Prolog

Ein dumpfes Poltern. Geschrei. Der Junge duckte sich tiefer hinten in die Ecke und starrte zitternd mit weit aufgerissenen Augen zu der metallenen Tür, hinter der Rufe erklangen, mehrere Männer brüllten einander etwas zu und erneut erklang ein lautes Krachen.

Der Junge wimmerte. Seine verdreckten, in Fetzen hängenden Klamotten die den Intimbereich, seine Beine und Teile seines Oberkörpers freiließen rieben rau und schmerzend an seiner an vielen Stellen geröteten Haut. Seine vielen Blutergüsse ließen Schmerzensstiche durch seinen Körper zucken wenn er sich bewegte, weshalb er das möglichst zu vermeiden versuchte.

Es knallte laut. Der Junge zuckte vor Angst zusammen und ein höllischer Schmerz durchfuhr seinen Hintern, als er sich bewegte. Er bohrte seine viel zu langen Fingernägel vor Schmerz fest in seinen Unterarm, sodass auf der Stelle Blut austrat. Er keuchte leise.

Es knallte erneut. Schüsse. Ein lautes Stöhnen erklang vor seiner Tür und etwas sackte dumpf gegen die Tür, die unter der Wucht leicht erzitterte. Jemand trat dagegen. Der Junge duckte sich soweit wie es ging nach unten und versuchte, mit den Schatten zu verschmelzen. Ein erneuter Tritt. Der Junge versteckte sein Gesicht in seinen Armen und versuchte, seinen Kopf so gut wie möglich zu schützen. Jemand warf sich mit ganzer Wucht gegen die Tür. Die Tür stöhnte auf und ächzte. Der Jemand auf der anderen Seite warf sich erneut dagegen, und auch noch ein drittes Mal. Die bebte zwar, gab aber nicht nach.

Eine kurze Weile Stille. Der Junge lugte über seine Arme hinweg, und spähte zur Tür, horchte angestrengt in die Dunkelheit. Ein kaum hörbares Klicken ertönte auf der anderen Seite der Tür. In Erwartung des Kommenden versteckte sich der Junge schnell wieder und versuchte, sich so klein wie möglich zu machen. Es knallte einmal laut und die Tür flog auf.

Eine Staubwolke stieg auf, als die aufgeschossene Tür gegen die Wand knallte und shcließlich aus den Angeln flog. Durch den feinen Staub konnte der Junge einen großen Mann erkennen, der im erleuchteten Türrahmen stand. Er trug Schutzkleidung und einen Helm und hatte ein Gewehr in der Hand. Der Junge wimmerte kaum wahrnehmbar und versuchte, noch weiter wegzurutschen, doch er saß bereits an der Wand, weshalb er nichts weiter tun konnte, als sich noch weiter gegen die Wand zu pressen und den Mann aus kleinen, geschwollenen Augen ängstlich anzusehen.

Dieser starrte ihn erst einmal nur fassungslos an. Der Junge hatte zwar ewig nicht mehr in einen Spiegel gesehen, doch er konnte sich ungefähr vorstellen, wie er aussehen musste. Das schulterlange, rotbraune Haar verfilzt, teilweise abgeschnitten und kahl geschoren, das schwarze Bandshirt zerrissen, blutbefleckt und zerknittert, die Shorts nicht mehr identifizierbar, der ganze Körper von Striemen, Wunden und Blutergüssen übersäht, ein blutiges Gesicht und von Kopf bis Fuß verdreckt und unterernährt. Ungefähr so müsste er nach all der Zeit aussehen, wenn nicht noch schlimmer.

Der Mann fing sich langsam wieder und machte einen Schritt auf ihn zu. Der Junge zuckte sofort zusammen und gab einen erstickten, erschrockenen Laut von sich. Der Mann stolperte sofort wieder zurück und hob beschwichtigend die Hände. Er sagte etwas, redete auf den Jungen ein, doch dieser hörte nicht hin, ein lautes Rauschen dröhnte in seinen Ohren, alles Eindrücke, alles Neue drang aufs Neue auf ihn herein.

Der Mann machte nun kleine, vorsichtige Schritte auf ihn zu. Er redete dabei ununterbrochen beruhigend auf den Jungen ein, doch dieser presste sich nur wimmernd weiter gegen die Wand. Der Mann streckte seine Hand aus und berührte damit die des Jungen. Sofort riss dieser seine Hand zurück und fing an, stärker zu zittern. Der Mann seufzte und stand auf. Er wich vom Jungen zurück und rief etwas durch die offene Tür. Eine Stimme brüllte zurück.

Während also der Mann und sein Gesprächspartner sich gegenseitig Sachen zuriefen, Gesprächsfetzen, die nur allmählich durch das immer lauter werdende Rauschen in die Ohren des Jungen durchdrangen, sank dieser zu Boden. Er rutschte an der Wand hinunter und lehnte den Hinterkopf an die kalte Kellerwand. Das Dröhnen und Rauschen wurde lauter, die Sicht vor seinen Augen verschwamm und er stöhnte kaum merklich auf.

Seine Hände hörten auf zu beben, sein Körper erzitterte ein letztes Mal und wurde dann unheimlich ruhig. Das Blickfeld des Jungen schwand, es schwärzte sich langsam, er bekam am Rande mit, wie andere Männer und Frauen in weißen Kitteln zu ihm eilten. Ihre Lippen bewegten sich, sie brüllten einander Befehle zu, lautlos für die Ohren des Jungen. Eine Frau legte ihre eine Hand auf sein Herz, ihre andere schloss sie um seinen Arm.

Das Gesicht der Frau wurde kreidebleich, als sie das stille, bewegungslose Herz und den nicht mehr vorhandenen Puls des Jungen spürte. Sie schrie panisch, ihre Miene wurde starr vor Schreck, die Gesichter der anderen Ärzte verzerrten sich, als sie auf der Brust des Jungen rhytmisch pumpten und sich Lippen auf die seinen legten, um ihn wiederzubeleben. Doch es war zu spät. Die Sicht des Jungen wurde endgültig schwarz, die letzte Anspannung wich aus seinem Körper und mit einem Seufzen erhob sich seine Seele aus seinem schlaffen, misshandelten Körper. Er sah sich das letzte Mal nach seiner Leiche und den Ärzten daneben um, bevor er nach oben, ins grell leuchtende Licht schwebte.




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