|:| 6 |:|

Ich gebe Harry eine Decke für das nicht allzu große Gästebett. Es steht im hinteren Gästezimmer.

Als ich in mein Zimmer gehe und die Tür hinter mir schließe, muss ich seufzen.

Und dann rutsche ich an der Tür hinab auf den Boden und vergrabe mein Gesicht in meinen Knien. Ich zittere wie Espenlaub und das Schlimmste ist, dass ich nicht weiß wieso.

Mein Implantat zeigt mir dann, dass ich müde und überbelastet bin. Ich soll ins Bett.

Ich drücke bei der Warnung auf „Okay" und setze mich etwas auf.

Erst starre ich im Zimmer umher und irgendwann finde ich den Weg ins Bett.

Es ist warm, vertraut, riecht noch genau so wie vor einer Woche und es ist in der richtigen Zeit.

Es dauert keine fünf Minuten und schon bin ich eingeschlafen.

Am nächsten Morgen weckt mich mein Wecker.

Morgen. Das ist nicht wirklich Morgen.

Vier Uhr morgens ist nicht am Morgen.

Ich drücke mein Gesicht ins Kissen und schalte den Wecker aus.

Das kann nicht wahr sein! Wie konnte ich bloß vergessen meinen täglichen Harry-Wecker abzustellen.

Ich versuche wieder einzuschlafen, doch es ist vergebens.

Ich bin hellwach.

Also ziehe ich mir einen Pullover über und tapse aus meinem Zimmer.

Ich gähne, als ich den Flur entlang in die Küche gehe und treffe dort ein mir sehr bekanntes Gesicht.

Der unsichtbare Fürst sitzt - sehr ersichtlich - auf einem Stuhl und starrt ins Leere.

Er schaut grimmig. Wenn Harry ein Kind wäre, würde ich denken, dem Kind wurde gerade der Lolly weggenommen.

Als er mich erblickt, sieht er kurz auf. „Louis."

„Harry", erwidere ich seufzend und nehme mir ein Glas. Ich stelle es unter die Teemaschine und drücke auf „Extra stark". Die Maschine arbeitet und prompt habe ich Schwarztee in meinem Glas.

Ich setze mich gegenüber von Harry Styles an den Tisch. Puste die Hitze aus dem Tee und schaue ihn an. Vielleicht etwas spielerisch.

„Was ist das?"

„Tee."

Harry schüttelt den Kopf. „Das kann unmöglich Tee sein. Tee bereitet man mit Teebeuteln zu. Getrocknete Kräuter."

„Ich kann dir einen machen", schlage ich schulterzuckend vor.

Harry überlegt kurz und nickt dann. „Sehr gern."

Eins muss man ihm lassen: Er hat Manieren.

Ich stehe wieder auf und hole ein weiteres Glas aus dem Schrank. Wieder stelle ich es unter die Maschine. „Wie stark willst du ihn?"

„Mittel", murmelt Harry und sieht an die Wand neben dem Küchentisch. Eine Bildpräsentation läuft ab und zeigt uns, die Tomlinson-Familie.

Ich sehe wieder die Fragezeichen über Harrys Kopf. Ich weiß was er fragen will und wo ich gestern keine Lust zu hatte, habe ich heute etwas mehr zu.

Ich drücke auf „Mittel stark" und stelle Harry seinen Tee vor die Nase.

Dann setze ich mich wieder ihm gegenüber hin und gähne. „Meine Mutter liegt im Koma."

Er sieht mich erschrocken an.

Irgendwie scheint Harry zu wissen was Koma heißt. Ich bin mir nicht sicher wie es zur Zeit der Neu-Renaissance mit medizinischem Wissen aussah, aber Harrys Gesicht verrät, dass er einige Erfahrungen mit dem Wort hat.

„Koma... Aber..."

Ich nicke. „Sie liegt im Koma. Hier in ihrem Schlafzimmer. Wir haben eine Pflegekraft, die sich um sie kümmert. Meine Mutter ist zum Glück nicht an ihrem Gehirn, geschweige denn an ihrem Implantat beschädigt und so konnten wir den Hologramm-Dienst nutzen. Deswegen ist sie jetzt ein Hologramm." Ich zucke mit den Schultern.

„Ein Geist."

„Ein Hologramm", wiederhole ich.

„Aber sie sieht aus wie ein Geist." Harry wendet seinen Blick von mir ab und schaut wieder auf die Bildpräsentation.

Er sieht gerade ein Bild, was vor zwei Jahren gemacht wurde. Ich, meine Geschwister und meine Mutter Johannah im Park.

Das war kurz vor dem Unfall.

„Wenn sie einmal wieder erwacht... Ist sie dann wieder normal?", fragt Harry. Es klingt kindlich. Aber ich glaube, dass macht Harry aus Versehen. Nur, weil er es nicht gewohnt ist über Dinge zu reden, mit denen er sich kein bisschen auskennt.

„Sie wacht nie wieder auf", schießt es mir aus dem Mund und ich schlucke direkt nach diesen Worten.

Ich wusste es von Anfang an.

Aber ich wollte es nie wahr haben.

Die Wahrheit jedoch ist, dass Harry Recht hat: Meine Mutter ist ein Geist.

Sie lebt nicht mehr, aber ich kann sie nicht gehen lassen.

„Bis meine Geschwister 21 Jahre alt sind, habe ich das Sagen über den Stecker."

Harry scheint auch zu wissen was ich damit meine.

Er nickt und umklammert sein Teeglas. Er sieht nachdenklich in die braune Brühe und hebt das Glas schließlich an, um zu riechen. „Es riecht ähnlich."

„Es ist Schwarztee, Harry", rolle ich mit den Augen.

Ich bin froh, dass er das Thema gewechselt hat. Denn ich kann wirklich viel reden und würde nie aufhören, wenn man mich nicht stoppt. Auch die unangenehmen Themen scheue ich nicht.

„Echter Tee?" Harry schaut mich skeptisch an.

„So echt wie der Burger gestern", nicke ich und halte einen Daumen hoch.

Harry seufzt.

Er trinkt seinen Tee und muss zugeben dafür, dass es kein Tee ist, ist es guter Tee.

Ich muss nach dieser Bemerkung lachen und locke damit sogar ein kleines Grinsen auf Harrys Gesicht.

Wir sitzen noch eine Weile da, bis die anderen aufwachen.

Meine Geschwister gehen zur Schule, meine Mutter ist nur kurz im Wohnzimmer und dann wieder weg und Harry und ich finden uns im Wohnzimmer ein. Immer noch geschafft von der Reise.

Zum Glück muss ich heute nicht arbeiten.

„Also...", beginnt Harry irgendwann. „Was weiß man noch über mich und meine Zeit?" Er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen von der Seite an.

Vor uns spielt auf der Leinwand gerade eine kitschige Liebeskomödie.

„Sie wird die Lost Time genannt. Reicht das?"

Harry schnaubt. „Man muss doch noch irgendetwas über sie wissen. Vielleicht auch etwas über mich."

„Du wirst der unsichtbare Fürst genannt..." Ich seufze. „Okay, es gibt da ein paar Dokumentationen und ein paar Spielfilme." Ich suche mit meinem Implantat durch die Datenbank und finde schließlich einen Trailer.

Den Trailer, den ich mir beim Ställe ausmisten im Kuhstall angeguckt habe.

„Lost Time. Die Zeit, in der alles zerbrach. Menschen, die sich weigerten die Wahrheit zu akzeptieren. Königreiche, die zerstört wurden. Kriege, die die Hälfte der Weltbevölkerung auslöschten."

Harry runzelt die Stirn. „Es gab keine Kriege."

Ich halte den Trailer an. „Harry: Du bist in dem Jahr geflohen, in dem ein Krieg hätte anfangen sollen."

„Das ist lächerlich. Ganz England war friedlich." Er schüttelt den Kopf.

„Wer sagt, dass der Krieg von England ausging?" Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

Es ist eine schöne Abwechslung mal mehr als Harry zu wissen.

Mal selbst der Schlaue zu sein.

Mich mal nicht von ihm manipulieren oder herum kommandieren lassen.

Plötzlich erscheint auf dem Bildschirm eine Meldung.

Eine neue Video-Nachricht.

Unbekannter Absender.

Harry schaut auf die Leinwand und deutet zur Meldung.

Ich seufze. „Mal sehen wer was von mir will."

wer will wohl was von louis? jamie xx

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top