Kapitel 16 - Pläne umsetzen

Nach einer mehr oder weniger schlaflosen Nacht gab ich am frühen Morgen den Versuch auf, noch etwas Ruhe und Erholung finden zu wollen. Meine Gedanken waren die ganze Nacht lang nicht verstummt, immer wieder umkreisten sie die zwei vorrangigsten Probleme. Wie konnten wir Poe befreien, und was genau verbarg sich hinter Projekt Starkiller? Da ich zu meinem Leidwesen auf die erste Frage einfach keine Lösung wusste, konzentrierte ich mich auf Problem Nummer zwei, Starkiller-Basis.

Mein Plan stand definitiv fest, Armitages Datenpad nach Bauplänen und Einsatzzielen zu durchstöbern und ich war mir auch relativ sicher dort Hinweise zu finden, da er das ganze Projekt schließlich leitete. Nur, wie bekam ich sein Pad in die Finger, ohne dass er etwas davon bemerkte? Ihn einfach danach zu fragen war schließlich keine Option. 

Zu meinem Glück war ich nicht die Einzige, die sich darüber den Kopf zerbrechen musste, immerhin war Kimura ja auch noch da. Weil ich ohnehin schon wach war, kontaktierte ich ihn rasch, in der Hoffnung, das wenigstens er einen halbwegs brauchbaren Einfall hatte. "Guten Morgen Doktor. Schon auf?"

"Um ehrlich zu sein, immer noch. Ihr Problem hat mich wach gehalten."

"Geht mir genauso. Irgendeine Idee diesbezüglich?"

"Tatsächlich ja. Können Sie auf der Station vorbeikommen?"

"Bin schon unterwegs." 

In fliegender Eile zog ich mir meine Uniform über. Es waren zwar noch zwei Stunden bis Dienstbeginn, aber wer wusste schon, wie viel Zeit die Planung in Anspruch nehmen würde?Zielstrebig wanderte ich über die verlassenen Flure und erst auf der mittleren Ebene begegnete ich patrouillierenden Sturmtrupplern, welche mich aber ignorierten. Der Türsensor überprüfte meine Biometrischen Daten, bevor er die Tür automatisch entriegelte, was Kimura von seinem Arbeitsplatz aufblicken ließ. Einen Augenblick lang musterten wir uns stumm. "Wir sehen wohl beide nicht gerade wie frisch aus dem Ei gepellt aus?" 

Kimura nickte bestätigend. "Lass uns in mein Büro gehen, Ria. Da unterhält es sich ungestörter."

Meine Hand bedeutete ihm vorzugehen. Im Büro rückte er gleich mit der Sprache heraus, während ich mich auf seinem Schreibtisch abstützte, meine Fingernägel tippten dabei nervös auf der Oberfläche herum. "Also, mir ist folgende Idee gekommen, Ria. Siehst du General Hux heute?"

"Wenn nichts seinen Abflug von wo auch immer verzögert, dann ja."

"Gut. Kannst du es so einrichten, dass ihr beide ungestört in seinem Büro seid?"

"Um was zu tun?"

Kimura angelte ein kleines Päckchen aus seiner Kitteltasche, um es in meine ausgestreckte Hand fallen zu lassen. Skeptisch beäugte ich das weiße Pulver darin.

"Dieses Medikament könntest du in einem unbeobachteten Moment in sein Getränk kippen. Es löst sich sofort auf und ist absolut geschmacksneutral."

Mein Blick suchte Kimuras. "Was bewirkt es? Was passiert dann?"

Ein verschlagenes Grinsen ließ mein Gegenüber lächeln. "Sagen wir mal so, schon eine geringe Menge davon bewirkt, dass dein General sich recht hastig auf die stillen Örtlichkeiten zurückziehen wird. Schau nicht so entsetzt, diese Methode verschafft dir immerhin genügend Zeit für deine Nachforschungen."

Der Ausdruck auf meinem Gesicht sprach wohl wirklich Bände, wie ich fairerweise zugeben musste. "Ich soll Hux ein Abführmittel unterjubeln? Ernsthaft?"

Kimura nickte unschuldig. "Wenn du eine bessere Idee hast, dann nur zu. Aber es ist kein Abführmittel. Dieses hier löst einen ziemlich starken, lang anhaltenden Brechreiz aus." 

Aus Empörung über Kimuras schadenfrohes Grinsen blieb mir der Mund offen stehen. "Das kann ich nicht tun!"

"Und wieso nicht? Bekommst du etwa ein schlechtes Gewissen?"

"Ja, verdammt!"

"Jetzt stell dich nicht so an, er wird es schon überleben. Du kannst ihn hinterher ja wieder aufpäppeln." Er grinste mich verschwörerisch an. 

"Kimura, du unverschämter ...", ein großer Schritt brachte mich in Reichweite, um einen gezielten Schlag auf seinem Oberarm zu landen. "Du bist ein emotionales Trampeltier!"

Lachend wich er mit einem Hüpfer schnell zur Seite aus, um einem weiteren Schlag zu entgehen. "Okay, Spaß beiseite, Ria." Schlagartig wurde er wieder ernst. "Das hier ist unsere einzige Option, du solltest sie nach Möglichkeit auch nutzen. Wir brauchen diese Daten und zwar noch heute. Es duldet keinen Aufschub mehr und das weißt du!" 

"Natürlich ...", seufzend stimmte ich ihm zu, drängte das schlechte Gewissen in den hintersten Winkel meines Bewusstseins und sperrte es dort ein. Der Widerstand brauchte diese Informationen und wenn ich dafür etwas rücksichtsloser würde vorgehen müssen, dann sollte es eben so sein.

"Du musst im Übrigen auch los", Kimuras Stimme riss mich unsanft aus meinen Überlegungen. Fragend blickte ich zu ihm auf. Als Antwort hielt er mir nur sein Datenpad vor die Nase, mit angezeigter Uhrzeit. 

Es war schon 0535, wollte ich pünktlich zu Dienstbeginn auf der Brücke sein musste ich jetzt umgehend los. 


Gehetzt kam ich gerade noch pünktlich auf der Kommandobrücke an. Unterwegs hatte ich mir noch schnell einen Kaffee organisiert, um wenigstens halbwegs aufnahmefähig zu sein. Der Schlafmangel hielt mich nämlich fest in seinen Klauen, nun brach die Müdigkeit mit aller Gewalt über mich herein. 

Mist, verdammter! 

Kapitän Peavey stand wieder an seinem üblichen Platz am Sichtfenster und beobachtete den Schichtwechsel. Ich grüßte ihn nur knapp im Vorbeigehen, steuerte aber zielstrebig mein Terminal an. Mein Blick huschte suchend über die Kommandobrücke, doch die vertraute Gestalt von General Hux war nirgends zu entdecken. Offensichtlich war er noch nicht wieder zurück.

Schwer sank ich in meinen Stuhl und versuchte, mich auf die vor mir liegenden Aufgaben zu konzentrieren. Ein paar relativ unwichtige Nachrichten warteten darauf, an ihre Empfänger weitergeleitet zu werden, was schnell erledigt war. Viel zu schnell war mein mitgebrachter Kaffee ausgetrunken, wie ich mit Bedauern feststellte. Auch die restliche Dienstzeit blieb vollkommen ereignislos und noch immer war kein Hux aufgetaucht. Eine Meldung bezüglich einer Ankunftsverzögerung war auch nicht bei mir eingegangen und so hielt ich weiter an der Hoffnung fest, unseren Plan im Laufe des Tages in die Tat umsetzen zu können. Anders wusste ich mir nicht mehr zu helfen, denn augenscheinlich kam ich über meinen jetzigen Posten nur noch schwer an nötige Informationen heran. Oder wenn, dann nur sporadisch. Gerade jetzt, wo uns die Zeit zwischen den Fingern zerrann konnten wir uns lange Wartezeiten nicht mehr erlauben. Wir brauchten Resultate, und zwar gleich. 

Auf dem Weg zurück in mein Quartier meldete mein Datenpad eine eingehende Nachricht ein. Schnell aktivierte ich das Gerät, in der Hoffnung, etwas von Armitage zu lesen. 

"Kommst du in mein Büro, Liebes?"

"Da steckst du also. Ich habe dich auf der Brücke vermisst."

"Es war zuviel zu erledigen. Würdest du mir helfen? Ein wenig Unterstützung würde nicht schaden."

"Sicher, das habe ich dir ja versprochen, Armitage. Bin in Kürze bei dir."

Auf dem Weg öffnete ich schnell noch den geflochtenen Zopf, damit die langen Wellen ungehindert über meinen Rücken flossen. So fühlte ich mich erstens wohler, und zweitens ließ sich Armitage damit sehr gut ablenken. Grinsend musste ich über mich selbst den Kopf schütteln. Überrascht registrierte ich, dass die Tür zu seinem Büro bereits offen stand. Vorsichtig lugte ich um die Ecke, was den General sofort aufsehen ließ. "Warum so vorsichtig? Komm rein."

Beim Eintreten deutete ich mit dem Daumen über die Schulter. "Deine Tür stand auf." 

Innerlich griff ich mir an den Kopf - wie blöd konnte man eigentlich sein, eine so offensichtliche Tatsache auch noch auszusprechen? 

Armitage hingegen musste schmunzeln. "Was du nicht sagst. Das wäre mir gar nicht aufgefallen." Er stand von seinem Schreibtisch auf, um mir entgegenzukommen. Voreinander blieben wir stehen, sahen uns in die Augen. Hux zögerte nicht lange, sondern zog mich in seine Arme, die Finger spielerisch in den langen Strähnen meiner Haare vergraben. Seine Augen lenkten den Blick auf meine Lippen, welche er kurz darauf mit einem Kuss eroberte. Er legte so viel Leidenschaft in diese Geste, dass ich ihm sofort glaubte, was er als nächstes sagte. "Du ahnst gar nicht, wie sehr ich dich vermisst habe, Victoria."

Einen Moment lang genoss ich das Gefühl, von ihm gehalten zu werden. Ungewollt drängte sich mir der Gedanke auf, wie anders alles wäre, würden wir beide nicht auf verschiedenen Seiten stehen. Würden wir beide nicht völlig unterschiedliche Überzeugungen leben. 

Denk an deine Mission, Ria! Jammern kannst du später noch! 

Ich rückte ein kleines Stück von ihm ab, was Hux mit hochgezogener Augenbraue quittierte. "Jetzt schau nicht so entsetzt, ich bin immer noch hier. Wobei brauchst du denn meine Hilfe? Du hast eine Menge Arbeit erwähnt."

Hux tat so, als müsst er sich mein Angebot erst genau durch den Kopf gehen lassen. "Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich dafür schon ausführlich genug eingearbeitet habe."

Das ist doch...! Denkt er eigentlich auch mal an etwas anderes? Männer!  

"Armitage! Nein, nicht!" Schnell hatte ich mich unter seinen ausgestreckten Armen herausgewunden und war ihm entschlüpft, um leichtfüßig einige Schritte zur Seite zu tänzeln. Leider ging mein Plan nicht gänzlich auf, denn Armitage sah das Ganze als Einladung an, mich zu verfolgen. "Lass das!", rief ich amüsiert, während ich schnell den Schreibtisch als Deckung zwischen uns brachte. Ein Blick in Hux' Gesicht verriet meine Vermutung, er sah das ganze scheinbar als eine Art Herausforderung, mich zu erhaschen. 

"Du kannst mir nicht davonlaufen, Victoria."

"Das will ich auch eigentlich gar nicht."

"Dann sei ein braves Mädchen und leg dich schon mal auf den Schreibtisch."

"Armitage! Also wirklich, denkst du auch mal an etwas anderes? Ich ... nein." Während meiner Rede versuchte Hux, sich möglichst unauffällig anzupirschen, um mich dann mit einem schnellen Sprint einzufangen. Er verfehlte mich um Haaresbreite, was mir die Gelegenheit gab, schnell hinter die Sitzgarnitur zu huschen, welche vor dem Fenster stand. "Hast du vergessen, was letztes Mal passiert ist?", schimpfte ich vor mich hin. "Ren hätte uns beinahe in Flagranti ertappt!"

Hux verollte leicht genervt die Augen. "Bitte, sprich diesen Namen nicht aus. Ich kann ihn nicht mehr hören. Außerdem ist ja nicht gesagt, dass so etwas jetzt wieder passiert."

"Nicht während der Arbeitszeit, darauf lasse ich mich nicht nochmal ein!"

Ein diabolisches Lächeln zog Hux' Mundwinkel nach oben. "Wo bleibt denn dann die Spannung, wenn man nicht Gefahr läuft, erwischt zu werden?"

Okay ... 

Darauf wusste ich erst einmal nichts zu erwidern. Armitage hatte mich mit seiner Aussage so geschockt, dass ich für einen Moment wie festgewachsen hinter dem Sofa stehen blieb. Die Gunst der Stunde blieb natürlich nicht lange ungenutzt und ehe ich mich versah, hatte Hux mich auch schon erwischt. 

"Hab ich dich!", triumphierte er lächelnd. "Jetzt hole ich mir meine Belohnung." Armitage hob mich auf seine Arme, was mir ein leises Quietschen entlockte. Es hatte geradezu den Anschein, als würde ich nichts wiegen, so leicht bugsierte er uns gemeinsam auf das Sofa. 

"Ist das jetzt deine Vorstellung im Bezug auf, Fortsetzung folgt?" Ich konnte mir diesen trockenen Kommentar einfach nicht verkneifen.

"Mhm." Hux kam näher, um sich einen Kuss abzuholen. 

Aber diesmal würde ich nicht so leicht klein beigeben, daher stoppte ich seine Lippen mit erhobener Hand ganz knapp vor ihrem Ziel. 

Irritiert hob sich eine Augenbraue in seinem Gesicht. "Victoria, was ... ?"

"Scht", ich unterbrach ihn lieber schnell, um die Situation klarzustellen. Unsere Gesichter waren nach wie vor nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, meine Finger lagen noch immer auf seinen warmen Lippen. "Armitage, sag mal, stellst du dir so unser erstes Mal vor? Auf dem Schreibtisch? Oder dem Sofa? Mit der Gefahr, dass wieder jemand etwas mit dir besprechen will und uns stört?"

Er lehnte sich etwas zurück, unterbrach aber keinen Moment lang den Blickkontakt. Allerdings sprach der Ausdruck in seinen Augen eine gänzlich andere Sprache, meine Zurückweisung schien ihn wohl doch zu verletzen. Diese Vermutung bestätigte sich sofort, als Armitage mir folgende Frage stellte. "Willst du denn nicht auch auf diese Art mit mir zusammen sein?"

Meine Hand wanderte von seinen Lippen hinauf, um seine Wange zu streicheln. Um Armitages Verunsicherung zu zerstreuen, zog ich ihn für einen zärtlichen Kuss zu mir, bevor ich zu einer Erklärung ansetzte. "Doch, natürlich möchte ich das. Aber nicht so. Nicht hier. Wäre es nicht viel schöner, wenn wir beide uns nur füreinander Zeit nehmen könnten? Einen ganzen Abend lang, ohne Gefahr zu laufen, unterbrochen zu werden?" 

Armitage lauschte meinen Ausführungen, nickte dabei nachdenklich. "Dann ging mein erster Ansatz ja schon in die richtige Richtung", bemerkte er an. 

"Naja fast. Immerhin war das ja während der Arbeitszeit, du erinnerst dich?" 

Seufzend lehnte Armitage sich nach vorne, um seine Stirn an meiner Schulter zu vergraben. "Ich gelobe Besserung", nuschelte es dumpf neben mir, was mich zum Lächeln brachte. 

Ich nahm Hux in den Arm, um wenigstens einen Moment lang zu kuscheln. Zusammen sanken wir zurück in die Kissen, wobei Hux seinen Kopf seitlich auf meine Schulter gebettet hatte. Gedankenverloren spielten meine Finger durch sein rotes Haar, brachten seine ordentliche Frisur durcheinander. Eine Bewegung ließ mich hinuntersehen. 

Armitage hatte den Kopf gehoben, um mich ansehen zu können. "Mein Schatz, ist dir eigentlich klar, wie viel Zurückhaltung du von mir verlangst?"

"Ach. Wirklich?"

Armitage nickte ernsthaft.

"Du wirst es überleben", tröstete ich ihn. 

Mit einem leidgeplagten Seufzer ließ er den Kopf wieder auf meine Schulter sinken. "Was machst du nur mit mir, Victoria?"

Ein Datenpad gab ein akustisches Pling von sich, was Armitage dazu veranlasste, wieder aufzusehen. "Die Arbeit ruft. Möchtest du mir helfen Liebes?"

"Sicher." 

Armitage stand auf, um mir hilfsbereit seine Hand zu reichen. Mit einem Ruck landete ich wieder in seinen Armen um noch einmal geküsst zu werden. "Komm, ich zeige dir, wie du mich bei meinen Aufgaben unterstützen kannst. Immerhin brauchst du auch darin noch etwas Übung."

Wir setzten uns an seinem Schreibtisch nebeneinander, jeder mit seinem Datenpad in der Hand. Hux zeigte mir auf seinem Display, welche Daten und Benachrichtigungen bei ihm ankamen, und welche davon in meinen Aufgabenbereich fallen würden. "Normalerweise leite ich diese Aufgaben direkt an dein Gerät weiter, aber sollte das einmal nicht der Fall sein, schicke ich dir hier meine Zugangsdaten." Eine Nachricht erschien auf meinem Display. "Damit kannst du dich auf meinem Datenpad einloggen, um dir deine Arbeit selbst rüberzuziehen, ohne lange nachfragen zu müssen."

 Innerlich erfasste mich eine nie dagewesene Unruhe. Ausgerechnet heute vertraute mir Armitage sein Passwort an, welches mir Zugang zu seinem Pad verschaffte. Ich konnte mein Glück kaum fassen, anscheinend war die Macht diesmal wirklich mit mir. Um mir nichts anmerken zu lassen, schob ich schnell eine Frage nach. "Wann sollte diese Situation denn eintreten?"

"Bei einem Meeting möglicherweise. Du begleitest mich zwar dorthin, aber es kann durchaus vorkommen, dass ich in ein längeres Planungsgespräch verwickelt werde. Damit du nicht untätig daneben sitzen musst, wenn deine bisherigen Aufgaben schneller als gedacht erfüllt sein sollten. Eine Unterbrechung wird dabei nämlich nicht gerne gesehen, wie du dir sicher vorstellen kannst."

In Gedanken versunken hörte ich Armitage nur mit halbem Ohr zu, ich war vielmehr mit der Tatsache beschäftigt, wie einfach er mir den Zugang zu seinem Datenpad gewährt hatte. Und vor allem, wie bereitwillig. Wieder einmal zeigte sich, wie viel Vertrauen er mir mit dieser Geste entgegenbrachte. Und ich war dabei, diesen Umstand schamlos auszunutzen, um dem Widerstand die benötigten Informationen zu beschaffen. Aber auf der anderen Seite, welche Wahl hatten wir denn? 

"Victoria?", riss mich Hux' Stimme aus meinen Gedanken. "Ist alles in Ordnung?"

"Ja! Ja alles gut", beeilte ich mich zu antworten. 

"Okay. Dann schicke ich dir einen Schwung voll Aufgaben zu, ich möchte sehen, wie du diese bearbeitest. Frag mich ruhig, wenn du dir bei etwas nicht sicher bist."

Unsere Blicke trafen sich als wir beide gleichzeitig aufblickten und keiner schien bereit, den Blick als erstes abzuwenden. Lächelnd sahen wir einander an, bevor wir uns unserer Arbeit widmeten. 


Nach ein paar Stunden hatte ich viele der mir zugeteilten Aufgaben zu Hux' vollster Zufriedenheit erledigt. Zudem kamen wir beide nicht umhin festzustellen, wie effektiv und harmonisch unsere Zusammenarbeit eigentlich verlaufen war. 

"Was hältst du von einer kleinen Pause?" Armitage ließ sich in seinem Stuhl an die Lehne zurücksinken. 

Ich legte mein Datenpad ebenfalls auf dem Tisch ab, um den Mann neben mir anzublicken. "Klingt gut. Ich könnte auch eine Kleinigkeit zu trinken vertragen." Unwillkürlich beschleunigte sich mein Herzschlag, anscheinend war jetzt wohl die Ausführungsphase unseres Plans erreicht.  

Mach jetzt bloß keinen Rückzieher, Ria! 

 Armitage tippte etwas in sein Datenpad ein. "Was möchtest du denn haben? Soll ich uns vielleicht zur Feier des Tages einen Wein kommen lassen?"

"Was haben wir denn zu feiern?" Interessiert legte ich den Kopf schief, auf die folgende Antwort war ich nämlich sehr gespannt.

"Unsere gute Zusammenarbeit. Und auf unsere Zukunft sollten wir auch gleich anstoßen." Hux lächelte liebevoll in meine Richtung, was meine Gedanken richtig ins rotieren brachte. Aus dem Augenwinkel schielte ich verstohlen zu ihm herüber, was wollte er mir wohl damit sagen? 

Er wird doch nicht etwa? Himmel, wie weit ist Hux denn schon mit seinen Gedanken?

"Aha. Definiere das doch etwas genauer. Was schwebt dir vor?"

Armitage brachte seinen Stuhl näher zu mir. "Sehr viel Zeit nur für uns beide."

"Ungestört?" Das Kinn in der Hand abgestützt, lehnte ich mich ebenfalls vor, brachte uns noch näher zusammen.

"Unbedingt!" Armitages Augen verweilten einen Moment auf meinem Mund. 

"Was denkst du gerade?"

"Dass ich dich küssen will, Victoria."

"Und was hält dich davon ab?" Meine Hand legte sich in seinen Nacken, zog ihn näher an mich heran. 

Armitage wollte der Einladung gerade folgen, als der Türsensor brummte. "Schon wieder diese bescheuerte Tür!" Genervt schoss er einen Blick in besagte Richtung ab. 

"Na siehst du, was ich meine."

"Den Kuss möchte ich trotzdem!" Schon hing Armitage wieder an meinen Lippen, bevor er sich auf den Weg in Richtung Tür begab. Er kam mit einem Tablett in der Hand zurück, mit welchem er zielstrebig die Sitzgarnitur ansteuerte. Ein auffordernder Blick wurde in meine Richtung geworfen. "Komm her. Lass uns zum Gemütlichen Teil des Abends übergehen." 

Ich erhob mich um einige Schritte näher zu treten, während Armitage beschäftigt hin und her huschte. 

Gemütlicher Teil wohl wahr! 

Er hatte neben dem versprochenen Wein auch noch diverse Leckereien zu essen geordert und ... Kerzen? 

Aha. Da will es wohl jemand richtig romantisch gestalten. 

Hux war gerade eifrig dabei, die brennenden Kerzen überall im Raum zu verteilen. Ein leichter Vanilleduft machte sich breit. Um nicht völlig untätig daneben zu stehen, schaltete ich schließlich die Beleuchtung aus, um die Stimmung einen Moment auf mich wirken zu lassen. Es war wunderschön! Die Flammen tauchten das Zimmer in ein warmes, flackerndes Licht und erschufen eine heimelige Atmosphäre. Eine Welle aus schlechtem Gewissen schlug mit Wucht über mir zusammen, denn mein Plan würde diesen romantischen Abend mit Sicherheit gänzlich anders enden lassen, wie Hux sich das gerade vorstellte. 

Er blieb vor mir stehen, um mein Gesicht mit beiden Händen zu umfassen. "Gefällt es dir?" Offenbar hatte er meinen abwesenden Blick der Situation zugeschrieben.

"Ja. Es ist wunderschön, Armitage." 

Wir versanken in einem leidenschaftlichen Kuss, bewegten uns dabei rückwärts durch den Raum, um gemeinsam auf das Sofa zu sinken. Dort löste Armitage sich einen Moment von mir, um mich anzusehen, sein intensiver Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken.

"Was geht dir gerade durch den Kopf?", wollte ich erfahren.

"Das ich dich liebe, Victoria." Sein Daumen streichelte unablässig über meine Wange, während er weitersprach. "Ich bin so unendlich froh, dass wir uns begegnet sind. Das ich eine so wundervolle Frau wie dich kennengelernt habe. Und das unglaublichste von allem ... dass du meine Gefühle erwiderst."

Diese Aussage machte mich stutzig, weshalb ich mich etwas zurücklehnte, um ihn besser ansehen zu können. 

Bevor ich jedoch meine Frage formulieren konnte, kam Armitage mir schon mit einer Erklärung zuvor. "Es gab keine einzige Person in meinem bisherigen Leben, die mich so behandelt hat wie du. Viele haben mich nur mit Verachtung angesehen."

Diese Aussage schockierte mich doch sehr. "Und was ist mit deiner Familie?"

Armitage schüttelte den Kopf, begleitet von einem düsteren Ausdruck, welcher über sein Gesicht zog. "Welche Familie? Ich bin bei meinem Vater aufgewachsen, der es zur Perfektion gebracht hat, mich mit Verachtung zu strafen und mir zu verdeutlichen, wie unerwünscht ich in seinen Augen eigentlich bin. In mir einen nutzlosen Bastard zu sehen der keine Berechtigung für seine Existenz hat."

"Oh, Armitage!" Ich zog ihn in meine Arme, um ihm Sicherheit und Geborgenheit zu spenden. Jetzt wurde mir auch so einiges an seinem Verhalten klar. Die Herabwürdigung, welche er Untergebenen entgegenbrachte um seine übergeordnete Position auszuspielen, die Unangreifbarkeit die damit einherging. Sein Verhalten mir gegenüber, denn ich hatte ja schon vorher den Eindruck gewonnen, dass er ziemlich stark an mir festklammerte. Geboren wurde dieser Instinkt aus der Angst heraus, dass ich mich von ihm abwenden könnte, was ihn dann letztendlich wieder ganz alleine dastehen ließ, ohne eine vertraute Person an seiner Seite. Armitage hatte während meiner Überlegungen keinen Ton mehr von sich gegeben, die Arme fest um meine Taille geschlungen, kuschelte er sich an mich.

"Hältst du mich noch einen Moment fest, Victoria?" 

"Natürlich. So lange du willst." Der beinahe flehende Tonfall in seiner Stimme war kaum zu überhören. Letzten Endes konnte ich gar nicht genau sagen, wie lange wir auf dem Sofa aneinander gekuschelt dalagen, aber ich war bereit, Armitage so lange meine Zuwendung zu geben, wie er sie benötigte. Es war unübersehbar, wie sehr er dieses Gefühl der Geborgenheit genoss, welches er in meinen Armen fand. Während der Stille ließ ich meine Gedanken noch einmal zu unserem Gespräch abschweifen, um es Revue passieren zu lassen. Hux hatte mit Sicherheit nur einen kleinen Teil seiner unschönen Erinnerungen mit mir geteilt, bestimmt gab es da noch mehr zu erfahren. Nachdenklich betrachtete ich Armitage eingehender, fragte mich, was genau er eigentlich in mir sah, um mir ein derartiges Vertrauen entgegenzubringen. Mit Sicherheit wusste keiner hier an Bord so viel über seine Vergangenheit wie ich. Die Ironie die der ganzen Sache zugrunde lag war nur, dass Armitage gar nicht wissen konnte, dass ich nicht im Team Erste Ordnung mitspielte, sondern auf der Gegenseite. Mir graute schon vor dem Tag an dem er es herausfand, was früher oder später zwangsläufig passieren musste.

"Danke!" Hux hob den Kopf um mich anzusehen. "Dass du für mich da bist, Victoria." 

In seinen Augen war so viel Liebe zu lesen, dass es mir für einen Moment die Sprache verschlug, ehe ich zu einer Antwort ansetzen konnte. "Natürlich, Armitage. Ich bin für dich da."

"Immer?"

"Ja! Immer." Mein Gewissen schrie bei dieser Lüge lautstark auf, denn sobald meine Aufgabe hier erfüllt wäre, würden Kimura und ich schleunigst das Weite suchen müssen. Über Armitages Enttäuschung wegen meinem Verrat wollte ich mir lieber gar nicht so genau Gedanken machen. Aber irgendwann würde dieser Tag eintreffen.

"Ich liebe dich!" Hux zog uns in eine aufrechte Position um mich noch einmal leidenschaftlich zu küssen. 

"Ich liebe dich auch", erwiderte ich atemlos, nachdem wir unsere Lippen voneinander gelöst hatten. 

Armitage wandte sich ab, um nach der Weinflasche zu greifen und deren Inhalt in zwei Gläser zu füllen, eines davon reichte er an mich weiter. "Auf uns?"

"Auf uns!", bestätigte ich. Der Wein rollte mit einer süßen Schwere über meine Zunge, schmeckte vorzüglich. Armitage hatte eine gute Wahl getroffen, wie ich ihm zugestand. 

Er setzte gerade dazu an, etwas sagen zu wollen, da zerstörte ein piependes Datenpad den Zauber der Situation. Hux sah so aus, als würde er das verfluchte Gerät am Liebsten durch die nächste Schleuse ins Weltall pusten, als er sich murrend erhob. 

Mir wurde derweil abwechselnd heiß und kalt, denn dass hier war nämlich genau der Moment, auf den ich gewartet hatte. 

Jetzt oder nie, Ria! 

Meine Hand schob sich zitternd in die Uniformtasche, um Kimuras Medikament herauszuziehen. Wenn ich unseren Plan durchführen wollte, dann musste das jetzt passieren, Hux würde nämlich nicht allzu lange mit seinem Datenpad beschäftigt sein. Ich gab meinem schlechten Gewissen mental einen kräftigen Schubs in die nächste Ecke, wo es sich hoffentlich erst einmal nicht mehr melden würde. Ein schneller, prüfender Blick in Hux' Richtung zeigte, das er mir immer noch den Rücken zuwandte. Schnell war das Päckchen geöffnet, in meiner Eile schüttete ich allerdings den gesamten Inhalt in sein Weinglas. 

Ups! Scheiße! 

Was hatte Kimura noch gleich erwähnt? Schon die kleinste Menge würde einen starken Brechreiz auslösen? Mist, verdammter, ich hatte einfach alles reingeschüttet. Ändern ließ sich daran jetzt allerdings nichts mehr, ich konnte gerade noch rechtzeitig das leere Päckchen verschwinden lassen, als Armitage sich gerade wieder neben mich aufs Sofa fallen ließ und sofort nach seinem Glas angelte. "Nichts wichtiges?", fragte ich beiläufig. 

"Nichts was nicht auch bis morgen warten kann." Armitage nahm einen großen Schluck aus seinem Glas, ehe er fortfuhr. "Ich dachte mir gerade, das wir uns doch ein wenig besser kennenlernen könnten." 

Interessiert blickte ich den Mann neben mir an, darauf wartend, dass er weitersprach. 

"Du könntest mir etwas von dir erzählen, Victoria."

"Ich würde vorschlagen, wir wechseln uns ab." Möglicherweise war das meine Chance, einen tieferen Einblick in seine Vergangenheit zu bekommen.

Armitage akzeptierte den Vorschlag, bedeutete mir mit einer Geste allerdings, dass ich beginnen sollte. 

Während ich überlegte, welche Information für einen Einstieg passend wäre, registrierte ich mit Überraschung, dass Armitage sein Gals schon knapp zur Hälfte geleert hatte. Oje, dieses Gespräch würde definitiv kürzer werden, als Armitage ahnte. 

"Musst du dir erst überlegen, welche Geheimnisse du mit mir teilen möchtest?" 

Irritiert starrte ich ihn an, bevor ich registrierte, dass er seine Worte mit einem Lächeln unterstrich. 

"Möglicherweise", gab ich kokett zurück. 

Hux kam näher. "Erzähl mir alles! Jedes schmutzige Detail." 

Mein Auflachen wurde von einem weiteren Kuss unterbrochen. "Was würde dich denn am meisten interessieren?" 

"Bist du noch Jungfrau?" 

"Armitage! Du bist so ein ... Wie kannst du dich eigentlich den ganzen Tag konzentrieren, wenn dir ständig solche Gedanken durch den Kopf schießen?"

"Nur sehr schwer. Und?"

"Was, und?"

"Wie lautet deine Antwort, Victoria?"

"Willst du darauf jetzt ernsthaft eine Antwort?"

"Natürlich."

"Was denkst du denn?", besser, ich ließ ihn noch ein wenig rätseln. Himmel, welchen Verlauf nahm dieses Gespräch denn jetzt schon wieder? Wieso blieben wir eigentlich immer an solch pikanten Details hängen?

"Ich bin mir nicht sicher." Armitage rutschte zu mir herüber, um seinen Arm um meine Taille zu schlingen und mich so näher an ihn zu ziehen. "Vielleicht sollte ich das mal überprüfen? Nur um ganz sicher zu gehen." Seine freie Hand wanderte in Richtung meiner Hose. 

Ich reagierte blitzschnell und hielt seine Finger knapp vor dem Gürtel fest. 

Wann wirkt dieses blöde Mittel denn endlich?

"Armitage. Wie war das nochmal mit dem Abend nur für uns zwei?"

"Es ist bereits Abend, mein Schatz. Und zu zweit sind wir auch." Hux küsste mich leidenschaftlich. "Lass mich nicht länger warten, Victoria. Ich liebe dich!" 

Bevor ich dazu kam etwas darauf zu erwidern, zog eine merkliche Blässe in Hux' Gesicht auf. "Armitage, geht es dir gut? Was ist mit dir?" Meine Hand legte sich auf seine Stirn,welche von einem kalten Schweißfilm überzogen war. 

Zitternd richtete er sich auf, um sich schnell von mir wegzudrehen. 

"Armitage?" Ich setzte mich ebenfalls auf, legte meine Hände auf seine Schultern und spürte das Beben, welches durch seinen Körper lief. "Was hast du denn?" 

Für eine Antwort blieb ihm allerdings keine Zeit mehr, mit vor den Mund geschlagener Hand sprang er auf, um Richtung Badezimmer zu stürzen - womit meine Frage sich von selbst beantwortete, wann das Mittel endlich wirkte - nämlich genau jetzt. 

Ich wartete noch einen winzigen Moment lang ab, dann sprang ich mit aktiviertem Datenpad in der Hand auf, um an Hux' Schreibtisch zu gehen. Unterwegs öffnete ich die Nachricht, in der er mir die Zugangsdaten zu seinem Gerät geschickt hatte. Als ich den Wortschlüssel sah, musste ich kurz innehalten, um einmal tief durchzuatmen. Armitage hatte als Passwort nur ein einziges Wort gewählt, von welchem ich mir relativ sicher war, dass es noch nicht lange in Benutzung war: Victoria. Ein Seufzer entschlüpfte mir, gleichzeitig meldete sich mein schlechtes Gewissen aus seiner Ecke mit erhobenem Zeigefinger zurück. Da ich mit Gewissensbissen im Augenblick allerdings überhaupt nichts anfangen konnte, schlug ich meiner Inneren Stimme mental noch die Tür vor der Nase zu. 

Grübeln kannst du später noch. Jetzt such endlich diese verdammten Daten! 

Ich nahm hinter Armitages Schreibtisch Platz und griff nach seinem Datenpad. Ein Wischen meines Fingers aktivierte das Display, der Wortschlüssel wurde ohne zu Murren akzeptiert - ich war eingeloggt. Nachdem die Datenbank aufgerufen war, musste ich mir zuerst einen groben Überblick verschaffen, wo ich fündig werden würde. Ein Geräusch ließ mich kurz in meinem Tun innehalten.

*hust, würg*

Gegen meinen Willen musste ich leise lachen. Hux war anscheinend gerade dabei, sich die Seele aus dem Leib zu kotzen. Da ich mir nicht ganz sicher war, ob Armitage gesendete Daten von seinem Pad angezeigt bekam, notierte ich mir interessante Informationen auf meinem Gerät. 

Die Starkiller-Basis befand sich auf Ilum, soviel war uns schon bekannt gewesen, jetzt fand ich zum Glück auch noch die Koordinaten. Anscheinend lag der Planet mitten in den unbekannten Regionen, es war also kein Wunder, dass die Neue Republik so lange nichts von den Plänen der Ersten Ordnung mitbekommen hatte. Zudem fand ich eine komplette Aufstellung der Feuerkraft aller Waffensysteme, welche wirklich ins Unvorstellbare reichte. Zu meinem großen Erschrecken konnte diese Basis wirklich ganze Planeten mit einem einzigen Schuss komplett zerstören, Millionen von Leben würden auf nur einen einzigen Befehl hin ausgelöscht werden. 

Scheiße, verdammte!!!

*würg*- - - - - - *würg*

Die Geräusche im Hintergrund ignorierend, suchte ich zügig weiter. Dummerweise fanden sich keine genauen Einsatzziele, an welchen die Waffe zum ersten Mal getestet werden sollte, meinen Verdacht konnte ich somit leider nicht bestätigen. Anscheinend lief das über die Meetings mit dem Obersten Anführer, Hux erwähnte ja schon, dass er seine Befehle direkt von dieser Person erhalten hatte. Da musste ich wohl noch etwas Nachforschungsarbeit in dieser Richtung betreiben. 

*würg, hust* - - - - *würg*

Ich schielte über die Schulter zurück. Kimuras Mittel schien mittlerweile richtig in Fahrt zu kommen, die Abstände wurden nämlich immer kürzer. Ich warf erneut einen kurzen Blick in Richtung Badezimmertür, ein wenig tat mir Armitage ja schon leid. Vor allen, da ich an seinem Zustand nicht ganz unschuldig war. Mein schlechtes Gewissen meldete sich mich neuem Elan zurück, schwungvoll riss es die Tür auf, um mit erhobenem Zeigefinger einen Protest zu starten. 

Schnauze da hinten! 

*würg, würg, würg*

Okay, ganz unbeteiligt tun konnte ich auch nicht, immerhin hörte ich ja alles. Ich stand auf, um vorsichtig an die Tür zu klopfen. "Armitage? Kann ich irgendetwas für dich tun?" 

"Nein, Victoria. Ich ..." 

*würg*

 "schon okay ..." 

*würg*

 Armitage konnte noch nicht einmal seinen Satz zu Ende sprechen. 

Rasch kehrte ich zu seinem Datenpad zurück, vielleicht ließen sich darauf noch andere, brauchbare Informationen finden. Ich stolperte noch über die Zahl der Besatzungstruppen, welche auf Starkiller stationiert waren und fand auch noch die Zahlen der Verteidigungsgeschütze und TIE-Jäger heraus. 

*würg*

Irgendwann wurde ich nicht mehr fündig, anscheinend hatte ich sämtliche Details über Starkiller bereits notiert. Ich wollte gerade noch ein wenig weiter schnüffeln, wer weiß, was auf diesem Gerät noch so alles gespeichert war, da tönte Armitages Stimme durch die verschlossene Tür. "Victoria?"

"Ich bin noch hier Hux. Brauchst du etwas?"

"Ja, dich! Kannst du ..." 

*würg* 

"kannst du bitte zu mir kommen?"

Überrascht blickte ich die geschlossene Tür an. "Wirklich?"

"Bitte, ich brauche dich ..." 

*würg*

Es überraschte mich wirklich, dass Hux mich in so einem Moment bei sich haben wollte, abschlagen konnte ich ihm seine Bitte allerdings auch schlecht. Ich aktivierte die Tür, um einzutreten. Das Bild, welches sich mir bot, war herzzerreißend. 

Armitage ging mit völlig zerzauster Frisur über der Schüssel, ein komplettes Häufchen Elend. Als er mein Eintreten registrierte, streckte er seine Hand nach mir aus, während ein neuerlicher Schwall seinen Kopf wieder über die Kloschüssel zwang. 

Schnell eilte ich an seine Seite, um seine Hand zu ergreifen, mit der anderen streichelte ich ihm über den Rücken. Ich spürte sein Zittern, während eine neue Welle der Übelkeit über ihn hinwegrollte. 

"Victoria ..." 

*würg*

"Scht, es ist alles gut. Ich bin hier." 

Nach einiger Zeit brachte Hux nichts mehr hervor, sah aber alles andere als gut aus. 

Ich holte schnell ein nasses Tuch, um seine Stirn etwas abzuwischen, während er sich an mich lehnte. Besorgt blickte ich zu ihm hinunter. "Willst du dich vielleicht auf dein Sofa legen? Das ist bequemer als der harte Boden hier. Komm, ich helfe dir." Mit einigem Kraftaufwand - Armitage hing in meinen Armen wie ein nasser Sack - bugsierte ich ihn aus dem Bad. Vorsichtig half ich ihm aufs Sofa, wo er sich sofort hinlegte. 

Hux hielt sich den verkrampft den Bauch. "Mir ist so schlecht!" 

Verdammt, da hab ich es aber ganz schön übertrieben! 

Ich setzte mich neben ihn, um noch einmal sein Gesicht abzuwischen. "Ja, das sehe ich. Ich lasse einen Arzt kommen, wenn es dir so schlecht geht!" 

Armitage brachte nur ein erschöpftes Nicken zustande. 

Ich ließ Kimura schnell eine Nachricht zukommen und teilte ihm mit, wo wir waren. "Er ist gleich hier, Armitage." Mitfühlend streichelte ich über seine Wange. 

Hux verkrampfte erneut, um sich ruckartig aufzusetzen. Schwer ließ er sich gegen mich fallen, krallte sich krampfhaft an mir fest, sein Atem ging stoßweise. "Victoria! Es tut so weh!" 

Beruhigend legte ich meine Arme um ihn. "Ich weiß. Der Arzt kommt gleich, nur noch einen Moment. Ich bin bei dir." Eine Hand streichelte unablässig über seinen Rücken, die andere durch sein Haar. So saßen wir da, Hux krampfhaftes Atmen war als einziges zu hören, bis sich endlich der Türsummer aktivierte. Ich versuchte mich von ihm loszumachen, aber Armitage ließ nicht locker. "Bleib bei mir!"

"Es dauert nicht lange, ich lasse nur den Arzt rein. Ich bin sofort wieder bei dir, versprochen." Ich ließ ihn langsam zurück aufs Sofa sinken, bevor ich zur Tür hasten konnte. 

Kimura stand davor, einen fragenden Ausdruck im Gesicht. Dieser verstärkte sich, als er den Raum betrat und die ganzen brennenden Kerzen sah. 

In meiner Sorge um Hux hatte ich das romantische Ambiente schlicht und ergreifend einfach vergessen.

Kimura wackelte mit den Augenbrauen - was er dachte stand ihm eindeutig ins Gesicht geschrieben. 

Seinen Blick kommentierte ich mit einer eindeutigen Geste, dann zeigte ich auf Hux. 

"General, was ist passiert? Wie geht es Ihnen?" Kimura kniete sich neben Armitage. 

Ich platzierte mich gerade hinter dem Sofa, als sein fragender Blick mich traf. Schuldbewusst fischte ich das leere Päckchen aus meiner Tasche, um es kurz nach oben zu halten. Kimura fiel das Gesicht derzeit in Scheiben, sein Mund formte die Worte "Du hast alles reingeschüttet?" Bedröppelt konnte ich nur daneben stehen und nicken. 

Armitage bekam von unserem stummen Austausch nichts mit, er war gänzlich mit sich selbst beschäftigt. 

"General, was haben Sie? Reden Sie mit mir." 

Armitage blickte zu mir auf, hielt mir seine Hand hin. 

Ich ergriff sie, während ich Kimura antwortete. "General Hux hat sich ziemlich lange sehr stark übergeben müssen. Wie es ihm jetzt geht, sehen Sie ja."

"General, ich werde Ihnen einen Zugang legen müssen, über den wir Ihnen eine Kochsalzlösung intravenös verabreichen, Sie sind dem Anschein nach völlig dehydriert. Außerdem gebe ich Ihnen noch ein Mittel gegen die Übelkeit, dass sollte Ihre Magenkrämpfe beruhigen."

Hux nahm Kimuras Vorschlag mit einem schwachen Nicken hin, richtete seine Aufmerksamkeit allerdings sofort wieder auf mich. 

Ich beugte mich über die Lehne zu ihm nach vorne, um sein Gesicht noch einmal feucht abzuwischen, den kühlen Lappen ließ ich auf seiner Stirn liegen, die Hand an seiner Wange. 

Während der Arzt seinen Ärmel nach oben krempelte um den Zugang legen zu können, wandte Armitage seine Augen keinen Moment lang von mir ab. "Bleibst du heute Nacht bei mir, Victoria?"

Kimura schielte verstohlen nach oben, arbeitete aber weiter. 

"Aber sicher, Armitage. Ich bleibe bei dir." 

Sein Gesicht verzog sich kurz, als die Nadel seine Haut durchstach. 

Während Kimura sich wieder erhob, richtete er das Wort an mich. "Offizierin Deveron, Sie verabreichen dem General bitte noch das Medikament gegen Übelkeit mit ein wenig Wasser. Nicht zu viel, sonst muss er sich möglicherweise noch einmal übergeben. Ich lasse auch noch eine Kochsalzlösung da, sind Sie in der Lage, diese auszutauschen?" 

"Ja, das kann ich", kam die Bestätigung von mir. 

"Sehr gut." An Hux gerichtet fuhr Kimura fort. "General, ich werde morgen früh noch einmal nach Ihrem Befinden sehen. In der Zwischenzeit sind Sie in guten Händen, wie mir scheint." Mit diesen Worten verschwand Kimura, um uns beide allein zu lassen. 

Ich nahm seinen Platz an Armitages Seite ein, um ihn anzusehen. "Möchtest du eine Wärmflasche haben?"

 "Wenn du meinst das hilft", stieß er gepresst hervor.

Ich orderte über mein Datenpad besagtes Hilfsmittel, dann besorgte ich ein Glas Wasser aus dem Bad. Meine Hand stützte Armitages Kopf, während ich ihm half, die Tablette einzunehmen. "Dir wird es bestimmt gleich besser gehen", versuchte ich mich an einer Ermunterung, welche nur mit einem matten Lächeln kommentiert wurde. 

In der Zeit welche ich benötigte um die ganzen Kerzen überall zu löschen, brachte ein Droide auch schon die bestellte Wärmflasche, welche ich auf Hux' rebellierendem Magen platzierte. Ein schneller Kontrollblick zeigte, dass es auch schon nötig wurde die Kochsalzlösung auszuwechseln. 

Armitage beobachtete mich derweil eingehend. "Wie liebevoll du dich um mich kümmerst, mein Schatz. Ich liebe dich, Victoria." 

Seine Äußerung brachte mich heftig zum Schlucken, er ahnte ja nicht, dass ich die Urheberin seiner Beschwerden war. "Das bedeutet dir sehr viel, nicht wahr?"

Er streckte seine Hand nach mir aus. "Ja. Mehr, als du dir vorstellen kannst." 

Lächelnd nahm ich neben ihm auf dem Sofa Platz, meine Lippen suchten nach seinen, fanden sie und ließen uns für einen Moment lang alles um uns herum vergessen. Ich verachtete mich selbst dafür, dass es ihm nur wegen mir so schlecht ging, und fühlte mich dementsprechend schuldig, schließlich hatte ich sein Vertrauen in mich missbraucht. In dem Versuch mir nichts anmerken zu lassen, legte ich daher besonders viel Zärtlichkeit in unseren Kuss. 

"Ich bin so müde. Kuschelst du dich an mich?" 

Anstatt einer Antwort stupste ich Hux etwas nach vorne in Richtung Kante, um mich hinter ihn legen zu können, was er zum Anlass nahm sich umzudrehen.

"Versprichst du, die ganze Nacht bei mir zu bleiben, Victoria?", murmelte er schläfrig, wobei er sich schon in meine Arme schmiegte. 

"Ja, Armitage. Ich verspreche es dir."

Ob er meine Antwort noch gehört hatte war fraglich, tiefe, gleichmäßige Atemzüge zeigten an, dass er bereits eingeschlafen war. 

Ich angelte mir schnell noch mein Datenpad, um den Timer für meinen Dienst morgen zu aktivieren, dann übermannte auch mich die Müdigkeit. Aneinandergekuschelt schliefen wir ein.

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