Kapitel 32 - Gemeinsam
Die Flure waren in schummrige Dunkelheit getaucht, nur ab und an durchbrochen von der spärlichen Notstrombeleuchtung. Natürlich in Rot.
Die Erste Ordnung bleibt ihrem Konzept treu, da kann man sagen was man will.
Kopfschüttelnd lief ich weiter, dabei meine innere Stimme ignorierend, welche mir in einer Tour den Vogel zeigte. Ja, ja, Schnauze da hinten. Ich konzentriere mich ja schon.
Immer wieder durchliefen Beben die Basis, anscheinend konnte der Widerstand mit seinem Angriff schon die Ersten Erfolge verbuchen. Armitage hatte mir geschrieben, dass ich mich sofort auf den Weg zur Kommandostelle machen sollte, also war das mein nächstes Ziel. Ich musste nur irgendwie hinkommen.
Eigentlich ist der Weg von hier aus nicht weit. Aber bei der aktuellen Situation ... Wer weiß, was mich unterwegs alles erwartet.
Während ich mich langsam an der Wand entlangtastend vorwärtsbewegte, schoss mir auf einmal ein ganz und gar unangenehmer Gedanke durch den Kopf. Er war dermaßen hartnäckig, dass ich mich einen Augenblick lang nur damit befassen konnte.
Leia hat meinen Informationen geglaubt. Aber wo ich vorher deswegen nur Erleichterung gespürt habe ist jetzt ..., ja was eigentlich? Leia hat die Risiken gegeneinander abgewogen. Hat sich dafür entschieden, mit einem gezielten Gegenangriff dem Bevorstehenden Schlag gegen die Planeten im Ileenium-System zuvorzukommen. Ich habe ihr die richtigen Informationen übermittelt, was schließlich auch meine Aufgabe ist. Aber ... Leia weiß auch, das ich mich ebenfalls auf der Starkiller Basis befinde. Das ich vor Ort bin, um die benötigten Informationen zu sammeln. Anscheinend ist sie bereit, meinen Tod in Kauf zu nehmen, um einen weiteren Abschuss, ein weiteres Massaker zu verhindern. Irgendwo kann ich sie verstehen, kann ihr Handeln nachvollziehen. Auf ihren Schultern lastet eine enorm schwere Bürde, die ich auf keinen Fall tragen wollte. Aber dennoch, irgendetwas belastet mich. Mir ist bewusst, das meine Mission alles andere als ungefährlich ist. Das ich für meine Überzeugungen eventuell in den Tod gehen könnte. Das ich bei der Erfüllung des Auftrags sterben könnte.
Ein bitterer, fahler Geschmack macht sich in meinem Mund breit.
Leia hat den Wert meines Lebens gegen die vielen, unschuldigen Seelen abgewogen, welche mit einem weiteren Schuss von Starkiller ihr Leben lassen würden. Und hat sich bewusst gegen mich entschieden. Sie ist bereit mein Leben zu opfern, um das von vielen anderen zu retten.
Ich stellte fest, wie sich Enttäuschung in mir breit machte. Mir war selbst klar, das Leia keine Zeit mehr hatte, um mich zu warnen. Es blieb einfach keine Zeit mehr, um irgendwie anders zu handeln. Aber dennoch, irgendwie hätte ich etwas anderes erwartet. Schlagartig schoss mir ein anderer Gedanke durch den Kopf.
Leia und Armitage sind sich gar nicht so unähnlich. Beide sind bereit, die nötigen Opfer zu bringen für das, was sie lieben. Für die Personen, die sie beschützen wollen.
Für einen Moment war ich dermaßen abgelenkt, das ich nicht mehr auf meine Umgebung achtete. Was ein Fehler war, wie sich nur zu bald herausstellen sollte. Mein Fuß blieb an irgendeinem Hindernis hängen, was mich unelegant ins Stolpern brachte. Vor mich hin murrend und grummelnd sah ich zurück, um nach der Ursache zu sehen. Im selben Moment wünschte ich mir, es nicht getan zu haben.
"Fuck!" Erschrocken zuckte ich zurück, wollte das Bild welches sich mir bot, gar nicht richtig glauben. In meiner Blindheit war ich über einen herabgestürzten Trümmerhaufen gestolpert, welcher sich von der Decke gelöst haben musste. Eine dunkle Pfütze sickerte unaufhaltsam darunter hervor, breitete sich immer weiter im Flur aus. Aus einer Lücke zwischen den Steinen schimmerte mir die fahle Blässe einer Hand entgegen. Ich musste schwer schlucken.
Die herabgestürzten Trümmerteile müssen jemanden unter sich begraben haben. Was für ein schrecklicher Tod. Wer die Person wohl war?
Vorsichtig ließ ich mich auf ein Knie nieder. Mein Verstand sagte mir, dass hier jede Hilfe zu spät kommen würde. Aber dennoch musste ich auf Nummer sicher gehen. Obwohl jede einzelne Sekunde kostbar war und ich keine davon verschenken durfte, fühlte ich mich doch verpflichtet nachzusehen.
Immerhin habe ich das Ganze hier mitverschuldet. In meiner kurzen Zeit bei der Ersten Ordnung habe ich so viele nette Personen kennengelernt. Peavey, Tara und Bellava. Wer weiß, wie viele heute auf dieser Basis in den Tod gehen werden? Menschen, die möglicherweise genauso denken wie Bellava? Die genauso freundlich sind wie Tara? Die vielleicht von der Ersten Ordnung in den Dienst gezwungen worden sind? Die keine Chance auf ein anderes Leben hatten. Und jetzt auch nicht mehr bekommen werden. Weil Leia eine Entscheidung getroffen hat.
Mit zitternden Fingern begann ich Stein für Stein zur Seite zu räumen. Nach kurzer Zeit konnte ich ein Gesicht erkennen, oder zumindest das, was davon übrig war. Eine Woge aus Übelkeit schlug mit aller Gewalt über mir zusammen. Schnell drehte ich mich mit einem Würgen zur Seite hin weg. Die Wucht des Aufpralls hatte ganze Arbeit geleistet, die Person vor mir war als solche fast nicht mehr zu erkennen. Das zerschmetterte Gesicht, in welchem nicht mal mehr die kleinsten Züge auszumachen waren. Und Blut, überall war Blut. Es klebte sogar an meinen Händen. Ich musste erneut würgen. Panisch rappelte ich mich auf, um mich an der Wand abzustützen, eine Hand vor den Mund geschlagen. Mir war schlecht. Tränen liefen über mein Gesicht und verschleierten meine Sicht.
Ich bin mit Schuld! Dieses Blut klebt zu Recht an meinen Händen.
Der Boden unter meinen Füßen begann immer stärker zu beben. Nur ein leises Knirschen über meinem Kopf, wegen des permanent plärrenden Notalarms fast nicht zu hören, war die einzige Warnung vor dem Kommenden. Mir wurde genau in dem Moment klar, das ich hier weg musste, als die Decke über mir endgültig einzustürzen begann.
Scheiße!
Ich versuchte, mich mit einem großen Satz außer Reichweite der herabstürzenden Felsen zu bringen. Leider war ich zu langsam, da ein Felsbrocken mit ungebremster Wucht auf meine rechte Schulter krachte. Etwas in meinem Körper gab unter dieser massiven Gewalteinwirkung mit einem ekelerregenden Knacken nach. Schreiend stürzte ich zu Boden. Eine ungezügelte Welle aus glühend heißem Schmerz rollte über mich hinweg, vernebelte meine Gedanken, ließ mich benommen und zitternd auf dem Boden liegen. Als weinendes, zusammengekauertes Etwas.
Scheiße, scheiße, fuck! Tut das weh!
Die pure Verzweiflung schlug ihre Krallen in mich, ließ mich hektisch nach Luft schnappen. Letzten Endes war mir nicht klar, wie viel Zeit ich damit verloren hatte, zusammengerollt auf dem Boden liegend meine verletzte Schulter zu umklammern. Schluchzend und jammernd hievte ich mich irgendwie in eine halbwegs aufrechte, an die Wand gelehnte Position. Doch sobald meine verletzte Körperseite allerdings mit dem Widerstand hinter mir in Berührung kam, zuckte ich wieder aufschreiend nach vorne.
AUA! Verdammte Scheiße! ... Ich will zu Armitage.
Irgendwann kratzte ich meine letzten Kraftreserven zusammen und stemmte mich schließlich wieder auf meine Füße. Mit der linken Hand umklammerte ich ganz fest meinen Arm, da mir bei jeder Bewegung und mit jeder Schwingung dieses Körperteils ein unmenschlicher Schmerz das Bewusstsein trübte. Dunkle Schlieren flimmerten am Rande meines Sichtfeldes. Aber es half alles nichts, denn wenn ich nicht wollte, dass diese Basis ebenfalls mein Grab werden würde, dann musste ich jetzt weiter. Egal wie. Mühevoll schleppte ich mich durch die Gänge, jedes Beben auf äußerst kreative Weise verfluchend. Meinen rechten Arm hielt ich vorsichtig ganz nah an den Körper gedrückt, dennoch jagte jeder einzelne Schritt Schmerzwellen durch mich hindurch.
Geh weiter Ria. Einfach weiter. Es ist nicht mehr weit, gleich hast du es geschafft.
Da ich es im Thema Selbsttäuschung zur wahren Meisterschaft gebracht hatte, -man bedenke nur die Situation mit Hux, da ich vor seiner skrupellosen Seite ebenfalls sehr erfolgreich die Augen verschlossen hatte-, wiederholte ich dieses Mantra beständig. Quälte mich Schritt für Schritt weiter in Richtung Kommandostelle. Als die Schleuse endlich in Sichtweite kam, konnte ich ein erleichtertes Aufschluchzen nicht mehr zurückhalten.
Gleich bin ich da! Dem Himmel sei Dank!
In der Kommandozentrale empfing mich hektische Betriebsamkeit. Ich blieb einen Moment durchatmend stehen, während ich suchend meine Augen über die Anwesenden Crewmitglieder schweifen ließ, aber entdecken konnte ich Armitage nicht. Ein eiskaltes Gefühl machte sich in meinem Inneren breit.
Armitage? Wo bist du? Bin ich etwa zu spät? Er würde doch nicht ... würde er ohne mich wegfliegen, um sein Leben zu retten?
In meiner Verzweiflung hielt ich einen vorbeirennenden Mitarbeiter an. Seine in Panik weit aufgerissenen Augen offenbarten mir alles, was ich wissen musste. Um die Basis und alle, die sich darauf befanden stand es sehr schlecht. Mein rascher Blick glitt über das Rangabzeichen von der Person vor mir. "Lieutenant, wo finde ich General Hux?"
"Er ist vor wenigen Minuten zum Übertragungsraum von Snoke gelaufen. Miss Deveron, ich rate Ihnen dringend von hier zu verschwinden, solange Sie noch können. Die Stabilisatoren werden instabil und wenn das passiert ...", er ließ den Satz unbeendet in der Luft hängen. Weitere Worte waren aber auch nicht nötig, da ich selbst sehr wohl wusste, welches Desaster genau in diesem Fall eintreten würde. Meine Hand schoss nach vorne, umklammerte den Arm des Mannes vor mir. "Was ist mit Ihnen und dem Rest der Brückenbesatzung?"
"Wir versuchen das Schlimmste zu verhindern."
Ist der Kerl eigentlich komplett kirre? Ihm ebenso wie allen anderen hier muss doch klar sein, dass sie sterben werden, wenn sie noch länger hier bleiben.
"Sie können die Explosion dieser Basis nicht mehr aufhalten! Retten Sie sich! Schaffen Sie sofort alle hier heraus!"
"Offizierin, wir dürfen unseren Posten nicht verlassen"
WAS??? ... Welcher Vollhorst hat denn so etwas angeordnet?
"Verzögert Ihre Anwesenheit hier das Unvermeidliche?", verlangte ich zu erfahren.
Irritiert aufgrund meines nachdrücklichen Tonfalls starrte mich der Mann vor mir entgeistert an. "Nein Miss. Tut es nicht."
Da mich mein Rang als Offizierin höher stellte als ihn, hielt mich diesmal nichts davon ab, Befehle zu erteilen. "Dann befehle ich Ihnen und dem Rest der Besatzung, sofort den nächstgelegenen Hangar aufzusuchen und sich in Sicherheit zu bringen!"
"Aber Miss, ich ..."
"Das ist ein Befehl!", rüffelte ich ihn sehr nachdrücklich zurecht.
Ich konnte die Erleichterung in seinen Augen deutlich erkennen, als er vor mir salutierte und fernab jeglicher Befehlsetikette antwortete, "Ich danke Ihnen, Miss Deveron!" An die restliche Besatzung gerichtet brüllte er einmal lautstark in die Runde, "Alle Mann verlassen sofort Ihre Posten und begeben sich umgehend zum Nächsten Hangar!"
Ich nickte ihm nur schnell zu und wollte mich gerade wieder auf den Weg machen, da hielt der Mitarbeiter mich noch einmal am Arm zurück. Mit fragend hochgezogener Augenbraue sah ich zu ihm zurück.
"Sie sind verletzt. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen helfe."
Seine Worte überraschten mich dermaßen, dass ich ihn einen Moment vollkommen perplex anstarrte. Ohne zu zögern trat der Mann an meine verletzte Seite, um einen Arm hinter meinen Rücken entlanzuführen und mir so Halt zu geben. Die andere Hand umfasste vorsichtig meinen verletzten Arm, um diesen etwas besser zu stabilisieren. Scharf zischend zog ich die Luft ein. Schon die kleinste Berührung sandte höllische Schmerzen durch meinen Körper hindurch. Der Mann neben mir erbleichte merklich als er registrierte, dass er mir soeben Schmerzen zugefügt hatte. "Bei allen Galaxien, entschuldigen Sie bitte Miss Deveron. Es war keine Absicht!"
"Schon okay", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Dabei musste ich heftig gegen die heraufziehende Dunkelheit am Rande meines Sichtfeldes ankämpfen, um nicht endgültig das Bewusstsein zu verlieren.
Verdammt Ria! Reiß dich zusammen und bleib wach!
"Kommen Sie, Miss Deveron. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Ich bringe Sie direkt zu General Hux' persönlichen Shuttle", sprach mein Helfer, wobei er mich mit sanftem Nachdruck von der Kommandostelle führte. Die übrigen Crewmitglieder stürzten an uns vorbei, auf die Rettung verheißenden Hangars zu.
Ich zwang mich dazu, den Mann neben mir nicht auszubremsen, sondern mich seinen zügigen Schritten anzupassen. Die Zeit zerrann uns unerbittlich zwischen den Händen. Um mich ein wenig von den tobenden Schmerzen in meinem Inneren abzulenken, begann ich meinen Mitläufer auszufragen. "Wie heißen Sie? Ich sollte meinen Retter ebenfalls mit Namen kennen, wo ich Ihnen offensichtlich bekannt bin."
Ein amüsiertes Schnauben war die Erste Antwort, die ich erhielt. "Miss Deveron, Sie und General Hux waren Gesprächsthema Nummer Eins hier auf der Basis."
Aufstöhnend ließ ich meinen Kopf etwas nach vorne sacken. "Wieso war mir fast klar, dass Sie mir ausgerechnet diese Antwort geben würden?"
Ich sah zu ihm auf. Er besaß den Anstand, dezent wenigstens etwas peinlich berührt zu sein, wie der entschuldigende Zug um seine Mundwinkel vermuten ließ. "Lassen Sie mich raten. Ein Zwischenstopp am Imperialen Kaffeeautomaten später und jeder weiß bescheid?", hakte ich nach.
Ein angespannter Lacher erklang neben mir. "So in etwa ist es abgelaufen."
Heftige Beben erschütterten die Umgebung rings um uns herum, gefolgt von einer heftigen Explosion. Eine Druckwelle heißer Luft peitschte von hinten um uns herum. Der Griff um meinen Rücken wurde verstärkt, da ich aufgrund des Bebens schon wieder ins Straucheln geraten war. Heftig atmend klammerte ich mich an dem Mann neben mir fest.
"Können Sie etwas schneller laufen, Miss Deveron? Wir müssen so schnell wie möglich hier weg. Wir ..."
Ein Grollen, lauter und unheilvoller als alle vorherigen unterbrach ihn. Dann passierte alles gleichzeitig. Der Boden unter uns sackte mit einem beängstigenden Knirschen ab, schon zeichneten sich die Ersten Risse quer durch den Gang und die Wände hinauf. Im selben Augenblick quittierte die Decke knapp hinter uns mit einem protestierenden Quietschen ihren Dienst und beugte sich der Schwerkraft. Donnernd krachten massive Felsbrocken hinter uns auf den lädierten Boden des Flurs, was ihm endgültig den Rest gab. Bis dorthin, wo Risse den Boden durchzogen hatten, brach alles weg. Zu unserem Unglück standen wir fast am Rand dieses Bereiches.
Aber zum Weglaufen blieb uns keine Zeit mehr. Der Bereich des wegbrechenden Bodens wälzte sich in einer enormen Geschwindigkeit auf uns zu. Schockiert blickten wir einander an. Uns beiden war klar, dass wir es hier nicht mehr heil herausschaffen würden. Die lähmende Angst unterband jegliche meiner Gedanken. Panisch sah ich zu dem Mann neben mir, der unweigerlich mit mir in den Tod gerissen werden würde. Unsere Blicke trafen sich erneut. Ich konnte ein letztes Aufbäumen von Trotz erkennen, welches sich in seinen Augen widerspiegelte. Dann packte er mich grob an den Schultern und stieß mich so heftig von sich weg, das ich erst ein paar Meter entfernt unsanft auf dem Boden aufschlug. Der Aufprall auf meine verletzte Schulter riss mich aus der um mich herum zusammenbrechenden Realität, hinein in eine gnädige Bewusstlosigkeit.
"VICTORIA!!"
Wie aus weiter Ferne durchdrang dieses Wort die Dunkelheit in meinem Bewusstsein. Ich schreckte hoch. Die abrupte Bewegung tat meiner Schulter alles andere als gut. Wimmernd sank ich auf den Boden zurück, dabei allerdings meine linke, unverletzte Körperseite belastend.
Was ist passiert? Wo ... wo ist ...?
Ich rappelte mich erneut auf, um mich desorientiert umzublicken. Ich lag ziemlich knapp am Rand eines Kraters, welcher vorhin definitiv noch nicht dagewesen war. Langsam lichtete sich der Nebel aus Schmerz in meinem Kopf, sodass ich wieder klarer denken konnte. Dann wurde mir die volle Tragweite der Situation klar. Der Mann welcher mir so selbstlos geholfen hatte, dessen Namen ich nicht einmal kannte und nun auch nie erfahren würde, hatte mich ohne zu zögern aus der Gefahrenzone gestoßen und mir somit das Leben gerettet. Und mit seinem für diese Tat bezahlt. Bittere Galle stieg in mir hoch, als ich mich langsam vorwärtskriechend auf die Abbruchkante zubewegte.
Er ist für mich in den Tod gegangen. Er hat sein Leben verloren. Meinetwegen.
Ich hatte wirklich Angst davor, was ich dort in der Tiefe erblicken würde, wenn ich über den Abgrund spähte. Aber ich sah ... nichts. Vor mir war eine gähnende Leere, die sich in undurchdringlicher Dunkelheit verlor. Ein Schluchzer huschte über meine Lippen. Auch dieses Leben lastete auf meinem Gewissen.
"VICTORIA!!!"
Ich zuckte herum. Armitage! Er lebt! Wenigstens er ist noch am Leben.
Irgendwie kam ich zum Stehen, wobei ich zuerst einmal einen erbitterten Kampf austragen musste, um den schwankenden Gang um mich herum anzuhalten.
Beim Schwarzen Loch, ist mir schwindelig! Aber ich muss Hux wenigstens auf mich aufmerksam machen.
"ARMITAGE!!!", brüllte ich mit aller Kraft, die mir noch zur Verfügung stand.
So konnte er sich wenigstens sicher sein, dass ich ihn gehört hatte. Ich schwankte ein paar Schritte vorwärts, auf eine Abbiegung zu. Der Boden hatte in der Zwischenzeit nicht mehr aufgehört zu beben, die Erschütterungen zogen sich jetzt permanent in die Länge. So wie ich um die Ecke herumgewankt war, sah ich ihn. Armitage. Mein Herz krampfte sich zusammen, aufgrund der Erleichterung und Freude, welche mich bei seinem Anblick durchströmte.
Er ist noch hier! Armitage hat auf mich gewartet, hat nach mir gesucht.
Der Gedanke daran bald in Sicherheit zu sein, mich bald in Armitages Arme werfen zu können, verlieh mir neue Kraft. Irgendwie schaffte ich es, in einer letzten übermenschlichen Kraftanstrengung, auf Hux zuzurennen. Er streckte mir lockend seine Hand entgegen, ein Ausdruck purer Hoffnung lag auf seinem Gesicht. Diese kleine Geste verhieß so unglaublich viel. Sicherheit, Trost, Schutz und vor allem Liebe. Aber die Macht hatte wohl andere Pläne mit mir, denn die Realität holte mich mit einem beängstigenden Rumpeln direkt vor mir auf den Boden der Tatsachen zurück.
Bitte nicht. Ich bin gleich bei Armitage. Nur noch ein paar Meter. Ist das denn zuviel verlangt?
Offenbar war es das. Zehn Meter lagen noch zwischen uns. Sie erschienen mir unendlich, daher lief ich schneller und holte alles an letzter Kraft aus meinem geschundenen Körper heraus. Um mich herum begann die Welt immer heftiger zu beben. Deutliche Risse zeichneten den Boden vor meinen Füßen und führten mir demonstrativ vor Augen, auf welch gefährlichem Grund ich mich bewegte.
Bitte, bitte nicht!
Die Entfernung zwischen uns verringerte sich deutlich. Ein massiver Felsblock stürzte aus der Decke herab. Wie in Zeitlupe krachte er direkt vor mir auf den Boden. Ein Krater riss vor meinen Füßen auf, offenbarte dunkle, alles verschlingende Leere direkt voraus.
Scheiße, scheiße, scheiße!
Ich konnte nicht mehr abbremsen. Getragen von meinem eigenen Schwung stürzte ich in die Tiefen Abgründe genau vor mir. Und ich fiel. Eine Hand flehentlich in Hux' Richtung ausgestreckt, doch erreichen konnte ich ihn nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde erblickte ich seinen entsetzten Gesichtsausdruck. Die rettende Kante an welcher ich mich irgendwie hätte festklammern können, lag ebenfalls ganz knapp außerhalb meiner Reichweite. Meine letzten Gedanken galten Armitage.
Wie gerne hätte ich mich noch einmal in seine Arme geschmiegt. Seine Wärme und seinen Schutz genossen. Die gemurmelten Liebkosungen ganz nah an meinem Ohr.
Ein Stich des Bedauerns durchzuckte mich, da es noch so vieles gab, was ich ihm jetzt nicht mehr sagen konnte. Ich fiel weiter, unaufhaltsam immer tiefer, bis ein heftiger Aufprall die Luft aus meiner Lunge presste und mein Bewusstsein erneut jenseits aller Wahrnehmung schleuderte.
In meinen Ohren hatte sich ein permanentes Rauschen festgesetzt. Es war dermaßen präsent, dass es alle anderen Geräusche um mich herum abhielt. Schmerz. Ich bestand nur noch daraus. Er loderte durch meinen gesamten Körper. Ich konnte gar nicht abschätzen, wo es genau anfing und wo er endete. Aufstöhnend lag ich in undurchdringlicher Dunkelheit, da ich mich einfach nicht traute, die Augen zu öffnen. Ich hatte panische Angst davor, was ich erblicken würde. Wie tief ich gestürzt war, wie weit die Abbruchkante entfernt über mir lag.
Verdammt, wieso musste ich diesen Sturz überleben? Wie soll ich hier aus eigener Kraft wieder herauskommen? Fuck! ... Aua!
Kleine Steinchen rieselten auf mein Gesicht herab. Pling, pling, pling.
"Victoria!"Die Stimme von Armitage drang wie durch Watte an mein Ohr, hörte sich unglaublich weit entfernt an.
Er ist immer noch hier?
Mühsam zwang ich meine Augenlider auf. Ein dunkler Schemen bewegte sich auf mich zu, kletterte vorsichtig über die Kanten hinunter zu mir. Noch einmal kam von ihm ein panisches, "Victoria!"
Armitage?
Tränen füllten meine Augen, bevor sie an meinen Wangen hinabliefen. Ich konnte noch nicht so richtig realisieren, dass Hux gerade auf mich zugeklettert kam, um mich zu retten. Schneller als erwartet war er bei mir und hob mich behutsam in seine Arme. "Victoria? Mein Schatz, bitte sag etwas."
"Aua" Bei allen Galaxien, etwas besseres und vor allem zutreffenderes fiel mir im Moment einfach nicht ein. Dennoch war es anscheinend genau das, was Armitage hören musste. Eine Bestätigung, dass ich noch am Leben war. Er versuchte noch, ein erleichtertes Wimmern zu unterdrücken, bevor er mich energischer an seinen Körper zog, mich fester in seine Arme schloss.
"Meine Victoria! Du lebst! Ich hatte solche Angst, dich zu verlieren."
Ich biss mir derweil hektisch auf die Lippe um keinen Schmerzensschrei auszustoßen. Armitages ruckartige Bewegung machte den Schmerz in meinem Körper nicht besser, ganz im Gegenteil. Er löste erneut peinigende Schmerzwellen aus.
Reiß dich zusammen Ria, immerhin musst du noch irgendwie hier herauskommen.
Schon allein der Gedanke daran entfachte Übelkeit. Ich konnte ein leises Jammern nicht zurückhalten, ungewollt schlüpfte es über meine Lippen.
"Es wird alles wieder gut meine Süße. Ich hole dich hier heraus, versprochen. Ich lasse dich hier nicht sterben", murmelte es dicht neben mir. Hux hielt mich weiterhin fest, wippte ganz leicht mit mir vor und zurück. Verteilte kleine, federleichte Küsse auf meinem Kopf. Strich mir behutsam die Tränen aus dem Gesicht, während er unentwegt in meine Augen blickte. Ich konnte sehen, dass er ebenfalls geweint hatte, da sich klare Spuren durch sein ansonsten von Staub bedecktes Gesicht zogen.
Meine linke Hand schob sich mit zitternden Fingern langsam nach oben, um sich auf seine Wange zu legen. Mit dem Daumen streichelte ich über seine Haut. "Armitage ..."
"Scht, sag es mir später mein Schatz. Zuerst müssen wir schnellstens hier weg. Komm ... hoch mit dir, Victoria." Hux richtete sich in eine stehende Position auf, um mir beim Aufstehen helfen zu können. Doch so wie er meine verletzte rechte Seite mit seiner Hand abstützen wollte, sackten mir die Beine unter dem Körper weg. Mit einem weiteren Aufschrei ging ich zu Boden, kurzzeitig wurde mir sogar wieder schwarz vor Augen.
"Victoria? Was hast du?"
"Aua." Du meine Güte, was für eine geistreiche Antwort.
Armitage huschte schnell hinter mir herum, auf meine verletzte Seite. Spickte kurz in den Kragen meiner Uniform, worauf er scharf die Luft einsog. Aber uns lief die Zeit davon, wie ein neuerliches Beben nachdrücklich mitteilte.
"Verdammt!", entfuhr es ihm. Nervös fuhr Hux sich mit seinen Fingern durchs Haar, blickte dabei von unserer Position hinauf an die Kante. Mir war klar, dass er die Entfernung abschätzte.
"Geh Hux. Rette dich. Zusammen kommen wir hier nicht mehr lebend heraus", drängte ich ihn.
Armitage sah mich an, als wäre bei mir nicht mehr alle TIE-Jäger an Ort und Stelle. "Bist du wahnsinnig? Ich lasse dich hier nicht zum Sterben zurück. Dafür bedeutest du mir zu viel. Wir gehen zusammen hier raus, oder gar nicht."
Bei seinen Worten schnürte es mir die Kehle zu. "Armitage, ich komme da nicht hoch!" Ich hasste es, wenn meine Stimme so verzweifelt klang.
"Ich helfe dir. Komm Liebes, du schaffst das." Bestimmend dirigierte Hux mich ganz dicht an die Wand vor uns. Sie war durchzogen mit Rissen und Kanten, an für sich wäre es also kein Problem dort Halt zu finden und hinaufzuklettern. Vorausgesetzt, man wäre nicht so malträtiert wie ich gerade. Zweifelnd sah ich den Mann neben mir an.
"Ich stütze dich, mein Schatz. Es wird dir zwar weh tun, aber du musst das durchhalten. Komm, so weit ist es nicht. Ich bin die ganze Zeit bei dir."
Ich war Hux unglaublich dankbar, dass er mir Mut zusprechen wollte. Er platzierte sich erneut an meiner verletzten Seite, -fuck, tat das weh!-, damit ich die andere Hand ebenfalls zum Klettern frei hatte. Langsam hievten wir uns Stück für Stück an der Wand nach oben. Immer wieder waren wir aufgrund meiner Verletzungen gezwungen kleine Pausen einzulegen, in denen ich erschöpft meinen Kopf auf Armitages Schulter ablegte. Irgendwann wurden mir die Anstrengung und der Schmerz zuviel und so brach ich wieder in Tränen aus.
"Nicht weinen, Victoria. Wir sind gleich oben, nur noch ein kleines Stück!"
Schluchzend barg ich meinen Kopf an Armitages Halsbeuge. "Geh ohne mich! Ich schaffe es nicht!"
"Doch du kannst das. Komm weiter, Liebes." Da Hux ein weiteres Stück hinaufkletterte, war ich gezwungen es ihm gleichzutun, weil er mich praktisch halb mit sich schleifte. Mein Atem kam nur noch keuchend über meine Lippen, die Anstrengung trieb mir den Schweiß auf die Stirn. "Hux!", wimmerte ich erneut.
Ich will nicht mehr weiter, ich kann einfach nicht mehr!
"Komm schon, Victoria. Wenn wir oben sind trage ich dich auch, versprochen. Aber das letzte Stück musst du mir noch helfen."
In meiner Verzweiflung und meinem Schmerz gefangen, schüttelte ich nur mit dem Kopf, tat aber doch, worum Armitage mich gebeten hatte. Oder um genauer zu sein, versuchte ich es. Mein ganzer Körper brannte wie Feuer, die Ränder meines Sichtfeldes trübten sich schon wieder ein.
Hoffentlich rutsche ich nicht ab!
Der permanent bebende Boden tat sein übriges, um uns die Situation noch zusätzlich zu erschweren. Immer wieder versuchte Hux mir Trost und Mut zu spenden, indem er besänftigend auf mich einredete.
"Es ist nicht mehr weit!"
"Meine tapfere Victoria."
"Ich bin bei dir, hab keine Angst. Ich lasse dich nicht fallen."
"Du wirst heute nicht sterben. Ich lasse es nicht zu."
Irgendwie schafften wir es schließlich, uns bis zur Kante hochzuarbeiten. Armitage kletterte rasch das letzte Stück auf den Flur, dann packte er mich unter den Armen und zog mich schwungvoll zu sich hinauf. Ein weiterer Aufschrei meinerseits begleitete seine Aktion. Ich hatte gerade das Gefühl, dass mein rechter Arm aus der Schulter gerissen wurde. Sofort zog mich Hux wieder in eine Umarmung, ich hingegen ließ mich einfach schwer gegen ihn fallen. Mein Kopf ruhte auf seiner Brust, mit einem Ohr konnte ich seinem schnellen, hämmernden Herzschlag lauschen.
Oben. Wir sind tatsächlich oben.
Armitage erhob sich, mich dabei auf seinen Armen tragend als würde ich nichts wiegen. Ich spürte wie er sein Tempo beschleunigte, bis er schließlich durch die Gänge rannte. Verdenken konnte ich es ihm nicht, immerhin hatten wir meinetwegen schon genug Zeit verloren. Mein Kopf ruhte an Armitages Brust, für alles weitere fehlte mir einfach die Kraft. Unterwegs kreuzten panisch herumrennende Mitglieder der Ersten Ordnung unseren Weg. Hux ignorierte sie alle. "Gleich sind wir da. Dort vorne wartet schon mein privates Shuttle auf uns."
Ich antwortete lediglich mit einem unartikulierten Grummeln.
"Bist du noch bei mir, Liebes?" Hux' Blick huschte kurz zu mir herunter. "Schlaf jetzt nicht ein, bleib wach. An Bord werden wir dich zuerst einmal versorgen, hörst du?"
Armitage sprintete durch den leer gefegten Hangar, sein Shuttle war wirklich das Letzte auf dem Planeten. Wir hatten verdammt viel Zeit verloren. Schon während Hux die ausgefahrene Laderampe hocheilte schrie er Kommandos. "Sofort die Startsequenz einleiten!"
Brüllend erwachten die Triebwerke zum Leben. Die Rampe hatte sich noch nicht einmal richtig hinter uns schließen können, da hoben wir auch schon ab. Hux eilte mit mir zu einem nahegelegenen Sofa, auf welchem er mich behutsam ablegte. Sofort kniete er sich an meine Seite und ergriff meine Hand.
"Zweiter Pilot, sofort herkommen!", schrie Hux, sobald er meinen Zustand erblickte. Scheinbar sah ich nicht gerade wie das blühende Leben aus. "Bringen Sie sofort den Notfallkoffer her! Und beeilen Sie sich gefälligst!"
Ich hörte schwere Schritte, die schnell in unsere Richtung gepoltert kamen.
"General, sofortige Rückkehr zu Ihrem Kommandoschiff einleiten?", drang die Frage aus dem Cockpit.
Armitage fluchte derweil ausgiebig, da er gerade meine Uniformjacke aufgeknöpft hatte und meine Verletzung an der Schulter in Augenschein nahm, bevor er antwortete, "Nein. Fliegen Sie das Waldgebiet in Sektor 45 an. Wir müssen Kylo Ren einsammeln." Seine Worte drangen nur langsam in mein umnebeltes Bewusstsein.
Kylo Ren einsammeln?
Armitage zupfte die Uniformjacke vorsichtig von meiner Schulter. Dummerweise hatte sich das Blut mit dem Stoff verklebt, was ihm seine Arbeit zusätzlich erschwerte und mir erneut schlimme Schmerzen durch den Körper jagte. "Au!" Ich versuchte mich von seinen Händen wegzudrehen.
"Scht, halt still. Ich weiß das es dir weh tut." Ohne den Blick von mir abzuwenden, streckte Hux die Hand zur Seite hin aus. "Geben Sie mir die Adrenalinspritze."
Da sich aufgrund seiner Forderung allerdings nichts tat war Hux gezwungen, den Blick von mir abzuwenden. Ohne Vorwarnung brüllte er los, was mich erschrocken zusammenzucken ließ. "Sie sollen mir assistieren und nicht meiner Partnerin ungeniert auf die Oberweite starren, Sie einfältiger Trottel!"
Energisch riss Hux dem rot angelaufenen und eine Entschuldigung stotternden Copiloten die Spritze aus der Hand. "Verschwinden Sie gefälligst, bevor ich mich vergesse!", knurrte er den Mann an. Eilige Schritte entfernten sich von uns. Entnervt sah Hux wieder zu mir zurück. "Ist das denn zu fassen? Was erlaubt er sich eigentlich?", murrte er weiter.Mir war nicht ganz bewusst, was genau gerade das Problem war, deshalb hob ich mühsam den Kopf, um an mir herabzublicken. Da Armitage meine Uniform aufgeknöpft hatte, lag ich nur mit meinem BH bekleidet auf dem Sofa.
Aha! Da haben wir des Rätsels Lösung.
"Entschuldige Victoria, das wird jetzt kurz pieksen", erklärte Hux an meiner Seite, da spürte ich schon ein Stechen in der Schulter. Normalerweise war ich bei Nadeln immer etwas zimperlich, aber jetzt, ... naja. Ich schob es der Einfachheit halber auf meinen desolaten Zustand, dass ich keinen Mucks von mir gab. Auch Hux hob, irritiert über meine fehlende Gegenwehr eine Augenbraue. Nachdem er mir das Mittel injiziert hatte legte er die leere Kanüle schnell zur Seite, um mir zärtlich über die Wange zu streicheln. "Gleich wird es dir besser gehen, mein Schatz. Das Mittel wirkt sehr schnell."
Ich schmiegte meine Wange noch mehr in seine Berührung und genoss jeden Moment, was Armitage zum Anlass nahm, sich vorzubeugen und mich liebevoll zu küssen. Ich ließ es geschehen, ließ mich ganz in seine Zuwendung fallen und erwiderte diese sogar. Für einen Augenblick verloren wir uns in diesem Moment. Es gab nur unsere Lippen, welche sich zärtlich aufeinander bewegten.
"Du glaubst nicht, was ich gerade gesehen habe!", tönte es in diesem Moment aus dem Lautsprecher.
Verwirrt löste Hux sich von mir, blickte mich mit erhobener Augenbraue an. Durch das Sichtfenster spiegelte sich der Feuerschein der anhaltenden Explosionen in seinem Gesicht, beleuchtete seine Züge.
"Hast du schon bemerkt, was für eine ordentliche Oberweite die Assistentin von Hux hat?", erörterte der Copilot gerade seinem Kameraden. Scheinbar hatte dieser vergessen, das Intercom auszuschalten, sodass wir ihr Gespräch im Cockpit live belauschen konnten.
"Ich glaube, das hat wohl keiner übersehen können, Mitch!"
"Schon klar, Mann. Aber ich habe sie eben nur im BH gesehen. Mann Alter, die Lady hält, was sie verspricht! Kein Wunder, dass Hux sie nicht aus den Augen lässt."
"Ist schon ein schnuckeliges Ding. Die würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen, glaub mir", gab der Pilot zur Antwort.
Armitages Hand an meiner Wange verkrampfte sich merklich. Sprachlos starrten Hux und ich uns an, ich registrierte sogar schon die Ersten Warnzeichen, welche sich anbahnten. Die pulsierende Ader an seiner Stirn, oder die verkrampfte Kiefermuskulatur. Es stand außer Frage, dass Armitage gleich richtig explodieren würde. Dummerweise setzten die beiden Piloten mit ihren folgenden Worten dem ganzen noch die Krone auf.
"Glaubst du, die beiden haben es schon miteinander getrieben?"
"Na klar haben sie. Ich würde da auch nichts anbrennen lassen, wenn ich der General wäre!"
Mir fiel gerade dezent das Gesicht in Scheiben, während Hux gar nicht lange zögerte. Ruckartig erhob er sich von meiner Seite, um wutentbrannt ins Cockpit zu stürmen. Gleich darauf hörte ich ihn losschreien. "WAS ERLAUBEN SIE BEIDE SICH HIER EIGENTLICH? ICH HABE ALLES MIT ANGEHÖRT, DA SIE OFFENBAR ZU BESCHRÄNKT SIND, DAS INTERCOM RICHTIG ABZUSCHALTEN! IHR RESPEKTLOSES VERHALTEN WIRD KONSEQUENZEN HABEN, DAS VERSPRECHE ICH IHNEN!"
"General ich, ähm ..., verzeihen Sie Sir ...", drangen gleich darauf die gemurmelten Entschuldigungen durch die Lautsprecher.
"MAUL HALTEN, ALLE BEIDE!", brüllte Hux weiter. "KONZENTRIEREN SIE SICH GEFÄLLIGST AUF IHRE AUFGABE!"
Ich lag ausgestreckt auf dem Sofa und fuhr mir aufseufzend mit einer Hand durchs Gesicht.
Ernsthaft? Männer ...
Sich nähernde Schritte kündeten Armitages Rückkehr an. Er strahlte pure, ungezügelte Wut aus, aufgrund der Unverschämtheit, welche sich die Piloten gerade herausgenommen hatten. "Wie geht es dir, Victoria? Wirkt das Mittel schon? Lassen die Schmerzen nach?" Mit besorgtem Blick setzte Hux sich an die Kante ganz nah zu mir. Ich schob meine Hand in seine, während ich mir seine Frage durch den Kopf gehen ließ.
Ich fühle mich wirklich nicht mehr so angematscht und die Schmerzen lassen auch nach.
"Victoria?"
"Besser Hux. Danke."
"Nicht dafür, mein Engel", streichelnde Gesten auf meinem Haar begleiteten seine Worte. "Victoria, du glaubst gar nicht wie froh ich bin, dass du am Leben bist. Das ich dich noch rechtzeitig retten konnte. Ich hätte es nicht ertragen wenn du ... ..., wenn du ...", kopfschüttelnd brach Hux ab.
Aber es war gar nicht nötig das er weitersprach, denn ich verstand auch so, was er mir sagen wollte. "Ich verdanke dir mein Leben, Armitage. Du hast deines so selbstlos riskiert um mich zu erreichen. Ich danke dir." Da ich aktuell nicht von Schmerzen geplagt wurde, konnte ich mich mit meinem emotionalen Chaos auseinandersetzen.
Ohne Armitage wäre ich inzwischen tot, so viel ist sicher. Verdammt, er macht es mir wirklich nicht einfach. An einem Tag befiehlt er skrupellos den Tod von Millionen Unschuldigen, nur um sich dann selbst in Gefahr zu bringen und mein Leben zu retten. Sein Fokus liegt unweigerlich auf mir, egal was passiert. Für Hux stehe ich an erster Stelle.
Eine Welle aus schlechtem Gewissen schlug über mir zusammen. So sollte es nicht sein. Es sollte mir nicht so viel bedeuten, wie es tat. Als hätte er meine Gedanken erraten, beugte Armitage sich vor um mich erneut zu küssen. Mit einer Hand angelte er währenddessen nach einer sterilen Kompresse, nur auspacken konnte er sie nicht, ohne sich dabei von mir zu lösen. Ein Ratschen begleitete das Öffnen der Verpackung. "Lass mich deine Verletzung wenigstens notdürftig behandeln. An Bord der Finalizer kann sich Doktor Dorey dann um dich kümmern."
Ich signalisierte Hux meine Zustimmung, worauf er die Kompresse mit Desinfektionsmittel tränkte, um den größten Teil des Blutes wegwischen zu können. Bevor er anfing, hielt er mir seine freie Hand hin. "Halt dich an mir fest, Victoria. Ich kann dir keine örtliche Betäubung geben und das Schmerzmittel in der Spritze ist auch nicht so hoch dosiert, dass es alles abblockt. Das wird gleich ziemlich heftig brennen."
Ich schnappte mir schnell die angebotenen Finger, bevor ich Hux mit einem Nicken in die Augen sah. Ich hatte gerade noch Zeit tief Luft zu holen, bevor sich der Alkohol im Desinfektionsmittel einen brennenden Weg durch meine Wunde suchte. Unerbittlich wischte Hux weiter die Verletzung sauber, während ich seine Finger in meinem Klammergriff beinahe brach. Aber er beschwerte sich nicht, sondern murmelte mir die ganze Zeit über Entschuldigungen zu.
"General, wir nähern uns gleich dem Waldgebiet in Sektor 45. Es sieht danach aus, als hätte dort ein Kampf stattgefunden", drang die Mitteilung über Lautsprecher.
Hux verarztete meine Schulter, indem er eine weitere Kompresse darauf platzierte, sodass nichts mehr in die Wunde hineingelangen konnte. Dann half er mir beim Aufsetzen und Anziehen der Uniform.
"Ich sammle schnell noch ein Riesenbaby mit Namen Kylo Ren ein, dann können wir von hier verschwinden. Und ich will nicht, dass er deine ... Vorzüge zu Gesicht bekommt", erklärte Hux.
"Woher weißt du, das er hier ist?"
"Von Snoke."
"Wir könnten ihn auch einfach hier zurücklassen", wagte ich mich weiter vor. Immerhin würde sein Tod einen Feind weniger für den Widerstand bedeuten.
"Glaub mir, darüber habe ich auch schon nachgedacht, mein Schatz. Aber die Konsequenzen die mir dann von Snoke drohen würden, möchte ich mir lieber nicht vorstellen." Hux hatte seine Stimme inzwischen zu einem Flüstern gesenkt, da sich der gaffende Copilot schon wieder näherte, um dem General zur Not behilflich sein zu können. Ich legte meine Hände schnell an Armitages Wangen, um ihn noch einen Moment länger bei mir zu behalten.
"Pass auf dich auf! Und komm schnell zu mir zurück!", flüsterte ich ihm ebenso leise zu. Anstatt einer Antwort bekam ich einen Kuss. Dann eilte er zu dem Copiloten, welcher schon an der Einstiegsrampe auf ihn wartete. Gemeinsam verschwanden die beiden aus meinem Sichtfeld, um Kylo Ren zu holen.
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