Kapitel 18 - Konfrontationskurs
Händchen haltend folgten wir Kylo Ren in einigem Abstand, welcher mit seinen ausgreifenden Schritten ein enormes Tempo vorlegte. Anscheinend konnte es ihm nicht schnell genug gehen uns beim Obersten Anführer abzuladen, um sich dann an dem Anschiss zu erfreuen, den Armitage und ich höchstwahrscheinlich kassieren würden.
Ich hoffte innerlich, dass Snoke ihn vorher des Raumes verweisen würde, allein schon um Hux' Willen. Mir war bewusst, dass Armitage und ich mit unserem Verhalten offen gegen die erlassenen Vorschriften verstoßen hatten, aber dennoch wäre es schon ein starkes Stück, würde Snoke den General in Anwesenheit seines erbittertsten Rivalen zur Rede stellen.
Hux' Finger drückten meine etwas fester, anscheinend gingen ihm gerade dieselben Gedanken durch den Kopf. Und obwohl er mir mehrmals nachdrücklich versichert hatte mit dem Obersten Anführer fertig zu werden, ihm die Situation plausibel zu erklären, so konnte ich dennoch die Verunsicherung in seinen Augen sehen als wir uns anblickten. Offenbar war der Anführer der Ersten Ordnung ein unangenehmer Zeitgenosse der besonderen Art. Nun, ich würde noch früh genug die Möglichkeit bekommen, mir selbst ein Bild von ihm zu machen.
Ich verlangsamte meine Schritte um schließlich stehenzubleiben, was Armitage dazu zwang es mir nachzutun, eine Augenbraue fragend erhoben. "Victoria, wir sollten den Obersten Anführer nicht länger warten lassen."
"Ist mir bewusst. Aber mir ist deine Verunsicherung nicht entgangen, obwohl du krampfhaft versuchst, es dir nicht anmerken zu lassen."
Auf meine Worte hin drehte er seinen Kopf zur Seite, starrte auf einen Punkt am Boden. Dennoch war mir der geschockte Ausdruck in seinen Augen nicht verborgen geblieben.
"Armitage, ich bleibe die ganze Zeit bei dir. Du musst das nicht alleine durchstehen, denn du hast immer noch mich. Ich bin mir sicher, dass wir das schaffen. Gemeinsam."
Er hob seine wunderschönen grünen Augen, um in mein Gesicht sehen zu können. Zu meinem Erstaunen sah ich Tränen in ihnen schimmern. Oje, hatte ich irgendwie einen wunden Punkt getroffen? Meine Vermutung wurde gleich darauf von Hux' nächsten Worten bestätigt. "Es ist niemals gut, in der Ersten Ordnung Schwäche zu zeigen. Dieser Leitsatz wurde mir schon als kleiner Junge nachdrücklich eingeprügelt."
Mitgefühl wallte in mir auf. Das war nicht das erste Mal, dass Armitage mir gegenüber solche Andeutungen machte. Ich musste dringend herausfinden, was genau in seiner Kindheit eigentlich alles falsch gelaufen war, was ihm angetan wurde. Aber nicht jetzt. "Armitage, vor mir musst du dich nicht verstellen." Meine Hand fuhr nach oben, streichelte über seine Wange. Ich wusste, wie sehr er solche Berührungen genoss. "Ich weiß, wie unglaublich stark du sein kannst, wenn es darauf ankommt. Und jetzt ist solch ein Moment. Lass dir vor dem Obersten Anführer dein Unbehagen nicht anmerken, sondern tritt stark und selbstsicher vor ihn, so wie sonst auch."
Ein dankbares Lächeln zupfte seinen Mundwinkel nach oben. "Ich liebe dich, Victoria."
"Ich dich auch. Na komm, lass uns die Standpauke hinter uns bringen." Ich spürte das sanfte Gewicht seines Armes, welcher sich um meine Schultern legte um mich noch näher an ihn zu ziehen. Im Gleichschritt liefen wir durch die Flure, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Mir drängte sich unweigerlich der unangenehme Verdacht in den Kopf, dass ich möglicherweise in ernsthafte Schwierigkeiten geraten könnte. Wenn der Anführer der Ersten Ordnung gleichzeitig der Meister von Kylo Ren war, einem Nutzer der Macht, so musste dessen Lehrer ebenfalls dieser Fähigkeit mächtig sein.
Verdammt! Daran hätte ich schon viel früher einen Gedanken verschwenden können!
Innerlich tadelte ich mich sehr nachdrücklich für meine Sorglosigkeit, immerhin lief ich geradewegs zu einer Unterredung mit besagter Person. Was würde geschehen, wenn er meine Gedanken laß? Zweifellos könnte er ohne Probleme in meinem Geist eindringen und mich somit sofort als Spionin identifizieren. Mir alle wichtigen Informationen mit einem einzigen Gedanken entreißen, um sich anschließend dem Widerstand zu widmen. Die Frage war nur, würde er es auch tun? Würde er auf die Idee kommen, seine Macht bei mir einzusetzen, oder wäre ich in seinen Augen eine solche Mühe gar nicht wert? Für mich wäre es definitiv von Vorteil, wenn sein alleiniges Augenmerk auf dem General liegen würde.
Viel zu schnell näherten wir uns Kylo Ren, der vor einer breiten Tür stehen geblieben war. Ich zwang mich dazu, alle verräterischen Gedanken an den Widerstand, meine Mission, an Leia, Poe und Kimura aus meinem Kopf zu verbannen. Zischend entriegelte sich die Tür um uns eintreten zu lassen.
Ren ließ Hux und mir gekonnt den Vortritt, seine bedrückende Präsenz hinter meinem Rücken machte mich dezent etwas nervös. Vor uns lag ein weitläufiger, völlig leerer Raum, gänzlich in Dunkelheit getaucht, durch den unsere Schritte hallten. Nur vereinzelte Lichtpunkte verhinderten eine vollkommene, undurchdringliche Schwärze. Aus dem Augenwinkel sah ich mich verstohlen um ob außer uns dreien noch jemand anwesend war, doch sollte dem so sein, verbargen die Schatten dies meisterhaft.
Dennoch hielt Hux zielstrebig auf die Mitte des Raumes zu, wo ich ein etwas erhöhtes Podest ausmachen konnte. Mit einem entschuldigenden Blick nahm Armitage seinen Arm von meinen Schultern, um sich unauffällig vor mich zu schieben.
Ein Gefühl der Dankbarkeit wallte in mir auf, denn mir war klar was Armitage damit bezweckte -nämlich mich den Blicken des Obersten Anführers so gut wie irgendwie möglich zu entziehen. Meine Hand huschte kurz nach vorne, um seine Schulter ein letztes Mal aufmunternd zu drücken, da erwachte irgendwo ein Projektor zum Leben und erschuf direkt vor uns ein überdimensionales Bild des Obersten Anführers, welchen ich nun zum ersten Mal erblickte. Schnell zog ich meine Finger in einer fließenden Bewegung zurück, die in eine Verbeugung überging.
Kylo Ren und Hux taten vor mir genau dasselbe.
Die Projektion von Snoke starrte unerbittlich auf uns herab und obwohl er nicht körperlich anwesend war, erschlug seine machtvolle Aura mich nahezu. Er strahlte eine so unheilvolle, rücksichtslose, dunkle Macht aus, weshalb ich absolut nachvollziehen konnte, warum Armitage so nervös war. Himmel, der Oberste Anführer war das krasse Gegenstück zu unserer gutmütigen, freundlichen Generalin Organa.
Verdammt, Ria! Reiß dich zusammen und halte verdammt nochmal deine Gedanken zurück!
Ich wagte kaum den Blick zu heben, aber als die Projektion zu sprechen begann tat ich es dann doch. Verstohlen musterte ich sein vernarbtes, deformiertes Gesicht, seinen haarlosen Schädel.
Mein Gott, der Kerl ist hässlich wie die Nacht!
Kopfschüttelnd stand meine innere Stimme in einer Ecke und zeigte mir den Vogel. Nun, Recht hatte sie ja.
Konzentration, Ria!
"General, mir wurde eine unerfreuliche Botschaft zugetragen", fegte Snokes Stimme über uns hinweg.
Ich registrierte, wie sich Hux' Schultern vor mir verkrampften, die Hände waren hinter seinem Rücken zu Fäusten geballt. Offensichtlich tat Snoke ihm den Gefallen nicht, Kylo Ren hinauszuschicken. Umsichtig trat ich einen kleinen Schritt näher und schmuggelte meine Finger in Armitages Faust, signalisierte ihm damit meine Anwesenheit. Dankbar ergriff er meine Hand.
Hoffentlich bemerkt Snoke nichts, bitte, lass ihn nichts merken!
"Ja, Oberster Anführer. Ich weiß worum es geht. Erlauben Sie, dass ich Ihnen die Situation dementsprechend darlege."
Die Projektion von Snoke verschränkte die Hände unter dem Kinn ineinander und signalisierte somit die Bereitschaft, eine Erklärung abzuwarten.
"Offizierin Deveron wird mich in Zukunft als persönliche Assistentin unterstützen. Bei unseren gemeinsamen Zusammenarbeiten haben wir herausgefunden, wie effektiv wir beide uns ergänzen. Mein vollstes Augenmerk liegt jedoch nach wie vor auf der Erfüllung meiner Aufgaben. Dem Dienst an der Ersten Ordnung. Aber mit Offizierin Deveron an meiner Seite, kann ich die mir übertragenen Aufgaben noch effizienter und schneller erledigen als vorher." Unverwandt starrte Armitage nach oben, wartete gespannt darauf, was sein Anführer antworten würde.
Ein hämisches Schnauben ließ sich neben uns vernehmen, offenbar fand Kylo Ren diese Aussage etwas zu dick aufgetragen. "Das wage ich doch zu bezweifeln, General. Ihre Arbeitshaltung heute sah alles andere als zielgerichtet aus, als Sie mit Offizierin Deveron küssend auf der Brücke sanden."
Mein Kopf ruckte scharf zu Ren herum, doch dieser war offenbar noch lange nicht damit fertig, Hux durch den Dreck zu ziehen. Armitages Finger krallten sich derweil fester in meine Hand und zitterten leicht.
"Zudem fand Ihre ach so zielgerichtete Interaktion mit ihr zu jenem Zeitpunkt statt, an dem der Widerstandspilot von der Finalizer geflüchtet ist."
"Wie können Sie es wagen?!! Erst nachdem ich alle mir möglichen Schritte unternommen und eingeleitet hatte. Uns blieb nur abzuwarten, welche Nachrichten ..."
"Nun, die Zeit des Wartens haben Sie ja effektiv überbrückt, General Hux." Kylo Ren wandte sich aufmerksamkeitsheischend an Snoke zurück.
Geschockt über die Szene, welche sich hier gerade abspielte, versuchte ich Kylo Ren mit meinen Blicken zu erdolchen. Wieso verdammt fiel er nicht auf der Stelle tot um? Ich konnte Armitages Gesicht nahezu vor mir sehen, wie er verzweifelt um Fassung rang. Empört über diese offene Demütigung, war das Zittern seiner Hände mittlerweile auch auf seine Schultern übergegangen. Ich wäre unglaublich gerne einen weiteren Schritt näher getreten um meine Hand beruhigend auf seine Schulter zu legen, doch das traute ich mir dann beim besten Willen nicht mehr zu.
Dummerweise lenkte irgendetwas Snokes Aufmerksamkeit trotzdem auf mich. "Offizierin Deveron, nehme ich an? Treten Sie einen Schritt näher!"
Verdammte Kacke! So ein Mist aber auch!
Armitage und ich wechselten einen mulmigen Blick ehe ich tat, wie mir geheißen wurde. Ich las in seinen Augen, dass er mir diese Situation am Liebsten erspart hätte. An seiner Seite blieb ich stehen, gebannt nach oben blickend, nebenbei spürte ich, wie Armitage dicht an meiner Seite stehn bleib.
"Oberster Anführer", salutierte ich. Die erwartete Zurechtweisung meinerseits blieb vorerst aus, stattdessen wurde ich einer eingehenden Musterung unterzogen.
Denk an irgendetwas anderes, Ria! Ungewollt schoss mir dieses völlig beknackte Kinderlied durch den Kopf. Zehn kleine X-Wings fliegen schnell umher. Kommt ein Schwadron TIE-Jäger, macht's keinen Spaß mehr! Passend dazu flitzen die kleinen Raumschiffe vor meinem inneren Auge herum.
Ein verächtliches Schnauben kam von der Projektion Snokes, ehe er sich wieder seinem General zuwandte. "Eine interessante Auswahl die Sie da getroffen haben, General Hux. Aber was genau glauben Sie, hiermit zu bewirken? Sie sollten mit den Regeln eigentlich vertraut sein. Ich erwarte eine Erklärung, weshalb Sie offen, demonstrativ, vor versammelter Mannschaft dagegen verstoßen! Ich verlange eine zielgerichtete, aufgabenorientierte Konzentration auf die vor Ihnen liegende Arbeit. Ablenkungen werden nicht toleriert. Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, diese Offizierin als persönliche Assistentin auf die Basis mitzunehmen."
Armitage und ich wechselten einen schnellen Blick. In seinen Augen spiegelte sich das Entsetzen wieder, welches mein Innerstes erfasst hatte.
An mich gerichtet fuhr Snoke fort, "Sie packen unverzüglich Ihre Sachen. Sie werden auf ein anderes Schiff dieser Flotte strafversetzt."
Armitage wagte, einen Protest einzuwenden. "Oberster Anführer bei allem Respekt muss ich Ihnen mitteilen, dass die Menge und Komplexität an Aufgaben meine Kapazität langsam übersteigt. Eine Assistentin an meiner Seite ist unerlässlich und Offizierin Deveron hat ihre Eignung für diese Tätigkeit bestens unter Beweis gestellt, da ich Sie mit dem Projekt bereits vertraut gemacht und eingearbeitet habe. Ich möchte noch einmal betonen, dass unsere Zusammenarbeit äußerst effektiv abläuft und wir gemeinsam in kurzer Zeit mehr bewältigen können. Gerade bei unserem knapp bemessenen Zeitplan brauche ich sie an meiner Seite, sonst können wir die Waffe nicht wie geplant testen."
Gebannt hielt ich die Luft an. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Armitage seinem Vorgesetzten so offen widersprechen würde.
Die Projektion von Snoke beugte sich lauernd nach vorne. "General, wollen Sie damit etwa sagen, dass Sie eine außenstehende Person in die geheimen Pläne unserer Waffe eingeweiht haben? Was denken Sie eigentlich, wer Sie sind?", donnerte Snoke von oben herab.
Ich sah aus dem Augenwinkel heraus wie Armitage zusammenzuckte und auch ich fühlte die brodelnde Macht von Snoke über mich hinwegfegen.
Man merkte dem Obersten Anführer deutlich seine Wut an, als er weitersprach. "Da der Schaden allerdings schon angerichtet ist, gestatte ich Ihnen, diese Frau für die Dauer der Testläufe bis hin zur Fertigstellung als Assistentin mitzunehmen. Allerdings wird Ihre gemeinsame Zusammenarbeit danach sofort wieder beendet sein, weil die Strafversetzung bei Ihrer Rückkehr vollzogen wird. Sie, General, tragen während dieser Zeit die volle Verantwortung. Doch ich warne Sie, sollte irgendetwas nicht meinen Wünschen entsprechend ablaufen, sollte auch nur die kleinste Kleinigkeit schief gehen, dann werden Sie die Konsequenzen zu spüren bekommen. Offizierin Deveron fällt genauso in Ihren Verantwortungsbereich. Sollte ihr auch nur der kleinste Fehler unterlaufen, werde ich sie beide zur Rechenschaft ziehen. Ich dulde kein Versagen, nicht bei diesem Projekt und vor allem nicht aufgrund einer solchen Ablenkung. Enttäuschen Sie mich lieber nicht General, sonst werden Sie sich wünschen, niemals in den Dienst der Ersten Ordnung eingetreten zu sein. Gehen Sie mir aus den Augen. Ich erwarte, dass Sie innerhalb der nächsten zwei Stunden von diesem Schiff zu ihrem Projekt aufgebrochen sind. Da der Widerstandspilot fliehen konnte, wird er die Karte zu Skywalker vermutlich direkt bei den Anführern des Widerstands abliefern."
"Ja, oberster Anführer", gab Hux klein bei.
"Und was dich betrifft, mein Schüler", damit richtete Snoke das Wort direkt an Kylo Ren. "Ich erwarte von dir, dass du dich in Zukunft nicht mehr so einfach von dem Verhalten deines Widersachers ablenken lässt. Deine Beweggründe General Hux bei mir zu melden sind aus dem schwächlichen Wunsch heraus geboren, deinen Rivalen schlecht zu machen. Solche niederen Beweggründe sollten deiner nicht würdig sein. Ich bin enttäuscht von dir." Damit erlosch die Projektion, wir waren somit offiziell entlassen.
Armitage und ich sahen uns an, Worte waren im Moment nicht nötig.
Kylo Ren stürmte bereits aus dem Raum, offensichtlich ziemlich aufgebracht aufgrund der Zurechtweisung, welche er ebenfalls hatte hinnehmen müssen.
"Komm, Victoria, du hast unseren Anführer gehört. Wir brechen sofort auf, pack deine Sachen."
Vor dem Saal angekommen hielten wir inne. "Wo treffen wir uns, Armitage?"
"In einer Stunde in Hangarbucht eins. Reicht dir das, um deine Sachen zu packen und dorthin zu kommen?"
"Ja."
"Dann bis gleich." Damit wandte Hux sich ab um mit eiligen Schritten davonzugehen.
Ich gönnte mir einen kurzen Moment um durchzuatmen. Die Situation hätte noch deutlich schlimmer für uns ausgehen können. Langsam machte ich mich auf den Weg zurück in mein Quartier, um alle nötigen Vorbereitungen bezüglich der bevorstehenden Abreise zu treffen. Dazu gehörte auch, Kimura auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen, daher schickte ich ihm rasch eine Nachricht. "Doktor Dorey, General Hux und ich brechen noch heute von der Finalizer auf. Ist meine medizinische Behandlung komplett angeschlossen, oder sollten noch Nachuntersuchungen auf der Basis stattfinden?"
So sollte niemand Verdacht schöpfen und Kimura konnte offen herauslesen, dass unsere Befürchtungen eingetroffen waren und die Erste Ordnung sich zum Handeln gezwungen sah. Zügig verstaute ich meine wenigen Habseligkeiten in einer Tasche. Vieles hatte ich sowieso nicht mit mir genommen, noch weniger davon hatte ich bei meinem kurzen Aufenthalt hier ausgepackt.
Mit einem Ping zog das Datenpad meine Aufmerksamkeit auf sich, weshalb ich es schnell aktivierte. Es war keine Nachricht von Kimura, wie zuerst erwartet, sondern von Armitage. "Victoria, bist du startklar? Ich möchte so schnell wie möglich von hier aufbrechen. Kylo Ren ist aufgrund der Zurechtweisung von Snoke extrem ungehalten. Pass auf, dass du ihm nicht über den Weg läufst, ich befürchte nämlich, das er schon sehr bald völlig die Kontrolle verliert."
Wunderbar. Unser Eimerkopf hat schlechte Laune.
Dummerweise lag ein verhältnismäßig langer Weg bis zu Hangabrucht eins vor mir. Während ich aus meinem Quartier eilte, tippte ich im Laufen eine Antwort an Hux ein. "Ich bin schon auf dem Weg Armitage. Wo bist du? Etwa schon im Shuttle? Hat Kylo Ren dich angegriffen?"
"Ja, ich bin schon vor Ort. Alles ist klar für den Abflug, jetzt fehlst nur noch du. Wo bist du gerade?"
"Im Flur vor den Offiziersquartieren. Ich brauche noch einen Moment, Hux."
Was dachte er sich eigentlich? Dieses Schiff war riesig, da konnte man nicht so schnell von einem Ort zum anderen gelangen.
"Alles klar. Pass bitte nur auf, das du Ren nicht über den Weg läufst. Ich habe da ein ganz mieses Gefühl."
Wem sagst du das?
Ich beschleunigte meine Schritte, da mir ein eiskalter Schauer über den Rücken rann. Prüfend warf ich einen Blick zurück über die Schulter, doch der Flur lag völlig leer und verlassen hinter mir. Weshalb fühlte ich mich dann so ausgeliefert? Als würde ich geradewegs in eine Falle laufen? Kopfschüttelnd nahm ich die nächste Ecke. Einige Schritte vor mir lag der Turbolift am Ende einer Wegkreuzung. Auch hier herrschte gähnende Leere, kein Mensch war anwesend. Dennoch verstärkte sich das drohende Gefühl von Gefahr um ein vielfaches.
Reiß dich zusammen, Ria. Deine Phantasien gehen gerade mit dir durch.
Am Lift angekommen betätigte ich die Ruftaste. Zu meinem Glück öffneten sich die Türen beinahe umgehend und auch im Lift selbst war keine Person anwesend. Erleichtert trat ich schnell ein und betätigte den Schließmechanismus, um anschließend meinen Zielort auszuwählen. Die Türen wollten sich gerade zischend schließen, als sie plötzlich mitten in der Bewegung ruckartig abgestoppt wurden. Irritiert starrte ich einen Moment auf die widerwillige Technik, schon wieder mein Unglück verfluchend, da schob sich eine schwarz behandschuhte Hand in mein Blickfeld. Langsam glitten die Türen zurück in ihre ursprüngliche Ausgangsposition und offenbarten damit die Person, welche vor den Lift getreten war. Kylo Ren.
Scheiße! Oh bitte nicht!
Bedrohlich, ohne ein Wort zu sagen trat Kylo Ren zu mir in den Lift, was mich panisch in die nächste Ecke zurückweichen ließ. Mit einem dumpfen Knall ließ er mithilfe seiner Macht die Türen hinter sich zuschnappen. Ich saß wie ein Tier in der Falle, konnte ihm unmöglich entkommen. Am Rande registrierte ich, wie sich der Lift in Bewegung gesetzt hatte. Ich stand mit dem Rücken zur Wand und wagte es nicht, den Blick zu heben um mein Gegenüber anzusehen. Das war auch gar nicht nötig, denn ich konnte die pure Wut regelrecht spüren, welche er ausstrahlte.
"Ich sollte Ihnen vor ihrer Abreise einen nachhaltigen Denkzettel verpassen. Möglicherweise ruft das General Hux wieder zur Besinnung, wo genau sein Platz innerhalb der Ersten Ordnung ist."
"Sir, ich ...", weiter kam ich nicht, denn genau in dem Moment wo ich zum Sprechen ansetzte, schleuderte seine Ohrfeige meinen Kopf brutal zur Seite. Die Kabinenwand neben mir bremste den Schwung genauso nachdrücklich wieder ab. Meine Beine gaben unter mir nach, was mich benommen zu Boden rutschen ließ. Etwas warmes lief über mein Gesicht, tropfte mir in die Augen und trübte so meine Sicht.
Kylo Rens große Gestalt trat näher, packte mit unerbittlichem Griff meine Haare um mich daran wieder in die Höhe zu reißen.
Ein unterdrückter Schmerzenslaut entschlüpfte meinen Lippen.
"Möchten Sie etwas sagen?" Kylos freie Hand schnellte zur Faust geballt vor und wurde mit voller Wucht in meinen unteren Bauchraum geschlagen. Nur seine in meinen Haaren vergrabenen Finger hielten mich davon ab, auf dem Boden kauernd eine Schutzhaltung einzunehmen.
Tränen vermischten sich mit dem Blut, welches über mein Gesicht strömte. "Bitte, Sir ...", meine Stimme war nur noch ein Wimmern. Eine unsichtbare Macht schloss sich um meine Kehle, drückte langsam und unerbittlich immer fester zu. Schnürte mir die Luft ab. An den Haaren wurde ich wieder in eine aufrechte Position gerissen, um meinen Peiniger ansehen zu müssen.
"Lassen Sie sich das eine Warnung sein!" Langsam erhöhte Ren den Druck um meinen Hals.
Ich hing hilflos in seinem Griff, japsend wie ein Fisch auf dem Trockenen. Schwarze Ränder begannen mein Sichtfeld zu trüben, krochen langsam näher.
"Und richten Sie Ihrem werten General diese Warnung ebenfalls aus." Noch einmal wurde der Druck gesteigert.
Lange würde ich das nicht mehr aushalten. Ein permanentes Rauschen hatte sich in meinen Ohren eingestellt, das Herz flatterte mir panisch in der Brust. Keine Ahnung, woher ich die letzten Kraftreserven mobilisierte, da mein Bewusstsein kurz davor stand sich zu verabschieden. Vermutlich packte mich gerade der sogenannte Mut der Dummen, aber ich trat mit aller mir verbliebenen Kraft zu. Und traf genau die empfindlichen Weichteile von Kylo Ren. Mit einem erschütternden Schrei ließ er von mir ab, was mich unsanft zu Boden stürzen ließ.
Da waren wir nun, er kauend auf den Knien, die Hand an seinen schmerzenden Eiern, ich verzweifelt nach Luft ringend. Verdammte Scheiße, was hatte ich mir jetzt gerade eingebrockt?
Zornentbrannt schleuderte er seinen Helm mit einem Schrei von sich, wandte sich ruckartig zu mir. Eine Ader trat pochend auf seiner Stirn hervor, die etwas längeren schwarzen Haare fielen ihm vor die Augen. Seine Hand schoss nach vorne, in einer Geste der Macht verkrümmt.
Ruckartig wurde mein Arm nach hinten gerissen, in einen unnatürlichen Winkel gezwungen. Aufscheiend kippte ich vornüber.
"Verdammtes Miststück!", schleuderte Ren mir entgegen. Um seine Aussage zu untermauern nutzte er seine Macht um die Finger meiner Hand zu brechen. Einen nach dem anderen.
Schreiend lag ich am Boden, gegen eine solche Machtdemonstration hatte ich nicht die geringste Chance.
Schwer atmend rappelte Kylo Ren sich auf, um mir einen verächtlichen Blick zuzuwerfen.
Ich lag als kleines, zusammengekauertes Häufchen Elend am Boden, die verletzte Hand schützend an mich gepresst. Wann kam dieser beschissene Aufzug denn endlich am Ziel an?
"Sie sollten besser zusehen, dass sich unsere Wege so schnell nicht wieder kreuzen, Offizierin Deveron." Mit diesen Worten und einem letzten ordentlichen Tritt in den Bauch verabschiedete sich Kylo Ren.
Nachdem er die Liftkabine verlassen hatte, setzte dieser unbeirrt seinen Weg nach unten fort, meinem ursprünglichen Ziel entgegen. Beschwerlich rappelte ich mich irgendwie auf, um mich an die Wand sacken zu lassen. Mein gesamter Körper bestand nur noch aus Schmerz, Tränen flossen ungehindert über mein Gesicht. Ich saß einen Moment weinend in der Ecke und versuchte verzweifelt Luft durch meine malträtierte Kehle zu zwingen. Es fühlte sich so an, als würden Glasscherben in meinem Hals stecken, solch stechenden Schmerzen jagte jeder Atemzug durch mich hindurch.
Die blecherne Stimme aus dem Lautsprecher verkündete, das ich in den Hangarbuchten angekommen war. Schniefend rappelte ich mich auf, konnte wegen der Tritte und Schläge in den Bauch allerdings nicht gerade stehen. Taumelnd stützte ich mich an der Wand ab, langsam einen Schritt nach dem anderen machend. Mein katastrophaler Zustand blieb allerdings nicht lange unbemerkt, in den Hangars herrschte immer ein reger Betrieb. Ein Sturmtruppler bemerkte mich und kam schnell auf mich zugerannt. Seine Schreie machten auch andere Truppler in der Nähe auf mich aufmerksam.
Verdammt, auch das noch.
Schon bald war ich von Leuten umringt, gerade gesellte sich ein Unteroffizier dazu um zu überprüfen, was los war. Allerdings machte keiner der Anwesenden irgendwelche Anstalten, mir irgendwie helfen zu wollen. Anscheinend musste ich die Initiative wohl wieder selbst in die Hand nehmen, daher verlangte ich so nachdrücklich und befehlsgewohnt wie möglich nach General Hux. Der Unteroffizier erkannte mich wohl an meinem Rangabzeichen, daher gab er einem Truppler den Befehl nach dem General zu schicken.
"Offizierin, was ist mit Ihnen passiert?"
"Das hat Sie nicht zu kümmern. Holen Sie einfach General Hux her. Sofort!" Jedes Wort entfachte ein loderndes Feuer in meinem Hals.
"Natürlich. Er wurde schon benachrichtigt und sollte auf dem Weg sein. Sie haben Glück, sein Shuttle hat sich gerade für den Start bereit gemacht."
Ich winkte ab, da mir einfach die Kraft zum Sprechen fehlte. Ich ließ mich an der Wand hinabrutschen, es war mir im Augenblick scheißegal was sie von mir dachten.
Auf einmal kam hektische Betriebsamkeit unter den umstehenden Sturmtrupplern auf, als sich die barsche Stimme von Hux vernehmen ließ. Schnell traten alle zur Seite um den General durchzulassen, davor hatten sie ihm die Sicht auf mich verstellt.
Armitage blieb wie angewurzelt stehen, als er mich am Boden kauernd vorfand, noch dazu blutüberströmt und nach Luft japsend. "Wieso ist kein Arzt bei Ihr?", fragte er gefährlich ruhig. Doch das war nur eine Fassade die sehr schnell Risse bekam, denn als niemand seine Frage beantwortete begann Hux zu schreien. "Wieso hat niemand einen Arzt verständigt? Steht nicht so unfähig herum!" Schnell hatte er sich zu mir gekniet um ganz sanft seine Arme um mich zu legen. Unendlich vorsichtig zog er mich in eine Umarmung, spendete mir Trost und Geborgenheit. Ignorierte die Leute um uns herum. "Victoria, mein Schatz was ist mit dir passiert?" Seine behandschuhte Hand fuhr unter mein Kinn um es anzuheben. Voller Sorge huschten seine Augen über mein malträtiertes Gesicht, registrierten jede Verletzung. "Kylo Ren?"
"Ja. Ich kann nichts ... dafür Armitage. Er hat ... mir im Lift eine Falle gestellt, ich ... konnte nicht mehr weg!" Die Worte kamen nur sehr mühsam aus mir heraus, immer wieder wurde ich unterbrochen da mir die Luft ausging. Tränen strömten ungehindert über mein Gesicht, weshalb mich Armitage wieder fester in seine Arme schloss.
"Scht, es ist gut. Du bist jetzt bei mir und schon bald verlassen wir die Finalizer." Mit diesen Worten erhob er sich, trug mich in seinen Armen zurück zum bereitstehenden Shuttle. "Schicken Sie den Arzt in mein Schiff", informierte er im Davongehen die Personen, welche uns nachblickten.
Ich lag ziemlich verkrampft in Armitages Armen, da ich versuchte meine vor Schmerz pochende Hand nirgendwo anstoßen zu lassen. Mühelos trug er mich die Einstiegsrampe seines Shuttles hinauf. Nebenbei registrierte ich, dass es sich hierbei nicht um ein gewöhnliches Transportshuttle handelte, sondern vielmehr um ein privates Luxusshuttle. Der Einstiegsbereich war möbliert wie ein edles Foyer, in welchem man problemlos wichtige Botschafter und hochgestellte Persönlichkeiten empfangen konnte.
Zielstrebig steuerte Hux ein Sofa an um sich gemeinsam mit mir darauf niederzulassen, die Arme immer noch fest um mich geschlungen. Zu ihm aufsehend bemerkte ich seinen besorgten Blick. "Wie schlimm ist es, Victoria?" Seine Hand strich vorsichtig die Haare aus meinem Gesicht, welche dort im Blut leicht festgeklebt waren.
"Meine Hand hat es am Schlimmsten erwischt." Ich hatte noch nicht gewagt einen genaueren Blick auf meine gebrochenen Finger zu werfen, welche unablässig stechende Schmerzwellen meinen Arm hinaufpulsieren ließen. Vorsichtig hob ich die verletzte Hand an, nur um bei deren Anblick entsetzt nach Luft zu schnappen. Meine Finger standen in den unmöglichsten Winkeln ab. "Scheiße!" Mir wurde schlecht, daher brachte ich das verletzte Körperteil schnell wieder aus meinem Blickfeld.
Auch Armitage hatte bei diesem unschönen Anblick scharf Luft geholt. "Keine Sorge, das kann ein Arzt bestimmt wieder in Ordnung bringen", beruhigte er mich, streichelte mir dabei mitfühlend über den Kopf. Diese kleine Berührung reichte allerdings schon aus um neuerliche Schmerzen über mich hinwegrollen zu lassen, weshalb ich vor Armitages Berührung zurückzuckte.
"Was hat Kylo Ren dir noch angetan? Sag es mir!"
"Mich mit seiner Macht gewürgt."
Armitages Finger wanderten sofort zum Kragen der Uniformjacke, um die Knöpfe zu öffnen. Was er sah schien ihm nicht zu gefallen, da sich seine Gesichtszüge merklich verdüsterten. "Dieser verdammte Bastard. Dein ganzer Hals ist voller Blutergüsse. Ich bin froh, dich aus seiner Schusslinie bringen zu können. Unsere Abreise kommt sehr gelegen." Schritte an der Einstiegsluke ließen ihn aufblicken, seine Arme schlossen sich für einen Moment fester um mich. "Ah, Doktor Tenroy. Gut, dass Sie so schnell kommen konnten."
Tenroy? Also ist Kimura diesmal wohl nicht benachrichtigt worden.
"Natürlich, General Hux. Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?" Während seiner Frage war der Chef von Kimura näher getreten um sich einen Überblick zu verschaffen. Wieso musste ausgerechnet er vorbeikommen? Unser erstes und letztes Aufeinandertreffen war alles andere als glücklich verlaufen, da ich ihn recht gekonnt zur Schnecke gemacht hatte.
"Offizierin Deveron benötigt Ihre medizinische Hilfe, nicht ich. Sie ist in eine kleine ... Auseinandersetzung geraten."
Charmant formuliert.
Ich rechnete zwar nicht damit, dass Doktor Tenroy mir in Gegenwart von einem General mehr Schmerzen als nötig während der Versorgung zufügen würde, aber sicher sein konnte man ja nie. Da ich zudem noch auf Kriegsfuß mit medizinischen Behandlungen stand zog ich schnell Armitages Aufmerksamkeit auf mich. "Bleibst du bitte bei mir?", ein flehender Blick sollte genügen, damit Hux mich nicht alleine ließ und siehe da, es klappte wunderbar.
"Natürlich, Victoria."
Doktor Tenroy platzierte sich auf dem Couchtisch vor mir und begann damit, mein malträtiertes Gesicht nach nicht sichtbaren Knochenbrüchen abzutasten. Obwohl er vorsichtig und behutsam dabei vorging, musste ich doch stark an mich halten, um keine Schmerzlaute von mir zu geben. Es wurde auch nicht besser, als er die Blutergüsse an meinem Hals abtastete, da diese extrem schmerzhaft waren.
Aua! Scheiße tut das weh!
Armitage hielt während der gesamten Zeit meine unverletzte Hand, er wurde allerdings immer wieder von eingehenden Nachrichten auf seinem Datenpad abgelenkt.
Nachdem der Arzt sich einen Überblick über meine Verletzungen verschafft hatte, kam er zu einem ernüchternden Ergebnis. "Ihre Verwundungen sollten Sie auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Am Besten wäre es, Sie würden die bevorstehende Abreise verschieben um sich auf der medizinischen Station in Behandlung und Überwachung zu begeben. Die kleineren Wunden im Gesicht sind leicht mit etwas Bacta-Gel zu versiegeln und werden auch kaum Narben zurücklassen. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob Sie nicht auch eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen haben könnten. Außerdem müssen Ihre Finger möglichst schnell wieder gerichtet werden. Es ist zwar von Vorteil, dass keine offenen Brüche sichtbar sind, dennoch sollten die Finger nicht lange in diesem Zustand gelassen werden, da sonst möglicherweise Folgeschäden entstehen können. Leider bin ich hier vor Ort nicht in der Lage, diesen Umstand zu beheben."
"Es ist völlig ausgeschlossen, dass meine Assistentin ihre Abreise verschiebt, Doktor. Behandeln Sie alles was im Bereich des Möglichen liegt jetzt, die restlichen Verletzungen werden sofort nach unserer Ankunft auf der Basis versorgt." Armitage hatte wieder seinen befehlsgewohnten Umgangston angenommen um seinem Gegenüber zu signalisieren, das jeglicher Widerspruch zwecklos war.
Tenroy fügte sich schnell in Armitages Forderungen. "Wie Sie wünschen, General. Offizierin Deveron, ich werde Ihnen ein starkes Schmerzmittel verabreichen. Möchten Sie sich zur Behandlung lieber hinlegen?"
"Nein, schon in Ordnung."
Auf meine Antwort hin begann Tenroy damit, mir das Blut von Gesicht und Hals abzuwischen und die Wunden zu reinigen. "Sie haben Glück, keine der Verletzungen muss genäht werden."
Wenigstens das nicht!
Armitage warf mir einen schmunzelnden Blick zu, da er genau erraten konnte, welche Gedanken mir gerade durch den Kopf schossen. Wieder vermeldete sein Datenpad eine eingehende Nachricht, welche von ihm kritisch beäugt wurde.
Während einer kurzen Pause die mir vergönnt war krächzte ich daher schnell, "Stimmt etwas nicht?"
"Wie es aussieht, bekommen wir gleich unliebsamen Besuch. Lass mich die Sache regeln, Victoria."
Fragend starrte ich Armitage an, es dauerte einen Moment ehe ich realisierte von wem genau er eigentlich sprach. "Sag bloß, Kylo Ren kommt her?", entfuhr es mir geschockt.
Aua! Mein Hals!
Wie auf Kommando betrat die dunkel gekleidete Gestalt von Ren samt Helm und Umhang das Shuttle. Selbstbewusst, als würde ihm jegliches Recht dazu gebühren.
Meine Finger krallten sich krampfhaft an die von Hux, nur zu gut hatte ich die Situation im Lift noch einmal lebhaft vor Augen.
Armitage entwand mir seine Hand, um sich demonstrativ zwischen mir und seinem verhassten Rivalen aufzubauen, der langsam näher getreten war.
"General Hux", der sarkastische Tonfall war trozt der Stimmverzerrung des Helmes deutlich zu vernehmen. "Wie ich sehe ist meine Warnung bereits bei Ihnen angekommen."
"Vorsicht, Ren! Seien Sie sicher, dass ich Snoke von Ihrem Mangel an Selbstkontrolle informieren werde. Des weiteren haben Sie nicht Hand an meine persönliche Assistentin zu legen, da ich ihre Arbeitskraft in Zukunft noch benötige."
Kylo Ren trat schnaubend näher um sich wenige Zentimeter vor Hux aufzubauen. "Sollten Sie nicht eher sagen, dass Sie die vertraulichen Zuwendungen von der Offizierin noch benötigen? Immerhin werden sie beide auf Basis Starkiller vollkommen unbehelligt sein. Die Zweifel die der Oberste Anführer an Ihnen und Ihrer ... Gewissenhaftigkeit gelassen hat sind nicht ganz unberechtigt."
Ich sah, wie Armitage auf diese Äußerung hin die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballte. Da ich befürchtete das Armitage sich vor lauter Zorn zu einer unbedachten Antwort hinreißen ließ, rappelte ich mich irgendwie vom Sofa auf um mich an seine Seite zu stellen und seine Hand zu ergreifen.
Leider brachte meine Intention nicht das gewünschte Ergebnis, da Armitage zu einem verbalen Konter ausholte. "Sie unausstehlicher, aufgeblasener, eingebildeter Wichtigtuer. Der Oberste Anführer hat mir allein das Kommando über dieses Projekt übertragen, nicht Ihnen. Anscheinend hat er trotz allem immer noch deutlich mehr Vertrauen in meine Führungsqualitäten als in Ihre, Ren! Immerhin lasse ich mich nicht durch irgendwelche kindlichen, impulsiven Narrheiten aus der Fassung bringen. Wenn Sie es auch nur noch einmal wagen Hand an Victoria zu legen, dann werde ich ..." Weiter kam Hux nicht denn Kylo Ren hatte offenbar genug gehört, oder er war am Ende seiner Geduld angelangt.
Wie schon zuvor mit mir, schlug Ren den General mithilfe seiner Macht zu Boden. Der Schlag zielte genau in die Mitte von Armitages Gesicht.
"Armitage!" Ich ließ mich schwer neben ihn auf den Boden sinken. Voller Hass starrte Hux zu Kylo Ren hoch, eine Hand auf seine Nase gepresst, unter der schon Blut hervorsickerte.
"Vorsicht, General Hux. Sie überschätzen sich und Ihre Position, welche Sie hier innehaben maßlos. Vergessen Sie niemals, mit wem Sie hier reden. Vor wem Sie besser einen gesunden Respekt an den Tag legen sollten. Bilden Sie sich lieber nicht ein, dass Sie nicht austauschbar wären." Mit diesen herabwürdigenden Worten verließ Kylo Ren mit wehendem Umhang das Shuttle.
Doktor Tenroy, der alles live mit angesehen hatte, stand zum Glück stillschweigend daneben.
"Armitage?" Ich streichelte langsam über seinen Arm, was seine Aufmerksamkeit zurück auf mich lenkte. "Du hast das nur meinetwegen einstecken müssen. Es tut mir so leid, Armitage!"
"Ich würde jederzeit wieder für dich einstehen, Victoria. Dieser Bastard hat dich misshandelt und geschlagen. Irgendwann werde ich ihm seine Überheblichkeit ..."
"Scht!", schnell legte ich meine Finger auf seine Lippen, um ihn somit am Weitersprechen zu hindern. Immerhin hatten wir einen Zuhörer in Doktor Tenroy. Ich mochte den Mann nicht und war mir ziemlich sicher, das er mit dem was er gehört hatte direkt zu jemandem laufen würde. Vorzugsweise zu Kylo Ren. Gemeinsam standen wir vom Boden auf, wobei Hux mich mehr unterstützte als ich ihn.
Wortlos reichte Tenroy eine Kompresse an Hux weiter, damit dieser die Blutung stillen konnte. Währenddessen schloss er meine Behandlung soweit wie möglich ab. "Offizierin Deveron ich rate Ihnen dringend, sich sofort in medizinische Behandlung zu begeben, nachdem Sie an Ihrem Bestimmungsort angekommen sind. Beginnt das Schmerzmittel schon zu wirken?" Auf mein Nicken hin wandte er sich an Armitage, um nach dem General zu sehen.
Hux wimmelte ihn allerdings sofort ab, mit der Begründung, schon zuviel Zeit verloren zu haben. "Wir müssen unverzüglich starten. Ich danke Ihnen für die schnelle Hilfe."
"Natürlich Sir." Schnellen Schrittes lief der Arzt die Einstiegsrampe hinab.
Armitage nahm sein Datenpad zur Hand, um dem Piloten seines Shuttles den sofortigen Startbefehl zu erteilen.
Ich verfolgte Hux mit den Augen, wie er gedankenverloren umherlief, während er Anweisungen über sein Datenpad verschickte. Ein warmes Gefühl überkam mich. Nur wegen mir hatte Armitage sich mit Kylo Ren angelegt. Nur meinetwegen hatte er versucht, den Obersten Anführer für seinen Plan einzunehmen, mich als persönliche Assistentin mitnehmen zu dürfen und auch dabei ziemlich viel riskiert. Das Wohlwollen des mächtigsten Mannes in der Galaxis, oder seinen hochgestellten Rang als General. Ich war mir sicher, dass er sich der Konsequenzen durchaus bewusst war, sollte er versagen. Sollte irgendetwas schief gehen. Und trotz alledem war Armitage bereit, das Risiko einzugehen. Weil er mich in seiner Nähe haben wollte. Langsam näherte ich mich ihm, bis wir direkt voreinander standen.
Abwartend ließ Hux sein Datenpad sinken. Eine leichte Erschütterung durchlief das Shuttle, wir hatten den Start hinter uns gebracht. Vor den Sichtfenstern flogen unzählige Lichter vorbei, während wir uns mit schnellem Tempo von der Finalizer entfernten.
Ich ergriff die Initiative und kuschelte mich in seine Arme, welche er bereitwillig um mich legte. Dabei achtete ich tunlichst darauf, meine verletzte Hand nirgendwo anstoßen zu lassen. "Danke, Armitage!" Ich sah hinauf in seine Augen, in denen ich wieder so viel Zuneigung für mich lesen konnte. "Du riskiert so viel für mich."
"Für uns. Ich muss dich einfach bei mir haben." Armitage hauchte mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. "Weil ich dich liebe, Victoria. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, das Kylo Ren ungeschoren davonkommt, obwohl er dich misshandelt hat." Diese Aussage lockte ein verschmitztes Lächeln auf meine Lippen, was eine Augenbraue von Armitage verwundert nach oben Richtung Haaransatz rutschen ließ. "Victoria? Was hast du gemacht?"
"Naja, ganz so ungeschoren wie du vielleicht denkst, ist Kylo Ren dann doch nicht davongekommen."
"Erkläre mir das genauer."
"Ich denke, dass seine Kronjuwelen noch etliche Tage nach unserer Abreise weh tun werden."
Armitages Gesicht fiel dermaßen geschockt in sich zusammen, dass er mich nur noch völlig entgeistert mit offenem Mund anstarren konnte. "Du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass du Ren in die Eier getreten hast?"
"Doch, genau das will ich damit sagen."
"Bist du verrückt?", nachdrücklich packte er meine Schultern. "Victoria, das wird Kylo Ren niemals auf sich sitzen lassen."
"Hat er auch nicht. Das Ergebnis siehst du hier." Erklärend warf ich einen Blick auf meine gebrochenen Finger.
Entgeistert huschte sein Blick zwischen meinem Gesicht und den verletzten Fingern hin und her. Scheinbar wusste Armitage nicht so recht, wie er sich jetzt verhalten sollte. Ernst bleiben, oder loslachen? Letztendlich entschied er sich dann für Schadenfreude. "Victoria, du bist ..." Hux beendete den Satz mit einem Lachen.
"Treffsicher?"
"Das auf jeden Fall. Komm", er dirigierte uns zurück aufs Sofa, um seinen Arm besitzergreifend um mich zu legen. Gleichzeitig angelte er nach einem Päckchen Kühlgel, welches Tenroy in weißer Voraussicht dagelassen hatte. Vorsichtig platzierte Hux jenes auf meinen geschwollenen Fingern.
Mit einem Ruck beschleunigte das Shuttle auf Lichtgeschwindigkeit, die vorbeieilenden Sterne waren nur noch langgezogene helle Linien vor den Fenstern. Jetzt gab es kein Zurück mehr, Armitage und ich waren auf dem Weg zu unserem Zielort. Nun würde ich endlich mit eigenen Augen die geheime Superwaffe sehen, an der die Erste Ordnung gearbeitet hatte. Gleichzeitig rief ich mir meine Verantwortung ins Gedächtnis. Meine Arbeit war noch lange nicht abgeschlossen, es galt nämlich immer noch herauszufinden, an welchem Ziel diese Waffe das erste Mal getestet werden sollte.
"Was geht dir gerade durch den Kopf, mein Schatz? Hast du noch starke Schmerzen?"
Gedankenverloren hatte ich aus dem Fenster geblickt, Armitages Stimme holte mich allerdings schnell wieder in die Wirklichkeit zurück. "Nein, es geht schon. Doktor Tenroys Medikament wirkt sehr gut. Mich beschäftigen meine zukünftigen Aufgaben."
"Hast du Bedenken, dass sie dich überfordern könnten? Wir arbeiten immer zusammen und teilen uns auch ein Büro, wenn dir etwas unklar ist kannst du mich jederzeit fragen. Ich weiß, dass es einiges an Arbeit ist, immerhin verwaltest du neben meinen Terminen und Korrespondenzen auch die Einsatzbesprechungen und Planungen, die bei Projekt Starkiller anfallen."
"Stehen die Ziele der Waffe denn schon fest?" Hoffentlich hatte ich mich damit nicht zu weit vorgewagt. Aber als seine persönliche Assistentin durfte ich doch mit Sicherheit Fragen bezüglich der Einsatzorte dieser Waffe stellen.
"Nein, noch nicht. Deshalb ist auch nochmal eine Konferenz per Holovid mit dem Obersten Anführer geplant, sobald wir überprüft haben, dass die Waffe vollkommen funktionsfähig ist."
Mir kam kurz in den Sinn die Statusberichte der Techniker verschwinden zu lassen. Aber letzten Endes würde auch das auffallen und nicht unbedingt zu nennenswerten Verzögerungen führen. In der Hoffnung das Hux keinen Verdacht schöpfte, wagte mich mich weiter vor. "Armitage, würde der Oberste Anführer einen offenen Krieg in der Galaxis ausbrechen lassen, um den Widerstand endgültig zu vernichten? Immerhin sind Ressourcen kostbar und wenn Starkiller in der Lage ist, ganze Planeten zu zerstören ...", ich ließ den Satz unbeendet in der Luft hängen.
"Ich denke nicht, dass Snoke den Abschuss eines relevanten Planeten befehlen würde. Aber auf eine Machtdemonstration werden wir dennoch nicht verzichten. Ich vermute dass er einen unbedeutenden Planeten opfern wird, um die Stärke dieser Waffe eindrucksvoll unter Beweis zu stellen. Das sollte diesem verfluchten Widerstand und dessen Sympathisanten verdeutlichen, wie überlegen wir ihnen mit unserer Technik sind."
Nach Armitages Erklärungen schwieg ich wieder eine Weile. Seine Erklärung trug nicht gerade dazu bei, dass mir wohler zumute war. Ich hielt es für äußerst unwahrscheinlich, dass die Erste Ordnung diese überlegene Waffe nicht gegen den Widerstand richten würde, wenn sich die Möglichkeit dazu ergab. Dennoch beruhigte mich die Tatsache, dass mir noch etwas mehr Zeit für meine Nachforschungen blieb, da die Testläufe noch nicht vollständig abgeschlossen waren. Ich würde alles in meiner Macht stehende tun um herauszufinden, welcher Planet genau das Ziel war und diese Daten so schnell wie möglich an Leia weiterleiten.
"Wenn es dir nichts ausmacht, arbeite ich während der Flugdauer etwas weiter", riss mich Armitages Stimme erneut aus meinen Gedanken.
"Nein, ganz und gar nicht." Ich riskierte noch einen Blick hinauf in diese überwältigend grünen Augen, was Hux mit einem Lächeln quittierte.
"Du bist ein Schatz!" Damit entließ er mich aus seinem Arm, um sich dem Datenpad zuzuwenden.
Ich lenkte meinen Blick wieder zum Fenster hinaus und verbrachte die restliche Flugzeit damit, Pläne auszuarbeiten. Blieb nur zu hoffen, dass wenigstens einer von ihnen etwas bringen würde.
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