. Es kam ihr vor, als würde von seiner Antwort ihre restliche Existenz abhängen.

„Nein."

Das war wie ein Schlag in die Magengrube. Tonks nickte leicht und sah auf ihre halbvolle Tasse.
Sie hörte Stühlerücken. Remus war aufgestanden. „Ich muss los... Bill wartet. Wir müssen auf Patrouille in Enfield Town."

„Hmm...", machte Tonks. Sie war zugegebenermaßen ziemlich enttäuscht von Remus' Antwort. Es hatte sich so angehört, als würde er ihre Gefühle nicht im Geringsten erwidern. Hatte sie sich die ganze Zeit getäuscht?

Remus stellte seine leere Tasse ab, gleich würde er die Küche verlassen und disapparieren. Tonks wartete auf den Klang seiner Schritte im Flur.
Doch diese erklangen nicht.

Stattdessen stützten sich zwei Hände auf ihrer Stuhllehne und sie fühlte Remus' warmen Atem an ihrer Wange. Seine Lippen mussten nur wenige Zentimeter von ihrem Ohr entfernt sein.
„Ich glaube zwar nicht an Liebe auf den ersten Blick", sagte er leise, seine Stimme war wie immer heiser und er duftete nach Tee und Schokolade, „aber weißt du, woran ich glaube?"

„Woran?" Tonks' Stimme war nichts als ein Flüstern.

„Ich glaube daran, dass man einen Menschen zum ersten Mal sehen kann und sofort weiß, dass er einem irgendwann unglaublich wichtig sein wird... dass man diesem Menschen sein Leben anvertrauen wird... dass man diesen Menschen immer beschützen wird... dass man für diesen Menschen sterben wird, wenn nötig."

Ein Schauder jagte über Tonks' Rücken. „Und das ist nicht Liebe?"

Remus' Lippen streiten leicht ihre Wange. „Es ist viel mehr als das..."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top