Theresa

Lucas verdiente es, dass es ihm beschissen ging. Mir ging es auch scheiße. Trotzdem brachte ich es nicht über mich, ihn bei dieser Party sich selbst zu überlassen. Neil hatte spontan Zeit, mich zu Florentine zu fahren und ich war ihm dankbar dafür.
"Pass auf dich auf, ja?", sagte er, als ich ausstieg.
"Immer", antwortete ich.
Ich klingelte an der Tür des riesigen Anwesens und zu meinem Glück war es Brian, der mir öffnete.
"Komm mit", sagte er sofort und lief in den großen Garten. Ich folgte ihm.
Ich sah Lucas im selben Moment als er auch mich sah.
Er steckte gerade irgendeinem Mädchen die Zunge in den Hals und sein müder Blick ruhte auf mir. Es war ein Schlag in die Magengrube.
Ich schluckte.
"Ich glaube, ich will ihm gar nicht helfen", sagte ich an Brian gewandt und hörte selbst das zittern in meiner Stimme.
Brian starrte Lucas nur ungläubig an.
"Er ist mein bester Freund, aber er ist ein Idiot",sagte sogar er.
Ich wollte gerade wieder von dieser beschissenen Party verschwinden, als Lucas sich auf einen Tisch stellte und die Stimme erhob.
"So Leute, ich erzähle euch mal was. Eine wirklich hochgradig spannende Geschichte. Es gibt da dieses Mädchen. Ihr kennt sie. Theresa O'Leod. Falls sie in einem eurer Kurse sitzt, dann findet ihr sie auf dem Streberplatz. Ziemlich langweilig, die Kleine. Mein Problemchen mit ihr ist aber, dass ich sie nicht aus dem Kopf kriege und dass ich sie höchstwahrscheinlich liebe. Keine Ahnung, wieso, ehrlich. Aber ich liebe sie und sie macht kitschigerweise einen besseren Menschen aus mir. Zumindest bis sie mich abgeschrieben hat, was heute Mittag war. Jetzt bin ich wieder das Arschloch, das ihr alle kennt. Danke für eure Aufmerksamkeit", lallte er und die betrunkenen Gäste applaudierten ihm.
Er liebte mich.
"Er liebt dich", sagte auch Brian ungläubig.
"Das sagt er. Dabei hat er vor einer Minute mit einer anderen rumgeknutscht",erwiderte ich.
"Das alles hier ist seine verworrene Art von Trauerbewältigung. Das hat er sich angewöhnt, nachdem seine Mutter starb", erklärte er.
Ich war erschrocken. "Seine Mutter ist tot?".
Katherine Monrue war tot? Ich hatte noch Erinnerungen von früher an sie. Es waren gute Erinnerungen. Sie war ein freundlicher Mensch. In der 7.Klasse gab es eine Grillparty mit der Schule. An dem Tag hatte ich zum ersten Mal meine Periode bekommen und sie war es, die mir eine Binde gab und mir sagte, dass alles gut werden würde. Damals war mir das natürlich unendlich peinlich gewesen, aber im Nachhinein betrachtet, war ich ihr wirklich dankbar.
"Ja, seit fast 2 Jahren", antwortete Brian.
Ich atmete tief durch.
"Ich bringe Lucas nach Hause", beschloss ich und Brian schien überrascht.
Ich hatte das Gefühl, das nicht nur für Lucas zu tun, sondern auch für seine Mum.
"Danke", sagte sein bester Freund und schien ehrlich dankbar.
Ich lief auf Lucas zu, der nicht mehr auf dem Tisch stand und packte ihn. Dann zog ich ihn hinter mir her.
"Uhh, sie weiß, wo es langgeht", rief irgendein Typ anzüglich.
"Jaah, zum Auto",antwortete ich gelangweilt.
"Die geht aber ran", rief ein anderer, woraufhin ich nur die Augen verdrehte.
Bei seinem Auto angekommen, hielt ich ihm meine Hand entgegen. "Ich brauche die Schlüssel".
"Durchsuch mich doch danach", erwiderte er und grinste anzüglich.
Sein Blick wirkte müde und dunkler als sonst. Es ging ihm echt scheiße.
"Gib mir die Schlüssel, verdammt!", forderte ich ungeduldig. Ich hatte kein Bock, mit einem betrunkenen Lucas zu diskutieren.
Er seufzte gedehnt und ließ den Schlüsselbund schließlich von seiner Hosentasche in meine Hand plumpsen.
Ich schloss den Wagen auf und drücke Lucas auf den Rücksitz. Anschließend setzte ich mich ans Steuer und fuhr los.
Einige Zeit lang herrschte Stille und ich hatte das Gefühl, dass Lucas langsam wieder zurück auf den Boden kam.
"Stört es dich, dass ich mit Dana rumgemacht habe?", ertönte seine raue Stimme.
Dana hieß als das neue Zufallsmädchen.
Ich schluckte. Ja, er störte mich. Aber die Tatsache, dass es das tat, war im Grunde das, was mich am meisten störte.
"Du kannst tun, was du willst", gab ich nur kühl zurück.
Ich hörte, wie er tief ein und ausatmete. "Eigentlich wollte ich das gar nicht tun. Ich mache dumme Sachen, wenn ich schlecht drauf bin".
"Erzähl mir was neues", erwiderte ich.
"Ich bin verliebt in dich. Ist das was neues?".
Dass er diese Worte nun direkt an mich richtete fühlte sich heftig an. Innerlich erzitterte ich.
"Nein",antwortete ich und versuchte neutral zu klingen.
Wieder war es still.
Dann setzte er wieder an.
"Ich bin es nicht gewohnt jemanden so zu mögen. Es zerfrisst mich geradezu. Ich will dich nicht nur küssen, sondern habe das Bedürfnis … deine Seele zu erforschen und alles über dich zu wissen. Ich will einfach alles von dir. Gott, klingt das scheiße". Ich hatte ihn noch nie so verzweifelt erlebt. Am liebsten hätte ich ihn umarmt und beschwichtigt.
Aber er hatte Mist gebaut. Das konnte ich nicht einfach vergessen.
"Du solltest ein bisschen schlafen", erwiderte ich daher bloß.
Und wie auf's Stichwort hielt ich vor seinem Haus.

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