Kapitel 52 - Gegen jede Vernunft

Ich schlief durch, bis am nächsten Morgen der Weckdienst in Form einer Stationsschwester hereinkam, dir mir das Frühstück brachte. Zu meiner Überraschung hatten keine Albträume meinen Schlaf gestört. Genug Gründe für eine schreckliche Nacht wären allemal vorhanden gewesen. Zuerst die überstandenen Qualen bei Bale und dann die Tragödie, die sich auf dem Flaggschiff des Widerstands abgespielt hatte. Aber scheinbar war mein malträtierter Körper so ausgelaugt, dass er sich die so dringend benötigte Erholung einfach eingefordert hatte.

Behutsam platzierte die Frau das Tablett auf dem Bett, um mir zunächst fürsorglich beim Aufsetzen zu helfen. Etwas desorientiert blickte ich sie an. Irgendetwas fehlt hier. 

"Haben Sie Schmerzen, Miss Deveron?", erkundigte sich die Schwester gerade. 

Ich schüttelte den Kopf. "Nein." Ein Blick zur Seite zeigte mir auch, warum das so war. Jemand musste über Nacht wohl das Schmerzmittel das mir intravenös verabreicht wurde, ausgetauscht haben.

Jetzt weiß ich was fehlt. Oder wer. Hux! Merkwürdig, eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass er gestern noch zu mir zurückkommen würde. 

Scheinbar mussten meine Gedanken deutlich im Gesicht ablesbar sein, da die Stationsschwester in leicht säuerlichem Tonfall eine Antwort lieferte. "General Hux wartet draußen darauf, zu Ihnen vorgelassen zu werden. Er hat zwar äußerst lautstark und extrem energisch dagegen protestiert", die Frau rollte doch gerade allen Ernstes mit den Augen, was mir ein Kichern entlockte, "und dass gestern Abend schon", ein weiterer Blick unter hochgezogener Augenbraue folgte, "aber wir wollten Ihnen die Ruhe gönnen, die Sie brauchen. Und da trägt ein aufgescheuchter Gockel leider weniger dazu bei!"

Oh fuck! Ich war gerade dabei an meinem Kaffee zu nippen, als die Frau diesen Kracher vom Stapel ließ. Natürlich verschluckte ich mich prompt an meinem Getränk. Gefangen in einem Hustenanfall, der sich unglücklicherweise auch noch mit meinem Lachen kombinierte, kapitulierte ich vor der mir dargelegten Situation. Fakt war, dass ich Hux in seinem Eifer gerade bildlich vor meinem inneren Auge sah, wie er versuchte dass Personal zu überreden, ihn zu mir zu lassen. Inklusiver Drohungen, wütendem Geschrei und Fußgestampfe. Oje Hux. 

"Geht es wieder?", behutsam wurde auf meinen Rücken geklopft. 

"Ja. Danke." Ich wischte schnell die Tränen aus den Augenwinkeln, bevor ich zu der Stationsschwester aufsah. "Würden Sie den General bitte zu mir lassen?"

Die Frau taxierte mich skeptisch und schien zu überlegen, ob sie mir meinen Wunsch gewähren sollte. "Nun gut, einverstanden. Aber", sie hob mahnend den Zeigefinger, "wehe, wenn er schon wieder Anstalten macht, Sie mitzunehmen. Seinen Kaffee kann er sich mit Sicherheit auch alleine organisieren, dazu braucht er Sie nicht aus dem Bett zu zerren!"

Wieso kommt mir das so bekannt vor? Ich seufzte unhörbar. 

"Sie gehören unter ärztliche Aufsicht und nicht schon wieder in den Dienst gestellt", wetterte die Frau weiter. Scheinbar hatte sich Hux keine Pluspunkte bei ihr gesammelt. Leise vor sich hinmurrend, lief sie geradewegs zur Tür. So wie diese geöffnet wurde, stürmte Hux mit wehendem Mantel in mein Zimmer. 

"Raus jetzt!", blaffte er die Frau im Vorbeigehen an. Mit der behandschuhten Hand deutete er nachlässig über seine Schulter. "Lassen Sie uns allein!"

Mein Blick huschte zwischen ihm und der Frau hin und her. So hatte ich auch eine ungehinderte Sicht auf sie, als sie dem General hinter seinem Rücken die Zunge rausstreckte.

Nicht lachen Ria. 

"Victoria! Wie geht es dir? Dieses unfähige Personal hier wollte mich partout nicht zu dir lassen!", entrüstete sich mein Partner, sobald wir ungestört waren. "So eine maßlose Frechheit", brummte er weiter. Da Hux allerdings schon bei mir angekommen war, beugte er sich rasch vor um mir einen langen Kuss zu geben, womit sein Redeschwall unterbrochen wurde. Wenn auch nur kurzzeitig. "Hast du Schmerzen?"

"Nein, ich werde hier gut versorgt."

Armitage schnaubte abfällig, dann setzte er sich auf die Bettkante neben mich. "Ich wollte dich heute Nacht nicht alleine lassen. Konntest du wenigstens etwas Ruhe finden?" Hux strich mir eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn. In seinem Gesicht sah ich die Anspannung, als er auf meine Antwort wartete. 

"Überraschenderweise habe ich geschlafen wie eine Tote. Keine Albträume, nichts", erwiderte ich, bevor ich einen großen Bissen von meinem Frühstück nahm. Die Wunden an meinen Wangen spannten dabei ein wenig, aber es war auszuhalten. 

Schlagartig schoss mir ein anderer Gedanke durch den Kopf. Es konnte durchaus sein, dass ich aufgrund meiner Verletzungen noch länger hier stationiert wäre und damit zur Untätigkeit verdammt sein würde. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag. Wie soll ich diese schrecklichen, belastenden Gedanken aus meinem Kopf halten, wenn ich den ganzen Tag untätig hier im Bett sitzen muss? Da ist es ja praktisch schon vorprogrammiert, dass sich meine Überlegungen nur um die Folter bei Bale und den Tod von Leia drehen werden.

"Armitage, hat der Arzt dir gegenüber etwas geäußert, wie lange ich auf der Station bleiben muss?", fragte ich zaghaft nach. Um ehrlich zu sein, war ich etwas nervös wegen der Antwort.

Doch Armitage wäre nicht er selbst, wenn er meine unterschwellige Angst nicht sofort bemerken würde. "Noch nicht, nein. Deine Operation war aber auch erst gestern, ich könnte mir vorstellen, dass du mit Sicherheit noch etliche Tage hier bleiben musst um ...", er unterbrach sich sofort als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte. 

ETLICHE TAGE? Oh bitte nicht!

Das Gerät, das meine Herzfrequenz überwachte gab mittlerweile ein schrilles Piepsen von sich, gleichauf im Takt mit meinem rasenden, hektischen Herzschlag.

"Ria, was ist denn?" Sanft umfasste er meine Hand und begann damit, beruhigende Kreise auf meiner Haut zu malen. Hux konnte nicht verbergen, dass sein Blick kurzzeitig zu dem Gerät huschte.

"Ich ... ich möchte nicht alleine hier bleiben. Wie soll ich denn die Gedanken an das Geschehene von mir fernhalten, wenn ich zum Nichtstun verdammt bin?" Ich hasste es, wenn meine Stimme so hilflos klang. Fast schon weinerlich.

"Ich würde dir etwas zum Bearbeiten vorbeibringen, damit du mich unterstützen kannst", bot er mir an. 

Nachdrücklich schüttelte ich den Kopf. "Das reicht nicht!"

Armitage betrachtete mich eindringlich mit seinen grünen Augen. "Es wäre wirklich vernünftiger, wenn du noch hier auf der Station bleibst. So kann der Arzt schneller bei dir sein, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist."

"Bitte!", flehte ich. Krallte meine Hände fester um seine. "Nimm mich mit! Ich will nicht alleine bleiben!"

Armitage seufzte laut hörbar. Mir war bewusst, dass meine Bitte sehr stark an seiner Vernunft nagte. Ich konnte ihm seinen innerlichen Kampf förmlich ansehen, wie er dass Für und Wider genauestens gegeneinander abwog. Es war zwar alles andere als fair von mir, aber ich spielte meine letzte Trumpfkarte geschickt aus. 

"Bitte Armitage! Ich will nicht ohne dich hier auf Snokes Schiff sein." Damit hatte ich ihn. Zielsicher ausmanövriert wie man so schön sagte. 

 "Das musst du auch nicht." Vorsichtig nahm er mich in seine Arme, berührte meinen Rücken dabei allerdings nur zaghaft, um mir nicht noch mehr weh zu tun. Mein Frühstück stand vergessen neben uns. "Ich kann deinen Wunsch verstehen, meine Süße", flüsterte er ganz nah bei mir. "Und wenn ich ehrlich bin, hätte ich dich auch lieber an meiner Seite. Ich habe mir geschworen, dich nie wieder aus den Augen zu lassen." 

Erleichterung durchflutete mich, als ich seine Worte hörte. Dankbar lehnte ich meinen Kopf an seinen und atmete den mir mittlerweile so vertrauten Hux-Duft in tiefen Zügen ein. Die belastenden Gedanken umkreisten meinen Verstand, darauf lauernd, mich mit ihrer bloßen Gegenwart zu quälen. Um meine Erinnerung mit Gewalt zu Bale zurückzuzwingen. Energisch schleuderte ich diese unschönen Erlebnisse weit von mir weg und vergrub meine Nase noch tiefer an Armitages Hals. Er riecht so unglaublich gut. 

Dummerweise wurden all meine Vitalfunktionen permanent von Monitoren und Geräten überwacht, daher war es auch nicht weiter verwunderlich, dass im nächsten Moment der Stationsarzt mit großen Schritten in mein Zimmer gestürmt kam, gefolgt von einer Assistentin. Armitage ließ schnell wieder von mir ab und rückte in einige Distanz zu mir. Trotzdem hatten die beiden Neuankömmlinge unsere Vertraulichkeit miteinander angesehen, die ganz und gar nicht dem Verhalten eines Generals seiner Assistentin gegenüber angemessen war. Doch falls der Mediziner daran Anstoß nehmen sollte, ließ er sich zumindest nichts davon anmerken. Die Frau begnügte sich damit, Hux mit bösen Blicken aus dem Hintergrund zu beschießen. 

"Ich muss Ihnen sicher nicht mitteilen, dass Aufregung in Ihrem Zustand alles andere als förderlich ist", belehrte mich der Mann, währenddessen er einige Eingaben an dem Monitor vornahm. 

"Nein. Das ist mir bewusst."

"General, wenn Sie bitte kurz vor der Tür warten würden?", wandte sich der Stationsarzt an Hux, "dann kann ich Miss Deverons Visite für heute morgen abschließen."

Ein schneller Blick zu Armitage zeigte mir, dass er kurz davor war, zu widersprechen. Doch dann besann er sich eines besseren. "Natürlich. Im Anschluss verlange ich allerdings, dass Sie meiner Assistentin eine hochdosierte Bacta-Kalin-Injektion geben." Er warf einen entschuldigenden Blick in meine Richtung. Hux wusste nur zu gut, dass ich mit Nadeln nicht besonders gut kompatibel war. Trotzdem sprach er weiter. "Nach meinen Informationen wäre das die Beste Therapie für ihr durchschossenes Kniegelenk und würde die Heilung um ein vielfaches beschleunigen."

Der Arzt nickte nachdenklich. "Wohl wahr, aber auch die kostenintensivste." 

"Das ist unerheblich!", warf Hux dazwischen. "Die Kosten dafür trage ich. Ich brauche meine Assistentin so schnell wie möglich wieder an meiner Seite. Könnte Miss Deveron danach wieder entlassen werden?" 

"Unter Vorbehalt", gab der Mann widerwillig zu. "Sie müssen sich auf jeden Fall noch schonen", erklärte er an mich gewandt. 

"Natürlich." Meine Hoffnung nicht alleine bleiben zu müssen katapultierte sich gerade in die Höhe. 

"Wären Sie mit der Methode von General Hux einverstanden?", hakte er weiter nach.

Mir bleibt ja nichts anderes übrig, wenn ich so schnell wie möglich hier weg will. Zustimmend nickte ich. 

"Sie geben mir Rückmeldung, wann die Behandlung abgeschlossen ist?", schaltete sich der General noch einmal in das Gespräch mit ein. 

Mein Kopf ruckte in seine Richtung. Er lässt mich dabei allein?!!!

Armitage bemerkte meinen leicht panischen Gesichtsausdruck. In einer mitfühlenden Geste legte er mir sanft seine Hand auf die Schulter. 

"Sie können Ihre Assistentin in einer Stunde anholen. Bis dahin dürften wir fertig sein." 

Schwester und Arzt tigerten davon um alles für meine Behandlung zu richten. Aufgeschmissen sah ich zwischen Hux und den anderen Personen hin und her, bevor mein Blick endgültig an Armitage hängen blieb. Mit den Lippen formte ich lautlos seinen Namen, um die Aufmerksamkeit des arbeitenden Personals nicht wieder auf uns zu ziehen. Armitage drückte meine Schulter ein wenig fester. "In einer Stunde hole ich dich ab", flüsterte er mir zu. 

"Kannst du nicht bleiben?"

Hux kam zu keiner Antwort mehr, da der Stationsarzt gerade wieder neben das Bett getreten war, wobei er meinem Partner einen aussagekräftigen Blick zuwarf, dass er jetzt besser gehen sollte. Armitage nickte ihm knapp zu. "Bis später, Victoria." In einer Geste des Mitgefühls drückte er meine Schulter noch einmal fester, dann ging er.

Um mir meine Beklemmung nicht anmerken zu lassen, richtete ich mein Augenmerk direkt auf den Arzt. "Was genau ist diese Bacta-Kalin-Injektion?" 

"Wenn Sie mir bitte Ihren Rücken zudrehen und sich auf den Bauch legen würden? Ich erkläre Ihnen alle Details während der Untersuchung."

Gehorsam kam ich seiner Aufforderung nach. Kühle Luft streifte meine nackte Haut, als die Verbände von meinen Verletzungen genommen wurden. Fingerspitzen fuhren prüfend die Konturen der Wunden nach, ab und an einen leichten Druck ausübend. Panik machte sich in mir breit, als der Mediziner die Striemen an meinem Hintern untersuchte. Krampfhaft presste ich meine Augenlider zusammen.Ganz ruhig, Ria! Er ist nicht Bale! Verdammt, warum um alles in der Galaxis hat Armitage unbedingt gehen müssen?

"Haben Sie Schmerzen dabei?"

"Etwas", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich würde ihm nicht sagen, wie sehr diese vorsichtigen Berührungen schon weh taten, immerhin wollte ich so schnell wie möglich weg von der Station. Etwas eiskaltes wurde auf meinem Rücken und Gesäß verteilt und verursachte dabei einen leichten Schauer, der mir über die Haut rieselte. Ich musste gerade den starken Drang mich zu schütteln, unterdrücken. 

"Wenn Sie diese Wunden jeden Tag gründlich mit Bacta-Gel behandeln, werden schon bald keine sichtbaren Spuren mehr zurückbleiben. So, fertig", drang die Information an mein Ohr. Die frischen Verbände wurden gewissenhaft aufgelegt. Anschließend zupfte ich den Kittel schnell wieder über meinen Körper und rollte mich auf die Seite. "Die Behandlungsmethode die Ihr Vorgesetzter empfohlen hat ist ein Gemisch aus dünnflüssigem, hoch dosiertem Bacta-Gel. Darin sind Kalin-Fasern enthalten, ein Knochenaufbaumaterial, welches eine sehr gute Verträglichkeit aufweist. Allerdings muss die Lösung direkt an und auch um den beschädigten Knochen und das umliegende Gewebe injiziert werden."

Ich erblasste merklich. Mir wird schlecht. Was zum Schwarzen Loch hat Armitage da vorgeschlagen? 

"Ist das ... wird das weh tun?" Sogar meine Stimme zitterte merklich. 

Der Mann nickte bestätigend. "Am Kniegelenk ja. Das wird nicht angenhem werden."

Fuck! Kapitulierend ließ ich mich in die Kissen zurückfallen, bereute meine Handlung jedoch sofort wieder, als meine frisch verbundenen Verletzungen Kontakt mit dem Bett machten. Scharf zischend sog ich die Luft mit einem lauten, "Oh Shit!", ein, was dem Arzt ein wissendes Grinsen und der Schwester ein unterdrücktes Schnauben entlockte. "Doch nicht ganz so schmerzfrei wie zunächst behauptet", stichelte die Assistentin aus dem Hintergrund.

Ungeduldig saß ich mittlerweile in eine Ersatzuniform gekleidet auf dem Bett. Die Stationsschwester war so freundlich gewesen, mir eine in passender Größe von einem Droiden vorbeibringen zu lassen und mir auch noch beim Anziehen zu helfen. Die vorangegangene Behandlung hatte ich auch nur mit ihrer seelischen und moralischen Unterstützung überstehen können. Wobei ich mich im Nachhinein wegen ihrer zerquetschten Finger mehrfach entschuldigen musste. Aber verdammt, diese beschissene Injektion hatte einfach verdammt weh getan und mich nahe an den Rand des Erträglichen gebracht. Deswegen würde Armitage von mir auch noch einige Takte zu hören bekommen. 

Inzwischen war der Schmerz in meinem Knie fast vollständig verebbt und hatte einer unangenehmen, kribbelnden Hitze Platz gemacht. Laut Arzt eine normale Reaktion, da sich die Kalin-Fasern in einer chemischen Reaktion sofort an die Arbeit machten. Eine Schiene musste ich trotzdem noch tragen und auch ein leichtes Humpeln würde mich noch ein paar Tage lang begleiten. Aber wenn die Behandlung in vier Tagen erfolgreich abgeschlossen sein würde, wäre ich wohl in der Lage, absolut schmerzfrei und ohne Probleme mein Kniegelenk wieder zu belasten. Als ob niemals etwas vorgefallen wäre. 

Nachdenklich schaute ich auf mein immer noch unbrauchbares Datenpad. Nachdem Bale den Speicherchip entfernt hatte, war noch kein neuer eingesetzt worden. Demnach konnte ich Armitage, der inzwischen überfällig war auch nicht kontaktieren. Irgendetwas muss ihn aufgehalten haben. Ungebeten schoss mir die Erinnerung an die Neuigkeit den Widerstand betreffend in den Sinn. Meine Freunde sind ohne Führung. Ohne den unerschütterlichen Glauben, den Generalin Organa immer ausgestrahlt hat. Sie hat ihnen allen Hoffnung gegeben. Uns allen. Ich korrigierte mich rasch, denn auch ich war immer noch ein Teil des Widerstands. 

Schwermut überrollte mich, weswegen ich seufzend den Kopf auf meine Handfläche sinken ließ. Die langen schwarzen Haare fielen wie ein Vorhang über meine Schultern nach vorne.Vielleicht ... sollte ich zurückkehren? Meine Mission hier beenden. Aber ... dadurch würde ich Armitage zurücklassen und ihm das Herz brechen. Aber wenn ich das Risiko eingehe und ihm offenbare wer ich wirklich bin, welcher Seite meine Loyalität eigentlich gilt, dann besteht dadurch ein ebenso großes Wagnis. Es ist wirklich nicht zu weit hergeholt, dass Armitage mich dann endgültig von sich stößt. Welche Konsequenzen dass dann für mich als Person nach sich zieht, will ich mir lieber gar nicht erst vorstellen. Vermutlich wird die Zeit bei Bale dagegen die reinste Erholung sein. Die Erste Ordnung geht mit gefangenen Spionen alles andere als sorglich um. 

Es war zum Haare raufen. Ich konnte mir einfach nicht sicher sein, wie Armitage auf diese Ankündigung von mir reagieren würde. Nun, untätiges herumsitzen bringt mich nicht weiter. Entschlossen stemmte ich mich vom Bett hoch. Am Anfang war ich zwar noch etwas wackelig auf den Beinen und in meinem Kopf drehte sich alles, doch diese unangenehmen Empfindungen ebbten schnell wieder ab. Um mein Knie zu schonen, bewegte ich mich nur langsam und humpelnd vorwärts, eine Hand immer an der Wand zu meiner Rechten abgestützt.

"Entlassen Sie sich gerade selbst?", erklang eine Frage hinter mir, als ich mich gerade durch den Flur der Krankenstation mühte. Mit schnellen Schritten hatte die Stationsschwester zu mir aufgeschlossen und blieb an meiner Seite stehen. Bedachte mich von Kopf bis Fuß mit ihrem kritischen Blick. 

"Ich dachte, meine Entlassung wäre beschlossene Sache?", rechtfertigte ich mich. "Außerdem wollte ich nicht länger auf General Hux warten. Ich brauche etwas zu tun."

"Was Sie vor allem anderen brauchen, ist Ruhe!" Die Frau war unerbittlich. 

"Das werde ich einhalten, so gut es mir möglich ist. Und ... danke. Für Ihren Beistand." Ich schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln, was sie nach kurzem zögern erwiderte. Wir verabschiedeten uns voneinander, bevor jede wieder ihrer eigenen Wege ging und sich den jeweiligen Pflichten zuwandte.

 
Auf den Fluren der Supremacy stand ich vor einem neuerlichen Problem, bestehend aus den gigantischen Dimensionen dieses Schiffes, meiner unterirdischen Orientierungsfähigkeit und dem defekten Datenpad, das aktuell nicht im Stande war, mir die Funktion für Dumme zur Verfügung zu stellen. Seufzend stand ich aufgeschmissen in dem penibel sauberen Gang mit dem schwarzen Boden und den Chromelementen zu beiden Seiten an den Wänden. 

Daran hätte ich wirklich etwas früher denken können. Schöner Mist, was mache ich denn jetzt? 

Ein weiteres Problem bestand in der Tatsache, dass ich ohne Bewusstsein gewesen war, als Kylo Ren mich hier abgeliefert hatte. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, die ich nach dem Weg hätte fragen können. Gezwungenermaßen setzte ich meinen Weg fort, ohne genau zu wissen, wohin ich gehen musste. Nachdem ich die nächste Ecke in Angriff genommen hatte, sah ich weiter vorne im Gang einen schwarz uniformierten Mann entlanglaufen. Schnell hatte ich ihn mit einem Ausruf auf mich aufmerksam gemacht. Ich hatte genug Zeit den Mann zu beobachten, als er näher auf mich zugelaufen kam. Vom Rang her war er ein Lieutenant, also war ich ihm übergeordnet. Trotzdem bemerkte ich, wie er mein nicht vorschriftsmäßiges Äußeres genauestens abscannte. Die offenen Haare und mein kaum zu übersehendes Humpeln. Zu spät fiel mir ein, dass meine geliehene Dienstuniform keinerlei Rangabzeichen aufwieß. 

"Lieutenant. Sagen Sie mir, wie ich den Weg zu Hauptkommandobrücke finde." 

"Woher kommen Sie?", hakte er lauernd nach.

"Von, geht Sie verdammt nochmal überhaupt nichts an!", wieß ich ihn energisch zurecht. Diese barsche Antwort war für meine Verhältnisse recht untypisch, was aber daran lag, dass sich ein neuerlicher Schwächeanfall ankündigte. Die Wände begannen gefährlich zu schwanken und mein geschwächter Körper teilte mir in aller Deutlichkeit mit, dass ich seiner Meinung nach eindeutig schon zu lange auf den Beinen war. Der Mann vor mir verschloss sich sichtlich und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. 

"Meinetwegen." Damit setzte ich meinen Weg fort. 

"Stehenbleiben! Nennen Sie mir sofort Ihren Namen und Dienstgrad!" Der Lieutenant versperrte mir mit seinem ausgestreckten Arm den Flur. Erbost funkelte ich ihn an. 

Doch bevor ich zu einer Antwort ansetzen konnte, schallte Hux' Stimme durch den Flur. "Treten Sie zur Seite!"

Salutierend gehorchte der Mann und gab meinen Blick auf Armitage frei. Dieser kam mit schnellen Schritten herbeigeeilt und baute sich ohne zu zögern an meiner Seite auf. "Was tun Sie hier, Miss Deveron? Ich habe Ihnen mitgeteilt, dass ich Sie auf der Station abholen werde."

Sie? Was zum ...? Achso. Armitage und ich hatten ja noch gar nicht wirklich die Möglichkeit, unsere Täuschung angemessen auszuspielen. Ich hatte das Gefühl, dass mein Gehirn gerade langsamer funktionierte. 

"Verzeihung General Hux. Ich ... wurde vorzeitig entlassen und wollte mich zum Dienstantritt zurückmelden." Ich blickte hinauf in Armitages grüne Augen, die voller Zuneigung auf mich herabsahen. 

 Der Lieutenant räusperte sich verlegen und brachte eine angemessene Entschuldigung vor, dann kratzte er eilig die Kurve. So wie wir beide alleine waren, ließ Hux die Maske umgehend fallen. "Victoria! Was machst du hier?"

"Ich wollte zu dir auf die Hauptbrücke. Aber ... mein Datenpad ist noch funktionsunfähig und ... ich kenne den Weg nicht", bekannte ich ehrlich zerknirscht. Im Nachhinein kam mir meine Idee alleine durch die Supremacy zu irren, noch bescheuerter vor. Verlegen senkte ich den Blick. Urplötzlich erfasste eine Welle aus Schwindel, kombiniert mit einem Schwächegefühl meinen Körper. An den Rändern meines Sichtfeldes ballte sich eine alles verschlingende Dunkelheit zusammen. Ich registrierte erst dass ich bedrohlich schwankte, als Armitage seine Hände fest um meine Oberarme schloss, um mich so am Umkippen zu hindern.

"Victoria! Verdammt, es war absolut leichtsinnig von dir, ohne Begleitung hier herumzulaufen!" Armitage wirkte sehr aufgebracht.

"Ich wollte einfach nur zu dir. So schnell wie möglich." Matt sank ich gegen seinen warmen Körper. Kuschelte mein Gesicht an seiner Schulter ein. Und nahm ihm somit den Wind aus den Segeln, denn mir war bewusst, dass Hux mir nach so einer Erklärung nicht lange böse sein würde. Wenn er es denn überhaupt gewesen war.

"Meine Ria", flüsterte er leise über meinem Kopf. Hux ließ es einen Moment lang zu, dass wir aneinander gekuschelt dastanden, bevor er mich sanft aber bestimmt von sich schob. Dann stützte er mich mit seinem Arm ab, damit wir gemeinsam den hoffentlich nicht so langen Weg in Richtung Brücke einschlagen konnten.

"Es ist nicht weit", beantwortete Hux meine unausgesprochene Frage. 

"Das sagst du nur, um mich zu beruhigen."

"Stimmt. Ich kann dich auch in meinem Quartier abliefern."

"Nein, kannst du nicht. Ich will mit auf die Brücke."

"Kleiner Sturkopf!", murmelte Armitage neben mir.

"Ich kann dich hören, Huxi", informierte ich ihn sarkastisch.

"Das solltest du auch hören." Mit einem Lächeln nahm er seinen Worten die Schärfe. "Aber um ehrlich zu sein, habe ich dich auch lieber an meiner Seite. Dann kann ich dich besser im Auge behalten." 

Ich lehnte meinen Kopf an seiner Schulter an, da außer uns beiden gerade niemand in diesem Teilstück des Flures war und unseren vertraulichen Umgang miteinander sehen konnte. Armitage blieb sofort stehen, um mir die dringend benötigte Atempause zu geben. "Geht es wieder?", fragte er nach einiger Zeit fürsorglich nach. In seiner Stimme schwang ein besorgter Unterton mit. 

"Ja. Mach dir nicht so viele Sorgen, wir können weiter."

Armitage gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor wir unseren Weg fortsetzten.

Die Schleuse zur Kommandobrücke schloss sich zischend hinter uns. Armitage hatte sich standhaft geweigert mich loszulassen, sodass ich hinter ihm auf die Brücke humpeln konnte. Jeglichen Einwurf meinerseits hatte er schlichtweg nicht gelten lassen. Und so kam es, wie es unweigerlich kommen musste; die Aufmerksamkeit der arbeitenden Besatzung richtete sich auf den General und mich. Sie verfolgten genau, wie der rothaarige Mann mich abstützte und nach vorne in Richtung Sichtfenster führte. 

Kapitän Peavey reagierte umgehend und kam uns entgegen. "Miss Deveron, Sie wollen mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass Sie schon wieder zum Dienst antreten." Entgeistert huschte sein Blick über meine gesamte Erscheinung.

"Sie hat sich nicht davon abbringen lassen", erklärte Hux, während er mich weiterführte. Inzwischen stützte ich mich immer schwerer auf seinen Arm, was ihm mit Sicherheit nicht verborgen blieb. "Gleich kannst du dich setzen", flüsterte er mir aus dem Mundwinkel heraus zu. 

Peavey überholte uns schnell und zog einen unbesetzten Stuhl an einem Terminal weg. Dankbar sank ich leise seufzend darauf. Es war eine unglaubliche Erleichterung mein verletztes Knie endlich entlasten zu können. 

"Kleiner Sturkopf!", wiederholte Hux erneut. 

Peavey nickte bestätigend. "In der Tat."

Ich lächelte die beiden müde an. Die harte Lehne des Stuhls drückte unangenehm in meine Verletzungen, aber ich würde jetzt nicht zugeben, dass es wirklich besser gewesen wäre, sich hinzulegen. Nicht jetzt, wo ich meinen Willen endlich durchgesetzt hatte. Stattdessen schweiften meine Augen noch einmal über diese gigantische Brücke, bevor sie an den einzig hellen, weit entfernten Lichtpunkten in der unendlichen Dunkelheit des Alls hängen blieben. Am letzten Schiff, das von der Widerstandsflotte übrig geblieben war. 

Die Raddus. Leias Flaggschiff. Ein enger Knoten schnürte meinen Hals zu als ich an sie dachte. Leia. Wer führt den Widerstand jetzt an? Wer hat den Angriff überlebt und wer nicht? Das waren Fragen, auf die ich im Augenblick keine Antwort bekommen würde.

"Victoria?" Armitages Stimme lenkte mein Augenmerk wieder zurück in die Gegenwart. 

Fragend blickte ich zu ihm hinauf. Zu dem Mann, in den ich mich unwiderruflich verliebt hatte. Dem mein Herz gehörte. Ein kleines Lächeln zupfte meine Mundwinkel nach oben, als er mir einen dampfenden Becher Kaffee hinhielt. "Danke."

Hux legte seine Hand auf meine Schulter, dabei schirmte er diese vertrauliche Berührung mit seinem Rücken vor den Blicken der anderen ab. In seinen Augen stand so viel Glück, Zufriedenheit und Erleichterung, mich wieder hier an seiner Seite zu haben. Zwar nicht unverletzt, aber lebendig. Uns beiden war klar, dass die Situation bei Bale auch anders hätte ausgehen können, was diese kleinen Momente der Vertrautheit zwischen uns noch kostbarer machte. 

"Bist du in der Verfassung, mich ein wenig bei meinen Aufgaben zu unterstützen, Ria? Es sind etliche Akten liegen geblieben, die unbedingt bearbeitet werden müssen."

"Ja. Deswegen bin ich doch hier. Nur ... in meinem Datenpad fehlt noch immer der Speicherchip."

"Ah. Den hatte ich fast vergessen. Hier." Ein Griff in seine Manteltasche zauberte den besagten Gegenstand hervor. 

Ich nahm den Chip aus seiner geöffneten Hand und baute ihn zügig in mein Pad ein. Während das Gerät einen Neustart durchlief, nippte ich weiter an meinem heißen Kaffee. Ein leiser akustischer Signalton erklang, als der Durchlauf abgeschlossen war, gefolgt von etlichen neu eingehenden Nachrichten.

"Ach du liebe Zeit." Verblüfft starrte ich auf den Bildschirm. 

Armitage beugte sich näher, um mit mir einen Blick auf die Anzeige werfen zu können. "Wer will so dringend etwas von dir?"

Zu spät fiel mir ein, das Gerät zur Seite wegzudrehen, um Hux den Blick zu verwehren. Aber, diese Geste hätte sicherlich Fragen aufgeworfen. Zu meiner Erleichterung war keine Nachricht von Kimura dabei. Wie ich eine private Anfrage von ihm vor Armitages wachsamem Blick rechtfertigen sollte, war mir gerade absolut schleierhaft. Nochmal Glück gehabt! Erleichtert atmete ich aus.

"Das sind Nachrichten von Bellava und Tara", antwortete ich, nachdem ich mir einen groben Überblick verschafft hatte. Entschlossen mich erst später darum zu kümmern, wischte ich die Nachrichten schnell zur Seite. "Okay, ich bin soweit. Schick mir die Akten zu." 

 Armitage tätigte eine kurze Eingabe in seinem Gerät, bevor er es an seinem Gürtel einhakte. "Aber ...", hob er zu sprechen an, "wenn irgendetwas ist, dann möchte ich, dass du mir sofort Bescheid sagst. Wenn du nicht mehr weiterarbeiten kannst, weil die Schmerzen zu stark werden. Dann bringe ich dich sofort zurück in dein Quartier."

Er macht sich solche Sorgen. Wie süß. 

"Ria?", fragte Hux etwas strenger nach.

"Ja, versprochen." 

Armitage taxierte mich noch einen Augenblick mit seinen grünen Augen, bevor er sich umdrehte um zu den Kapitänen Peavey und Yago zu gehen, die sich in der Nähe leise berieten.

Die Zeit verging unglaublich schnell, auch schon allein aus dem Grund, weil Hux mir einen Berg an Arbeit zugeschickt hatte. Er hatte nicht untertrieben mit seiner Behauptung, dass etliche Berichte liegen geblieben waren. Etwas Gutes hatten diese Unmengen an Arbeit aber dennoch. Viele der von mir abgearbeiteten Daten beinhalteten den bisherigen Verlauf der Jagd auf den Widerstand. So konnte ich das Wissen für mich verbuchen, dass die Terminals auf der Supremacy gewissenhaft aufgezeichnet hatten. Zum Einen erfuhr ich, dass von jedem Schiff welches bisher von der Ordnung zerstört worden war, viele kleinere Transportshuttles losfliegen konnten. Die Besatzung hatte sich also rechtzeitig auf die Raddus retten können. Doch damit wendete sich das Blatt auch schon wieder. Da mittlerweile die Raddus der einzige verbliebene Kreuzer war, befanden sich jetzt die letzten Reste des Widerstands auf genau diesem einen Schiff. Inklusive Supremacy und 30! weiteren Sternenzerstörern der Resurgent-Klasse, wie der Finalizer im Schlepptau. 

Schöne Scheiße.

Der nächste Bericht führte mir die Ausweglosigkeit der Rebellen nur noch deutlicher vor Augen. Scheinbar fuhren sie anhand der Berechnungen nur noch mit minimalen Treibstoffreserven. Die Erste Ordnung war davon nicht betroffen, da mit der Supremacy der mobile Kommandositz von Snoke genügend Rohstoffe mit sich führte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis dem Widerstand keine Optionen mehr bleiben. Und dennoch machten sie weiter. Behielten unbeirrt ihren Kurs bei. Nachdenklich starrte ich aus dem Sichtfenster, ohne bewusst irgendetwas wahrzunehmen. 

Das tun sie nicht grundlos. Irgendjemand verfolgt einen Plan. Für einen langen Sprung durch den Hyperraum reicht ihnen der Treibstoff nicht mehr und selbst wenn sie das tun würden, wäre die Erste Ordnung immer noch in der Lage, ihre Route durch aktive Hyperraum-Ortung zu erfassen und erneut die Verfolgung aufzunehmen. 

"Miss Deveron?" 

Eine unbekannte Stimme riss mich aus meinen Überlegungen. Neugierig wandte ich den Kopf zur Seite. Ein junger Mitarbeiter der Brückencrew war neben mir stehen geblieben. Seinem Aussehen nach kam er wahrscheinlich frisch von der Akademie, womit er sich vom Alter her irgendwo Mitte 20 befinden musste. Er wirkte leicht verlegen, als er mir einen neuen, dampfenden Becher hinhielt. 

"Ich habe mir erlaubt, Ihnen noch einen Kaffee mitzubringen. Sie sehen erschöpft aus." Eine leichte Röte überzog seine Wangen, wogegen die Ohren bereits in einem leuchtenden Signalrot glühten und auf vorzügliche Weise aus den blonden Haaren hervorblitzten.

"Vielen Dank." Freundlich lächelnd ergriff ich die Tasse und brachte den Mann vor mir damit nur noch mehr zum Erröten. 

Oje. Ich verkniff mir ein Lachen, weil es den armen Kerl vermutlich noch mehr verunsichert hätte. 

"Auf der Brücke haben wir gehört, was mit Ihnen passiert ist. Dass Sie gegen Ihren Willen ... versetzt wurden."

"Taktvoll formuliert. Das Ergebnis sehen Sie ja."

Der Mann beobachtete mich mit großen Augen. Unmerklich schielte ich zur Seite, in Richtung Hux. Ihm musste sicherlich aufgefallen sein, dass sich ein neuer Gesprächspartner zu mir gesellt hatte. Volltreffer. Armitage erschießt den Mitarbeiter von seinem Platz aus mit Blicken.

"Sie sind sehr tapfer, Miss und ... ich darf Ihnen auch vonseiten der Brückenbesatzung ein Lob aussprechen. Vielleicht ... wenn ich irgendetwas für Sie tun kann", druckste der junge Mann vor mir herum. 

Stumm, mit erhobener Augenbraue sah ich zu ihm auf. Oh nein. Er bewegt sich ohne es zu wissen, auf SEHR dünnem Eis. 

"Können Sie nicht, aber danke. Das Lob der Mitarbeiter nehme ich sehr gerne an", wieß ich ihn in seine Schranken. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine sich schnelle nähernde Bewegung von etwas dunklem wahr.

Okay, Armitage ist auf dem Weg. Der Anschiss ist sowas von garantiert in drei ... zwei ... eins ... jetzt!

Hux baute sich bedrohlich dicht neben dem Mann auf. "Was wird dass hier, wenn Sie fertig sind? Sie behindern meine Assistentin bei ihrer Arbeit." Seine Stimme klirrte vor Kälte. 

Ich konnte ihm den mühsam unterdrückten Zorn förmlich anhören. Aber es war auch nicht weiter verwunderlich, dass Armitage keine Toleranz einem solchen Verhalten gegenüber zeigte. Nicht nach allem, was mir bei Bale widerfahren war. 

"Entschuldigung, General. Ich ... wollte ihr nur ... einen Kaffee bringen", versuchte er sich an einer Rechtfertigung. Der junge Mann wand sich in sichtlichem Unbehagen unter Hux' eisigem, unerbittlichem Blick. 

Armitage verengte die Augen noch weiter zu Schlitzen. "Das wäre dann ja erledigt und jetzt, verschwinden Sie. Kehren Sie sofort wieder auf Ihren Posten zurück!"

"Sehr wohl, Sir!", salutierte er eilig. "Miss Deveron." Ein schneller Blick in meine Richtung folgte. "Falls Sie sich mein Angebot noch einmal ..."

Oh nein! Bei allen Galaxien, er kann doch nicht allen Ernstes in Anwesenheit des Generals erneut auf dieses Thema zu sprechen kommen! 

Mit großen Augen sah ich zu dem jungen Mann auf, dann wanderte mein Blick weiter zu Armitage. Nicht gut! 

"SOFORT!", giftete Hux ihn an. 

Er hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt, doch ich würde jede Wette eingehen, dass er sie zu Fäusten geballt hatte. Der junge Mann verlor mit einem Schlag jegliche Gesichtsfarbe, dann stürmte er eilig davon. Ohne irgendeine abschließende Ehrerbietung seinem General gegenüber, was Hux natürlich sofort registrierte. Er machte gerade Anstalten den Untergebenen erneut zurückzupfeifen, allerdings hielt ihn mein leise geflüstertes "Armitage" zurück. Sein Blick sprühte immer noch Funken, als er sich zu mir umwandte. 

"Ist schon okay", flüsterte ich ihm leise zu. "Es war nur ein Kaffee."

"Er wollte dir näher kommen. Ungefragt. Und er hat dir ein unverschämtes Angebot gemacht." Armitage hatte die Zähne fest aufeinander gebissen, sein ganzer Körper vibrierte noch vor Zorn. 

"Das war unangebracht, aber es ist alles okay. Bitte Hux, beruhige dich, es ist nichts weiter passiert." Mit gesenkter Stimme flüsterte ich meinem Partner eindringlich zu. 

Zu gerne hätte ich nach seinen Fingern gegriffen und Körperkontakt hergestellt um ihn zu besänftigen, doch in Anbetracht der Umstände wagte ich es nicht. Hux' besitzergreifendes Verhalten war schon so auffällig genug. Verstohlene Blicke vonseiten der Besatzung schweiften immer wieder in unsere Richtung. Von Neugier bis Berechnung war alles dabei. Armitage trat einen Schritt näher zu mir und schirmte mich vor den Augen der Besatzung ab. 

"Du solltest aufhören zu arbeiten und dir eine Pause gönnen. Komm, ich bringe dich in mein Quartier zurück."

"In dein Quartier? Wo liegt meines?"

"Zu weit weg. Außerdem gehörst du mit deinen Verletzungen unter Aufsicht." 

Armitage stand mit aufmerksamem Blick daneben und sah zu, wie ich versuchte, mich in eine stehende Position zu begeben. Ich sah ihm förmlich an, dass es ihn danach verlangte mir behilflich zu sein. Trotzdem unterließ er es, weil zu viele Blicke auf uns lagen. 

"Du kannst hier nicht einfach so weg." Mit einem Kopfnicken deutete ich auf das fliehende Schiff des Widerstands, sobald ich endlich auf meinen eigenen Füßen stand. "Sag mir einfach wo dein Quartier liegt, ich schaffe den Weg dorthin bestimmt auch alleine."

Plötzlich blitzten grelle Sterne explosionsartig vor meinen Augen auf, als mein Körper mit einem neuerlichen Schwächeanfall reagierte. Meine Finger schossen vor uns krampften sich schnell um den Arm von Hux. Oje. Bitte nicht! 

"Victoria? Nicht umkippen!", Armitages Stimme klang alarmiert. 

Sofort packten seine Arme fester zu und verhinderten einen uneleganten Sturz auf den Boden, dem ich mich sonst aller Wahrscheinlichkeit nach äußerst schwungvoll angenähert hätte. Außerstande dagegen zu protestieren, nahm ich seinen starken Griff um meine Schultern dankbar als Stütze an. Ich versuchte derweil krampfhaft, den Schwindel niederzukämpfen und schloss für einen Moment die Augen. Kapitän Peavey war auf unsere Situation aufmerksam geworden und kam eilig zu uns. 

"Victoria geht es nicht gut", informierte Armitage ihn. "Ich bringe sie zurück, damit sie sich ausruhen kann. Sie haben im Moment das Kommando und informieren mich unverzüglich, sobald sich etwas neues ergibt." 

"Natürlich General Hux. Und Sie gönnen sich bitte die dringend benötigte Ruhe, Miss Deveron." Peavey taxierte mich streng. 

"Nein Hux, du musst mich nicht begleiten. Bleib hier, ich schaffe dass schon." Mein Protest war lahm, ohne jeglichen Elan, denn in diesem Moment ergriff ein Zittern meine Beine und brachte die unmissverständliche Botschaft mit sich, dass mir jeden Moment der Halt unter dem Körper wegsacken konnte.

Verdammt ist mir elend. Ich muss mich hinlegen und zwar so schnell wie möglich.

"Nein!", knurrte Armitage. "Du kannst dich kaum noch auf den Beinen halten, Victoria. Sei nicht so stur!" Mein Partner bemühte sich um eine leise Stimme, damit keiner der Anwesenden etwas von unserer Diskussion mithören konnte. Ich verstand sehr gut, weshalb er so aufgebracht war und warum er sich am Liebsten persönlich um mich kümmern würde.

"Sie hätten sie gar nicht erst herbringen dürfen!", tadelte Peavey. "Ich informiere den Arzt."

"Nicht nötig. Victoria braucht nur ihre Ruhe", wiegelte Armitage das Angebot von Peavey rigoros ab. Behutsam näherte er sich mir. 

Ich sah ihm sein Vorhaben genau an, ohne dass er ein Wort darüber hätte verlieren müssen. Ich werde mich jetzt nicht hier heraustragen lassen, egal, wie schlecht es mir gerade geht. Wie würde dass denn aussehen?

"Nicht." Meine erhobene Hand stoppte Hux mitten in seinem Vorhaben. Getroffene Zurückweisung spiegelte sich auf seinen Gesichtszügen. "Hux denk bitte kurz nach. Was für einen Eindruck würden wir beide denn vermitteln, wenn du mich jetzt auf deinen Armen hier hinausträgst?" 

Peavey nickte zustimmend, während Armitage nur mit den Zähnen knirschte. Er wusste, dass ich Recht hatte und wollte es doch nicht zugeben. 

"Wo ist das Quartier?", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich verzichtete ganz bewusst darauf, nach Armitages Quartier zu fragen, weil Kapitän Peavey direkt daneben stand. 

"Ich markiere dir den Weg auf deinem Datenpad." Armitage hatte meine Anspielung verstanden und streckte fordernd die Hand nach meinem Gerät aus. So konnte er seine Räumlichkeiten als Zieleingabe angeben, ohne dass Peavey davon Wind bekam.

Ich gab es ihm schnell, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Nur noch ein kleines bisschen! Durch mehrmaliges Blinzeln versuchte ich, den trüben Schleier vor meinen Augen zur Seite zu ziehen, da ich seinetwegen alles nur verschwommen wahrnahm.

"Hier." Hux gab mir mein Pad zurück, seine Augen bedachten meinen Zustand prüfend. Ihm gefiel nicht, was er sah. "Ich komme nach, sobald man mich hier einen Moment entbehren kann. Leg dich hin." Ganz kurz legte sich seine Hand auf meinen Unterarm. 

"Ist gut. Bis später Hux." Ich nickte ihm knapp zu, dann humpelte ich langsam von der Brücke.

Sobald sich die Schleuse hinter mir verriegelt hatte, sackte ich erschöpft gegen die nächste Wand. Der ganze Flur drehte sich und schwankte bedrohlich. Ich musste furchtbar aufpassen, dass ich nicht irgendwo auf halber Strecke einfach zusammklappte. Prüfend besah ich mir den eingegebenen Weg genauer. Es ist zum Glück nicht weit! Das schaffe ich noch. Erleichterung breitete sich in mir aus.

Während ich mich durch die Gänge quälte, öffnete sich noch eine Nachricht auf dem Display. Armitage hatte mir noch die Zugangsdaten für sein Zimmer geschickt. Schmunzelnd mühte mich mich weiter. Gut, dass es ihm noch eingefallen ist. Sonst hätte ich vor seinem Quartier auf dem Boden Stellung beziehen müssen. Schwer atmend stoppte ich nach einigen Metern erneut ab. Kraftlos sank mein Kopf zurück an die Wand hinter mir. Ich muss mich kurz ausruhen. Nur ganz kurz.


Feuer peitscht heiß durch die Flure. Menschen rennen panisch umher, kopflos, auf der Suche nach Rettung. Gellende Schreie, sie kommen von überall. Lasergeschosse schlagen unbarmherzig durch die Außenhülle unseres Raumschiffes. Durchschlagen Metall gleichermaßen wie Fleisch und Knochen. Frisches Blut glänzt rot schimmernd an den Wänden, wo es langsam hinunterläuft. Die Alarmsirenen heulen ununterbrochen. Überall rennen Widerstandspiloten in ihren orangenen Anzügen hektisch umher. Der Mann am Ende der Kreuzung kommt mir seltsam vertraut vor. 

"HEY!", mit einem Schrei mache ich ihn auf mich aufmerksam. Überrascht wirbelt er herum, bevor er eilig auf mich zugerannt kommt. 

"Ria! Was machst du hier?" Poe bleibt atemlos vor mir stehen. 

Ich kralle meine Finger in seine Uniform. "Poe, die Brücke wurde getroffen. Was ist mit Leia? Und allen anderen Anführern?" Ich habe Angst vor seiner Antwort. 

"Nur Leia hat überlebt", klärt er mich auf. "Alle anderen sind tot." Verbitterung schwingt in seiner Stimme mit. 

Erleichterung sowie Entsetzen schlagen gleichermaßen über mir zusammen. "Leia lebt ...", flüstere ich wie zur Bestätigung noch einmal. 

"Ja. Komm mit mir Ria. Ich bringe dich in Sicherheit und dann fliegen wir einen Gegenangriff auf diese verfluchten TIE-Jäger." Poe zieht mich in eine feste, beschützende Umarmung, bevor er mit einem seltsamen Blick in den Augen zu mir herabsieht. 

So schnell kann ich gar nicht reagieren, dann liegen seine Lippen auf meinen. Vor Überraschung werde ich ganz steif, dann beginne ich mich gegen seine Zuwendung zu wehren. Poe packt immer fester zu, der Griff wird immer unbarmherziger, fängt an zu schmerzen.

"Lass mich los!" Energisch winde ich mich in seinem Griff und schaffe es schließlich, ihn von mir zu stoßen. Gleich darauf lähmt mich Entsetzen, denn ich blicke nicht in Poes Gesicht, sondern in das von Bale. "Nein!" Nur ein Hauch verlässt meine Lippen. 

"Hast du mich vermisste, Süße?", Bale grinst hämisch, bevor er mich wieder packt. Knallend landet seine Fast auf meiner Wange ...

Mit einem Aufschrei schreckte ich hoch, doch meine zu schnelle Reaktion hatte einzig und allein zur Folge, dass es mir wieder schlechter ging. Zitternd ließ ich den Kopf auf mein angewinkeltes Knie sacken. Nur langsam drang die Realität wieder gänzlich zu mir durch. Scheinbar musste ich kurz weggenickt sein, als ich mich an der Wand angelehnt hatte, um dann daran hinabzurutschen. 

Im Stehen eingeschlafen ... beim Schwarzen Loch Ria, dass schaffst auch nur du. Hoffentlich hat mich keiner gesehen.

Mühevoll stemmte ich mich wieder nach oben in eine aufrecht stehende Position. Während ich mich weiter Richtung Armitages Quartier schleppte, rekapituliere ich die Ereignisse aus meinem Traum. Das Bale mich verfolgte war klar, doch mehr noch macht mir die Hoffnung zu schaffen, dass mein Unterbewusstsein mir vortäuscht, Leia würde noch leben. 

Vor einer großen Tür gab ich schließlich die Kombination ein, die Hux mir geschickt hatte. Ich bin so müde. So erschöpft. Halb tot wankte ich in Hux' Schlafzimmer und fiel in voller Bekleidung in sein Bett.

Irgendwann musste es Armitage wohl geschafft haben, sich von der Brücke zu stehlen, denn ich erwachte kurz, als er mir wenigstens die Stiefel auszog und sich anschließend zu mir unter die Decken kuschelte. Sanft nahm er mich in seine Arme. 

"Schlaf, Victoria", raunte er leise. "Ruh dich aus. Ich werde hier sein, wenn du aufwachst." Zärtlich strich er mir ein paar lose Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich brachte nur noch ein schwaches Nicken zustande, bevor mein Körper endgültig das Zepter übernahm und den so dringend benötigten Schlaf einforderte.

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