Kapitel 64 - Entgleisungen auf Fondor

Nachdenklich blickte ich hinaus aus dem Sichtfenster, die Arme locker vor der Brust verschränkt. Unser Zielort, der Planet Fondor rückte unaufhaltsam näher. Der Flug über die Hyperraum-Route war relativ kurz gewesen, die Stimmung an Bord in eine angenehme Stille getaucht. General Peavey war mit der Bearbeitung irgendwelcher Berichte beschäftigt, was Kylo Ren auf seinem Datenpad eintippte, nachdem er aus seiner Trance erwacht war, wusste ich nicht.

Da gerade niemand etwas von mir wollte, richtete ich meine Gedanken noch einmal auf die Stunde vor dem Abflug heute morgen. Tara war alles andere als begeistert davon gewesen, ihren Dienst alleine mit Hux abarbeiten zu müssen, auch wenn es sich bei diesem Zeitraum nur um ein paar Tage handelte. Und auch mein Partner war nicht gerade in Begeisterungsstürme ausgebrochen, als er ihrer Ablehnung gewahr wurde. Armitage war während unseres Gesprächs im Badezimmer gewesen, hatte aber dummerweise die letzten Sätze von Tara mit angehört, da er früher als gedacht diesen Raum wieder verlassen hatte. Letzten Endes war ich gezwungen gewesen, für Tara ein gutes Wort einzulegen. 

Man hat ihm seine Anspannung deutlich angemerkt. 

Da die Zeit an diesem Morgen ohnehin bereits sehr knapp bemessen war, blieb mir keine Möglichkeit mehr, Armitage noch einmal auf unser Gespräch am vergangenen Abend anzusprechen. Ich hätte nur zu gerne gewusst, welche Gedanken ihn seit meiner Andeutung bewegten. Welche Möglichkeiten ihm eventuell noch eingefallen waren. Leider musste dieses Wissen warten, bis die Mission auf Fondor abgeschlossen war.

Hoffentlich kippen seine Überlegungen in dieser Zeit nicht in eine völlig andere Richtung. 

Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, dann hatte ich Angst davor. Ich hatte Angst davor, zurückzukommen und festzustellen, dass Armitage inzwischen komplett anders über die ihm dargelegte Situation dachte.

"Eine sehr gute Arbeit, die Sie da abgeliefert haben, Miss Deveron." Peaveys Stimme riss mich aus meinen Überlegungen, da er unbemerkt neben mich getreten war. "Sie arbeiten sehr effizient und zuverlässig. In keinem der von Ihnen bearbeiteten Berichte hat sich ein Fehler eingeschlichen." Er nickte mir wohlwollend zu.

"Vielen Dank, Sir." Ein Lächeln für diesen netten Menschen zupfte meinen Mundwinkel nach oben. 

Einen Moment lang sahen wir beide dem näherkommenden Planeten entgegen. Ruckelnd durchstieß das Shuttle die Atmosphäre von Fondor, weswegen ich automatisch mit einer Hand nach Halt suchte. Die Kälte der metallverkleideten Shuttlewand biss unangenehm in die ungeschützte Haut an meinen Fingern.

"Falls sich die Gelegenheit ergibt, würde ich mit Ihnen im Laufe unserer Anwesenheit hier gerne ein vertrauliches Gespräch führen", richtete Peavey erneut das Wort an mich. "Es ... gibt etwas, dass ich mit Ihnen besprechen möchte. Etwas, das mir sehr am Herzen liegt." Er hatte seine Stimme gesenkt, weil er nicht riskieren wollte, dass der Oberste Anführer ihn verstand.

Überrascht sah ich zu ihm hinüber. Meine Verwunderung stieg noch weiter, als ich das leichte Unwohlsein bemerkte, welches sich in das Verhalten des Generals geschlichen hatte. 

"Wenn es Ihre Zeit zulässt", fügte er noch hinzu.

"Natürlich, Sir." 

Seine Andeutung machte mich neugierig, denn ich hatte absolut keine Ahnung, was er mit mir besprechen wollen könnte, was nur für unserer beider Ohren bestimmt war. Trotzdem konnte ich mich nicht gegen das mulmige Gefühl wehren, das gerade in mir aufzog. Gedankenverloren ließ ich meinen Blick wieder aus dem Fenster schweifen. Wir waren zwischenzeitlich so weit in Richtung Planetenoberfläche abgesunken, dass sich bereits einzelne Merkmale deutlich erkennen ließen. Eine weitläufige, blau glitzernde Wasserfläche lag unter uns. Was ich zuerst für ein Meer hielt, entpuppte sich schon bald als See, an dessen Gestaden ein weitläufiger, eindrucksvoller Palast lag. Allerdings fehlte von den imposanten Schiffswerften, in denen Sternenzerstörer der Resurgent-Klasse hergestellt werden konnten, jegliche Spur. 

"Ist das unser Zielort?", fragte ich und deutete auf das näherkommende Gebäude, welches allem Anschein nach unser Ziel war, denn die Piloten des Shuttles drosselten die Geschwindigkeit spürbar.

"Ja. Das ist die Residenz von Graf Renlan", antwortete Peavey.

"Und ... die Schiffswerften? Wo befinden sie sich?"

"Im Orbit von Fondor", erklang Kylo Rens Stimme direkt hinter uns. "Die Zerstörer sind groß, weswegen die Ingenieure die Werft dorthin verlegt haben, wo keine Schwerkraft herrscht. Das vereinfacht die Montage und den Einbau der überdimensionalen Teile um ein vielfaches." 

Stumm musste ich Ren beipflichten, denn was er sagte, ergab Sinn. Unser Shuttle umrundete derweil das Gebäude, um sanft auf einer markierten Freifläche zu landen. Wie schon auf Arkania sah ich eine Delegation auf uns zueilen. Peavey und ich wandten uns fast gleichzeitig vom Fenster ab, um den Obersten Anführer anzusehen. Kylo bedeutete uns, hinter ihm Aufstellung zu beziehen, dann betraten wir zum ersten Mal Fondor.


"Oberster Anführer, es ist mir eine außerordentliche Ehre, Sie auf meinem Heimatplaneten willkommen zu heißen." Der ältere Mann verbeugte sich formvollendet. 

Kylo Ren dagegen nahm seine Demut lediglich mit einem Nicken entgegen und wartete, bis der Mann sich wieder aufrecht hingestellt hatte. Ein kühler Wind fuhr über alle Anwesenden hinweg und ließ mich leicht frösteln. Es war zwar nicht richtig kalt, trotzdem lagen die Temperaturen alles andere als hoch. Ich betrachtete unser Gegenüber verstohlen. Vom Alter her würde ich den Wortführer knapp über 60 einschätzen, eventuell noch ein paar Jahre mehr. Sein Haar war fast vollständig ergraut, von der ursprünglichen Haarfarbe war so gut wie nichts mehr zu erkennen. Das Alter und der Wohlstand hatten ihn weich gemacht, vor allem um die Mitte herum. 

Schräg hinter ihm stand eine jüngere, schlankere Version von Graf Renlan, schätzungsweise um die 30 Standardjahre alt. Er war vermutlich sein Sohn. Dessen Gesichtszüge waren wesentlich markanter und ausgeprägter als die seines Vaters aber auch sein eigentlich dunkelbraunes Haar wurde bereits von deutlichen grauen Strähnen durchzogen. Der junge Mann betrachtete uns interessiert.

Wahrscheinlich hatte er bis jetzt noch niemals direkten Kontakt zu Vertretern der Ersten Ordnung. Geschweige denn, zum Obersten Anführer persönlich. 

Zu meinem Leidwesen musste ich aber bald feststellen, dass sein Augenmerk nur kurz bei Kylo Ren und Peavey verweilte, bevor er mich in aller Ausführlichkeit unter die Lupe nahm. Ungeniert betrachtete er mich, wobei sein forschender Blick einmal über meinen Körper wanderte.

Beim Schwarzen Loch, nicht schon wieder. 

Nur mit Mühe konnte ich mir ein genervtes Augenrollen verkneifen. Aber bei allem was heilig war, ich wollte nicht diejenige sein, die einen diplomatischen Zwischenfall auslöste. Stattdessen ging ich dazu über, ihn einfach zu ignorieren. Mal sehen, wie lange ich diesen Vorsatz aufrecht erhalten konnte.

Ununterbrochen plaudernd -welche Ehre es doch sei, der Oberste Anführer persönlich ist hier!- führte Graf Renlan uns in seinen Palast. Überall wuselte beschäftigtes Personal durch die Flure und verrichtete ihre Tätigkeit. Was mir zudem aber noch auffiel, war die Präsenz von Wachen, die in regelmäßigen Abständen an den Wänden entlang Aufstellung bezogen hatten. 

Der Graf dirigierte uns hin zu einem gemütlich eingerichteten Kaminzimmer. Das prasselnde Feuer schuf eine heimelige Atmosphäre, einhergehend mit behaglicher Wärme. Die Wände waren von deckenhohen Bücherregalen gesäumt, was dem Zimmer einen einzigartigen Charme verlieh, kombiniert mit dem unvergleichlichen Duft nach altem Papier und Tinte.

"Bitte, nehmen Sie doch Platz!" Der Graf deutete einladend auf eine Sitzgruppe hinter uns.

Kylo Ren, Peavey und ich nahmen zusammen auf einem großen, weich gepolsterten Sofa Platz - wobei ich mich ausgerechnet in der Mitte zwischen den beiden Männern wiederfand- wogegen Renlan und sein Sohn sich uns direkt gegenüber setzten. Von dort hatte der Sohn des Grafen einen ungehinderten Blickwinkel auf mich, was er natürlich ausnutzte und sich weiterhin seinen Beobachtungen widmete. 

Kylo Ren bemerkte den taxierenden Blick allerdings recht schnell und schnaubte belustigt. Verborgen vor aller Augen bohrte ich ihm meinen Ellbogen zwischen die Rippen. 

Blödmann! Das ist alles andere als lustig.

"Ich möchte Ihnen meinen Sohn, Yra, vorstellen." Unser Gastgeber gestikulierte mit einer Handbewegung zur Seite. Der Angesprochene deutete im Sitzen eine Verbeugung an. 

"Sehr erfreut", gab Ren in einem Tonfall zurück, der allerdings genau auf das Gegenteil schließen ließ. "Wann findet die Besichtigung der Werften statt?", wechselte er übergangslos auf das Thema, wegen dem wir eigentlich hergekommen waren.

Oh Mann! Höfliche Konversation, Kylo! 

Ich registrierte, wie sich Graf Renlan kurz dazu zwingen musste, den pikierten Ausdruck aus seinem Gesicht zu halten. Natürlich hatte er nicht mit der direkten Ader von Kylo Ren gerechnet. Er musste sich kurz räuspern, ehe er eine Antwort auf diese Frage liefern konnte. "Ich habe Ihnen auf meinem Datenpad schon einmal eine Übersicht über alle verfügbaren Zerstörer auflisten lassen, die aktuell zum Verkauf stehen. Inklusive Neuerungen. Sie haben ein besondere Interesse an den Schiffen der Resurgent-Klasse geäußert."

"Das ist richtig." Kylo streckte gebieterisch die Hand nach dem Gerät aus. Die Geste war eindeutig, er würde sich nicht erheben um das Pad zu holen, sondern erwartete von unserem Gastgeber, es ihm zu überreichen. 

Wortlos überreichte dieser Yra das Gerät, damit er es dem Obersten Anführer bringen konnte. "Verzeihen Sie, wenn ich nicht aufstehe, aber meine Hüfte bereitet mir Probleme", folgte eine umgehende Erklärung.

Ren ignorierte diese, um sich auf die Aufzeichnungen und Daten zu konzentrieren, die ihm auf dem Gerät angezeigt wurden. Während er damit beschäftigt war, alles zu überprüfen, breitete sich eine leicht unangenehme Stille im Raum aus. 

"Darf ich erfahren, wer Ihre beiden Begleiter sind?", wagte Renlan den neuerlichen Versuch, eine gezwungenen Konversation in Gang zu bringen. 

Da Kylo Ren ihn ignorierte und Peavey ebenfalls nicht dazu geneigt schien, das Wort zu ergreifen, sah ich mich dazu genötigt, zu vermitteln. "Das ist General Peavey, unser ranghöchster Flottengeneral."

"Sehr erfreut, Sir." Der Graf nickte Peavey respektvoll zu und griff den dargebotenen Gesprächsfaden freudig auf, bevor er sich wieder an mich wandte. "Und sie sind?" 

"Kommunikationsoffizieren Deveron, Sir." In die Verlegenheit mir weitere Antworten einfallen zu lassen kam ich nicht mehr, da Kylo seine Überprüfung abgeschlossen hatte. 

"Wie viele Schiffe dieser Bauart bieten Sie aktuell zum Verkauf an?"

"Neben den von Ihnen angeforderten zehn? Es liegen fünfzehn Zerstörer in der Werft vor Anker, wobei bei den letzten fünf noch minimale Abschlussarbeiten fertiggestellt werden müssen. Der letzte Feinschliff sozusagen."

"Wie lange dauert das?"

Renlan fuhr die Konturen seines Kiefers mit Daumen und Zeigefinger nach, während er sich die Frage von Kylo Ren durch den Kopf gehen ließ. "Wenn wir diesen Schiffen Vorrang geben, dann könnten meine Techniker in sechs Tagen mit allem fertig sein."

"Gut. Wir nehmen alle." 

"Alle fünfzehn?" Der Graf klang mächtig erfreut.

"Ja." 

Ich spürte, wie General Peavey sich an meiner Seite versteifte. Prüfend wanderte mein Blick zu ihm hinüber. Peavey registrierte die Bewegung meines Kopfes, zückte sein Datenpad und gab schnell etwas darauf ein. Dann drückte er mir sein Gerät in die Hand. Ich blickte auf die eingegebenen Textzeilen und erkannte prompt das Problem an der ganzen Sache. Kylo Ren hatte die Finanzen der Ersten Ordnung außer Acht gelassen, als er die übrigen fünf Zerstörer ebenfalls für sich beansprucht hatte und somit den Kreditrahmen der Ordnung um ein weites überzogen. Wie hoch sich die Gesamtsumme für alle Schiffe belief, hatte Peavey auch schnell eingegeben. Bei der gigantisch hohen Zahl musste ich unweigerlich schlucken. 

So viele Credits.

"Wunderbar!" Renlan klatschte erfreut in die Hände. "Yra, suchst du uns bitte die Kaufverträge raus?"

"Natürlich." Der junge Mann erhob sich, um in einem nahe gelegenen Sekretär nach den gewünschten Unterlagen zu suchen. 

Während der Sohn leise in den Akten raschelte, richtete der Vater erneut das Wort an uns. "Zur Feier Ihres erfolgreichen Erwerbs dieser erstklassigen Schiffe, möchte ich Sie und Ihre Begleitung herzlich einladen, heute Abend meine Gäste zu sein. Ah danke, Yra." Schwungvoll setzte Renlan seine Unterschrift auf das Blatt Papier. Mit einer Verbeugung reichte Yra die Unterlagen an Kylo Ren weiter, der ohne zu zögern ebenfalls seine Unterschrift platzierte, um den Vertrag gültig zu machen. Während Yra geduldig abwartete bis Ren fertig war, streifte mich sein aufmerksamer Blick. 

"Sehr gut. Sie haben eine erstklassige Entscheidung getroffen, Oberster Anführer", lobte Renlan, sobald er die Verträge wieder in Händen hielt. "Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen Ihre privaten Zimmer, welche wir Ihnen für die Dauer Ihres Aufenthalts hier zu Verfügung stellen werden. So bleibt Ihnen die Möglichkeit, sich bis zu unserem Abendessen zurückzuziehen." Der Graf hatte sichtlich Mühe, seinen Leibesumfang aus dem Sessel zu wuchten. Bis er es endlich schaffte, aufrecht zu stehen, ging sein Atem schwer. "Verzeihen Sie bitte. Meine Knochen. Wenn Sie mir dann bitte folgen wollen?" Zielstrebig watschelte er vor uns her. 

Kylos amüsierter Blick streifte mich, bevor wir uns daran machten, dem fülligen Mann zu folgen. 


Ich sah mich in dem großen, geräumigen Zimmer um, was eigentlich eher die Bezeichnung Suite verdient hätte. Sie war hell und freundlich eingerichtet, auf einer Seite nahm eine bodentiefe Fensterfront den gesamten Platz ein. Ein leichter Windzug bewegte die weißen, fast durchscheinenden Gardinen. Draußen herrschte das sanft rötliche Licht der Abenddämmerung und zeigte mir an, wie viel Zeit bereits verstrichen war. Nur wenige Stunden waren noch blieben, bevor wir uns zu der geplanten Abendveranstaltung begeben mussten.

Zuallererst hakte ich mein Datenpad vom Gürtel, um Armitage eine Nachricht zukommen zu lassen. Der bisherige Tagesablauf hatte es mir schlicht und ergreifend unmöglich gemacht, mich bei ihm zu melden, weswegen mich auch ein schlechtes Gewissen plagte. Ich gab meine Mitteilung an ihn ein, berichtete, dass wir gut angekommen waren und die Verträge bereits unterschrieben wurden. Ich erzählte von dem Abendessen und teilte ihm meine Hoffnungen mit, dass wir morgen nach dem Frühstück wieder zurück auf die Supremacy fliegen würden. 

Dann legte ich das Gerät auf dem Bett ab und ging hinüber ins Badezimmer. Bis Armitage antworten würde, wollte ich eine Dusche nehmen und dann damit beginnen, mich für den Abend vorzeigbar herzurichten. Im Bad hing ein sorgfältig verpacktes Kleid. Da ich noch nicht die Möglichkeit hatte es zu betrachten, nahm ich das gesamte Bündel kurzerhand von der Stange und trug es nach draußen auf das Bett. Behutsam zog ich den Zipper des Reisverschluss auf, um den Stoff darunter nicht einzuklemmen, dann schlug ich die Schutzhülle zur Seite. 

Was auf den ersten Blick wie ein Kleid ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit ein Zweiteiler. Das Kleidungsstück war in einem tiefen Rotton gehalten, der ironischerweise fast der Farbgebung auf dem Logo der Ersten Ordnung entsprach. Das eng anliegende Oberteil war komplett überzogen von funkelnden Steinchen und ließ einen schmalen Streifen unbedeckter Haut frei, bevor der Rock anfing. Dieser war eher schlicht gehalten und fiel in locker geschwungenen Bahnen bis auf den Boden.


Wetten, dass die beiden Herren der Schöpfung in schwarz erscheinen, so wie immer? 

Ich ließ das Kleid liegen und eilte zurück ins Badezimmer, wo ich mich komplett auszog, die Haare in einem Knoten hochsteckte und erst einmal eine ausgiebige Dusche nahm. Mit einem wohligen Seufzen genoß ich das warme Wasser, das über meine Haut strömte und blieb definitiv länger unter dem angenehmen Wasserstrahl stehen, als notwendig gewesen wäre. Nur mit einem flauschigen Bademantel bekleidet eilte ich zurück ins Schlafzimmer. 

Hux hatte sich inzwischen bei mir zurückgemeldet, doch bevor ich seine Nachricht aufrief, überprüfte ich die Uhrzeit. Es wurde 1920 angezeigt, womit mir also noch etwas mehr als eine knappe halbe Stunde blieb, bevor ich um 2000 abgeholt wurde. 

"Liebste Victoria, ich konnte mich heute kaum auf meine Arbeit konzentrieren. Zu viel geht mir seit unserem Gespräch von gestern Abend durch den Kopf, außerdem fehlst du mir. Sehr. Hoffentlich könnt ihr wirklich so bald wieder zurückkommen. In Liebe, dein Hux."

Nachdenklich ließ ich das Datenpad sinken. 

Okay... das war eine sehr kurz angebundene Antwort. Das sieht ihm gar nicht ähnlich. 

Sofort wallte die Angst wieder in mir auf. 

Verdammt, was mache ich nur, wenn Armitage bei meiner Rückkehr für diesen Vorschalg nicht mehr so zugänglich ist? Es war einfach der perfekte Ansatz um ihn ins Grübeln zu bringen, dass darf jetzt nicht völlig umsonst gewesen sein, oder möglicherweise sogar im Nichts verlaufen. Nein, bitte nicht.

Dummerweise fehlte mir die Zeit für eine Antwort und wenn sie auch noch so kurz ausfiel. Inzwischen hatte ich bereits zehn Minuten verloren, wenn ich also rechtzeitig fertig sein wollte, musste ich mich beeilen.

Letzten Endes hatte ich es gerade so geschafft, fertig zu werden, -und dass auch nur, weil mein Outfit am Rock einen gut zugänglichen Reißverschluss hatte- als es auch schon an meiner Zimmertür klopfte. In der Erwartung, Kylo Ren oder Peavey zu sehen, lief ich hin um aufzumachen. Meine Überraschung war groß und schlug recht schnell im Empörung um, als ich stattdessen Yra vor meinem Zimmer erblickte, anstatt einen der beiden anderen Männer. 

Verdammte Kacke, wo sind Kylo und Peavey?

Die Erklärung darauf sollte der Sohn des Grafen liefern. "Miss Deveron." Er verbeugte sich galant. "Ich habe die Ehre, Sie zum Dinner zu geleiten. Der Oberste Anführer und der General haben sich schon früher zu meinem Vater gesellt, um noch ein paar weitere, allerdings unbedeutende Aspekte zu besprechen. Darum haben wir beide nun das Vergnügen."

Eine zweifelhafte Art der Ehre. 

Um meine unschmeichelhaften Gedanken zu verbergen, lächelte ich dem Mann unverbindlich zu. "Wollen wir?", forderte ich ihn auf. Je schneller wir im Festsaal oder wo auch immer ankamen, desto eher wurde ich ihn wieder los. 

"Aber sicher." Er bot mir seinen Arm an. Da ich ihn schlecht vor den Kopf stoßen konnte, hakte ich mich gezwungenermaßen bei ihm ein. 

Einen Moment lang gingen wir schweigend durch die Flure. Auch hier standen in regelmäßigen Abständen Wachen an den Wänden. Sie taxierten die Umgebung äußerst aufmerksam, was darauf hindeuten ließ, dass sie regelmäßig ausgetauscht wurden, um nichts an Wachsamkeit einzubüßen. Was eine eintönige Schicht leider als unweigerliche Konsequenz mit sich brachte, vor allem dann, wenn die Wachen lange Dienste schieben mussten. Interessiert registrierte ich, dass dies hier nicht zutraf. Im Bruchteil einer Sekunde entschied ich mich dazu, meinen Begleiter danach zu fragen. "Dürfte ich Sie etwas fragen?"

Yra nickte zustimmend. "Aber bitte", warf er vorher ein, "es wäre mir lieber, wenn wir uns duzen würden. Diese immerwährenden förmlichen Anreden, tagein, tagaus." Er verdrehte in gespielter Entrüstung die Augen, was ihn auf mich schlagartig sympathischer wirken ließ. 

"Einverstanden", gab ich meine Einwilligung. "Mir ist aufgefallen, dass hier sehr viele Wachposten postiert sind."

"Die scharfe Beobachtungsgabe einer Person aus einem militärischen Umfeld, ist immer wieder beeindruckend. Aber ja, es stimmt."

"Weswegen?" 

"Wir sind vor wenigen Wochen von einer kriminellen Organisation überfallen worden. Sie waren wohl hauptsächlich hinter Credits und Wertpapieren her und wir konnten sie nur mit viel Mühe und unter hohen Verlusten zurückschlagen. Seitdem hat mein Vater sich dazu entschieden, seine Wachmannschaften aufzustocken. Zum Einen, um sie regelmäßig austauschen zu lassen, damit die Männer genügend Freizeit haben, um sich wieder zu erholen. Zum Anderen wollte er die absolute Sicherheit des Obersten Anführers gewährleisten. Ich will mir gar nicht vorstellen was passiert, wenn gerade dann ein neuerlicher Angriff stattfindet, wenn ihr zu Besuch seid."

"Ich kann eure Sorge verstehen, auch wenn Kylo Ren eine der Personen ist, die sich sehr gut verteidigen können. Welche Organisation war es, die euch Probleme bereitet hat?"

"Die Valan-Tug. Schon einmal von diesem Namen gehört?" 

Verneinend schüttelte ich den Kopf. Wir passierten eine Ecke, hinter der eine weitere Wache stand. Dieser Mann jedoch betrachtete uns nicht nur mit einem schnellen prüfenden Blick, um dann wieder teilnahmslos ins Leere zu starren, sondern beobachtete uns genauer. Seine Augen huschten abwechselnd von Yra zu mir. 

"Lass uns nicht mehr über diese Dilettanten reden. Wenn ich mich richtig an unseren Gesprächsverlauf erinnere, dann kenne ich deinen Namen noch gar nicht."

"Victoria." Ich sah zu meinem Begleiter hinüber und staunte nicht schlecht, als ich bemerkte, dass seine Aufmerksamkeit nicht mehr mir galt. 

Gerade passierten wir den aufmerksamen Wachposten. Yra und der diensthabende Mann warfen sich einen langen, sehnsuchtsvollen Blick zu. Sogar als wir schon ein Stück weitergelaufen waren, drehte der Sohn des Grafen seinen Kopf zurück, um den Blickkontakt nicht zu unterbrechen. Ich blickte ebenfalls über die Schulter zurück zu der Wache. Der Mann war gerade dabei, einen verstohlenen Luftkuss hinter Yra herzuschicken. Es machte mich ernsthaft verlegen, Zeugin einer solchen Intimität zwischen zwei Männern zu werden. 

Nicht dass ich daran Anstoß nehmen würde, aber irgendwie fühle ich mich seltsam deplatziert. Oder wie ein Voyeur.

Yra wurde sichtlich verlegen, als er meinen neugierigen Blick bemerkte, sobald er sich wieder zu mir umdrehte. Eine zarte Röte legte sich über seine Wangen, bevor er sich räusperte. "Ähm ... Victoria ... was du da gerade gesehen hast ..."

"Sei unbesorgt." Beruhigend tätschelte ich ihm den Arm. "Dein kleines Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben." 

Er lächelte mich befreit an. "Danke. Mein Vater weiß davon, aber ich wäre dir sehr verbunden, wenn du dieses Wissen nicht nach außen tragen würdest."

"Tue ich nicht, versprochen. Du hast mein Wort." Es verwunderte mich sowieso, dass dieser Mann so offen und zwanglos mit mir über dieses Thema sprechen konnte. Aber jetzt war meine Neugier vollends geweckt und ich forschte weiter. "Der Graf heißt deine Liaison mit einem Mann gut? Ich meine, stehst du nicht in der Pflicht, die Linie fortzuführen?" 

Meine Stimmung verdüsterte sich etwas, da mich meine eigenen Worte an das Drama bei Bale auf Arkania erinnerten. Energisch schob ich diese Gedanken beiseite. Yra sah mich nachdenklich an. "Am Anfang war es schwer, seine Akzeptanz zu erlangen, aber inzwischen ist es eindeutig besser geworden. Ich glaube, mein alter Herr hat sich damit abgefunden, dass er sich von mir keine Enkelkinder zu erhoffen braucht." Er lächelte wehmütig, bevor er fortfuhr. "Natürlich hält ihn das keinesfalls davon ab, mir die Vorzüge von wunderschönen Frauen schmackhaft zu machen, sobald welche zu Besuch kommen." Entschuldigend sah er zu mir herab. "Und ich bin niemand, der die Worte einer mir nahestehenden Person gleichgültig ignoriert. Du bist eine wunderschöne Frau. Aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auch du bereits in festen Händen bist. Dass dein Herz vergeben ist, ebenso wie meines." 

Jetzt wurde mir klar, weshalb Yra mich im Kaminzimmer so genau unter die Lupe genommen hatte. Um seinen Vater nicht vor den Kopf zu stoßen. Um ihm zu bewiesen, dass er sich seine Worte durchaus zu Herzen nahm. Sein ehrliches Verhalten brachte dem jungen Grafen noch mehr Sympathiepunkte von mir ein und ich musste mir ehrlich eingestehen, dass ich ihn mochte. Sehr sogar.

"Und? Bist du ... in festen Händen?", forschte er ebenso neugierig nach.

Ich musste bei dem Gedanken an Armitage lächeln. "Ja, das bin ich." 

"Du musst mir ALLES von ihm erzählen! Sieht er gut aus? Ist er nett? Und groß und stattlich?" Yras Euphorie übertrug sich auf mich. "Eventuell sogar heute Abend anwesend?", bohrte Yra mit weit aufgerissenen Augen weiter, aus denen mir die pure Sensationsgier entgegenstrahlte.

Ich musste unweigerlich schnauben. "Nein, ist er nicht." 


Yra begleitete mich bis zu meinem Platz direkt neben General Peavey. Zuvorkommend zog er mir den Stuhl zurück, damit ich darauf Platz nehmen konnte, erst dann kehrte er an die Seite seines Vaters zurück. Kylo Ren und Graf Renlan hatten ihr Gespräch bei unserer Ankunft nicht unterbrochen, sondern unterhielten sich angeregt weiter. Scheinbar hatten die beiden ein gemeinsames Lieblingsthema entdeckt, TIE-Jäger. Renlan selbst war in jüngeren Jahren ebenfalls ein begnadeter Flieger gewesen und jetzt tauschten sich die beiden eifrig in einer fast schon kindlichen Begeisterung über Flugmanöver aus. 

Das Kylo dem Grafen gegenüber plötzlich so aufgeschlossen war, verwunderte mich doch etwas, wenn ich mir im Gegenzug sein Verhalten bei unserer Ankunft noch einmal ins Gedächtnis rief. Das hier war eine Kehrtwende um 180 Grad. Fragend sah ich General Peavey zu meiner Linken an. 

Verschwörerisch wispernd lehnte er sich näher zu mir. "Der Oberste Anführer und Graf Renlan sprechen der Spezialität des Hauses sehr offenherzig zu. Leider enthält das Getränk nicht gerade wenig Alkohol." Verdeutlichend zeigte er auf sein eigenes Glas.

Meine Augen weiteten sich entsetzt. Wenn ich mir betrachtete, wie Kylo Ren sich bereits jetzt verhielt -und der Abend war noch jung- dann würde ich ohne zögern darauf schließen, dass er nicht allzu oft mit Alkohol in Berührung gekommen war. Zaghaft nippte ich an meinem eigenen Getränk. 

Oh ja, da ist definitiv Alkohol drin. Und nicht zu wenig. 

"Sollten wir ihm klarmachen, dass er besser nicht zu viel davon trinken sollte? Oder, wenigstens nicht so schnell?" Vorsichtig beugte ich mich vor und spähte um den General herum. Kylo Ren stieß gerade mit dem Gastgeber an, worauf beide ihre Gläser in einem einzigen langen Zug leerten.

Peaveys Blick sprach Bände. "Wenn Sie das tun wollen, Miss Deveron, nur zu. Dabei lasse ich Ihnen gerne den Vortritt."

"Wie zuvorkommend von Ihnen", gab ich sarkastisch zurück.

"Nicht wahr?" Peavey schmunzelte schelmisch, bevor er mir mit seinem Glas zuprostete. 

Kurz darauf wurde die Vorspeise serviert, bestehend aus einer leckeren Suppe und frisch gebackenem Brot. Am Kopfende des Tisches bei Kylo und Renlan wurde es derweil immer lauter und ausgelassener. 

"Bei allen Galaxien, sein wievieltes Glas ist das jetzt?", wollte ich von Peavey wissen. Entsetzt starrte ich zu Kylo. In seiner Euphorie hatte er gerade seinen Ellbogen in dem Suppenteller versenkt, ohne es auch nur zu merken. 

"Ich habe keine Ahnung." Auch Peavey klang nicht amüsiert, wogenen Yra uns von der anderen Seite ein belustigtes Grinsen zuwarf. 

Kurzentschlossen stand ich auf und umrundete den General, um zu Kylo zu gelangen. Behutsam, um ihn nicht zu erschrecken, legte ich meine Hände auf seine Schultern und beugte mich dicht zu seinem Ohr vor. "Ich glaube, du hast genug getrunken. Vielleicht bleibst du von jetzt an lieber bei Wasser." 

"Es geht mir gut, Ria. Du musst mich nicht bemuttern", säuselte Ren angeduselt. "Geh wieder an deinen Platz und genieß den Abend." Seine verscheuchend wedelnde Handbewegung war Aufforderung genug, ihm nicht zu widersprechen. 

Ich tat es trotzdem. "Ich bemuttere dich nicht, sondern versuche lediglich sicherzustellen, dass du dich nicht blamierst."

"Ria. Ich bin nicht Hux, den du vor seiner eigenen Dummheit retten musst. Und jetzt setz dich wieder hin." Damit war das Gespräch für ihn beendet, denn er wandte sich demonstrativ wieder zu dem Grafen um.

Okay. Aber sag später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. 

Der Abend sollte noch einige, denkwürdige Momente bereithalten. Einmal standen Kylo und Renlan mit einem Fuß auf den Stühlen, der andere auf dem Tisch platziert, um mit weit ausgebreiteten Armen Flugmanöver mit dem TIE-Jäger sinnbildlich zu demonstrieren, wobei beide Herren gefährlich ins Schwanken gerieten. Yra fand das Ganze unglaublich komisch und animierte beide Männer eifrig dazu, immer wieder Zugaben zu geben, Peavey und ich dagegen waren weniger erbaut. Den Hauptgang brachte Kylo Ren auch noch ohne große Zwischenfälle hinter sich, wenn man von den gelegentlichen, lautstarken Rülpsern und den umgekippten Getränken einmal absah, doch beim Desert verließ ihn die Macht endgültig. Oder der letzte Rest seines Verstandes, ganz wie man es nehmen wollte. Spätestens dann, als Kylo Ren damit anfangen wollte, Peavey und Renlan abwechselnd mit seinem Nachtisch zu füttern, sah ich mich dazu gezwungen, einzugreifen. Dass beide Männer ihm den nicht gerade versteckten Hinweis lieferten und ihre Köpfe wegdrehten um nicht gefüttert zu werden, ignorierte Kylo gekonnt. 

"Ich würde vorschlagen, wir bringen den Obersten Anführer wieder auf sein Zimmer, damit er seinen Rausch ausschlafen kann", schlug ich Peavey flüsternd vor.

"Das wäre wohl klüger", stimmte er mir zu.

Ich erhob mich und eilte zum zweiten Mal an diesem Abend zu Ren. "Kylo, hör mal ..." 

"Victoria! Nach dir habe ich gesucht! Komm, setzt dich zu mir." Ehe ich mich versah, oder auch nur in irgendeiner Art und Weise reagieren konnte, hatte Ren mich gepackt und ohne große Probleme zu sich auf den Schoß gezogen. Als würden sie dorthin gehören, legte er seine Arme um mich. 

What the fuck???!!! 

Entgeistert sah ich hinüber zu Peavey, welcher meinem Gesichtsausdruck in nichts nachstand. "Ähm, Kylo? Was wird das?" 

Ren schnupperte übertrieben demonstrativ in meine Richtung. "Du riechst lecker. Jetzt verstehe ich, warum Hux seine Nase immer an dir rumschmieren muss." 

"Er schmiert seine Nase nicht an mich!" Die Empörung ließ meinen Tonfall etwas lauter werden als beabsichtigt. Auf der anderen Tischseite gluckste Yra vergnügt, was ihm einen strafenden Blick von mir einbrachte. 

"Wie gut, dass dein Hux heute nicht anwesend ist." Inzwischen lallte Ren so sehr, dass ich mich anstrengen musste, ihn zu verstehen. 

"Ja, das ist wirklich eine glückliche Fügung", pflichtete ich ihm bei und versuchte, mich aus seinen Armen zu manövrieren. Schnell musste ich einsehen, dass ich keine Chance hatte, ihm zu entkommen.

"Er würde ausrasten. Das würde mir gefallen." Kylo nickte ernst. 

Echt jetzt? 

"Wären Sie so freundlich, mir zu helfen?" Ich fixierte Peavey mit einem eindringlichen Blick. 

Mit vereinten Kräften gelang dem General und mir schließlich das Kunststück, mich aus Rens Zugriff zu befreien und ihn zwischen uns beiden in eine aufrechte Position zu manövrieren. Jeder von uns musste einen seiner Arme abstützen, ansonsten hätte sich unser Anführer kriechend auf dem Boden wiedergefunden. Matt sank Kylos Kopf auf seine Brust. 

"Wenn Sie uns entschuldigen würden, Graf Renlan", intervenierte Peavey gerade, "dann würden wir uns gerne auf unsere Zimmer zurückziehen. Ich bitte vielmals um Entschuldigung für diese kleine ... Entgleisung." 

Doch der Gastgeber winkte gut gelaunt ab. "Nicht der Rede wert. Schlafen Sie wohl, ich wünsche Ihnen eine angenehme Nachtruhe." 


Es sollte sich zu einer wahren Herausforderung entwickeln, den großen Mann in unserer Mitte in sein Zimmer zu bugsieren. Vor allem, da besagte Person kein Stück weit mithalf. "Ria? Mir ist schlecht!", jammerte Ren gerade allen Ernstes. 

"Kein Wunder", gab ich kurz angebunden zurück. Ich hatte aktuell meine liebe Mühe und Not, Kylo Ren in einer halbwegs aufrechten Position zu halten, da er gerade schwankte wie ein Fähnchen im Wind. 

"Wir sind gleich da", schnaufte Peavey von seiner anderen Seite aus. Zusammen wankten wir in Kylos abgedunkeltes Quartier und ließen ihn behutsam auf sein Bett sinken. 

"Mir ist sooo schlecht!", jammerte er erneut. "Alles dreht sich."

"Das sind die Folgen von zuviel Alkohol", erläuterte Peavey gerade fachmännisch, die Arme in vorgeschriebener Haltung wieder hinter dem Rücken verschränkt.

Als ob Ren in seinem aktuellen Zustand Wert auf so etwas legen würde. 

"Bleiben Sie kurz bei ihm?", richtete ich meine Frage an Peavey. "Ich suche im Bad nach einem kühlen Tuch und ... einem Eimer."

Und zur Not gebe ich ihm seinen Helm als Kotzkübel. Soll er morgen gerade selbst zusehen, was er davon hat. 

Diabolisch lächelnd eilte ich weiter. Mit einen kühlen Lappen bewaffnet, eilte ich zurück ins Schlafzimmer. Behutsam strich ich damit über Kylos Gesicht, während Peavey sich daran machte, ihm wenigstens die Schuhe auszuziehen. 

Kylo schielte mit unfokussiertem Blick zu mir und versuchte dabei, meine Finger zu erhaschen. "Ria? Bleibst du bei mir?"

"Wohl kaum", entschied ich in bestimmendem Ton. 

"Aber ... wieso denn nicht? Mir ist sooo schlecht! Und um Hux -hicks- kümmerst du dich auch ständig." 

"Bei Hux ist die Situation eine völlig andere, als bei dir", erklärte ich resolut. 

"Ich befehle dir ... -hicks- bei mir zu bleiben." Ren nickte ernst und deutete mit dem Finger in eine völlig falsche Richtung.

"Morgen darfst du mir wieder Befehle erteilen. Heute nicht mehr."

Peavey schnappte hörbar nach Luft. Der umfunktionierte Papiereimer stand bereits griffbereit neben dem Bett, als ich mich erhob. Scheinbar hatte Peavey einen Geistesblitz gehabt und improvisiert. Ich instruierte Ren noch, wie er sich zu verhalten hatte, wenn er sich übergeben müsste, dann überließen Peavey und ich ihn sich selbst. Die Tür stand gerade noch einen Spaltbreit offen, als ein Würgen hinaus auf den Flur wehte.

Na, dass hat ja nicht lange auf sich warten lassen.

Draußen angekommen, atmeten wir beide erst einmal tief durch. 

"Nun. Das war ... unangenehm." Peavey wirkte von der erzwungenen Nähe zu seinem Vorgesetzten noch leicht aus der Bahn geworfen. "Haben Sie keine Bedenken, dass er morgen schlecht auf Sie zu sprechen sein wird?"

"Wegen meiner Weigerung, bei ihm zu bleiben?" 

Mein Gegenüber nickte zustimmend. 

"Ich glaube nicht, dass Kylo Ren sich morgen noch daran erinnern kann." Ich zückte ich mein Datenpad, um die Uhrzeit zu überprüfen, es wurde erst 2215 angezeigt. "Nun, dieser Abend ist definitiv anders verlaufen, als ursprünglich geplant." Seufzend stützte ich mich an der Wand hinter mir ab. 

Peavey beobachtete mich genau, bevor er sich verlegen räusperte. "Sie erinnern sich, dass ich etwas mit Ihnen besprechen wollte?"

"Ja." Aufmerksam sah ich mein Gegenüber an.

"Würde es Ihnen jetzt passen?"

Da es noch nicht zu spät war, sagte ich zu. 

"Gut." Peavey räusperte sich erneut. "Ich würde Ihnen gerne etwas bei einem Spaziergang erzählen." Gemächlich schlenderten wir durch die langgezogenen Korridore. In regelmäßigen Abständen flackerten Kerzen in ihren Glasvorrichtungen. 

Peavey lenkte seine Schritte auf eine langgezogene Terrasse, bevor er das Gespräch eröffnete. "Ich möchte mit Ihnen über Ihren Partner sprechen. Über Hux." 

Geschockt ruckte mein Kopf zu ihm herum. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht mit dieser Eröffnung.

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