Kapitel 59 - Die vergangenen vier Wochen

In der Mitte von diesem Kapitel wird es wieder einen ausführlichen Erwachseneninhalt geben.

Gedankenverloren stand ich am Fenster und blickte hinaus in die Dunkelheit des Alls. Ab und an nahm ich einen Schluck von meinem Kaffee. Ich war alleine, zumindest für den Moment. Armitage war zu einer Unterredung mit Kylo Ren gerufen worden, bei der meine Anwesenheit nicht erwünscht war. Da war der neue Oberste Anführer sehr deutlich gewesen. Hux hatte zwar gemurrt, sich dann aber letztendlich gefügt. Wobei ihm eine andere Wahl nicht wirklich zur Verfügung stand. Also hatte ich genügend Zeit, um den vergangenen Monat seit der Niederlage auf Crait noch einmal Revue passieren zu lassen. 

Der Rückflug von dem Planeten Crait verlief in drückender Stille. Ein belastendes Schweigen lag schwer über allen Passagieren des Shuttles. 
Kylo Ren hatte, nachdem seine Wut nicht weniger geworden war, beide Piloten angeraunzt, die zerstörte Supremacy als Zielort anzufliegen. Dort, so hatte er Hux mitgeteilt, gab es noch einen gewaltigen Berg voll Arbeit zu erledigen, die sein Unvermögen nach sich zog.

"Ein fähigerer General als Sie, hätte die Schritte des Gegners schon lange im Voraus erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen." Rens Stimme offenbarte seine deutliche Geringschätzung für Mann an meiner Seite. "Darum übertrage ich Ihnen allein die Aufgabe, die komplette Besatzung der Supremacy auf anderen Begleitschiffen zu stationieren."

Armitage war aufgrund dieser harschen Worte merklich erblasst und auch mir fehlten für einen Moment die Worte, wenn ich an diese Monsteraufgabe dachte, welche da vor uns lag. Nur zu gut klangen mir Peaveys Worte noch im Ohr, als wir gerade erst auf diesem gigantischen Schiff angekommen waren. 

Armitage muss die Umstationierung von über 2 Millionen Besatzungsmitgliedern organisieren! Ich wage zu bezweifeln, dass Ren weiß, wie groß die Zahl der Personen auf diesem Schiff überhaupt ist. 

Ich erkannte die Wahrheit in Armitages Worten, als er zu mir sagte, Kylo Ren würde keine Gelegenheit auslassen, ihn zu demütigen. Denn genau das lief hier gerade, eine öffentliche Demütigung. Es waren zwar nur Peavey und die beiden Crewmitglieder der Brückenbesatzung anwesend, aber das genügte schon, um dem Ansehen des Generals Schaden zuzufügen. Still saß ich neben Armitage und hielt seine Hand fest in meiner. Mit dem Daumen streichelte ich ununterbrochen über seinen Handrücken. 

Aber Kylo Ren war noch lange nicht fertig, denn es sollte noch schlimmer kommen. "Für die Dauer dieser Arbeiten werde ich Ihnen den Rang eines Generals entziehen. Erst wenn Sie sich in meinen Augen wieder als fähig erwiesen haben, bekommen Sie Ihren alten Posten zurück. Bis dahin", der neue Oberste Anführer drehte sich zu Peavey um, "werden Sie, Kapitän Peavey, in den Rang eines Generals gehoben." 

Nein! Das macht Ren nicht wirklich. Das ist die pure Schikane. 

Mein Kopf ruckte zu Armitage herum. Ich sah die Fassungslosigkeit, welche sich in seinem Gesicht widerspiegelte. Unglauben lag in seinen Zügen, als er zwischen Peavey und Kylo Ren hin und her blickte. Immer wieder öffnete er den Mund um etwas zu erwidern, aber kein Laut drang über seine Lippen. Schnell drückte ich seine Hand fester. 

"Ich danke Ihnen, Oberster Anführer", erklärte der ältere Mann gerade.

Kylo nickte nur, um mit vor dem Oberkörper verschränkten Armen gegen die Sofalehne zu sacken. Seine ganze Haltung strahlte noch immer Unzufriedenheit darüber aus, dass ihm der Widerstand so knapp entwischt war. Da half es auch nichts, seinen ehemaligen Rivalen zu drangsalieren. Auch wenn es ihm vermutlich eine enorme Genugtuung verschaffte. 

Ein Ruck durchlief das Shuttle, als es auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wurde. Lange blaue Linien zogen vor den Fenstern dahin und warfen ein flackerndes Licht auf die Gesichter aller Anwesenden. Hux saß steif neben mir, sein ganzer Körper war eine einzige Anspannung.

Seufzend rieb ich mir über die müden Augen und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Armitage durfte sein bisheriges Quartier auf der Supremacy zwar beibehalten, welches sich in private Schlafräume und ein offizielles Büro unterteilte, aber jetzt stapelten sich in diesem Zimmer unzählige Akten. Sie lagen einfach überall, auf dem Schreibtisch, dem Boden und dem Sofa. 

Da Zeit schinden noch nie etwas gebracht hatte, setzte ich mich schließlich wieder an den Schreibtisch und begann weiter die Akten zu bearbeiten. Auf meinem Datenpad vermerkte ich den Namen und die Personalnummer und hängte noch den Hinweis mit an, auf welchem Schiff dieser Mitarbeiter am Besten eingesetzt werden könnte. Doch schon bald begann ich mich zu fragen, was genau Kylo mit Hux zu besprechen hatte, was so viel Zeit in Anspruch nahm, weswegen meine Gedanken kurzzeitig wieder abschweiften.

Kylo Ren hatte Hux die kompletten Unterlagen der über 2 Millionen Besatzungsmitglieder auf diesem Schiff zukommen lassen. Inklusive Tätigkeitsbereich und bisherige Einsatzorte, damit wir die Truppen und Crewmitglieder strategisch sinnvoll versetzen konnten. Ich sagte explizit wir, da ich mich standhaft geweigert hatte, Hux bei dieser Monsteraufgabe alleine zu lassen.

 Peavey hatte mir zwar angeboten, meinen alten Posten als Kommunikationsoffizierin auf der Brücke wieder aufzunehmen, welchen ich allerdings dankend abgelehnt hatte. Auch auf seinen Hinweis hin, dass ich für diese Art der Tätigkeit - Akten durchgehen - eindeutig überqualifiziert sei, hatte ich nicht viel erwidert. Sowie ich mich zu Armitage umdrehte, der dem ganzen Gespräch schweigend und zähneknirschend zugehört hatte, sah ich Stolz in seinen Augen, kombiniert mit Dankbarkeit. Es bedeutete ihm viel, dass ich ihn bei diesem Berg Arbeit nicht alleine ließ. 

Sobald wir den Hangar verlassen hatten und in seinem Büro angekommen waren, nutzten wir den Augenblick für uns. Die Tür hatte sich kaum hinter uns geschlossen, da zog er mich schon in seine Arme und bedeckte meinen Mund mit zahllosen Küssen. "Danke, Victoria!" 

"Das ist selbstverständlich für mich Armitage, du musst mir nicht danken."

"Will ich aber." Hux umfasste meine Wangen mit seinen Händen. 

Die Wärme seiner Haut auf meiner verursachte ein angenehmes Kribbeln, das mir über den Rücken rieselte. Behutsam näherte er sich wieder, bis unsere Lippen erneut aufeinander lagen. "Sie dürfen dich mir nicht wegnehmen!", wisperte Armitage in einer Atempause, in der er mich mit einem intensiven Ausdruck in den Augen musterte. Seine Arme um meine Taille zogen mich noch näher an ihn. 

 "Warum sollten sie das tun?"

"Weil mir in meinem ausgesetzten Rang als General keine persönliche Assistentin mehr zusteht, deshalb", erklärte Hux. "Darum hat Peavey dir deinen vorherigen Posten auch so schnell angeboten."

"Ich verstehe." Nachdenklich neigte ich den Kopf, denn jetzt machte Peaveys Verhalten auch mehr Sinn. "Meinetwegen können sie mir meinen alten Posten so oft anbieten wie sie wollen, ich werde jedes einzelne Mal ablehnen. Zusammen bewältigen wir die Aufgabe schneller, aber dafür brauchst du meine Hilfe."

"Meine Victoria!", sagte Armitage ergriffen, bevor er wieder dazu überging, mich zu küssen.

 Langsam bewegten wir uns dabei durch den Raum. Nur am Rande nahm ich wahr, wie sich die Tür hinter mir mit einem hydraulischen Zischen entriegelte. Wir liefen weiter rückwärts, ließen allerdings keine Sekunde lang voneinander ab. Finger zupften ungeduldig an den Uniformen, um die Druckknöpfe zu öffnen. Auf unserem Weg in Richtung Bett ließen wir eine Spur aus hastig ausgezogenen Kleidungsstücken hinter uns zurück. Die fordernden, verlangenden Küsse hörten nicht auf, sondern wurden immer stürmischer, leidenschaftlicher. Wir schafften es schließlich, uns gegenseitig bis auf die Unterwäsche auszuziehen, bevor wir zusammen in sein Bett kippten. 

Die kühlen, seidigen Laken streiften über meine erhitzte Haut und bildeten ein starken Kontrast zu Armitages heißem Körper. Sein Verlangen nach mir war deutlich zu spüren, denn es drückte sich hart gegen meine Hüfte. 

"Ich liebe dich, Victoria!" 

Sofort war Armitage wieder über mir, doch bevor er sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich legte, hielt er kurz inne. Verwundert sah ich zu ihm auf. 

"Wie geht es deinen Verletzungen, meine Liebste?" Sorge lag in seinem Blick.

"Alles gut, Armitage. Mach weiter." 

Erst nach meiner Einwilligung legte sich sein Gewicht angenehm auf mich und drückte mich tiefer in die weiche Matratze. Automatisch öffneten sich meine Beine, um ihm dazwischen Platz zu bieten. Für einen kurzen Moment wunderte ich mich wirklich, dass sich die Verletzungen an Rücken und Hintern nicht stärker bemerkbar machten, dann wurden diese Überlegungen auch schon in den Hintergrund gedrängt, da Armitage damit begonnen hatte, seine Hüfte zwischen meinen Beinen auf und ab zu reiben. Seine Erektion kam genau an der richtigen Stelle zum Liegen, aber leider waren wir immer noch bekleidet. Zumindest zum Teil. 

Seiner eigenen Unterwäsche hatte sich Hux schnell entledigt, bei mir ließ er sich bedeutend mehr Zeit. Eine Spur aus glühenden Küssen ziehend, arbeitet er sich immer tiefer an meinem Körper hinab. Über den Bogen des Kieferknochens und die sanfte Wölbung des Halses. Immer weiter hinab, über den zierlichen Knochen am Schlüsselbein, bis er bei meiner Oberweite angelangt war.

Mit dem BH den ich gerade trug, hatte er keine Probleme. Behutsam öffnete er den Verschluss auf meinem Rücken, um sich dann in aller Ausführlichkeit meinen Brüsten zu widmen. Ich genoss jede einzelne zärtliche Berührung, bevor Armitage seinen Weg weiter über meinen Bauch fortsetzte. Tiefer und immer tiefer. Quälend langsam zog er den Slip von meiner Hüfte. Ich seufzte leicht auf, als kühle Luft auf meine bereits feuchte Mitte traf. Seine Augen lagen auf der Stelle zwischen meinen weit gespreizten Beinen, Begierde funkelte in seinem Blick.

"Armitage?", fragend stützte ich mich ein Stück auf den Ellbogen nach oben. 

"Ich möchte etwas ausprobieren, Ria. Halt still und entspann dich." 

Und dann tat Hux etwas, das er bisher noch nie getan hatte. Anstatt sich zurück nach oben zu schieben, senkte er den Mund auf meine empfindliche, bereits vor Lust pochende Stelle. Ein Keuchen entschlüpfte mir, es ging gar nicht anders, denn es ließ sich einfach nicht zurückhalten. In sanften Kreisen tanzte seine Zunge auf meiner empfindsamsten Stelle, leckte und trieb mich dabei auf immer höhere Gipfel der Lust zu. 

"HUX!" 

Die Ellbogen unter mir sackten weg als sich jegliche Konzentration auf einen einzigen Punkt reduzierte. Seine Zunge löste ein intensives Gefühl zwischen meinen Beinen aus. Ohne mein Zutun bog sich mein Rücken durch, meine Atmung beschleunigte sich, gleichauf mit dem Takt meines schnell schlagenden Herzens. Zittern ergriff meine Beine. Ich bestand nur noch aus Lust und purer, pulsierender Begierde. Mein lautes Stöhnen durchbrach die Stille. 

"HUX!", wimmerte ich erneut. "Stopp!" 

Wenn er so weitermachen würde, dann wäre ich fertig, noch bevor wir richtig angefangen hätten. Doch Armitage erbarmte sich meiner und tauchte wieder zwischen meinen Beinen auf. Gleich darauf ersetzte sein steifes Glied die Stelle, an der kurz zuvor noch seine Lippen gelegen hatten. Damit Hux nicht auf dumme Ideen kam, krallte ich meine Finger schnell in seine Haare, um ihn daran zu mir zu ziehen. Bereitwillig ließ er sich von mir lenken, dann vereinten sich unsere Lippen, wo es unseren Körpern noch verwehrt blieb. Vorerst. 

Aber mein Partner war bereits dabei, an diesem Umstand etwas zu ändern. In der Schublade suchte er nach einem Kondom, welches er sich mit zielsicherer Präzision über den Penis rollte.

"Ich liebe dich, Victoria!", sagte Armitage noch einmal. Voller Ernst. Aufrichtig. Tiefe Gefühle schwangen in seiner Stimme mit. 

"Und ich dich!"

Erst auf meine Erwiderung hin drang Armitage langsam, so unendlich langsam in mich ein, bis er mich mit seiner ganzen Länge ausfüllte. Dabei sah er mir unentwegt in die Augen und auch ich wandte den Blick nicht ab. Ich konnte nicht. Die Augen waren der Spiegel der Seele und in seinen konnte ich gerade eine wahre Sturzflut von Gefühlen vorbeirauschen sehen. Aufrichtige Liebe, Glück, verbundene Zuneigung, tiefes Vertrauen, ungezügelte Lust und Begehren. 

Endlich vereint, begannen wir mit einem verführerischen, uralten Tanz, so alt wie die Menschheit selbst. Unsere Körper bewegten sich im Gleichklang ineinander und gaben den Takt vor. Unserer beider Stöhnen war die einzige Musik, welche dieser rhythmische Tanz verlangte. Ich spürte, wie er sich fast ganz aus mir herauszog, nur um dann wieder in einem gleitenden Stoß in mich einzudringen. Wieder und wieder. 

"Bei den Sternen, unser letztes Mal ist schon viel zu lange her." 

Armitage keuchte schwer, als er für einen Moment mit den Bewegungen innehielt. Wie groß seine Lust war, wie knapp er am Rande der Beherrschung balancierte, spürte ich am Zucken seines Glieds tief in mir. 

Lächelnd umfasste ich mit meinen Händen seine Wangen. "Wir haben Zeit, Armitage." 

Wie auf Kommando piepte Hux' Datenpad und vibrierte auf dem Boden, als Hohn auf meine Worte. Genervt verdrehte ich die Augen. 

Ernsthaft? 

"Das ist jetzt nicht wahr!", murrte ich. 

Hux lachte. "Wie war das mit der Zeit?"

"Ach, sei still!" 

Bestimmend zog ich ihn zu mir herab, bis sich unsere Lippen wieder trafen. Gleichauf nahmen unsere miteinander verbundenen Körper ihre Beschäftigung wieder auf, zuerst noch langsam und sinnlich, dann schneller. Immer heftiger wurden Armitages Stöße, immer leidenschaftlicher seine Bewegungen. 

"Oh Victoria!" 

Ich erkannte, wie nahe Armitage seiner Erfüllung schon war. Nichts hielt ihn mehr zurück, was vermutlich auch der Tatsache geschuldet war, dass uns praktisch jederzeit jemand stören könnte, da Hux nicht auf die Nachricht reagiert hatte. Und auch ich steuerte unaufhaltsam auf meinen Höhepunkt zu, da Armitage zuvor schon eine sehr gute Arbeit geleistet und mich eingestimmt hatte. Es dauerte nicht mehr lange, dann überquerten wir beide die Grenze. Getragen von einem gemeinsamen Höhenflug, der uns bis über den höchsten Gipfel der Lust trug. In diesem Augenblick lösten wir unsere Lippen nicht voneinander, auch um das laute Stöhnen zu dämpfen. 

Als die Wellen der Orgasmen langsam abebbten, nahmen wir uns noch einen Augenblick der kostbaren Zeit, um in den Augen des jeweils anderen zu versinken. Unsere verschwitzten Körper waren noch ineinander verschlungen, bildeten noch immer eine Einheit. 

"Ich liebe dich, Armitage!" 

Melancholie überkam mich in diesem Moment. Mein Geheimnis stand noch immer zwischen mir und ihm, denn auch in den vergangenen Tagen hatte ich noch keinen Ansatzpunkt gefunden, wie ich ihm meine Tätigkeit als Spionin für den Widerstand schonend beibringen konnte. 

Natürlich spürte Hux meinen Stimmungsumschwung zielgerichtet auf. "Ich dich auch, meine Geliebte. Aber warum wirkst du plötzlich so traurig?" 

Sanft stupste er mit dem Daumen meine Nase an, was mir nur ein leichtes Lächeln entlockte. Die Schuldgefühle in meinem Inneren waren einfach noch zu stark.

Ich kann es ihm noch nicht sagen. Nicht jetzt. 

Langsam wollte ich den Kopf zur Seite drehen und den Blick abwenden, doch Armitages Hand stoppte meine Bewegung. "Nicht Ria. Sag schon, was bedrückt dich?"

Nun, wenn ich ihm schon die Wahrheit verschweigen muss, dann kann ich mich wenigstens schon einmal in die richtige Richtung vortasten.

"Es tut mir so leid, Armitage."

"Was denn?"

"Einfach alles. Das was dir wiederfahren ist, seitdem Kylo Ren der Oberste Anführer ist. Ich sehe doch, wie sehr er dich allein in den letzten Tagen demütigt."

Hux' Augen verengten sich zu Schlitzen, als er kurzzeitig an seinen ehemaligen Rivalen erinnert wurde. An die Person, welche jetzt unantastbar über ihm stand. 

"Es ist meine Schuld", sprach ich weiter. "Wenn ich nicht..."

"Scht!" Sein Zeigefinger legte sich auf meine Lippen und unterband somit jegliche Entschuldigung, die ich eventuell noch äußern wollte. "Denk nicht mehr daran Ria. Ich bin dir nicht mehr böse deswegen. Es wird sich mit Sicherheit eine Möglichkeit finden."

Zerknirscht sah ich zu ihm auf. Es stimmte, was ich gesagt hatte, denn mir tat es wirklich in der Seele weh mit anzusehen, wie oft Kylo Ren meinen Partner bloß stellte. Auch wenn ich aller Wahrscheinlichkeit nach immer wieder so handeln würde wie damals, als Hux kurz davor gewesen war, Ren zu erschießen als dieser ohne Bewusstsein auf dem Boden gelegen hatte. Trotzdem hatte mir Kylos Verhalten deutlich gezeigt, dass ich dringend mit ihm sprechen musste, auch wenn es den eindeutigen Wünschen meines Partners zuwiderlief. 

"Denk nicht mehr daran, Ria." Armitage drückte seine Lippen zärtlich auf meine. 

Seine Finger vergruben sich in meinen langen schwarzen Haaren. Erneut vibrierte das Datenpad und verlangte nach Aufmerksamkeit. Seufzend lösten sich unsere Lippen voneinander. Ein Gefühl der Leere entstand in mir, als Armitage sich von meinem Körper erhob, weswegen ich ebenfalls schnell aufstand, um mich noch einmal an ihn zu kuscheln. 

"Hast du noch nicht genug von mir, meine Süße?" Zufriedenheit erklang in Armitages Stimme, als er seinen Kopf auf meinen stützte und die Zärtlichkeit erwiderte.

"Nein. Ich will dich noch einen Moment für mich allein haben." Ich genoß das Gefühl unserer nackten Haut aneinander und atmete in tiefen Atemzügen Hux' so typischen Duft nach Vanille und Zedernholz ein. "Du riechst so unglaublich gut. Nach Geborgenheit. Nach zu Hause." Meine Nasenspitze streifte sachte über die weiche Haut an seiner Halsbeuge. Ich hörte, wie Hux' über mir schmunzelte.

"Wann wirst du meine Frau, Victoria?" 

Ich verspannte mich unwillkürlich, zwang mich dann aber dazu, wieder lockerer zu werden. "Bald Hux." 

Sobald ich dir von meiner wahren Zugehörigkeit erzählt habe. 

Sanft lösten wir uns voneinander, um uns ein letztes Mal zu küssen. Die Arbeit wartete und ließ sich leider auch nicht länger aufschieben.

Ich saß an meinem Platz hinter dem Schreibtisch und lächelte wie eine Idiotin, als ich mit meinen Gedanken wieder aus diesen Erinnerungen auftauchte. Auch wenn es Momente gab, in denen mich mein schlechtes Gewissen schier umbringen wollte, so waren doch die meisten Augenblicke zwischen Hux und mir geprägt von Harmonie. Armitage hatte mich seitdem nicht mehr nach unserer Heirat gefragt, was aber auch dem Umstand geschuldet war, wie viel wir beide gerade um die Ohren hatten. 

In diesen vier Wochen seitdem wir wieder auf die Supremacy zurückgekehrt waren, hatten wir es gerade einmal geschafft 100.000 Akten zu bearbeiten und den dazugehörigen Personen eine neue Dienststelle zuzuweisen. Wobei wir diesmal nicht nach dem Rang vorgingen, sondern uns zuerst um die Mitarbeiter kümmerten, deren Arbeitsbereich in den zerstörten Teilen des Schiffes lag. 

Kapitän Peavey -inzwischen General, aber ich würde mich hüten, diesen Titel in Armitages Anwesenheit auszusprechen- war immerhin so freundlich uns ein wenig zu unterstützen. Er war derjenige, der sich um die vollständige Auflistung der Opfer gekümmert hatte und uns diese dann zuschickte. Ich verbot es mir strikt, deswegen ein schlechtes Gewissen zu bekommen, wenn ich auf die Zahlen blickte. Es waren namenlose, mir unbekannte Personen, die in einem unsinnigen Krieg ihr Leben gelassen hatten. Es waren nicht die Ersten und würden auch nicht die Letzten sein, deshalb zwang ich mich dazu, die Personendaten ohne große Emotionen ad Acta zu legen und die Verstorbenen aus dem System auszutragen. Es war dennoch eine traurige Arbeit, die mich trotz aller guten Vorsätze sehr oft an den Rand meiner Beherrschung brachte. Was Armitage natürlich sofort spitz bekam und mir daraufhin die Bearbeitung davon entzog und sich selbst darum kümmerte, wofür ich ihm unendlich dankbar war.

Mein Kaffee war inzwischen kalt geworden, trotzdem nahm ich noch einen großen Schluck davon. Kylo Ren selbst hatte ich in diesen vier Wochen kaum zu Gesicht bekommen. Demnach hatte sich also auch noch nicht die Möglichkeit geboten, mit ihm über sein Verhalten meinem Partner gegenüber zu sprechen. Aber auch diese Chance würde kommen, da war ich mir sicher. Mit einem weiteren Seufzer -keine Ahnung, wie oft ich das heute bereits getan hatte- zog ich mir den nächsten Stapel heran. Obwohl wir knapp 100.000 Akten bereits bearbeitet hatten, worin die Verstorbenen noch nicht eingerechnet waren, lag immer noch eine gewaltig hohe Zahl vor uns. Wieso musste die Supremacy auch so groß sein?

Eine Besatzung von 2.200.000 Mann. Beim Schwarzen Loch, wir werden EWIG! damit beschäftigt sein. Dazu kommt noch die riesige Flotte der Ersten Ordnung. Es gibt unzählige Schiffe, auf denen die Besatzungsmitglieder untergebracht werden können. Und bei jedem einzelnen müssen wir überprüfen, ob für seine Zuständigkeit auf diesem Schiff auch ein Bedarf herrscht. 

Schicksalsergeben seufzte ich noch einmal, dann begann ich damit, die nächsten Akten zu bearbeiten. Ein gutes hatte die eintönige Arbeit allerdings. Ich hatte mittlerweile herausgefunden, wie ich mein Datenpad auf stumm schalten konnte wenn eine neue Nachricht ankam. Somit bekam Hux nichts davon mit, wenn ich mich neben der Arbeit auch noch mit anderen Dingen beschäftigte, auch wenn er mir praktisch gegenübersaß. 

Denn endlich, ENDLICH, hatte ich knapp nach unserer Rückkehr auf die Supremacy eine Rückmeldung vom Widerstand bekommen. Und auch, wenn diese Nachricht nicht das Beinhaltete, was ich mir eigentlich erhofft hatte sondern eher neue Probleme mit sich brachte, so war es doch wenigstens ein Lebenszeichen. 

 Ich und Armitage saßen gerade an unseren Schreibtischen, ein jeder in seine Arbeit vertieft, als auf meinem Datenpad der stumme Hinweis erschein, dass eine neue Nachricht angekommen war. So wie ich auf den Absender blickte, begannen meine Finger zu zittern. 

Die Botschaft ist von Leia. Oder besser gesagt, von ihrem Datenpad. 

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass die Anführerin des Widerstands noch am Leben war, was sich allerdings innerhalb weniger Sekunden schlagartig änderte. Wie ich es in diesem Moment geschafft hatte meine unermessliche Freude zu verbergen, war mir bis heute noch ein Rätsel. Ich las die Nachricht, wieder und wieder.

"Miss Deveron, ich möchte Ihnen noch einmal persönlich danken. Dafür, dass Sie uns rechtzeitig vor dem Eintreffen der Flotte der Ersten Ordnung gewarnt haben. Des weiteren haben mir Finn und Rose Bericht erstattet. Sie erinnern sich an die beiden? Sie wurden an Bord der Supremacy gefangen genommen, konnten allerdings in dem Chaos was kurz darauf ausbrach, unverletzt entkommen." Ich unterbrach mich kurz beim Lesen. 

Den Sternen sei Dank! 

Nur zu gut erinnerte ich mich an das Gefühl der Hilflosigkeit in diesem Moment, in dem ich nichts für die beiden tun konnte, um ihnen zu helfen. Aber die Nachricht war noch nicht zu Ende.

"Es freute mich ungemein zu erfahren, dass Sie in Ihre Rolle als Spionin so gut hineingewachsen sind. Und ich möchte wirklich noch einmal betonen, wie sehr uns Ihre Hinweise geholfen haben, Ria. Aber mittlerweile denke ich, dass es an der Zeit für Sie ist, zurückzukehren. Sie haben Ihre Aufgabe gewissenhaft erfüllt." Dieser Satz ließ meinen Lesefluss erneut ins Stocken geraten. 

Ich soll gehen? Jetzt? Aber ... aber was ist mit ... mit Armitage? 

Tränen schossen mir in die Augen, die ich hektisch wegzublinzeln versuchte. Erst als ich mich wieder halbwegs gefasst hatte, laß ich weiter. "Als wir von der Ersten Ordnung in der Mine auf Crait in die Enge getrieben wurden, haben wir ein Notsignal in die Galaxis gesendet, verschlüsselt mit meiner persönlichen Signatur. Niemand hat geantwortet. Deswegen brauche ich Sie wieder an unserer Seite, Miss Deveron. Ich brauche fähige Leute wie Sie, die in die Galaxis hinausfliegen und unsere Verbündeten rekrutieren. Darüber, wie wir Sie wieder aus den Reihen der Ersten Ordnung holen bin ich mir noch im Unklaren. Aber seien Sie versichert, dass uns eine Lösung einfallen wird. Und halten Sie sich bereit, falls nötig. Unter Umständen kann alles ganz schnell vonstatten gehen, aber vorher werde ich mich noch einmal bei Ihnen melden. L.O."

Völlig überfordert starrte ich die schwarzen Buchstaben auf dem hellen Display an. 

Diese Signatur am Ende, L.O. Das ist Leias Abkürzung. Sie hat überlebt. Bei den Sternen, sie hat überlebt und führt den Widerstand noch immer an. 

Zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit schossen mir Tränen in die Augen, aber diesmal vor Erleichterung. Eine schwere, drückende Last war von meiner Seele genommen worden, nun da ich wusste, dass Leia Organa, die Heldin des Widerstands noch am Leben war. 

Dann besteht noch Hoffnung. Aber ... was mache ich wegen ihrer Anordnung? Ich möchte nicht gehen. Ich bin mir sicher, dem Widerstand noch immer brauchbare Informationen zukommen zu lassen. Und ... ich möchte meine gemeinsame Zeit mit Hux noch nicht beenden. 

Ohne lange darüber nachzudenken, entschuldigte ich mich bei Hux' und verschwand kurz im angrenzenden Badezimmer. Ich wollte die Antwort an Leia in Ruhe verfassen, ihr aber dennoch auch meine Bedenken bezüglich meines Abzugs hier mitteilen. Auf dem Rand der Badewanne ließ ich mich nieder, um eine Antwort zu formulieren. 

"Generalin Organa, es freut mich ungemein zu hören, dass Sie sich bester Gesundheit erfreuen. Ihr Lob, meine Tätigkeit betreffend, freut mich ebenfalls, nur aufgrund des von Ihnen angestrebten Abzugs von mir, möchte ich mein Veto einlegen. Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass ich dem Widerstand in meiner jetzigen Rolle besser helfen kann, als mit einer anderen Arbeit. Ich kann Ihnen hier bessere Informationen beschaffen, vor allem, da es einen Wechsel in der Führungsriege gegeben hat. Der Oberste Anführer Snoke ist tot. Leia, Ihr Sohn ist jetzt das neue Oberhaupt der Ersten Ordnung. Ich denke wirklich, hier besser positioniert zu sein und euch somit über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten."

Ein zaghaftes Klopfen an der Tür unterbrach meine Überlegungen. "Ist alles in Ordnung, meine Süße? Geht es dir gut?"

Ach Huxi. 

"Ja, alles gut. Bin gleich fertig!"

Schnell wandte ich mich wieder meinem Gerät zu. "Darf ich Sie fragen, wie die aktuelle Situation bei Ihnen ist? Ist ... ist Poe noch am Leben? Gab es viele Opfer?"

Ich hatte Angst vor der Antwort, trotzdem musste ich die Frage stellen. Um nicht noch weiteren Argwohn von Hux' zu provozieren, betätigte ich zum Schein die Klospülung, nachdem ich die Nachricht abgeschickt hatte, dann eilte ich wieder zurück in unser Büro. Zu zweit kamen wir definitiv schneller voran. 

Eine weitere Stunde verging, bevor Armitage endlich wieder in unserem Büro ankam. Er sah sichtlich aufgebracht aus, Wut und unverhohlener Zorn spiegelten sich in seinen Augen wieder. Hux wirkte so wütend, dass er vermutlich gerne die Tür hinter sich zugeschlagen würde, wenn denn die Möglichkeit dazu bestanden hätte. 

"Was ist passiert?" Schnell erhob ich mich von meinem Stuhl, um ihm entgegenzulaufen. 

Kaum hatte ich ihn erreicht, zog Armitage mich auch schon in eine erdrückende Umarmung. Besitzergreifend nahmen seine Lippen die meinen in Beschlag, doch es lag nichts zärtliches in dieser Geste. Vielmehr bekam ich den Eindruck, dass Armitages Verhalten eine gewisse Verzweiflung anhaftete. 

"Armitage, was ist denn? Was ist passiert?", verlangte ich zu erfahren, sobald ich mich ein Stück von ihm gelöst hatte. Prüfend betrachtete ich sein Gesicht. 

Hektische rote Flecken prangten auf seinen Wangen, was sich extrem unvorteilhaft mit den rötlichen Haaren biss. Armitage hielt mich an der Taille auch weiterhin fest umschlungen, bevor er schließlich zu einer Antwort ansetzte. "Ich hasse ihn!" 

Es bedurfte keiner weiteren Frage von wem genau die Rede war. "Was hat Ren gemacht?"

Anstatt einer Antwort schnaubte mein Gegenüber nur. 

"Okay. Jetzt bin ich definitiv schlauer als vorher." Ich konnte mir diesen trockenen Kommentar einfach nicht verkneifen, allerdings nahm ich ihm mit einer leicht hochgezogenen Augenbraue die Schärfe.

Hux zwang sich zu einem verkrampften Lächeln, dann führte er mich zum Sofa. Das arme Ding war fast völlig unter den Akten vergraben, aber irgendwie manövrierten wir uns noch dazwischen. 

Weil das Schweigen noch immer anhielt, sah ich mich dazu genötigt, noch einmal nachzuhaken. "Also, was ist passiert?" 

"Er nimmt dich mir weg, Ria!" Hux Finger verkrampften sich um meine. "Ren nimmt dich mir weg!"

"Was hat er genau gesagt?"

Stille. Armitage starrte blicklos auf den Fußboden, ohne meine Frage weiter zu beachten. 

Ähm, Huxi?

"Hey." Sanft legte ich meine Hand unter sein Kinn und drehte seinen Kopf wieder in meine Richtung. "Sieh mich an. Was ist denn passiert, Hux?" 

"Kylo Ren hat entschieden, dass du an drei Tagen in der Woche für den jeweils kompletten Vormittag von deinem Dienst bei mir abgezogen wirst."

"Um was zu tun?" Die Entgeisterung schwang deutlich in meiner Stimme mit.

"Er will dich trainieren." 

What the fuck? Ernsthaft?

Auf meinen skeptischen Blick sprach Hux schnell weiter. "Im Nahkampf. Oder besser gesagt in Selbstverteidigung. Er war der Ansicht, dass du auf Arkania eindeutig zu schlecht abgeschnitten hast."

Schlagartig dämmerte mir die Erkenntnis. Oh fuck, natürlich! Jeder Absolvent der von einer imperialen Akademie abgeht, beherrscht ein Basiswissen in körperlichem Nahkampf. Und in Selbstverteidigungstechniken. Die Erste Ordnung legt Wert auf so etwas. Verdammt, darauf hätte ich schon viel früher kommen müssen. Der Zwischenfall mit Bale hat deutlich meine Defizite in diesem Bereich zutage gefördert. Mist verdammter, eines Tages bricht mir dieser verfluchte gefälschte Abschluss noch das Genick!

"Oh Shit!" Ich musste meine Gedanken noch einmal laut in Worte fassen. Trotzdem saß ich noch immer kopfschüttelnd an Armitages Seite. 

"Das trifft es ziemlich genau, Süße."

"Aber ... du könntest mich doch stattdessen unterrichten!" Noch war ich nicht gewillt, diesen letzten Funken an Hoffnung aufzugeben. 

Hilfesuchend sah ich zu meinem Partner. Aber Armitage zerstörte all meine Euphorie, indem er bedauernd den Kopf schüttelte."Glaub mir Ria, auf diese Idee bin ich selbst auch schon gekommen. Kylo Ren hat sie rigoros abgelehnt."

"Mit welcher Begründung?"

"Mit keiner." 

"Verdammt!" Mit verschränkten Armen sank ich schwer gegen die Sofalehne. "Das darf nicht wahr sein! Aber das heißt dann ja ... ", ruckartig stemmte ich mich vom Sofa auf und wirbelte zu Hux herum, "dass du an diesen Tagen auch auf dich allein gestellt bist, was unsere Aufgabe betrifft!"

"Nur den halben Tag, aber ja. Das heißt es." Armitage angelte nach meiner Hand, um mich auf seinen Schoß zu ziehen. "Komm her, Ria." Einladend breitet mein Partner die Arme aus, damit ich mich an seine Brust kuscheln konnte. 

Bereitwillig folgte ich dieser Einladung, legte meinen Kopf auf seiner Schulter. Ich spürte einen zarten Kuss, der auf meinen Scheitel gehaucht wurde und gab mich für einen Moment ganz diesen Empfindungen hin. Armitage genoss ebenfalls unsere Kuscheleinheit, das spürte ich daran, wie seine Finger in vertrauten Gesten durch meine Haare fuhren. Darin, wie sich seine Arme schützend um mich legten. Und trotzdem konnte er diese Situation nicht abwenden, so sehr wir beide uns das auch wünschten. 

"Ren will dich im Übrigen gleich sprechen. Im Anschluss an meine Besprechung mit ihm. Ich soll dich umgehend zu ihm schicken."

"Er soll warten." 

"Victoria ich ..."

Mein Kuss unterband Hux' Einwand. Für einen Augenblick waren nur wir beide wichtig. Kein Oberster Anführer, kein Befehl, kein Widerstand und keine Erste Ordnung. Nur wir. Armitage und ich.

Mit merklicher Verspätung - was auch meinem ausführlichen Irrlauf geschuldet war- traf ich schließlich vor Rens Quartier ein. Den Thronsaal hatte er nicht bezogen, so wie Snoke vorher. Und auch ein Büro nannte Ren nicht sein Eigen, weswegen ich zwangsläufig dazu gezwungen war, in seinem Quartier aufzuschlagen. Noch bevor ich den Türsensor betätigen konnte um meine Ankunft zu melden, öffnete sich diese schon von selbst. 

Zögerlich trat ich ein und blickte mich verstohlen um. In diesem Zimmer herrschte das reinste Chaos. Überall lagen Kleiderbündel verstreut, lieblos zusammengeknüllt. 

Ist sein Servicedroide kaputt, oder was ist hier los?

"Du kommst zu spät." Kylos Stimme ließ mich aufsehen. 

Ich hatte ihn in der Ecke des Zimmers gar nicht bemerkt, wie er unbeweglich vor einem hohen Regal stand. "Entschuldigung, Oberster Anführer."

"Hat Hux dich aufgehalten? Das würde meinem ausdrücklichen Befehl dich sofort herzuschicken, zuwiderlaufen."

Ich musste gerade stark an mich halten, um nicht die Augen zu verdrehen. Dieser ewige Kleinkrieg. 

"Nein, hat er nicht. Die Schuld liegt bei mir, ich habe mich verlaufen." 

Kylo Ren sah mir skeptisch entgegen. Unglauben sprach aus seinem Blick. Ich wartete schon darauf, dass er weiterbohren würde, aber zu meiner Überraschung beließ er es dabei. "Hat er dir gesagt, weswegen du dich bei mir melden solltest?"

Ich nickte bestätigend. "Ja, hat er." 

"Dein Training beginnt morgen früh", entschied Ren. "Drei Tage die Woche."

"Hast du nichts besseres zu tun, als mich zu trainieren? Ich meine, immerhin bist du der neue Anführer."

"Über meinen Zeitplan musst du dir nicht den Kopf zerbrechen, Ria."

Ich registrierte Kylos Distanziertheit mir gegenüber. Im Allgemeinen wirkte er merklich angespannt, geradezu verkrampft. Wir waren schon einmal lockerer im Umgang miteinander gewesen.

"Außerdem verzögert mein Trainig den Berg an Arbeit, der mit der Versetzung der hier stationierten Personen einhergeht. Wir haben bis jetzt gerade mal einen Bruchteil davon abgearbeitet. Und wenn Hux das jetzt alleine bearbeiten muss dann ..."

Kylos erhobene Hand unterbrach mich. "Auch das ist nicht dein Problem. Ich erwarte dich morgen früh um 0730, in der Trainingshalle."

"Okay." Ohne einen weiteren Gruß eilte ich aus Kylos Quartier. 

Draußen auf dem Gang musste ich erst einmal tief durchatmen. Irgendwie kam mir Kylos Verhalten heute merkwürdig vor, aber ich hatte keinen blassen Schimmer wieso.

Etwas muss vorgefallen sein, innerhalb der letzten vier Wochen. Vielleicht finde ich den Grund beim Training heraus. 

Dann machte ich mich zügig auf den Weg, um Hux wieder bei seiner Arbeit zu unterstützen. 

Den Rest des Tages verbrachten wir damit, uns weiter durch die Berge an Akten zu wühlen. Armitage und ich arbeiteten sehr effektiv zusammen, weshalb wir in der kurzen Zeit auch schon eine so große Zahl an Daten bearbeitet hatten.

In einer kurzen Pause nahm ich mich auch des Versäumnisses an und meldete mich bei Bellava und Tara. Der Ersten von beiden ging es gut, sie wollte mich nur mal wieder persönlich sehen, Tara dagegen wartete schon mit einer etwas längeren Antwort auf. "Victoria, du treulose Frau! Weißt du eigentlich, wie viele Sorgen ich mir um dich gemacht habe? Nichts von dir zu hören in dem Wissen, was mit der Supremacy passiert ist, ich bin bald verrückt geworden. Und das in meinem Zustand!"

Sofort überkam mich ein schlechtes Gewissen. "Es tut mir so leid, Süße. Wirklich. Ich hoffe, wenigstens dir geht es gut. Hier ging alles drunter und drüber. Erst die Zerstörung der Supremacy, dann der Wechsel in der Führungsriege -Kylo Ren ist jetzt der neue Anführer. Und du weißt selbst, wie außerordentlich gut Kylo Ren und Hux miteinander auskommen. Kylo hat Hux kurzerhand für die Zerstörung dieses Schiffes verantwortlich gemacht. Jetzt sitzen Armitage und ich hier und bearbeiten zusammen die Akten der 2.220.000 Besatzungsmitglieder, weil dieses Flaggschiff aufgegeben werden muss. Wir müssen die Versetzung überwachen und koordinieren."

"Ich und das Ungeborene sind wohlauf, danke. Dann stimmt es also, was alle sagen. Snoke ist tot und sein Schüler führt jetzt die Erste Ordnung an. Du Ria, meinst du, ich könnte dir und Hux helfen? Die Akten zu bearbeiten?"

Taras Bitte überraschte mich etwas. "Ich weiß nicht. Eine Person mehr würde uns natürlich auch ein gutes Stück weiterbringen, aber ich muss zuerst Hux fragen."

"Natürlich. Machst du das bitte gleich? Ich gehe mal davon aus, dass ihr gerade zusammen seid."

Äh, okay. 

Zuerst war ich einen Moment verwundert, aber wenn ich genauer darüber nachdachte, dann war ihr Verhalten eigentlich gar nicht mehr so überraschend. Tara hatte mich noch auf der Finalizer gefragt, ob sie nicht ebenfalls für Hux arbeiten könnte, um ihre fortschreitende Schwangerschaft zu verbergen. Ich überschlug die Zahlen kurz in meinem Kopf. Wenn ich nicht völlig daneben lag, dann musste sie jetzt bereits Anfang des 3. Monats sein. Demnach war noch nichts von ihrem Umstand zu sehen, aber das war nur eine Frage der Zeit. 

Ich legte mein Datenpad mit aktiviertem Nachrichtenverlauf kurz auf meinem Schreibtisch ab. "Armitage?"

"Hm?" Hux sah nicht auf, sondern arbeitete konzentriert weiter. Von Pausen hielt er allgemein nicht viel, aber es störte ihn auch nicht, wenn ich mir eine kurze gönnte. 

"Ich schreibe gerade mit Tara. Und ..."

"Wer?" Jetzt blickte er doch zu mir auf. 

Ich seufzte leise. "Tara. Meine Freundin."

"Ah, Miss Milla. Was ist mit ihr?" Armitage lehnte sich in seinem Stuhl zurück und genehmigte sich einen großen Schluck Kaffee. 

"Sie hat mich auf der Finalizer schon etwas gefragt, bevor wir auf die Supremacy gekommen sind. Sie würde gerne für dich arbeiten, wohl auch deshalb, um ihren Zustand irgendwann zu verbergen."

Armitage grummelte irgendetwas unverständliches vor sich hin und rieb sich dabei mit einer Hand über die müden Augen. "Ria, du weißt doch genauso gut wie ich, dass ich in meiner aktuellen Position keine Verfügungsgewalt mehr habe. Ich kann sie nicht einfach von ihrem alten Posten abziehen und ihr einen neuen zuteilen." Zorn schwang in seiner Stimme mit. Hux hatte die bittere Pille die Ren ihm mit seiner kurzzeitigen Degradierung verabreicht hatte, noch immer nicht verdaut. 

Aber ich fühlte mich dafür verantwortlich, Tara eine zufriedenstellende Antwort zu liefern, weshalb ich nach kurzem zögern weiterfragte. "Meinst du Peavey könnte?"

"Vermutlich", lautete die knurrige Antwort.

Nachdenklich starre ich auf die Tischplatte vor mir. Ohne es bewusst zu merken, schoben meine Finger das Datenpad hin und her. "Armitage, wenn wir die Akten zu dritt bearbeiten sind wir schneller. Vor allem jetzt, da ich dir an drei Tagen in der Woche zumindest den Vormittag über nicht mehr helfen kann. Überleg doch mal. Taras Unterstützung wäre ein Gewinn für uns und ihr würden wir damit einen riesigen Gefallen tun. Bitte Hux, lass mich Peavey fragen!" 

Ich sah Armitages Missgunst, dass nicht er derjenige war der diese Entscheidung treffen konnte, so wie sonst üblich. Schnell stand ich auf und lief die paar wenigen Schritte zu seinem Schreibtisch. Meine Hand legte sich auf seine. "Bitte."

"In Ordnung, frag ihn. Ich habe Peaveys Liste mit den Opferzahlen sowieso gerade fertig bearbeitet und alle Verstorbenen aus dem System ausgetragen. Die Akte müsste ihm ohnehin auf die Brücke gebracht werden. Wenn du das miteinander verbinden würdest ...", Armitage stoppte einfach ab. 

Ich wusste, wie schwer ihm dieses Eingeständnis gerade gefallen war, darum beugte ich mich über die Tischkante schnell zu ihm nach vorne. "Du bist ein Schatz!" Als Ausdruck meiner Dankbarkeit gab ich ihm noch einen stürmischen Kuss, den Hux nur zu gerne erwiderte. 

Bevor wir jedoch auf dumme Ideen kommen konnten, löste ich mich relativ zügig wieder von ihm und kehrte an meinen Platz zurück, um Tara zu antworten. "Im Moment kann ich dir leider noch keine abschließende Antwort geben, Tara. Die Entscheidungsfreiheit diesbezüglich liegt im Moment nicht mehr bei Hux. Frag nicht wieso, das erkläre ich dir wenn wir uns sehen. Das würde jetzt den Rahmen sprengen. Ich werde dein Anliegen an zuständiger Stelle vorbringen und dann melde ich mich wieder bei dir, versprochen."

"Ist gut Ria. Danke! Hoffentlich sehen wir uns bald wieder." 

An diesem Abend schaffte ich es nicht mehr zu Peavey, so gerne ich diese offene Frage für Tara auch geklärt hätte. Armitage und ich hatten uns in den letzten Wochen einen gewissen Rhythmus angeeignet, der uns inzwischen vollständig ins Blut übergegangen war. Wir arbeiteten länger über die eigentlichen Bürozeiten hinaus als sonst. Dabei orderten wir uns ein leckeres Abendessen über einen Droiden, welches dann den krönenden Abschluss des Tages bildete, denn sobald das Essen serviert wurde, beendeten wir unsere Arbeit. 

Gemeinsam saßen wir in unserem Schlafzimmer, an das Kopfteil des Bettes gelehnt und gemütlich aneinander gekuschelt. Stimmungsvolles, flackerndes Kerzenlicht war dabei unsere einzige Lichtquelle. So verbrachten wir inzwischen jeden Abend. In stiller, vertrauter Zweisamkeit. 

Auch hier hätte sich sehr oft die Möglichkeit geboten, Hux die Wahrheit zu sagen, aber ich tat es nicht. Mir schossen alle möglichen Ausreden in den Sinn, die Wahrheit noch länger zu verschweigen; er hatte in letzter Zeit schon genug einstecken müssen, ich hatte noch keinen geeigneten Ansatzpunkt gefunden, ich wollte Armitage nicht verlieren usw. Die Liste war endlos. Es war selbstsüchtig von mir, aber dennoch wollte ich unser gemeinsames Glück nicht zerstören. Zumindest im Moment nicht. Und so konnte der Tag harmonisch ausklingen. Indem wir uns aneinander gekuschelt schlafen legten. Indem unsere kleine Welt noch in Ordnung war. Der Tag der Wahrheit würde kommen und er würde weh tun, aber er war noch nicht jetzt.    

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