Kapitel 17 - Probleme

Am folgenden Morgen erwachte ich in einer mir zunächst einmal unbekannten Umgebung. Es dauerte einige Sekunden, bis mein verschlafenes Gehirn registriert hatte wo genau ich mich befand, nämlich in Armitages Büro. Schnell warf ich einen Blick auf den Mann neben mir, Armitage schlief noch tief und fest. Eingehend betrachtete ich seine Gesichtszüge etwas genauer, die Linien in seinem Gesicht waren weicher als üblich, da er völlig entspannt dalag, noch fest in seiner Traumwelt versunken.

Leise angelte ich nach meinem Datenpad, um einen prüfenden Blick darauf zu werfen. Der Timer hatte noch keinen Alarm gegeben, die Zeit bestätigte mir allerdings, dass es auch nicht mehr lange dauern würde. Schell hatte ich die Weckfunktion deaktiviert, um Armitage nicht stören. Zuerst spielte ich mit dem Gedanken, mich still und leise ins Badezimmer zu schleichen, da ich tatsächlich immer noch meine Uniform vom Vortag trug. 

Ein Gedanke ließ mich innehalten, den Blick noch einmal versonnen auf den schlafenden Mann neben mir gerichtet. Armitage wirkte friedlich im Schlaf. Ein warmes, wunderschönes Gefühl machte sich in mir breit, während mein Blick auf seinem Gesicht ruhte. Wenn ich in mich hineinhorchte, dann musste ich mir wirklich eingestehen, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Hoffnungslos verliebt.

Meine innere Stimme stand kopfschüttelnd in einer Ecke und schimpfte mich eine Idiotin. Aber irgendwo war sie ja im Recht, ich meine, welche Zukunft hatten Armitage und ich denn schon? Ich durfte nie, niemals vergessen, dass wir beide auf unterschiedlichen Seiten standen. Bevor ich mich weiter diesen deprimierenden Gedanken hingeben konnte, legte ich zärtlich meine Hand auf seine Wange, um ihn langsam aufzuwecken. "Armitage?" 

Zögerlich flatternd hoben sich seine Augenlider. Als sich sein Blick fokussiert hatte und er mich neben sich liegen sah, brachte ein Lächeln sein Gesicht zum Strahlen. "Guten Morgen, Victoria!" Seine Stimme war noch ganz rau vom Schlaf, als er sich näher an mich kuschelte. "Du bist wirklich die ganze Nacht bei mir geblieben?"

"Das habe ich dir doch versprochen. Wie fühlst du dich heute morgen?" 

Hux überlegte kurz. "Ich denke ganz gut soweit. Mein Magen fühlt sich noch etwas verkrampft an. Wie spät ist es eigentlich?"

"0510, ich muss auch gleich los." 

Auf meine Aussage hin hielt Armitage mich fest in seinen Armen, allem Anschein nach nicht bereit mich gehen zu lassen. "Wo willst du denn hin, mein Schatz?"

"In mein Quartier mich umziehen, ich trage immer noch die Uniform von gestern. Außerdem beginnt mein Dienst um 0600."

"Ich mache dir einen Vorschlag", Hux zog mich näher zu sich herunter, "wir gehen gemeinsam auf die Brücke", ein leidenschaftlicher Kuss folgte, "nachdem Doktor Dorey noch einmal hier vorbeigeschaut hat."

Fragend zog ich eine Augenbraue nach oben. "Hältst du es für eine gute Idee, gemeinsam auf der Kommandobrücke aufzutauchen? Wir würden für einigen Gesprächsstoff sorgen."

Hux ließ mein Argument nicht gelten. "Du wirst in Zukunft sowieso immer an meiner Seite sein, da du schließlich meine persönliche Assistentin bist. Wir geben den Leuten nur schon einmal Gelegenheit, sich an das Bild zu gewöhnen. Außerdem ist es mir egal was sie denken, Hauptsache wir sind zusammen." Armitage unterstrich seine Aussage mit einem weiteren Kuss, welchen ich bereitwillig erwiderte. 

Nach einem Augenblick löste ich mich von Hux, um ihm in die Augen sehen zu können, in welchen so viel Zuneigung für mich zu sehen war. "Ich liebe dich, Armitage!"

"Ich dich auch, Victoria!" Seine Hand in meinem Nacken zog mich wieder nach vorne und unsere Lippen trafen sich erneut. Wir versanken in diesem gemeinsamen Augenblick, alles andere wurde unwichtig, bedeutungslos. Viel zu schnell hatte uns die Realität wieder eingeholt, als der Türsummer einen Besucher ankündigte. Armitage seufzte auf, ließ aber von mir ab damit ich zur Tür eilen konnte.

"Guten Morgen,Doktor Dorey", begrüßte ich den Mann vor mir. 

"Guten Morgen, Offizierin Deveron. General." Zügig eilte er zu Armitage hinüber, um sich nach dessen Befinden zu erkundigen. "Wie fühlen Sie sich heute morgen?"

"Schon viel besser." Armitage beobachtete Kimura genau, als dieser sich an seinem Arm zu schaffen machte, um den Zugang zu entfernen. 

Ich nahm meinen Platz hinter dem Sofa ein, um im Notfall Beistand spenden zu können.

"General, ich würde gerne Ihren Magen abtasten. Wenn Sie so freundlich wären, das Hemd ein Stück nach oben zu ziehen? Dürfte ich Sie bitten, kurz den Raum zu verlassen?" Kimura blickte zu mir auf. 

Armitages Augen suchten ebenfalls meinen Blick. Schnell verwarf er Kimuras Bitte mit einem "Das wird nicht nötig sein, Offizierin Deveron kann bleiben."

"Wie Sie wünschen, General." Kimura warf mir noch einen eindeutigen Blick zu, ehe er Hux dabei half, sein Hemd hochzuziehen. Mit gezieltem Druck begann er mit dem Abtasten der Magenregion von Hux, was diesen schmerzerfüllt einatmen ließ. Kimura registrierte die Reaktion genau, übte jedoch weiterhin Druck aus, tastete verschiedene Stellen ab. 

Armitages Augen waren fest zusammengekniffen, die Hände zu Fäusten geballt. 

Ich konnte mir das nicht länger mit ansehen, da mein Mitgefühl mich schier überwältigte. Schnell hatte ich mich wieder über die Lehne gebeugt und umfasste Armitages Hand, streichelte mit der anderen beruhigend über seine Wange. "Ich bin bei dir, wenn du mich brauchst", versicherte ich ihm. 

"So, fertig." Kimura beendete seine Untersuchung. "Ihr Magen ist noch ziemlich stark gereizt und reagiert empfindlich auf Druck, mit dem Essen sollten Sie es zumindest heute morgen noch etwas langsamer angehen lassen", teilte er Armitage mit. "Aber spätestens bis heute Abend sollten die Beschwerden vollständig abgeklungen sein. Haben Sie sonst noch Fragen?" 

"Nein."

"Dann verabschiede ich mich. General. Offizierin." Kimura nickte uns beiden zu, dann war er verschwunden. 

Sowie sich die Tür hinter ihm schloss blickte ich Armitage an, um mich schnell neben ihn zu setzen, weil er aufgrund von Kimuras Behandlung doch wieder etwas blass um die Nase aussah. "Wie schlimm ist es?", erkundigte ich mich. 

"Dieser Trampel war verdammt grob!", schimpfte Armitage los, mit einer Hand massierte er seinen schmerzenden Bauch. "Verdammt, wie spät ist es eigentlich? Gibst du mir mein Datenpad, Victoria?"

Siedend heiß fiel mir ein, dass ich ja Dienst hatte. Schnell spritzte ich vom Sofa auf, um Hux das erbetene Datenpad zu reichen. "Mist", entfuhr es ihm, nachdem er einen Blick darauf geworfen hatte. "Wir müssen los mein Schatz." Damit stand er auf, um sich wieder ordentlich anzuziehen. 

"Wie spät ist es denn?" Mir war etwas mulmig zumute.

"Genau 0600. Wir kommen einen kleinen Moment zu spät."

Na wunderbar, zu spät zu kommen war die eine Sache, zu spät in Begleitung von Hux auf der Brücke aufzutauchen allerdings eine ganz andere. Umgezogen hatte ich mich auch nicht, ganz toll. Schnell eilte ich ins Bad um mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht zu werfen und meine Haare ordentlich zu flechten. Gerade in dem Moment, wo meine schwarzen Locken ungebändigt über meinen Rücken fielen, tauchte Armitage hinter mir auf und schlang seine Arme um mich.

"Ich liebe deine wundervollen Haare. Lass sie offen." Er vergrub seine Nase in meinen Wellen, sog tief ihren Duft ein.

"Armitage, das ist gegen die Vorschriften. Sonst hat Peavey noch mehr Grund mich zu tadeln als nur für mein spätes erscheinen."

"Das soll er mal versuchen, solange ich an deiner Seite bin." Hux begann, meinen Hals mit Küssen zu bedecken. 

Ich ließ mich einen Moment in die Berührung fallen, ehe ich mich in seinen Armen umdrehte um ihn anzusehen. "Dir ist es wirklich ernst damit, oder?" Armitage warf mir einen fragenden Blick zu, daher beeilte ich mich, deutlicher zu werden. "Ich meine, dass wir gemeinsam auf die Brücke gehen sollen?"

"Ja, Victoria. Lass die anderen denken was sie wollen, es ist mir egal." 

Ich wusste nicht so recht, ob es mir ebenfalls egal war oder nicht, aber ich wollte Armitage meine Zweifel auch nicht zeigen. 

"Wir müssen los", raunte er mir leise ins Ohr, was mir einen Schauer über den Rücken rieseln ließ. 

"Ja, gleich. Gib mir nur noch einen Moment." Ich stibitzte mir einen Kuss, dann wandte ich ihm den Rücken zu, um mein Haar doch zu flechten. 

Mit einem bedauernden Blick verfolgte er jede meiner Bewegungen, bis mein Zopf schließlich fertig war. "Wollen wir?" Armitage schlang seinen Arm um meine Schultern, zog mich näher an sich. Ein Finger fuhr unter mein Kinn um es anzuheben, ehe er seine Lippen auf meine legte. 

Ich schloss die Augen um mich völlig auf meine Gefühle zu konzentrieren. Wir wollten uns nicht voneinander lösen, aber uns beiden war klar, dass uns die Zeit davonlief. 

Zusammen verließen wir Armitages Büro um unseren Dienst anzutreten. Auf dem gesamten Weg zur Brücke nahm Hux seinen Arm nicht von meinen Schultern und er machte auch nicht den Eindruck daran etwas ändern zu wollen, als die Schleuse zur Kommandobrücke in Sicht kam. Bis jetzt war uns niemand begegnet, da außerhalb des Schichtwechsels nur sehr wenig Betriebsamkeit in den Gängen herrschte. Fragend warf ich einen Blick nach oben, was dem General nicht verborgen blieb.

"Möchtest du, dass ich meinen Arm von dir nehme? Wäre dir das lieber?" Seine grünen Augen sahen verständnisvoll zu mir herunter, aber ich war mir sicher ihn zu verletzen, sollte ich ihn wirklich darum bitten. Immerhin bekannte Hux sich mit dieser offen gezeigten Geste der Zuneigung zu mir, obwohl ein solches Verhalten von der Ersten Ordnung nicht gerne gesehen wurde. "Victoria?", hakte er nach, mittlerweile waren wir stehengeblieben.

Ich schenkte ihm ein aufrichtiges Lächeln, bevor ich zu einer Antwort ansetzte. "Nein, Armitage. Dort wo dein Arm liegt ist er genau am richtigen Platz. Lass uns gemeinsam auf die Brücke gehen." Ich sah die geschockten Gesichter schon vor mir. 

Offenbar dachte Armitage genau dasselbe, denn ein vorfreudiges Lächeln zog seine Mundwinkel nach oben.

Seite an Seite betraten wir die Brücke und das dermaßen offensichtlich zu spät, dass fast die gesamte Besatzung für einen Moment in ihrer Arbeit innehielt, um unseren Weg mit den Augen zu verfolgen. Die Blicke reichten, wie ich es mir schon gedacht hatte, von Unglauben und Fassungslosigkeit bis hin zu Entsetzen. Armitage hielt seinen Arm fest um meine Schultern geschlungen, damit zufrieden, seinen Besitzanspruch auf mich vor allen Anwesenden geltend zu machen. Es hatte ganz den Anschein, als wäre er unglaublich stolz darauf, mich an seiner Seite zu haben.

Ich dagegen fühlte mich schon weniger wohl, denn auch wenn Armitages körperliche Nähe mir Sicherheit vermittelte, war mir die komplette Aufmerksamkeit doch etwas zuviel. Unser Weg führte uns direkt auf Kapitän Peavey zu. Der arme Mann wusste wohl nicht so recht mit der Situation umzugehen, seine Augen huschten nervös zwischen mir und Hux hin- und her. 

Ich konnte ihn so gut verstehen. Auf der einen Seite wäre eine Rüge mehr als angebracht, immerhin war ich um einiges zu spät. Auf der anderen Seite wusste er nicht so recht, ob er mir in Anwesenheit von General Hux die Leviten lesen konnte. 

Letzten Endes entschied er sich für die respektvolle Begrüßung, zumindest für den Anfang. "General Hux." Peavey deutete einen Salut an, bevor er sich direkt an mich wandte. "Offizierin Deveron. Ich muss Ihnen bestimmt nicht mitteilen, dass Sie zu spät sind?"

"Nein Sir, verzeihung, ich werde die versäumte Zeit natürlich nacharbeiten."

"Das ist das Mindeste was Sie tun können!" Peaveys Tonfall war merklich abgekühlt. "Des weiteren erbitte ich Ihre Anwesenheit nach Dienstende in meinem Büro. Ich denke wir müssen uns noch einmal genauestens unterhalten, was Ihre Aufgaben und vor allem Pflichten hier an Bord sind."

Der Druck von Armitages Arm um meine Schultern verstärkte sich, innerlich startete ich einen Monolog, bat ihm stumm darum, nicht Partei für mich zu ergreifen. Meine Bitte verhallte ungehört.

"Kapitän Peavey, es steht Ihnen in Ihrer Position nicht zu, meine persönliche Assistentin zurechtzuweisen. Das obliegt ganz alleine mir." Hux legte so viel Herabwürdigung wie irgendwie möglich in seine Stimme, doch diesmal wollte der Kapitän nicht so leicht klein beigeben.

"Das mag ja zutreffen sobald Offizierin Deveron Ihre persönliche Assistentin ist, doch im Augenblick fällt Sie noch unter mein Kommando." 

Armitage nahm seinen Arm von meiner Schulter, um sich bedrohlich nahe vor Peavey aufzubauen und ihn wütend anzufunkeln. Mit einem ergebenen Seufzer fügte ich mich in die aktuelle Situation, da sich ohnehin nichts mehr daran ändern ließ, diese Konfrontation konnte nicht mehr abgewendet werden. "Offizierin Deveron hat ihren Posten bei mir bereits angetreten. Sie sind hiermit informiert. Heute wird Victoria ihren Aufgaben als Kommunikationsoffizierin noch nachkommen, alleine um Sie und Ihr Team noch etwas zu unterstützen, aber wagen Sie es ja nicht, ihr Anweisungen erteilen zu wollen oder sie womöglich zu maßregeln. Damit überschreiten Sie Ihre Befugnisse, Kapitän."

Stumm hörte ich dem Austausch neben mir zu, genau wie alle anderen Personen auf der Brücke. Die Arbeiten waren komplett zum Erliegen gekommen.

Peaveys Gesichtszüge entglitten ihm für einen kurzen Moment, er war sich der Zuhörerschaft ebenso bewusst wie wir. 

Armitage hingegen schien es sichtlich zu genießen, den in seinen Augen unbeliebten Kapitän vor versammelter Mannschaft zu demütigen und zurechtzuweisen. Mit einem unfassbar überheblichen Gesichtsausdruck wandte er sich von Peavey ab, um ihn einfach stehen zu lassen.

Ich warf dem Kapitän einen schnellen, entschuldigenden Blick zu. Unsere Augen trafen sich kurz, dann wandte er sich ab, um aus dem Sichtfenster zu sehen. Irgendwie hatte ich Mitleid mit ihm, immerhin war er sehr freundlich zu mir gewesen und hatte mich mit Respekt behandelt. Seine Zurechtweisung mir gegenüber war berechtigt und eine solche Demütigung hatte er nicht verdient. Schnell trat ich neben ihn, die Hände respektvoll hinter dem Rücken verschränkt. "Es tut mir Leid, Sir. Ich hätte Sie früher informieren müssen." Betreten starrte ich die funkelnden Sterne vor dem Sichtfenster an.

Peavey wandte seinen Kopf um mich direkt anzusehen. "Betrachten Sie die Sache als geklärt. Dem ganzen ist nichts mehr hinzuzufügen, da heute augenscheinlich Ihre letzte Schicht auf der Kommandobrücke ist. Nur eines noch", eine bedeutungsschwere Pause folgte, "ich hoffe um ihretwillen, dass Sie unser Gespräch von neulich nicht komplett vergessen haben." 

Mein Kopf fuhr ruckartig zu meinem Gesprächspartner herum, damit ich Peavey entgeistert anstarren konnte. Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte. Erschrocken zuckte ich zusammen, denn ich hatte gar nicht gehört, wie Armitage sich genähert hatte.

"Haben Sie irgendetwas von dem nicht verstanden, was ich Ihnen mitgeteilt habe, Kapitän?" Sofern irgendwie möglich, war Armitages Tonfall nochmal um einige Nuancen unfreundlicher geworden als zuvor. 

Bevor die ganze Sache komplett eskalieren konnte wandte ich mich schnell an Hux, um besänftigend eine Hand auf seinen Arm zu legen. "Armitage, bitte." Diese Methode war eigentlich immer recht effektiv wenn es darum ging, Armitages Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ein bisschen Körperkontakt in Kombination mit seinem Namen wirkten auch diesmal Wunder, Hux ließ von Peavey ab, um mich demonstrativ wieder in den Arm zu nehmen. 

Himmel, Armitage, ich glaube die anderen haben deine Botschaft klar und deutlich verstanden. 

Innerlich schüttelte ich trotzdem den Kopf über solch ein Dominanzgehabe.

Kapitän Peavey sah uns nach, wie wir gemeinsam in Richtung meines Terminals davon gingen. Leider wurde ich das ungute Gefühl nicht los, dass diese Sache noch nicht vom Tisch war. Ich nahm meinen freien Platz am Computerbildschirm ein, durch unser spätes erscheinen hatten sich schon einige Daten angesammelt die darauf warteten, bearbeitet zu werden. Armitage blieb noch einen Moment neben mir stehen um mir beim Arbeiten zuzusehen. "Armitage, hast du nichts zu tun?" 

"Doch schon. Aber ich genieße gerade die ungläubigen Blicke, die nach wie vor auf uns ruhen."

Ernsthaft? Das ist doch jetzt ein schlechter Scherz, oder?

Ich musste meine Gedanken gar nicht laut aussprechen, die Skepsis stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben. 

Verschwörerisch grinsend beugte Hux sich zu mir nach vorne, seine Hände legten sich warm an meinen Wangen. "Ich finde, wir sollten ihre Erwartungen erfüllen, oder was meinst du, Victoria?"

Armitage! Du wirst doch jetzt wohl nicht ..?  

Oh doch und wie er wollte. Demonstrativ, vor aller Augen sichtbar, küsste er mich mit einer solchen Leidenschaft, dass ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen schoss. 

Mit sanftem Druck schob ich ihn ein Stück zurück um in seine Augen aufzublicken. "Armitage, hältst du das für eine gute Idee? Wir wissen beide, dass Beziehungen von der Ersten Ordnung nicht gerne gesehen werden. Es muss uns nur jemand beim Obersten Anführer verpfeifen und dann haben wir ein Problem." Ich bemühte mich, möglichst leise zu sprechen, damit niemand unseren Austausch verstand.

"Mach dir keine Sorgen mein Schatz, damit werde ich schon fertig." Hux streifte mit seiner Hand noch einmal kurz über meine Wange, dann wandte er sich ab, um seinen Aufgaben nachzukommen. 

Ich lenkte mein Augenmerk ebenfalls zurück zu meiner Arbeit und versuchte bewusst die Blicke zu ignorieren, welche sich förmlich in meinen Rücken brannten. Schnell hatte ich mir einen groben Überblick verschafft, welche Nachrichten am Dringendsten weitergeleitet werden mussten, was ich dann auch schnell veranlasste. Nach einiger Zeit hatte ich den gröbsten Berg an Aufgaben bewältigt und so ließ ich meinen Blick kurz über die Kommandobrücke schweifen. 

Hux stand ganz in der Nähe und kontrollierte gerade die Arbeit eines Untergebenen. Dennoch kreuzten sich unsere Blicke sofort, weil auch er aufsah. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, welches ich gerne erwiderte. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, das er schon die gesamte Zeit über immer wieder verstohlen zu mir geschaut hatte. 

Eine eingehende Nachricht auf meinem Datenpad riss mich aus meinen Gedanken. Sowie sich die Worte auf dem Display aktivierten, wurde mir wieder unwohl. "Ria, was ist denn hier los? Ist das euer Ernst? Du und General Hux?" Ich schielte zu Tara hinüber, die mir über ihr Terminal hinweg eindeutige Blicke zuwarf. Statt einer Antwort zuckte ich nur mit den Schultern und nickte leicht.

In diesem Moment erschien einen Eilmeldung auf dem Terminal, worauf ich schnell überprüfte, was los war. 

Okay. Scheiße! Verdammt Poe, was ist hier los? 

In der Mitteilung stand, dass der Gefangene vom Widerstand aus seiner Zelle befreit worden war und sich nun auf der Flucht irgendwo auf dem Schiff befand. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, hoffentlich wurde Poe nicht gefasst. Anscheinend hatte er auch Hilfe, aber von wem? Hatten sich unbemerkt weitere Widerstandskämpfer auf die Finalizer geschlichen? Ich schickte ein schnelles Stoßgebet an die Macht, Bitte lass alles gut ausgehen, ehe ich Armitage auf die Situation aufmerksam machte. Verschweigen konnte ich es nicht, auch wenn ich genau das am Liebsten getan hätte. "General?" 

Der Angesprochene kam mit schnellen Schritten zu mir, seine Aufmerksamkeit galt allerdings mir und nicht dem Terminal. 

Lass dir jetzt bloß nichts anmerken, Ria! 

"General, der Gefangene vom Widerstand wurde aus seiner Zelle befreit und befindet sich aktuell auf der Flucht." 

Armitages Hand, welche wieder auf meiner Schulter gelandet war, verkrampfte sich merklich. Gerade wurde eine weitere, eingehende Eilmeldung auf meinem Bildschirm sichtbar. Hux beugte sich weiter vor, um mit gerunzelter Stirn auf den Monitor zu schauen. Ein Blick nach oben zeigte mir, wie sehr es Armitage aus der Bahn warf, dass etwas nicht wie geplant vonstatten ging, auch wenn er versuchte sich vor seinen Untergebenen davon nichts anmerken zu lassen. "Öffne die neue Nachricht, Victoria!" 

Schnell tat ich wie mir geheißen, immerhin wollte ich ebenfalls erfahren, was gerade passierte. "Ein unautorisierter Start in Hangarbucht zwei, General." 

"Schalte sofort um. Ich will eine Liveaufnahme von diesem Hangar!" Armitages Stimme hatte ihren befehlsgewohnten Ton angenommen. 

Meine Finger huschten zitternd über die Tastatur um das gewünschte Bild aufzurufen. Hoffentlich registrierte Hux meine Nervosität nicht. Auf dem Monitor wurde Hangarbucht zwei eingeblendet, in welchem die Hölle los war. Ein TIE-Jäger versuchte gerade zu starten, wurde von einer Sicherungsleine aber immer wieder zurückgezogen. Mir wurde schlecht, als sich im Bild Sturmtruppen postierten, um den Jäger zu beschießen. Die Piloten eröffneten im Gegenzug ebenfalls das Feuer, ich sah nur grelle Lichtblitze über den Monitor zucken, begleitet von umherfliegenden Sturmtrupplern, die wie Stoffpuppen quer durch den Hangar geschleudert wurden. 

Scheiße, scheiße, scheiße! Poe, mach das du da wegkommst! 

"Das darf nicht wahr sein!" Armitage wirkte sichtlich angespannt, seine Hand krallte sich regelrecht in meine Schulter. 

In diesem Moment riss die Verankerung, die den TIE-Jäger im Hangar zurückgehalten hatte, worauf dieser schnell in die endlosen Weiten der Galaxis davonschoss. 

Ja! Mach schon Poe, flieh! Hol alles aus diesem Jäger heraus! Verschwinde hier. 

Ich versuchte, ein ebenso betroffenes Gesicht zu machen wie Hux, als er sich vom Bildschirm abwandte und mich ansah. Ich ergriff seine Hand, welche immer noch auf meiner Schulter ruhte und drückte sie kurz. 

Ohne ein Wort zog Armitage seine Hand zurück und stürmte über die Kommandobrücke davon. "Die ventralen Kanonen vorbereiten", befahl er. 

Da sich die aktuellen Ereignisse außerhalb des Schiffes abspielten hatte ich keine Möglichkiet mehr, mit eigenen Augen zu verfolgen was geschah. Stumm saß ich wie festgewachsen an meinem Platz und lauschte den Stimmen um mich herum.

Scheiße, Armitage lässt die Kanonen vorbereiten. Mach das du hier wegkommst Poe, los! Schalte auf Überlichtgeschwindigkeit, worauf wartest du?

"General Hux, ist der Widerstandspilot geflohen?" Kylo Rens verzerrte Stimme ließ mich aufblicken. Er baute sich bedrohlich dicht vor dem General auf, doch Hux wich keinen Millimeter zurück.

"Ja und er hatte Hilfe. Von einem unserer eigenen Leute. Wir überprüfen gerade die Identitäten um herauszufinden, welcher Sturmtruppler es war." Armitage wandte sich ab, ließ Kylo Ren links liegen. 

"FN-2187. Der Sturmtruppler aus dem Dorf", teilte Kylo Ren ihm mit. 

Ich sah Armitages Gesichtsausdruck, als er sich zu Ren umwandte. Offenbar war es ihm alles andere als Recht, dass sein verhasster Rivale schneller als er herausgefunden hatte, welcher Truppler desertiert war. Bei mir regte sich ebenfalls Erkennen, FN-2187, das war der junge, dunkelhäutige Mann, welcher sich auf der medizinischen Station kurz mit mir unterhalten hatte. 

"Sir. Ventrale Kanonen sind einsatzbereit", teilte Lieutenant Mitaka mit. 

 Fuck! Bitte schießt daneben! 

"Feuer!" Armitage stieß dieses eine Wort unerbittlich aus. 

Ich sollte es eigentlich besser wissen, aber Armitages Emotionslosigkeit, diese Kälte, mit der er einfach den Befehl gab, auf einen Menschen zu schießen, schockierten mich ziemlich. Atemlos saß ich auf meinem Platz, das Herz schlug einen wahren Trommelwirbel in meiner Brust. Da ich nichts mehr sehen konnte, musste ich wohl oder übel dem Gesprächsverlauf folgen, welcher mich mit einer unbändigen Angst erfüllte. Diese verdammte Ungewissheit, begleitet von den schlimmsten Befürchtungen. Auf der einen Seite wollte ich wissen was geschah, auf der anderen Seite erfüllte mich das Resultat mit unbändiger Angst um Poe. Immer wieder erschütterten leichte Beben die Kommandobrücke. Offenbar hielt sich Poe ziemlich nahe am Schiff auf, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten und den abgefeuerten Laserstrahlen auszuweichen. Die Bordinternen Waffensysteme verhinderten eine zu nahe Detonation am Schiff, dennoch waren die Erschütterungen deutlich zu spüren. Aber warum war Poe nicht schon längst geflohen? 

Eine weitere Offizierin bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen, indem sie General Hux mitteilte, "Sir. Sie wurden getroffen." 

Scheiße!

Armitage eilte zu ihr, um auf den Monitor zu schauen. "Zerstört?"

Bitte sag nein, bitte sag nein!

"Beschädigt. Sie werden irgendwo im Goazonischen-Ödland auf Jakku abstürzen." 

"Schickt sofort einen Bergungstrupp los. Ich will die beiden Flüchtigen so schnell wie möglich wieder an Bord haben!" Armitage erteilte weiterhin Befehle.

Ich ließ mich schwer in meinen Stuhl zurücksinken, meine Emotionen schlugen einen Looping nach dem anderen und das mit Lichtgeschwindigkeit. Es war mir gerade unmöglich, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, da meine Gedanken immer noch bei Poe waren. Wie es ihm wohl ging? Hatte er den Absturz unbeschadet überstanden, oder war er möglicherweise schwer verletzt worden? Gab es irgendjemanden auf Jakku, den ich informieren konnte? Mir fiel beim besten Willen niemand ein, aber irgendetwas musste ich doch tun können. Dummerweise waren mir die Hände gebunden, bei der jetzigen Situation musste ich bis nach Dienstende abwarten. Ich blickte auf und sah Armitage zielstrebig auf mich zukommen. 

Kylo Ren passte sich seinen schnellen Schritten an, um ihn mit seinen Überlegungen zu konfrontieren. "General, scheinbar sind Ihre Leute zu Hochverrat fähig. Ich denke, der Oberste Anführer hätte doch besser eine Klonarmee in Erwägung ziehen sollen." Dieser Seitenhieb saß. Indem Kylo Ren die Kompetenz von Hux offen kritisierte, stellte er ihn ebenso bloß, wie Hux es vor wenigen Augenblicken noch mit Peavey getan hatte. Das Armitage sich dass natürlich nicht bieten lassen konnte war klar. Ich registrierte seine verkrampfte Haltung, die geballten Fäuste und das missmutig verzogene Gesicht. 

Der General beschleunigte seine Schritte, um sich vor Ren aufbauen zu können. "Meine Männer erhalten ein einwandfreies Training und eine außergewöhnliche Ausbildung. Sie sind von Geburt an programmiert, absolut loyal gegenüber der Ersten Ordnung zu sein. Ich verbitte mir, meine Trainingsmethoden infrage zu stellen. Das Auftauchen einer einzigen Abweichung ist irrelevant."

"Nun, dann sollte es für Ihre ach so gut ausgebildeten Truppen ja kein Problem darstellen, die Gefangenen erneut sicherzustellen. Die Geflohenen sind nach Jakku zurückgekehrt, vermutlich um die Karte zu bergen, die zu Luke Skywalkers Aufenthaltsort führt. Es wäre besser für Sie, General, wenn Sie diese Karte so schnell wie möglich beschaffen."

"Vorsicht, Ren!" Armitages Stimme wurde mit jedem weiteren Wort kälter, strahlte eine deutliche Geringschätzung für sein Gegenüber aus. "Nicht dass Ihre persönlichen Interessen den Befehlen von Anführer Snoke widersprechen."

"Ich will diese Karte!" Kylo Ren trat näher an Hux heran, sodass nur noch wenige Zentimeter zwischen ihnen lagen. Er baute sich in seiner ganzen, beeindruckenden Größe vor dem General auf, was Hux dazu zwang, seinen Kopf etwas in den Nacken zu legen. "Außerdem wurde mir zugetragen, dass Sie sich selbst aufgrund persönlicher Interessen gerade ziemlich leicht ablenken lassen, General. Ich darf Sie daran erinnern, dass Beziehungen zwischen Besatzungsmitgliedern nicht toleriert werden." 

Während Kylo Ren sprach konnte ich Armitage ansehen, wie sehr ihn diese Worte aus der Fassung brachten. 

Hux warf einen raschen Seitenblick in meine Richtung und auch Ren wandte kurz seinen Kopf um mich unter seinem Helm höchstwahrscheinlich sehr kritisch zu mustern. "Seien Sie sich darüber im Klaren, dass der Oberste Anführer hiervon erfahren wird." Anscheinend hatte Ren seiner Aussage nichts mehr hinzuzufügen, im Vorbeigehen rempelte er Armitage mit seiner Schulter an. 

Scheiße! 

Ich zwang mich dazu, ganz ruhig zu bleiben. Wie konnte Kylo Ren davon erfahren haben? Obwohl, wundern sollte es mich eigentlich nicht, nach dem Auftritt, den Armitage und ich zusammen hingelegt hatten. Mit Sicherheit wusste schon bald die komplette Besatzung bescheid, spätestens bis heute Abend würde unser Verhalten seine Runde auf dem kompletten Schiff gemacht haben. 

Hux blieb alleine zurück, wurde sich der Aufmerksamkeit der Brückenbesatzung allerdings schnell klar. Mit hinter dem Rücken verschränkten Händen trat er ans Sichtfenster, warf mir im Vorbeigehen allerdings nochmal einen schnellen Blick zu. Seine ganze Haltung zeugte von mühsam unterdrücktem Zorn. 

Ich wandte mich meinem Terminal zu. Erstaunt stellte ich fest, dass meine Dienstzeit sich sehr schnell dem Ende näherte. Zügig stand ich auf, vielleicht konnte ich mich mit Kimura beraten, wen wir eventuell kontaktieren konnten. Außerdem musste ich ihm die gewonnenen Informationen von Hux' Datenpad noch übergeben. Ich trat neben Armitage, dieser war allerdings so sehr in seine Überlegungen vertieft, dass er mein Auftauchen zuerst gar nicht registrierte. "Armitage?", machte ich ihn leise auf mich aufmerksam.

Sein Blick suchte den meinen, ich konnte immer noch die unterdrückte Wut darin lodern sehen. "Komm her." Sein zur Seite gestreckter Arm lud dazu ein, mich an ihn zu schmiegen, daher kam ich der Aufforderung nach. Hux legte seinen Arm um mich, gemeinsam standen wir vor dem großen Sichtfenster und blickten in die Weiten der unendlichen Galaxis. 

Es fiel mir so unglaublich schwer zu akzeptieren, das der Mann neben mir zwei gänzlich unterschiedliche Gesichter besaß. Hux liebte mich, von daher bekam ich immer nur seine liebevolle Seite zu sehen, aber sein Verhalten auf der Brücke führte mir noch einmal deutlich vor Augen, dass er durchaus auch vollkommen rücksichtslos agieren konnte, besonders im Bezug auf Personen, die ihm wenig bedeuteten, oder die sogar Feinde der Ersten Ordnung waren.

 "Wie geht es dir, Armitage? Ren hat dich ja ganz schön auflaufen lassen."

"Ich hasse ihn. Er ist egoistisch, impulsiv, nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht und hat die emotionale Reife eines fünfjährigen Kindes." Hux massierte seine Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger.

"Dir ist bewusst, dass wir Probleme bekommen werden, oder? Sobald Ren dem Obersten Anführer erzählt was hier passiert ist. Zwischen uns meine ich." Besorgt blickte ich hilfesuchend zu ihm auf. 

"Ich werde mit dem Obersten Anführer sprechen, mach dir deswegen keine Sorgen, Victoria. Ich werde ihm alles erklären und auch sicherstellen, dass er sich weiterhin auf mich verlassen kann. Ich muss allerdings zugeben, dass diese Situation Kylo Ren ziemlich in die Hände spielt, er lässt nämlich keine Gelegenheit aus, mich bei Snoke schlecht dastehen zu lassen." 

"Lass dich von ihm nicht provozieren. Konzentriere dich ganz auf deine Aufgabe, du schaffst das", startete ich einen Aufmunterungsversuch. Ich sollte mich ebenfalls besser an meinen Ratschlag halten, immerhin hatte ich selbst noch etwas wichtiges zu erledigen. 

"Danke, Victoria." 

Überrascht sah ich ihn an, da ich mir nicht ganz sicher war, was genau er damit meinte. 

"Ich finde es beruhigend, dass wenigstens du so fest an mich glaubst". Er unterstrich seine Worte mit einer zärtlichen Berührung meiner Wange. "Hast du deinen Dienst schon hinter dich gebracht, Liebes?" Ich nickte bestätigend, worauf Hux fortfuhr. "Ich kann hier noch nicht so schnell weg. Aber sobald ich wieder im Büro bin, melde ich mich bei dir, in Ordnung?"

"Natürlich, Armitage. Ich werde dir noch ein wenig helfen, du kannst dich auf mich verlassen." 

Aber zuerst helfe ich Poe!

Anstatt einer Antwort zog Armitage mich für einen Kuss näher an sich heran. Er legte so unglaublich viel Gefühl in diese Geste. Wir gaben bestimmt ein schönes Bild ab, eng umschlungen vor dem großen Sichtfenster. 

Vorsichtig löste ich mich von ihm, sah hinauf in seine grünen Augen, aus denen keine Wut mehr sprach, sondern Liebe und Zuneigung. "Was denkst du, wie lange du hier noch beschäftigt sein wirst?" 

"Kann ich dir gar nicht genau sagen, das hängt von der Situation ab." 

Irgendwie hatte ich mir ja schon eine etwas ausführlichere Antwort erhofft. 


Ein Räuspern neben uns deutete auf einen weiteren Gesprächspartner hin, der dem General etwas mitzuteilen hatte. Ich wandte den Kopf und sah Lieutenant Mitaka direkt neben uns stehen. Der junge Mann machte einen deutlich nervösen Eindruck, unser Gespräch zu unterbrechen. 

"General, verzeihen Sie die Störung, aber diesen Bericht sollten Sie sich umgehend ansehen." Auffordernd hielt Mitaka ein Datenpad hoch.

"Bleibst du noch einen Augenblick hier, Victoria?" Armitage sah nur mich an, während er seine Hand ausstreckte, um sich das Datenpad geben zu lassen - Mitaka ließ er unbeachtet links liegen. 

Verdammt, eigentlich hatte ich gehofft, zeitig von der Brücke verschwinden zu können, um noch in Ruhe mit Kimura zu sprechen, aber wenn Armitage mich schon so nett darum bat zu bleiben, konnte ich wohl schlecht ablehnen. Vor allem, da ich eigentlich keinen triftigen Grund vorschieben konnte, weshalb ich pünktlich gehen musste. 

Poe geht es mit Sicherheit gut, ihm ist nichts passiert. Es braucht schon mehr als einen läppischen Absturz, um ihn aus dem Rennen zu werfen. 

Innerlich versuchte ich, mir Mut zuzusprechen und mich selbst von dieser Tatsache zu überzeugen. Fakt war, dass ich einfach daran glauben musste.

Hux aktivierte in der Zeit das Datenpad, um sich den vorgelegten Bericht anzeigen zu lassen. Von meiner Position aus konnte ich keinen Blick auf das Display werfen, aber Lieutenant Mitaka war so frei, den Bericht diensteifrig zu erläutern, während Armitage las. "General, ich habe hier die gewünschte Dienstakte von FN-2187, samt komplettem Lebenslauf, Sir."

Armitage blickte mit hochgezogener Augenbraue zu dem jungen Mann auf. "Ich sehe es, Lieutenant. Wegtreten."

"Aber Sir, ich ..."

"Ich sagte, wegtreten!", herrschte Hux Mitaka an. 

Dieser zuckte aufgrund des Tonfalls sichtlich zusammen und suchte sein Heil schnell in der Flucht. Armitage hatte den jungen Mann so sehr irritiert, dass er sogar die Rangordnung über den Haufen warf und vergaß zu salutieren, bevor er eilig davonrannte.

"Armitage", ich legte meine Hand wieder beruhigen auf seinen Arm, "jetzt sei doch nicht so. Der Lieutenant hat doch gar keinen Fehler gemacht. Darf ich mal sehen?" Auffordernd streckte ich meine Finger aus.

Hux reichte mir bereitwillig das Datenpad. Während ich die Akte überflog schaute er ebenfalls mit über die Schulter, seine Hände umfassten meine Taille. "Er hat in seiner gesamten Laufbahn keinerlei Auffälligkeiten gezeigt", kommentierte nun Armitage den Bericht. 

Zustimmend nickte ich, da auch mir nichts ungewöhnliches an der Akte auffiel. 

"Wieso gerade jetzt? Weshalb hat ein Sturmtruppler einem gefangenen Widerstandspiloten geholfen, um dann gemeinsam mit ihm zu fliehen?"

"Ich weiß es nicht, Armitage." Innerlich dankte ich dem jungen Mann für seine Tat und hoffte dabei gleichzeitig, dass beide wohlauf waren. 

Hux zog mich näher zu sich, damit er seine Arme um mich legen konnte. "Habe ich dir heute schon gesagt, wie sehr ich dich liebe, Victoria?", flüsterte es neben meinem Ohr. 

Ich lächelte. "Ja, hast du. Keine Angst, ich vergesse es bestimmt nicht so schnell." 

"Ich gehe lieber auf Nummer sicher." Armitage beugte sich gerade zu mir herunter um sich einen Kuss abzuholen, da ließ sich ein Räuspern neben uns vernehmen. 

Ein sichtlich unwohl dreinblickender Lieutenant Mitaka stand schon wieder daneben, unruhig von einem Bein auf das Andere tretend. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er im Augenblick lieber woanders gewesen wäre, mit etwas anderem beschäftigt.

"Was ist denn jetzt schon wieder?" Armitage klang mittlerweile sehr ungehalten. 

Ich nutzte die Gunst der Stunde, um mich aus seinen Armen zu schälen, und ihm im Vorbeigehen noch schnell einen Ratschlag zuzuraunen. "Nicht vergessen, immer schön lächeln." 

Hux sah mich verdutzt an und folgte mir mit seinen Blicken, als ich von der Kommandobrücke marschierte. Auf dem Flur angekommen, schickte ich als erstes eine Nachricht an Kimura in der ich ihn bat, in mein Quartier zu kommen, wenn es seine Zeit erlaubte. Er bestätigte mir dies, was mich innerlich aufatmen ließ. 

Immerhin trug ich noch die Uniform vom Vortag in der ich auch noch geschlafen hatte. Ein Kleidungswechsel war also mal wieder dringend notwendig, was ich in meinem Quartier auch fix erledigte. Kimura war sehr schnell hier, da der Türsummer bereits einen Besucher meldete. 

Er hielt sich gar nicht lange mit irgendwelchen Begrüßungen auf sobald er den Raum betrat. "Ria, warst du gestern erfolgreich? Konntest du die gesuchten Informationen aus dem Datenpad des Generals bekommen? Was ..."

Meine fuchtelnde Handbewegung ließ ihn mitten in seiner Fragestellung innehalten. Da mir persönlich die Situation mit Poe am Herzen lag brachte ich Kimura schnell auf den neuesten Stand der Dinge. "Kimura, hör mir zu. Ja, ich habe die Daten, dazu erzähle ich dir später mehr. Pass auf, es ist etwas passiert. Ein Sturmtruppler der Ersten Ordnung ist heute desertiert und er hat Poe befreit. Sie konnten zusammen in einem TIE-Jäger fliehen, wurden dabei aber kritisch getroffen und sind irgendwo im Goazonischen-Ödland auf Jakku abgestürzt. Ich habe keine Ahnung wie es Poe geht und Hux hat auch schon einen Bergungstrupp losgeschickt. Kimura, gibt es jemanden auf Jakku, den wir kontaktieren können? Jemand, der dem Widerstand loyal gegenübersteht und der nach Poe sehen kann? Ihm helfen kann wenn nötig?"

Kimura hatte stumm alles mit angehört. Auf meine letzte Frage hin nickte er nachdenklich, augenscheinlich tief in Gedanken versunken. "Direkt fällt mir auch niemand ein, Ria. Aber das heißt nicht, dass es nicht auch so eine Person auf Jakku gibt. Ich werde Leia eine Nachricht zukommen lassen, in der ich sie über die aktuelle Entwicklung informiere. Wenn jemand Poe Hilfe zukommen lassen kann, dann ist es die Generalin. Warte kurz, ich schicke ihr schnell eine verschlüsselte Nachricht." Kimura begann eifrig auf seinem Datenpad zu tippen. 

Während ich ihm dabei zusah, schoss mir eine Frage in den Kopf. "Sag mal, die Nachrichten die du abschickst sind ja verschlüsselt. Das hat Leia mir auf der Basis auch erklärt. Ich frage mich aber gerade, ob die Erste Ordnung nicht jede ausgehende Nachricht auf solche Verschlüsselungen überprüft?"

Mein Gegenüber hatte seine Botschaft soeben fertig gestellt, daher konnt er auch gleich auf meine Frage antworten. "Ich halte es sogar für sehr wahrscheinlich, dass die Erste Ordnung alle ausgehenden Nachrichten durch einen Computer überprüft. Aber wir reden hier immerhin auch von einem Schiff, welches über 80.000 Besatzungsmitglieder hat. Ich könnte mir vorstellen, dass die Nachrichten nur ganz grob auf sogenannte Codewörter überprüft werden, bis jetzt hat es nämlich einwandfrei funktioniert, Nachrichten an Leia zu schicken. Aber wenn du es ganz genau wissen willst, wir verwenden einen uralten Schlüssel, es ist also auch möglich, dass die supermodernen Programme der Ersten Ordnung solche veralteten Schlüssel schon gar nicht mehr erkennen." Kimura lächelte verschlagen. 

"Das ist genial", musste ich zugeben. "In ihrer Überheblichkeit gehen sie bestimmt davon aus, dass niemand mehr so eine veraltete Technik benutzt", sinnierte ich weiter. 

 "Erzählst du mir jetzt, was genau du gestern Abend herausgefunden hast?"

"Hier, lies selbst", auffordernd hielt ich ihm mein Datenpad unter die Nase. 

Interessiert scrollte Kimura sich über die von mir zusammengetragenen Daten, Zahlen und Informationen. "Ich ziehe mir diese Daten auf mein Gerät rüber, in Ordnung?" 

"Natürlich, tu das", ich nickte bestätigend. "Leider habe ich keinerlei Einsatzziele von dieser Waffe gefunden. Da muss ich noch ein wenig bei Armitage nachforschen."

"Ihr beide scheint euch wohl sehr gut zu verstehen wie mir scheint." Kimura blickte kurz von seinem Datenpad auf, um mich kritisch zu mustern. "Vielleicht ein wenig zu gut, nach allem was ich so gehört habe?" Sein Blick wurde regelrecht eindringlich. 

Verdammte Kacke aber auch! Weiß etwa wirklich schon das komplette Schiff bescheid?

"Ich weiß nicht, was du meinst", murmelte ich in Richtung meiner Stiefel. 


"Ach, nein? Lass mich dir kurz auf die Sprünge helfen. Eure Knutscherei auf der Brücke? Klingelt da irgendetwas bei dir, Ria?" 

Verschämt blickte ich nach oben, Kimuras Augenbraue rutschte regelrecht unter seinen Haaransatz. "Du weißt genau, warum ich so etwas mache, schließlich habe ich dir mein Verhalten schon genau erklärt. Der General hat einen Narren an mir gefressen, was es uns einfacher macht, an die nötigen Informationen zu kommen", rechtfertigte ich die Situation. "Außerdem wäre es sehr kontraproduktiv für unsere Sache, wenn ich ihm vor versammelter Mannschaft eine Scheuern würde, wenn er versucht mich zu küssen." Mit verschränkten Armen baute ich mich direkt vor Kimura auf.

"Das ist mir schon klar, Ria. Aber dennoch muss dir bewusst sein, dass ihr durch so ein Verhalten unerwünschte Aufmerksamkeit auf euch zieht, oder? Die Erste Ordnung toleriert keine Beziehungen zwischen Besatzungsmitgliedern."

Oh Mann, dem nächsten, der diese Worte zu mir sagt, brate ich wirklich eins über. 

"Ich will damit nur sagen, dass du vorsichtig sein sollst, Ria", lenkte Kimura besänftigend ein. "Wir sind hier auf uns allein gestellt."

"Ja, ich weiß, entschuldige bitte."

Kimura trat näher, um mir seine Hand auf die Schulter zu legen. "Mir ist klar, das die gesamte Situation nicht leicht für dich sein muss." 

Ich nickte ihm dankbar zu, Worte waren im Moment nicht nötig. 

"So, ich habe alle Informationen auf meinem Datenpad gespeichert. Später schicke ich alles an Leia. Sag mal, für wann ist deine Abreise mit General Hux eigentlich noch einmal angesetzt?"

"Gute Frage, ich weiß es ehrlich gesagt nicht so genau. Hux hatte zwar ein Zeitfenster genannt, aber wer weiß, ob das noch aktuell ist? Ich könnte mir durchaus vorstellen, das Poes Flucht die Erste Ordnung zum Handeln zwingt."

"Inwiefern?" Interessiert legte Kimura seinen Kopf schief.

"Den Anführern der Ersten Ordnung ist bekannt, dass es eine Karte auf Jakku gibt die angeblich zu Luke Skywalker führt. Wenn es ihnen nicht gelingt Poe wieder gefangen zu nehmen, dann müssen sie davon ausgehen, dass er die Karte unverzüglich zum Widerstand bringt. Möglicherweise bringt das die Erste Ordnung in Zugzwang." 

"Da könntest du verdammt nochmal recht haben. Wenn wir Luke Skywalker tatsächlich finden, hätten wir einen mächtigen Verbündeten an unserer Seite und würden zudem noch das Feuer der Rebellion weiter in der Galaxis anfachen. Die Erste Ordnung müsste in der Tat zügig handeln. Wir ..."

Der Türsummer meldete einen Besucher vor meinem Quartier an. Kimura und ich tauschten einen schnellen Blick. "Wartest du auf jemanden?" 

"Nein. Aber ich könnte mir vorstellen, das es Armitage ist. Wie erklären wir deine Anwesenheit?"

Kimura hielt schnell seinen mitgebrachten Arztkoffer hoch, was mittlerweile zu so etwas wie einer Standardausrede von uns wurde. "Ich bin hier, um dir die Fäden zu ziehen, Ria."

Auf dem Weg zur Tür hielt ich ruckartig inne. Verdammt, an die Fäden in meiner Wange hatte ich gar keinen Gedanken mehr verschwendet. Über die Schulter hinweg antwortete ich ihm, "kannst du vergessen, danach steht mir gerade nicht der Sinn. Die Fäden bleiben drin." Schnell öffnete ich die Tür, zum Einen um Kimura an einer Antwort zu hindern, zum Anderen um zu sehen, wer etwas von mir wollte. Das Resultat überraschte mich dann doch, es war nämlich nicht Armitage der vor meiner Tür stand, sondern Tara. 

Welche sich auch gleich aufzuregen begann, sobald ich ihr geöffnet hatte. "Ria! Kannst du mir mal erklären, was genau das heute auf der Kommandobrücke zu bedeuten hatte?" Tara marschierte mit großen, energischen Schritten an mir vorbei in mein Quartier, ohne dass ich sie dazu aufgefordert hätte. Als sie Kimura erblickte blieb sie ruckartig stehen. "Was macht der Arzt hier?" Fragend blickte sie zurück in meine Richtung. "Ria?"

Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen, ehe ich zu einer Antwort ansetzen konnte. "Doktor Dorey ist hier, um die Fäden in meiner Wange zu entfernen, Tara." Es wurmte mich zwar, ihm damit in die Karten zu spielen, aber eine andere plausible Erklärung fiel mir beim besten Willen einfach nicht ein. 

Kimura war auch nicht sonderlich hilfreich, als er meine Aussage schnell aufgriff. "Offizierin Deveron steht Ihnen gleich zur Verfügung, sobald die Behandlung abgeschlossen ist. Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte, das Quartier für einen kurzen Moment zu verlassen, Sergeant Milla?"

"Ja, natürlich. Wir sprechen uns gleich, Ria." Damit verließ Tara meine Räumlichkeiten, um mich meinem Schicksal zu überlassen. 

Ergeben seufzend wandte ich mich Kimura zu, jetzt kam ich wohl nicht mehr an dieser unangenehmen Behandlung vorbei. Und auch das bevorstehende Gespräch mit Tara würde alles andere als angenehm werden, das hatte ihr resolutes Auftreten gerade mehr als deutlich gezeigt.

"Setz dich, Ria." Kimura deutete auf meine Sitzgarnitur. Nebeneinander nahmen wir Platz, woraufhin er gleich in seiner Tasche die nötigen Utensilien zusammenzusuchen begann. "Magst du dich lieber hinlegen? Das könnte eventuell ein wenig Ziepen." Zielgerichtet begann Kimura die Instrumente auszupacken und sich Handschuhe überzustreifen.

"Du genießt das gerade, oder?" Ich tat wie mir geheißen und streckte mich aus dem Sofa aus. Besser war besser, da musste ich ihm Recht geben. 

"Ein wenig", gab er schelmisch grinsend zu. "Vor allem, da du dich jetzt nicht mehr aus dieser Lage herauswinden kannst. Und ich sehe dir an, dass du genau das liebend gerne tun würdest."

"Touche." 

Ein leichtes Ziepen an der Wange begleitete meine Aussage. Ich schloss die Augen und versuchte die Behandlung so schnell wie möglich hinter mich zu bringen, meine Hände krallten sich verkrampft ineinander. Ich ertappte mich wieder bei dem Gedanken, wie gerne ich Hux jetzt an meiner Seite hätte, damit er meine Hand nehmen könnte. Medizinische Behandlungen und ich waren definitiv nicht sehr gut miteinander zu kombinieren, so viel war sicher. "Au!" Ein besonders fieser Schmerz ließ mich den Kopf zur Seite hin wegziehen.

"Hör auf. Du hast es gleich geschafft, halt bitte noch einen Moment still." Es gab noch einen kurzen Ruck, dann war der widerspenstige Faden endlich aus meiner Haut verschwunden. "So, fertig. Ich versiegele die kleine Wunde noch mit etwas Bacta-Gel."

Als Kimura sich erhob, setzte ich mich ebenfalls auf. "Wann schickst du die gewonnenen Informationen an Leia?" 

"Sobald ich wieder zurück in der Station bin. Leia wird die Daten schon sehnsüchtig erwarten." Kimura wandte sich zum Gehen, meine Stimme hielt ihn allerdings noch einmal zurück.

"Du sagst mir doch Bescheid, sobald du etwas neues von Poe erfährst, oder?"

Der Ausdruck in Kimuras Augen wurde weicher, verständnisvoller. Ihm war mein flehender Tonfall mit Sicherheit nicht entgangen. "Aber sicher, Ria. Sobald ich etwas höre kontaktiere ich dich. Versprochen."

"Danke."

"Kein Thema. Ich weiß, wie sehr dir diese Sache am Herzen liegt." Mit diesen Worten verließ er mein Quartier, nickte im Vorbeigehen Tara respektvoll zu, die vor meiner Tür gewartet hatte. Schnell kam sie herein, demonstrativ auf eine Erklärung meinerseits wartend. 

Ich deutete auf das Sofa. "Setz dich doch, Tara." Ich konnte ihr förmlich an der Nasenspitze ansehen, wie sehr es sie dazu drängte, das Thema Hux anzusprechen. 

Sobald wir gemeinsam saßen, legte sie auch schon los. "Ria, was läuft hier eigentlich? Ich hatte immer den Eindruck, dass du und der General euch nicht sonderlich gut verstehen würdet. Und heute bekommt die Brücke eine nahezu filmreife Show abgeliefert." Tara machte ein so selbstgerechtes Gesicht, dass ich kurzzeitig laut lachen musste. "Das ist verdammt nochmal nicht witzig, Ria!" Empört lehnte sie sich zurück, die Beine locker übereinandergeschlagen. "Hast du überhaupt eine Ahnung davon, wie rasant diese Informationen um sich greifen? Schlimmer als ein Lauffeuer, soviel kann ich dir verraten! Ehrlich ich sage dir, ein Zwischenstopp am Kaffeeautomaten in der Cantina und jeder weiß genauestens Bescheid." 

"Das ist mir bewusst. Aber was soll ich sagen, die Sache ist kompliziert." Entschuldigend zuckte ich mit den Schultern.

"Klär mich auf," verlangte Tara. Auf meine skeptisch nach oben gezogene Augenbraue fügte sie schnell noch ein "bitte" hinzu. 

 Bevor ich mit meiner Erklärung beginnen konnte, kam Tara mir mit einer Überlegung zuvor. "Ich und eigentlich die komplette Besatzung auch, haben General Hux immer für absolut gefühllos, unnahbar und kalt gehalten. Schon alleine sein gesamtes Auftreten vermittelt ein gewisses: Komm mir bloß nicht dumm, wenn du weißt, was gut für dich ist. Verstehst du,was ich damit sagen will?" 

Zustimmend nickte ich, Tara traf mit ihrer Aussage nämlich punktgenau ins Schwarze. Zumindest war das der Armitage, den er selbst der Allgemeinheit zeigte. "Zu mir war er am Anfang auch so, du erinnerst dich sicherlich."

"Oh ja, ich stand genau daneben. Scheiße das war so unangenehm." Tara rollte dramatisch mit den Augen, was mich wieder zum Lachen brachte. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich Taras lockere Art sehr gerne hatte.

"Was hat sich denn geändert?", forschte sie weiter, sobald die Belustigung abgeebbt war. 

"Seine Gefühle für mich."

"Ach? Der General ist zu Gefühlen fähig? Unfassbar!" Sensationslüstern beugte Tara sich näher zu mir, um ja kein Detail zu verpassen.

"Naja, sagen wir mal so, mir gegenüber verhält er sich komplett anders als zu den übrigen Besatzungsmitgliedern."

"Das war ja wirklich kaum zu übersehen! Du hättest Kapitän Peaveys Gesicht sehen sollen, als Hux dich vor versammelter Mannschaft geküsst hat! Ich schwöre dir, so geschockt und entsetzt habe ich den Mann noch NIE erlebt. Ehrlich, wenn ihr noch eine Zugabe eingelegt hättet, wäre unser guter Kapitän möglicherweise einem Herzinfarkt erlegen!" 

"Och, Tara! Jetzt übertreibst du aber maßlos!" Ich musste den Kopf schütteln, konnte aber nicht lange ernst bleiben. Taras Ausführungen erschufen ein dermaßen sensationelles Bild vor meinem inneren Auge, ich sah Peavey geradezu vor mir, wie er sich verzweifelt darum bemühte die Fassung zu wahren und dabei kläglich scheiterte. Das Ergebnis war, dass wir beide kichernd auf dem Sofa saßen. 

"Aber mal Spaß beiseite, Ria. Dir ist schon klar, das Beziehungen ..." 

Meine rasch erhobene Hand brachte Tara effektiv dazu, ihren Satz unbeendet zu lassen. "Nicht  du nicht auch noch, bitte. Mir ist vollkommen klar, was du gerade sagen wolltest, aber bitte lass es."

"Ich will nur, dass du keinen Ärger bekommst."

Ich ergriff dankbar ihre Hand und drückte sie leicht. Eine richtige Freundin hatte ich noch nie gehabt, in der Regel war ich eher der Typ Frau, der sich eigentlich besser mit einem Kumpel verstand, daher berührte mich ihre Sorge sehr. Wieder konnte ich den Gedanken nicht abschütteln, dass in der Ersten Ordnung keine Unmenschen arbeiteten. Diese junge, willensstarke Frau mir gegenüber würde mit Sicherheit ganz wunderbar zum Widerstand passen, doch ich würde mich hüten, ihr gegenüber derlei Gedanken laut zu äußern. Zumindest im Moment noch nicht. Aber wer weiß, eines Tages vielleicht? Möglicherweise, wenn meine Aufgabe kurz vor dem Abschluss stand? "Danke, Tara. Aber ich befürchte, dass der Ärger sich in diesem Fall leider nicht mehr umgehen lässt. Du hast Kylo Rens Kommentar Hux gegenüber bestimmt gehört, oder? Der Oberste Anführer wird davon erfahren?"

"Sicher. Wie werdet ihr damit umgehen?"

"Ganz ehrlich? Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Hux meinte allerdings, er würde damit klarkommen, mit dem Obersten Anführer sprechen."

"Bleibt zu hoffen, dass es etwas bringt."

Gedankenverloren nickte ich. "Das hoffe ich auch, Tara." 

Sie schaute mir einen Moment lang prüfend ins Gesicht, bevor sie zum letzten Knaller ausholte. "Du liebst ihn wirklich, oder?"

Hoppla, scheiße! War ich wirklich so leicht zu durchschauen? Aber ja, da sie das Kind schon mal beim Namen genannt hatte, konnte ich auch Farbe bekennen. "Ja, Tara. Das tue ich."

"Ihr beiden seid so süß. Hoffentlich legt euch der Oberste Anführer keine Steine in den Weg."

"Das hoffe ich auch." 

Das Geräusch des Türsummers ließ uns beide erschrocken hochfahren. Du meine Güte, wer wollte denn nun schon wieder etwas von mir? Hier ging es ja betriebsamer zu als zum Schichtwechsel auf der Kommandobrücke. Rasch lief ich zur Tür um nachzusehen. Im gleichen Augenblick wünschte ich mir, es besser nicht getan zu haben, denn vor meinem Quartier stand Kylo Ren, wie üblich komplett in Schwarz gekleidet samt Eimer auf dem Kopf.

  Scheiße, scheiße, scheiße! Was will der denn hier? Okay, Ria, sei höflich.

"Sir? Wie kann ich Ihnen helfen?" 

Auf meine Frage hin trat Kylo einen kleinen Schritt zur Seite und offenbarte mir damit, dass er nicht alleine war. Neben ihm stand Armitage, sein Gesicht zeigte deutliche Anzeichen von Verärgerung, kombiniert mit unverhohlener Nervosität. "Victoria, ich ..." Hux wollte gerade die Situation erklären, da fiel ihm Kylo Ren brüsk ins Wort und weil Armitage auch einen Schritt in meine Richtung hatte gehen wollen, stieß Ren ihn unsanft an der Schulter wieder zurück an seinen Platz. Armitages Kiefermuskeln verkrampften sich vor Wut, als er einen mörderischen Blick in Richtung von Ren abschoss und auch ich schaute den großen Mann entgeistert an. 

"Sie kommen mit mir, alle beide. Ich werde Sie sofort zum Holovid-Konferenzraum des Obersten Anführers bringen, auf seine direkte Anweisung hin. Er schien alles andere als erfreut über die momentane Entwicklung zu sein, von der ich ihm berichtet habe." 

Ich konnte sein Gesicht zwar nicht sehen da es hinter der Maske verborgen lag, aber dennoch war die Genugtuung deutlich aus seiner Stimme herauszuhören. Es war offensichtlich dass es ihm gefiel seinen Rivalen, General Hux in Misskredit gebracht zu haben. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, würde er derjenige sein, der uns vor den Obersten Anführer schleifte. Armitage und ich wechselten einen schnellen Blick. Ich konnte ihm sein Unbehagen so deutlich ansehen, als hätte er die Tatsache laut ausgesprochen. 

"Einen Augenblick, Sir." Ich wartete gar nicht erst ab, ob Kylo Ren gewillt war mir diesen Moment zu gewähren, da ich mich einfach abwandte und in mein Quartier zurückging. 

Tara saß stocksteif auf dem Sofa und hatte offenbar jedes gesprochene Wort mit angehört. "Ria, ich ...", begann sie flüsternd. 

Ich legte in einer schnellen Geste den Zeigefinger vor meine Lippen, signalisierte ihr somit, still zu sein. Kylo Ren und Hux hatten sie von ihrer Position aus nicht gesehen und mir konnte es nur recht sein, dass das auch so blieb. Auf keinen Fall wollte ich, das Tara irgendwelche Probleme meinetwegen bekam. Schnell schnappte ich mir mein Datenpad um es an meinem Gürtel hinten einzuhaken, dann trat ich zu den beiden Männern, die im Flur auf mich warteten. Die Tür ließ ich unverriegelt, damit Tara sich später selbst hinauslassen konnte. Die Augen unverwandt auf Armitage gerichtet, dabei Kylo Ren gekonnt ignorierend, positionierte ich mich demonstrativ neben Hux und ergriff seine Hand. Unsere Finger verflochten sich schon ganz automatisch miteinander, was ein schnelles Lächeln auf sein ansonsten betrübtes Gesicht zauberte. 

"Wie rührend", ätzte Kylo Ren neben uns. "Wenn wir dann soweit wären?" Schwungvoll, mit wehendem Mantel wandte er sich ab, um vorauszustiefeln. 

Armitage und ich verweilten noch einen kurzen Augenblick an Ort und Stelle, sahen uns tief in die Augen. Ich zog ihn für einen Kuss zu mir herab welchen er leidenschaftlich erwiderte, schlang meine Arme um seine Körpermitte, um ihm Halt zu geben. "Egal was auch passiert", flüsterte ich in Armitages Ohr, "ich bin bei dir. Die ganze Zeit über."

"Ich weiß, Victoria." Hux lehnte seine Stirn an meine, seine Arme hielten mich ebenso fest umschlungen wie ich ihn. "Und dafür liebe ich dich so sehr. Einfach, weil du für mich da bist, wenn ich dich brauche." 

Wir tauschten noch einen letzten innigen Kuss, ehe wir uns widerwillig voneinander lösten. Hand in Hand folgten wir Kylo Ren, zogen Kraft aus dieser winzigen Berührung, dieser kleinen Geste, die eigentlich nicht viel aussagte, aber dennoch so unglaublich viel bedeutete. Nebeneinander hergehend tauschten wir noch einmal einen Blick, versanken in den Augen des jeweils anderen. Und irgendwie überkam mich das Gefühl, gemeinsam mit Armitage jedes Hindernis bewältigen zu können, welches uns in den Weg gelegt wurde.

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